Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 07.07.2017 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 387/16 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 SGB 4, § 7a SGB 4 |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1).
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in B, deren Unternehmungsgegenstand der Betrieb einer Steuerberatungspraxis einschließlich der für Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten ist. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands baute die Klägerin in den neuen Bundesländern an verschiedenen Orten Niederlassungen auf. Mit notariell beglaubigter Vollmacht vom 27. Oktober 1993 bevollmächtigte sie den Beigeladenen zu 1) „für sie alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen und Erklärungen gegenüber Dritten abzugeben und entgegenzunehmen, die für den Aufbau und die Führung der Niederlassung“ in A „erforderlich sind, insbesondere auch ein Kontokorrentkonto für die Niederlassung unter der Firma der Gesellschaft zu eröffnen.“
In der Folgezeit war der Beigeladene zu 1) als Leiter der Niederlassung der Klägerin in A tätig. Nach Aktenlage hat die Klägerin ihn mit Beginn dieser Tätigkeit im Jahre 1993 zur Sozialversicherung angemeldet und durchgehend bis zum 31. Dezember 2006 Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung gemeldet. Seit dem 1. Januar 2007 bezieht der Beigeladenen zu 1) u. a. aus diesen Entgelten eine Vollrente wegen Alters.
Am 10. Januar 1999 schlossen die Klägerin (die „GmbH“), Frau Steuerberaterin M B. („Gesellschafter zu 2“), Frau E-MS. („Gesellschafter zu 3“) und der Beigeladene zu 1) („Gesellschafter zu 1“) einen „Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft - Gesellschaftvertrag -“. Dieser Vertrag hat (in Auszügen) folgenden Wortlaut:
§ 1
Die GmbH unterhält u.a. in Altenburg eine weitere Beratungsstelle (nachstehend „auswärtige Beratungsstelle“ genannt), in der sie Steuerberatung einschließlich der für Steuerberatungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß § 33 i.V.m. § 57 StBG, wie z.B. Wirtschaftsberatung und gutachterliche sowie treuhänderische Tätigkeiten betreibt. Dort wird eine eigene Buchführung erstellt und eigene Bankkonten geführt.
Gegenstand der stillen Gesellschaft ist die Förderung der auswärtigen Beratungsstelle und die Beteiligung der Gesellschafter am Ergebnis ihrer Tätigkeit.
§ 2
Die GmbH räumt den Gesellschaftern eine atypisch stille Beteiligung nur an der auswärtigen Beratungsstelle ein und zwar
- dem Gesellschafter zu 1) in Höhe von 10 Prozent
- dem Gesellschafter zu 2) in Höhe von 7,5 Prozent
- dem Gesellschafter zu 3) in Höhe von 7,5 Prozent
des Gesamtpraxiswertes einschließlich stiller Reserven und Praxiswert.
Die stille Gesellschaft wird mit einem, den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen dieses Vertrages unterliegenden, Festkapital in Höhe von DM 20.000,00 ausgestattet.
Entsprechend seiner Beteiligungsquote entfällt auf
- den Gesellschafter zu 1) ein Kapitalanteil in Höhe von DM 2.000,00
- den Gesellschafter zu 2) ein Kapitalanteil in Höhe von DM 1.500,00
- den Gesellschafter zu 3) ein Kapitalanteil in Höhe von DM 1.500,00
Dieser Kapitalanteil ist von den Gesellschaftern in bar einzulegen.
Die übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren anderen auswärtigen Beratungsstellen oder Niederlassungen werden durch diesen Vertrag nicht berührt.
Der Gesellschafter zu 1) ist neben der Erbringung seiner Einlage (Kapitalanteil) zur Erbringung seiner vollen Arbeitskraft für die auswärtige Beratungsstelle als Einlage verpflichtet. Für diese Tätigkeiten erhält er einen Vorabgewinn gemäß der als Vertragsbestandteil geltenden Tätigkeitsvereinbarung.
Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit, von Ehrenämtern sowie Aufsichtsrats-, Beirats- und ähnlichen Mandaten bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der GmbH.
§ 3
Die Gesellschaft beginnt am 01.01.1999 und kann frühestens zum 31.12.2003 gekündigt werden.
Die Gesellschaft verlängert sich jeweils um weitere drei Jahre, wenn sie nicht zum Vertragsablauf mit einer Kündigungsfrist von neun Monaten aufgekündigt worden ist.
§ 4
Für die auswärtige Beratungsstelle ist ein separates Rechenwerk zu führen und jährlich eine Bilanz auf den Schluss des Wirtschaftsjahres aufzustellen.
