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Entscheidung Kart U 4/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 25.11.2014
Aktenzeichen Kart U 4/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Mai 2012 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 14 O 516/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Entgelt für dezentrale Einspeisung, sog. „vermiedenes Netzentgelt“ für den Zeitraum vom 29.07.2005 bis Ende 2006.

Die Beklagte ist Betreiberin des 110-kV-Hochspannungsnetzes im Bereich der Stadt R…. Diesem Netz vorgelagert ist das Höchstspannungsnetz der H… GmbH. Die Klägerin war im Zeitraum 2005 bis 2006 Betreiberin des dem 110-kV-Netz nachgelagerten 20-kV-Mittelspannungsnetzes und des diesem nachgelagerten Niederspannungsnetzes der Stadt R…, über welches sie Endkunden versorgte.

Seit 1996 betreibt die Klägerin ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in R… (im Folgenden: GuD M…), welches im Wege der Kraft-Wärme-Kopplung bei einer thermischen Leistung von 120 MW und einer elektrischen Nettoleistung von 108 MW Strom und Fernwärme produziert. Der erzeugte Strom wurde am Umspannwerk M… zu einem kleinen Teil in das 20-kV-Netz eingespeist, der überwiegende - nach Ausschöpfung der Aufnahmekapazität des 20-kV-Netzes am Umspannwerk M… - verbleibende Anteil wurde in das 110-kV-Netz der Beklagten eingespeist. Die Einspeisung erfolgte in erster Linie zu dem Zweck, den Strom über das 110-kV-Netz zu den Umspannwerken W…, B…, S…, R… und Sc… zu transportieren, um ihn dort in das 20-kV-Netz der Klägerin zur Versorgung deren Kunden auszuspeisen.

Zur Nutzung des 110-kV-Netzes der Beklagten schlossen die Parteien mehrere Verträge. Über die „Durchleitung“ des im GuD M… erzeugten Stroms zum Zwecke des „Stromtransports“ vom Anschlusspunkt M… zu den Anschlusspunkten W…, B…, S…, R… und Sc… verhält sich der Vertrag „zum verhandelten Netzzugang zum 110-kV-Netz“ vom 17./25.11.2003 (im Folgenden: Netzzugangsvertrag). Die Netznutzung, soweit diese nicht den „Stromtransport“, sondern den Bezug elektrischer Energie aus dem Netz der Beklagten und die Netzeinspeisung von Strom aus dem GuD M… betrifft, regelten die Parteien in ihrem Vertrag „über die Nutzung des 110-kV-Netzes der Beklagten“ (im Folgenden: Netznutzungsvertrag), ebenfalls vom 17./25.11.2003. Die Entgeltbestimmungen in Anlage 1 des Netznutzungsvertrages sehen für eingespeisten Strom die Zahlung einer Vergütung für vermiedene Netzentgelte abhängig von der Erfüllung bestimmter monatlicher Benutzungsstunden nach Leistungsbeteiligung (Solleinspeisungen) vor.

Für die im GuD M… produzierte und in das 110-kV-Netz der Beklagten eingespeiste Strommenge, soweit nicht eine entsprechende Strommenge von der Klägerin wieder entnommen wurde (übereingespeiste Strommenge), zahlte die Beklagte ab 2004 der Klägerin eine Vergütung allein in Höhe des KWK-Zuschlages nach § 4 Abs. 3 KWKG. Die Klägerin vermarktete den Strom selbständig an Dritte im Rahmen sog. Stromhandelsgeschäfte, nachdem sie den im Jahr 2002 mit der Beklagten geschlossenen Einspeisevertrag gekündigt hatte.

Nach Inkrafttreten des novellierten EnWG und der StromNEV beantragte die Beklagte am 28.10.2005 bei der Bundesnetzagentur die Genehmigung ihrer Entgelte gemäß § 23a EnWG. Die Bundesnetzagentur genehmigte der Beklagten mit Beschluss vom 04.10.2006 Entgelte für den Netzzugang für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2007.

Nachdem die Klägerin im Jahr 2007 den Teilbetrieb „Elektrizitätsversorgungsnetz“ auf die aus ihr ausgegliederte Stadtwerke R… mbH (im Folgenden: SW…) übertragen hatte, vereinbarten die Parteien und die SW… durch Vertrag vom 27.06./ 10.07.2007 den Beitritt der SW… zu den bestehenden Verträgen vom 17./25.11.2003. Die Vertragsbeteiligten kamen ferner überein, jene Verträge schnellstmöglich an die Rechtslage des EnWG 2005 und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen anzupassen. Sie verpflichteten sich, insoweit unverzüglich Verhandlungen aufzunehmen.