Die Gesellschafter haben die Informations- und Kontrollrechte gemäß §§ 118 HGB und 716 BGB. Sie sind berechtigt, die Einsichtnahme der Geschäftsbücher und Geschäftspapiere der auswärtigen Beratungsstelle selbst oder durch einen beauftragten Buchsachverständigen vornehmen zu lassen, jedoch auf eigene Kosten.
§ 5
Die Gesellschafter fassen ihre Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung oder, wenn alle Gesellschafter damit einverstanden sind, außerhalb der Gesellschafterversammlung in beliebiger Form. Die Gesellschafterbeschlüsse sind, auch soweit sie außerhalb der Gesellschafterversammlung gefasst werden, in einem Protokoll, dass von allen Gesellschaftern zu unterschreiben ist, niederzulegen.
Eine Gesellschafterversammlung kann von jedem Gesellschafter mit der Frist von zwei Wochen, die mit dem Tag der Postaufgabe der Einladung beginnt, unter Angabe der Tagesordnung einberufen werden. Sie findet am Sitz der GmbH statt, kann jedoch auch durch besonderen Hinweis an anderen Orten innerhalb Deutschland stattfinden.
Innerhalb der ersten 6 Monate des Geschäftsjahres ist eine ordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen. Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist einzuberufen, wenn das Interesse der Gesellschaft oder der Gesellschafter es erfordert.
Zur Beschlussfähigkeit müssen mindestens zwei Gesellschafter und 91 % sämtlicher Stimmrechte anwesend oder vertreten sein.
Kommt eine beschlussfähige Gesellschafterversammlung nicht zu Stande, so ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften eine zweite Gesellschafterversammlung einzuberufen, die dann ohne Rücksicht auf die vertretenen Stimmen beschlussfähig ist.
Die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung erfolgt nach Stimmen. Jeder Prozentpunkt der Beteiligung ergibt eine Stimme.
Die Gesellschafter beschließen mit der Mehrheit von 91 % der vorhandenen Stimmen. Über die Änderung dieses Gesellschaftsvertrages und die Auflösung der Gesellschaft kann nur einstimmig beschlossen werden.
Jeder Gesellschafter kann sich in der Gesellschafterversammlung durch einen anderen Gesellschafter oder durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten vertreten lassen. Der Vertreter hat sich auf Verlangen der übrigen Gesellschafter durch eine schriftliche Vollmacht zu legitimieren.
§ 6
(…)
§ 7
Die Gesellschafter der die auswärtige Beratungsstelle betreibenden stillen Gesellschaft sind am Ergebnis und am Vermögen einschließlich der stillen Reserven dieser stillen Gesellschaft wie folgt beteiligt:
- Die GmbH in Höhe von 75 Prozent
- der Gesellschafter zu 1) in Höhe von 10 Prozent
- der Gesellschafter zu 2) in Höhe von 7,5 Prozent
- der Gesellschafter zu 3) in Höhe von 7,5 Prozent
Eine Beteiligung des Gesellschafters an Verlusten der auswärtigen Beratungsstelle über seine Vermögenseinlage hinaus ist gemäß § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB ausgeschlossen.
Sollten der GmbH wegen der Begrenzung des § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB höhere Verlustanteile zugerechnet werden, als es der Beteiligung entspricht, werden ihr diese Differenzbeträge in folgenden Gewinnjahren als Vorabgewinn zugerechnet.
Jeder zur Einlage seiner Arbeitskraft verpflichtete Gesellschafter erhält für seine Tätigkeit eine Tätigkeitsvergütung als Vorabgewinn, die jeweils durch Vereinbarung mit der GmbH festzulegen ist. Er darf auf diesen Vorabgewinn nach Absprache mit den anderen Gesellschaftern monatliche Entnahmen tätigen. Die Vorabvergütung stellt im Verhältnis der Gesellschafter zueinander Aufwand der Gesellschaft dar.
Reicht der tatsächliche erzielte Gewinn der Gesellschaft nicht aus, um die Tätigkeitsvergütung und die darauf getätigten Vorabentnahmen zu decken, so wird der über den tatsächlich erzielten Gewinn hinausgehende entnommene Betrag dem Kapitalkonto des Gesellschafters belastet.
Ist ein Gesellschafter an der Ausübung seiner Tätigkeit durch Krankheit oder andere unverschuldete Ursachen vorübergehend gehindert, bleiben ihm seine Vorabgewinnansprüche für die Zeit der Behinderung bis zur Dauer von drei Monaten erhalten. Die Weiterzahlung der Bezüge vermindert sich jedoch um den Betrag, der dem von einer Krankenkasse gezahlten Krankengeld entspricht.
§ 8
(…)
§ 9
(…)
§ 10
Über seinen Anteil an der Gesellschaft sowie über seine Rechte und Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis kann der Gesellschafter nur mit vorheriger Zustimmung der anderen Gesellschafter durch Abtretung oder Belastung verfügen.
§ 11
Jeder Gesellschafter kann die Gesellschaft vorzeitig aus wichtigem Grund mit einer Frist von 30 Tagen zum Ende eines Quartals kündigen. Ein wichtiger Grund liege insbesondere dann vor, wenn
a) ein anderer Gesellschafter die Offenbarungseidversicherung leistet oder die Haft zur Abgabe der Offenbarungseidsversicherung angeordnet wird, die Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil der anderen Gesellschafter oder in einzelne Ansprüche der anderen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis betrieben wird,
b) über das Vermögen eines anderen Gesellschafters das gerichtliche Vergleichs- oder Konkursverfahren eröffnet wird, oder die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder ein anderer Gesellschafter ein außergerichtliches Vergleichsverfahren betreibt,
c) aus sonstigen, in der Person eines anderen Gesellschafters liegenden Gründen die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar wird und insbesondere dann, wenn es einem Gesellschafter objektiv unmöglich wird, die vertragliche Leistung zu erbringen.
Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Kündigung liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Gesellschaft mit Verlust arbeitet oder ein Gesellschafter sein in der Gesellschaft investiertes Kapital benötigt.
§ 12
Der ausscheidende Gesellschafter hat Anspruch auf Auszahlung einer Abfindung. Das Abfindungsguthaben ist durch eine Auseinandersetzungsbilanz zu ermitteln, die auf den Tag des Ausscheidens aufzustellen ist. In dieser Bilanz sind die Aktiven und Passiven der Gesellschaft mit ihren wirklichen Werten anzusetzen.
(…)
§ 13
Der Gesellschafter ist nicht berechtigt, während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesellschaft brancheneinschlägige Geschäfte zu tätigen, ein brancheneinschlägiges Unternehmen zu errichten oder sich an solchen Konkurrenzunternehmen unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.
Im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses gilt für den Gesellschafter ein uneingeschränktes Wettbewerbsverbot hinsichtlich derjenigen Mandanten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens Mandanten der Gesellschaft sind. Das Wettbewerbsverbot gilt für die Dauer von zwei Jahren.
Für den Fall eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot durch einen Gesellschafter hat dieser eine Vertragsstrafe an die Gesellschaft zu zahlen. Die Höhe der Vertragsstrafe beläuft sich auf 300 % desjenigen Jahresumsatzes, den die Gesellschaft in den letzten 12 Monaten vor dem Verstoß mit dem Mandanten erzielt hat, die von diesem Verstoß betroffen sind.
Die Gesellschafter verpflichten sich schon jetzt, Auskunft über die Leistungen, die von dem Wettbewerbsverbot erfasst werden, zu erteilen. Die Gesellschaft ist berechtigt die Überprüfung der Angaben auf Richtigkeit und Vollständigkeit durch einen von ihr zu bestimmenden unabhängigen Wirtschaftsprüfer vornehmen zu lassen.
Die Geltendmachung weitergebender Rechte, insbesondere von Schadenersatzansprüchen bleibt davon unberührt.
§ 14
Die Gesellschafter sind zur unbedingten Verschwiegenheit über alle im Geschäftsbetrieb vorkommenden Ereignisse sowie über die Verhältnisse der Gesellschafter verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auch über die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses hinaus.
Die Verletzung dieser Pflicht berechtigt die Gesellschaft den Gesellschaftsvertrag fristlos aufzukündigen und/oder Schadenersatzansprüche geltend zu machen.
§ 15
Nebenabreden zu diesem Vertrag sind nicht getroffen worden. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, die mündlich weder generell noch zu dem Einzelfall abgedungen werden kann.
(…)
Am 13. März 2003 beschlossen die Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und die weiteren Gesellschafterinnen der stillen Gesellschaft eine „Tätigkeitsvergütung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages“ mit Wirkung vom 1. Januar 2003 an. Danach beträgt die volle Jahresvergütung des Gesellschafters, des Beigeladenen zu 1), 58.000,00 €, sofern die Niederlassung einen Jahresgewinn in Höhe von 25 % des Jahresumsatzes erzielt. Die Mindestvergütung beträgt 33.400,00 €. Wird der Prozentsatz der vollen Vergütung überschritten, erhält der Gesellschafter 33,1/3 % vom übersteigenden Gewinnanteil (nach Tantieme) als Tantieme. Anspruch auf eine Tantieme besteht nur, wenn der Jahresumsatz der Niederlassung 200.000,00€ nicht unterschreitet. Der Gesellschafter hat Anspruch auf einen Firmen-PKW, der auch privat genutzt werden kann. Weiter heißt es in dieser Vereinbarung, dass die Parteien davon ausgehen, dass die Tätigkeit des Gesellschafters sozialversicherungsfrei ist. Alle Aufwendungen des Gesellschafters seien mit dieser Tätigkeitsvergütung abgegolten.
Schließlich bestimmt die Vereinbarung, dass bestimmte Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb der Niederlassung hinausgehen, der vorigen Zustimmung der Gesellschaft bedürfen. Hierzu zählten z. B. die Erteilung von Prokura, Generalvollmachten und Handlungsvollmachten jeder Art, die Einstellung und Entlassung von Berufsangehörigen sowie solcher Arbeitnehmer, deren Gehalt 2.500,00 € monatlich übersteigt, die Erhöhung von Gehältern der Berufsangehörigen und eine allgemeine Gehaltsanpassung der Angestellten, die den üblichen Rahmen übersteigt (…), der Erwerb von Beteiligungen jeder Art, die Eingehung von Dauerschuldverhältnissen (insbesondere Mietverträge) mit einem Gesamtwert über die Laufzeit von mehr als 7.500 €. Der Gesellschafter hat Anspruch auf 25 Tage Urlaub im Geschäftsjahr.
Die Beklagte führte bei der Niederlassung der Klägerin in A Betriebsprüfungen durch. Nach Anhörung der Klägerin forderte sie
- mit Bescheid vom 27. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 27. Februar 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Oktober 2003 8.451,01€ einschließlich 1.714,40 € Säumniszuschläge nach. Für die private Nutzung eine Firmenfahrzeuges durch den Beigeladenen zu 1) seien Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
- mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 27. Februar 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. November 2003 bis zum 31. Dezember 2006 Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung 6.586,18 € einschließlich 1.412,50 € Säumniszuschläge.
- mit Bescheid vom 7. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18. Februar 2014 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2010 Beiträge in Höhe von 38.677,72 € einschließlich 9.856,00 € Säumniszuschläge.
Zur Begründung führte die Beklagte im Kern aus, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Niederlassungsleiter der Niederlassung der Klägerin in Altenburg abhängig beschäftigt sei. In dem Prüfzeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Dezember 2006 sei der Beigeladene zu 1) auch zur Sozialversicherung angemeldet und Beiträge abgeführt worden. Dies sei korrekt. Allerdings seien nicht alle sozialversicherungspflichtigen Einnahmen des Beigeladenen zu 1) ordnungsgemäß verbeitragt worden. So unterliege der geldwerte Vorteil einer privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges der Beitragspflicht.
Gegen die Bescheide der Beklagten hat die Klägerin am 19. März 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Rechtlich stelle sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Erbringung seiner Einlagepflicht als stiller Gesellschafter der zwischen ihr und den weiteren Gesellschaftern geschlossenen stillen Gesellschaft dar.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. Juni 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Leiter der Niederlassung der Klägerin in A abhängig beschäftigt sei. Inhaber der Niederlassung der Klägerin A sei die Klägerin. An der Klägerin sei der Beigeladene zu 1) nicht beteiligt. Er sei nicht Gesellschafter dieser GmbH. Er besitze auch nicht die Rechtsmacht eines Geschäftsführers. Grundlage seiner Tätigkeit sei lediglich eine Handlungsvollmacht. Auf den Bestand der Handlungsvollmacht habe er keinen Einfluss. Im Übrigen sei der Beigeladene zu 1) in der betrieblichen Struktur untergeordnet eingebunden. Er selbst sei nicht Steuerberater und damit nicht als solcher tätig. Er sei in erster Linie für die Akquise zuständig. Diese Tätigkeit gliedere sich in den Betriebsablauf der Niederlassung ein. Der Beigeladene zu 1) trage auch kein unternehmerisches Risiko. Ein Risiko folge lediglich aus seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung als stiller Gesellafter. Als Niederlassungsleiter erhalte er eine feste Vergütung, jedenfalls in Höhe der Mindestvergütung Die Berechnung der Beiträge sei nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 5. Juli 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 2. August 2016, mit der sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweist. Ergänzend führt sie aus, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Sperrminorität „sowohl das eine als auch das andere verhindern bzw. aktiv befördern“ könne, „da jeder Gesellschafter der Personengesellschaft die Möglichkeit (habe), eine Gesellschafterversammlung einzuberufen und deren Beschluss- und Beratungsgegenstände fest zu legen.“ Der Beigeladenen sei auch nicht in die betriebliche Struktur untergeordnet eingebunden, wie er selbst bekundet habe, sondern er habe diese bestimmt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 und die Bescheide der Beklagten vom 27. November 2003 und vom 29. Oktober 2007 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 27. Februar 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2016 ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Prüftätigkeit (§ 28p Abs. Satz 1 SGB IV) Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist danach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (Urteil des BSG vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R -, zitiert nach juris).
Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Beziehungen des Beigeladenen zu 1) und der Klägerin bestimmen sich für hier streitbefangenen Zeitraum nach dem "Vertrag zur Gründung einer stillen Gesellschaft" vom 10. Januar 1999 und der Vereinbarung über die Tätigkeitsvergütung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages vom 13. März 2003 sowie insbesondere nach der dem Beigeladenen zu 1) erteilten Handlungsvollmacht der Klägerin vom 27. Oktober 1993.
Nach diesen Vereinbarungen ist die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) eine entgeltliche Beschäftigung. Zwar heißt es in der Vereinbarung über die Tätigkeitsvergütung vom 13. März 2003, dass die Parteien davon ausgehen, dass diese Tätigkeit sozialversicherungsfrei sei. Tatsächlich hat die Klägerin den Beigeladenen zu 1) aber jedenfalls bis zum 31. Dezember 2006 zur Sozialversicherung angemeldet und Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt. Diese Beurteilung der Klägerin entspricht auch dem Inhalt der übrigen Regelungen in den vorgenannten Vertragswerken.
Danach ist – und dies geht über die für Arbeitsverträge üblichen Bedingungen weit hinaus – der Beigeladene zu 1) „zur Erbringung seiner vollen Arbeitskraft für die auswärtige Beratungsstelle als Einlage verpflichtet.“ Nicht nur die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Tätigkeit bedarf der Zustimmung der Klägerin, sondern sogar auch die Übernahme von Ehrenämtern oder Aufsichtsrats-, Beirats- und ähnlichen Mandaten. Ihm ist damit jede unselbständige Tätigkeit, d.h. Beschäftigung, aber auch die Aufnahme einer Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft ohne jede Ausnahme, ohne Zustimmung durch die Klägerin untersagt. Ungeachtet der Frage, ob das ausnahmslose Verbot unselbständiger Tätigkeit rechtlich überhaupt zulässig ist, kommt darin in größtmöglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, dass der Klägerin eine umfassende Verfügungsgewalt über die Einsatzmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1) eingeräumt werden sollte. Dies alleine schließt bereits die Annahme des Beigeladenen zu 1) und die Klägerin aus, dass der Beigeladene zu 1) selbständig sei. Darüber hinaus sind dem Beigeladenen zu 1) – dies ist durchaus bei Beschäftigten üblich – weitere selbständige Tätigkeiten, die mit den Geschäften der Klägerin konkurrieren könnten, verboten. Nach § 13 des Gesellschaftsvertrages ist der Beigeladene zu 1) nicht berechtigt, während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesellschaft brancheneinschlägige Geschäfte zu tätigen, ein brancheneinschlägiges Unternehmen zu errichten oder sich an solchen Konkurrenzunternehmen unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen.
Der Beigeladene zu 1) hat seine Arbeitsleistung auch gerade gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin zu erbringen. Denn allein diese unterhält die auswärtige Beratungsstelle in G(§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Als stiller Gesellschafter ist der Beigeladene zu 1) lediglich im Rahmen des Gesellschaftsgegenstandes zu deren Förderung verpflichtet. Dass demgegenüber in § 7 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages von der „die auswärtige Beratungsstelle betreibenden stillen Gesellschaft“ die Rede ist, fällt nicht ins Gewicht, da dem die Rechtsnatur der stillen Gesellschaft (auch der atypischen) entgegensteht: diese entfaltet Rechtswirkung ausschließlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und tritt nach außen, d.h. im Rechtsverkehr, in keiner Weise in Erscheinung. Sie kann daher auch keine weitere Beratungsstelle i.S.v. § 34 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz betreiben (BSG a.a.O.).
Für eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt spricht auch die in § 7 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit der „Tätigkeitsvergütung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages geregelte Vergütungsvereinbarung. Danach erhält der Beigeladene zu 1) als Gegenleistung für die von ihm eingebrachte Arbeitskraft eine „Tätigkeitsvergütung und Tantiemen.“ Wie bei einem klassischen Beschäftigungsverhältnis, z.B. einem Arbeitsverhältnis, kann er jedoch über die Höhe dieser Vergütung nicht selbst – wie ein selbständiger Unternehmer innerhalb seines Unternehmens – entscheiden, sondern nur im Einvernehmen mit der Klägerin als der Gläubigerin des Anspruchs auf Arbeitsleistung. Typisch für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ist ferner die in § 7 des Gesellschaftsvertrages normierte Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall bis zur Dauer von drei Monaten.
Für eine abhängige Beschäftigung spricht auch der in der Vereinbarung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich normierte Urlaubsanspruch von 25 Tagen im Geschäftsjahr. Der Anspruch auf Urlaub ist nach § 1 Bundesurlaubsgesetz die (nach § 13 Abs. 1 Satz 3 dieses Gesetzes eine einzelvertraglich nicht abdingbare) gesetzliche Folge eines Beschäftigungs-/Arbeitsverhältnisses. Daher kommt dem Fehlen von Urlaubsregelungen in einem zu beurteilenden Vertrag regelmäßig allenfalls ganz untergeordnete Bedeutung für die Unterscheidung zwischen Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zu. Enthält ein Vertrag aber ausdrücklich Bestimmungen zum Umfang des Urlaubsanspruchs ist dies ein starkes Indiz für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses.
Zugleich steht dem Beigeladenen zu 1) in keiner Weise – insbesondere nicht aufgrund sonstiger Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags – ein maßgeblicher Einfluss auf die interne Willensbildung der Klägerin zu, der es ihm erlauben würde, Einzelanweisungen an sich im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern oder sonst die Geschäftstätigkeit der Klägerin ganz oder teilweise zu bestimmen. Er ist als stiller Gesellschafter nicht in der Lage, durch Berufung auf sonstige rechtliche Verpflichtungen der Klägerin aus dem Gesellschaftsvertrag den Bindungen zu entgehen, die sich aus seiner Verpflichtung zur Erbringung seiner vollen Arbeitskraft ergeben. Zwar ist die stille Beteiligung des Beigeladenen zu 1) an der auswärtigen Beratungsstelle (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages) rechtlich zulässig (vgl. Schmidt, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 3, München 2007, § 230 RdNr. 169). Auch ist er damit an der Niederlassung als einem Bruchteil des Unternehmensvermögens der GmbH sowie am Unternehmensgewinn beteiligt. Zusammen mit der Klägerin ist er zudem dem Betrieb der Niederlassung als gemeinsamem Zweck verpflichtet, sodass die Merkmale einer stillen Gesellschaft im Sinne von § 230 ff HGB vollständig erfüllt sind (vgl. hierzu Schmidt, a.a.O., RdNr. 3). Die – gesetzlich nicht definierte und nur rudimentär geregelte – stille Gesellschaft ist eine (Personen-)Gesellschaft i.S. von § 705 BGB und bildet aber als klassischer Fall einer Innengesellschaft als solche weder ein Gesellschaftsvermögen noch ist sie rechts- oder parteifähig noch kann sie vertreten werden (Schmidt, a.a.O., RdNr. 7, 8). In rechtlicher Hinsicht tritt allein der Geschäftsinhaber als Träger des Unternehmens in Erscheinung, so dass eine Außenhaftung der stillen Gesellschafter ausgeschlossen ist (Schmidt, a.a.O., RdNr 13). Als Innengesellschaft ist die (typische) stille Gesellschaft in erster Linie Schuldverhältnis mit dem Einlageverhältnis als zentralem vermögensrechtlichen Aspekt (Schmidt, a.a.O., RdNr 17).
Zwar ist eine Ausgestaltung der Innengesellschaft als mitgliedschaftliches Organisationsverhältnis nicht ausgeschlossen (vgl. Urteil des BSG vom 2. Mai 1979 – 2 RU 93/78 –, zitiert nach juris). Ein echter Verband kann insbesondere vorliegen, wenn das stille Beteiligungsverhältnis z.B. einer "GmbH & Still" nach dem Modell der Kommanditgesellschaft (KG) ausgestaltet ist. Im Blick auf die Vielzahl von u.a. gesellschafts-, steuer- und arbeitsrechtlichen Zwecken, die mit einer stillen Beteiligung verbunden werden können, hat sich gegenüber der unverändert als „klassisch" bzw. „typisch" zugrunde gelegten Vorstellung der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl von Gestaltungen herausgebildet. Hatte sich diese unter dem stillen Gesellschafter einen Kapitalgeber vorgestellt, der sich auf gesellschaftsrechtlicher Basis ohne Publizität, ohne geschäftsleitende Befugnis und ohne das Risiko persönlicher Haftung gegen Hingabe einer Einlage am Erfolg des Unternehmens eines anderen beteiligt, ohne über diese rein schuldrechtliche Vereinbarung hinaus irgendwie am Unternehmen beteiligt zu sein, sind auf der Grundlage der mittlerweile in Ausübung der Vertragsfreiheit eingetretenen Entwicklungen vielfältige "atypische" gesellschaftsrechtliche Gestaltungen denkbar. Diese können – jeweils unter Wahrung der Mindestvoraussetzungen der stillen Gesellschaft – im Innenverhältnis zu einer den Handelsgesellschaften angenäherten Organisation führen und insofern sogar die Rollenverteilung zwischen dem „Stillen" und dem Geschäftsinhaber umkehren (Schmidt, a.a.O., RdNr 73, 77). Vor diesem rechtlichen Hintergrund haben auch vorliegend die Parteien des hiesigen Gesellschaftsvertrages eine Reihe „atypischer" Elemente vereinbart. Diese führen indes nicht zu einer Umkehrung der internen Rollenverteilung im vorgenannten Sinne.
Bereits der von der GmbH & Still verfolgte Zweck kann stets nur in der Verfolgung eines (ursprünglich) dem Grunde und (fortlaufend) dem Umfang nach von der GmbH vorgegebenen übergreifenden Zwecks liegen. Dem entspricht zunächst die Umschreibung der Grundlagen des Gesellschaftsvertrages, die gerade darauf hinweist, dass (allein) die Klägerin die Beratungsstelle in A „unterhält" und „sie" dort "Steuerberatung betreibt" (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). Wenn sie daher nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages ggf. auch grundsätzlich nicht mehr berechtigt ist, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters das (partiell verselbstständigte) Unternehmen zu veräußern oder seine Fortführung einzustellen bzw. wesentliche Veränderungen vorzunehmen (vgl. Schmidt, a.a.O., Rd. 137), schweigt der Gesellschaftsvertrag doch zur künftigen operativen Ausgestaltung und deren Organisation, sodass es auch weiterhin grundsätzlich allein der GmbH vorbehalten bleibt, im Rahmen des ihr zustehenden unternehmerischen Gestaltungsspielraums Art und Umfang der Tätigkeit in der Niederlassung zu bestimmen. Ausdrücklich allein an einem Teilbereich ihrer eigenen Unternehmenstätigkeit bzw. ihres Vermögens ("nur an der auswärtigen Beratungsstelle", § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags) hat die Klägerin den Beigeladene zu 1) als stille Gesellschafterin eine Beteiligung „eingeräumt" und in der Konsequenz bleiben „die übrigen Beteiligungs- oder Vertragsverhältnisse am Sitz der Gesellschaft, an deren anderen auswärtigen Beratungsstellen oder Niederlassungen" durch den Gesellschaftsvertrag unberührt (§ 2 des Gesellschaftsvertrages). Der Beigeladene zu 1) wird deshalb nach diesem Vertrag, zu dem keine Nebenabreden getroffen wurden und dessen Änderung oder Ergänzung zwingend der Schriftform bedürfte (§ 15 des Gesellschaftsvertrags), nur für und aufgrund einer Ermächtigung durch die Klägerin tätig.
Dem Beigeladenen zu 1) sind im Gesellschaftsvertrag auch keine Geschäftsführungsbefugnisse im Innenverhältnis der GmbH & Still, d.h. eine interne Rechtsmacht, an Stelle der Klägerin als Unternehmerin im gemeinsamen Interesse der (aller) Gesellschafter tätig zu werden, eingeräumt. Die vorgenannten Regelungswerke sehen eine „geschäftsführende“ Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) nicht vor, sondern nach § 2 des Gesellschaftsvertrages lediglich eine Pflicht zur „Erbringung der vollen Arbeitskraft.“. Lediglich in den verschiedenen Vereinbarungen zur „Tätigkeitsvergütung gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages“ findet sich eine Negativliste von Geschäften, die über den gewöhnlichen Betrieb der Niederlassung hinausgehen“ und die der vorherigen Zustimmung der Gesellschaft bedürfen. Der Beigeladene zu 1) mag damit faktisch, d.h. ohne rechtliche Grundlage, die Geschäftsführung der stillen Gesellschaft betreiben. Er kann insofern aber nur in Vertretung der Klägerin und unter Berücksichtigung der sonst dieser gegenüber bestehenden rechtlichen Bindungen tätig werden, während für eine unmittelbar gerade ihm selbst eingeräumte Kompetenz, den Gesellschaftszweck aus eigenem Recht und ggf. entgegen den Willen und das Interesse der Klägerin zu führen, eine Grundlage fehlt. Die Geschäftsführung in der GmbH & Still bleibt damit rechtlich auch insoweit allein der Klägerin als Unternehmerin zugeordnet. Eine Übertragung einer entsprechenden Rechtsmacht auf den Beigeladenen zu 1) ist gerade nicht erfolgt.
Unter diesen Umständen ist der Bereich der Geschäftsführung auch nicht potenzieller Gegenstand einer Beschlussfassung der Gesellschafter der GmbH & Still. Zumal der Beigeladene zu 1) ausschließlich aufgrund einer ihm von der Klägerin eingeräumten Handlungsvollmacht tätig ist, die aber jederzeit wieder zurückgenommen werden kann. Auf die durch § 5 des Gesellschaftsvertrags dem Beigeladenen zu 1) eingeräumte Sperrminorität kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die entsprechende Rechtsprechung des BSG bezieht sich auf die Sperrminorität von Gesellschaftern einer Außengesellschaft, die als solche am Rechtsverkehr teilnimmt. Gerade dies ist aber bei der hier vorliegenden stillen Gesellschaft nicht der Fall. Tätig werden kann der Beigeladene zu 1) auch im Rahmen der stillen Gesellschaft nur, soweit die Klägerin sie zum Tätigwerden in ihrem Namen ermächtigt. Dem Beigeladenen zu 1) ist jedoch – wie dargelegt – im Innenverhältnis keine Rechtsmacht eingeräumt, die es ihm ermöglichen würde, gegen den Willen der Klägerin die Geschäfte zu betreiben. Allein dass der Gesellschaftsvertrag eine Pflicht zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen konstituiert und unter Festsetzung des Gewichts der Stimmrechte der einzelnen Gesellschafter einen Abstimmungsmodus regelt (§ 5), ist daher mangels eines relevanten Gegenstandes der Beratung und Beschlussfassung unerheblich. Insofern kommt es damit auch auf eine Sperrminorität des Beigeladenen zu 1) von vornherein nicht an. Dass im Übrigen der Beigeladene zu 1) eine gesellschaftsrechtliche Stellung in einem mehrgliedrigen Verband eingeräumt wurde, mag zwar insofern zur Anwendbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über Beratung und Beschlussfassung führen, betrifft aber jedenfalls keine Gegenstände, die bereits dem Regelungsbereich des Dienstvertrages zugehören. Soweit ihm eine Gewinnbeteiligung eingeräumt ist, hätte dies allenfalls im Kontext sonst für eine selbstständige Stellung sprechender Umstände von Belang sein können. Erst recht gäbe eine – jedenfalls bei Fehlen eines angemessenen Ausgleichs grundsätzlich sittenwidrige (§ 138 BGB) – Verlustbeteiligung, ebenso wie sonstige Verstöße gegen zwingendes Recht, keinen Anlass, allein deshalb eine aufgrund des Gesamtbildes unzweifelhafte Beschäftigung in Zweifel zu ziehen (BSG, a.a.O.; BAG vom 21. März 1984 - 5 AZR 462/82 - und vom 10. Oktober 1990 - 5 AZR 404/89 -, juris).
Fehlt es somit an einer vertraglich dem Beigeladenen zu 1) übertragenen Rechtsmacht, die Geschicke der Klägerin maßgeblich mitzubestimmen, kommt es nicht darauf an, wie sich die Organisation der von des Beigeladenen zu 1) wohl mit den weiteren stillen Gesellschaftern zusammen geleiteten Beratungsstelle tatsächlich gestaltet. Selbst wenn zugunsten der Klägerin deren Vorbringen unterstellt würde, stellte sich dieses tatsächliche Geschehen allenfalls als rein faktische Einräumung einer vertraglich nicht vorgesehenen Handlungsmacht ein. Ein solcher tatsächlicher Verzicht der Klägerin auf die ihr rechtlich zustehenden Befugnisse ist für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses irrelevant. Mit anderen Worten: die tatsächlichen Verhältnisse sind unerheblich, weil sie sich außerhalb des vertraglich vereinbarten bewegen.
Der Annahme der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) steht nicht in Widerspruch zu einer einkommens- oder umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise. Selbst wenn die von der Beigeladenen zu 1) für die Tätigkeit in der GmbH & Still erzielten Vergütungen einkommenssteuerrechtlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellten oder er umsatzsteuerrechtlich als Unternehmer anzusehen sein sollte, ergäben sich hieraus für das Sozialversicherungsrecht keine weiter gehenden Schlussfolgerungen. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines Beschäftigungsverhältnisses ist grundsätzlich unabhängig von der Entscheidung der Finanzbehörden zu treffen (BSG a.a.O.). Soweit darin eine "Durchbrechung der Einheit der Rechtsordnung" liegen sollte, verstößt sie nicht gegen das Grundgesetz (BVerfGE 26, 327).
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab und verweist insoweit auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG in Verbindung. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie keine Anträge gestellt haben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.