Die Verhandlungen mündeten in einen Netzanschluss- und Anschlussnutzungsvertrag sowie einen Netznutzungsvertrag jeweils vom 22.06./04.09.2009. Diese Verträge regeln nunmehr anstelle der Verträge vom 17./25.11.2003 die Vertragsbeziehungen zwischen der SW… und der Beklagten rückwirkend seit dem 01.01.2008 unter Ansatz der genehmigten Entgelte der Beklagten.

Vor Abschluss der vorgenannten Verträge vom 22.06./04.09.2009 teilten die SW… mit Schreiben vom 22.06.2009 und die Klägerin mit Schreiben vom 29.06.2009 der Beklagten mit, der Vertragsabschluss erfolge ohne Präjudiz hinsichtlich ihrer Ansprüche seit Inkrafttreten des EnWG 2005. Die Klägerin erwähnte namentlich die KWK-Vergütung und die Vergütung wegen vermiedener Netzentgelte. In ihrem Schreiben meldete die Klägerin zugleich eine Forderung wegen vermiedener Netzentgelte aus dezentraler Einspeisung gemäß § 18 StromNEV für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.12.2006 dem Grunde nach an.

Mit Schreiben vom 20.08.2009 bezifferte die Klägerin ihre Forderung auf Zahlung wegen vermiedener Netzentgelte für das Jahr 2006 auf 3.657.586,11 € brutto. Ihrer Berechnung unter Ansatz einer Leistungs- und einer Arbeitskomponente (Vermeidungsleistung und -arbeit) legte die Klägerin den im GuD M… im Jahr 2006 insgesamt produzierten und in das 110-kV-Netz der Beklagten eingespeisten Strom zugrunde.

Mit der 27.12.2010 eingereichten und der Beklagten am 26.01.2011 zugestellten Klage hat die Klägerin Zahlung von 3.657.586,11 € für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 beansprucht und für den Zeitraum vom 29.07.2005 bis zum 31.12.2005 im Wege der Stufenklage Auskunft und Zahlung in noch zu beziffernder Höhe verlangt.

Die Klägerin hat gemeint, die maßgeblichen Vorschriften des EnWG und der StromNEV (insbesondere § 18 StromNEV) begründeten mit ihrem Inkrafttreten einen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung des Entgelts für dezentrale Einspeisung in Höhe vermiedener Netzentgelte unabhängig von einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Die Verträge vom 17./25. 11.2003 stünden dem Anspruch auch nicht entgegen, da diese keine Regelung enthielten, wie sich vertraglich begründete Ansprüche gegenüber gesetzlichen Ansprüchen verhielten. Zumindest sei kein Vorrang der vertraglichen Regelung gegeben. Nach den Übergangsbestimmungen des § 115 EnWG seien bestehende Verträge automatisch an die neue Rechtslage angepasst worden. Jedenfalls bestehe aber ein Anspruch auf - auch rückwirkende - Vertragsanpassung. Da die Beklagte ihre Pflicht, an der Vertragsanpassung mitzuwirken, verletzt habe, ließe sich der Anspruch auch auf Schadensersatz stützen. Hinsichtlich des Jahres 2005 sei sie zunächst auf Auskunft über die für die Berechnung des Anspruchs maßgebenden Daten angewiesen. Diese Daten habe die Beklagte ohnehin erheben müssen, ihr aber nicht mitgeteilt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.657.586,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 10.10.2009 zu zahlen,

2.a) ihr Auskunft darüber zu erteilen, wie hoch die Höchstlast in dem Hochspannungsnetz der Beklagten im Jahr 2005 war und zu welchem Zeitpunkt diese erreicht wurde, sowie wie hoch die höchste Bezugslast aus der dem Hochspannungsnetz der Beklagten vorgelagerten Netzebene (Umspannung Höchstspannung/Hochspannung) war und

b) nach erteilter Auskunft an sie die sich nach Erteilung der Auskunft noch zu berechnenden vermiedenen Netzentgelte für den Zeitraum vom 29.07.2005 bis zum 31.12.2005 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Klageforderung nach Grund und Höhe entgegengetreten. Maßgebend seien die Verträge vom 17./25.11.2003. Für die nach den vertraglichen Regelungen der Bemessung des Entgelts für dezentrale Einspeisung zugrunde zu legende Stromeinspeisung sei eine Zahlung wegen vermiedener Netzentgelte weder für 2005 noch für 2006 zu zahlen. Zu berücksichtigen sei nach den Verträgen nur die Strommenge, welche die Klägerin in das 110-KV-Netz eingespeist und nicht unmittelbar oder mittelbar wieder in ihr Mittelspannungsnetz entnommen habe. Die Strommenge, welche über das 110-kV-Netz lediglich durchgeleitet worden sei, sei so zu behandeln, als sei sie unmittelbar in das 20-kV-Netz der Klägerin gelangt. Die Klägerin habe insoweit das 110-kV-Netz wie ihr eigenes Netz benutzt und dadurch erhebliche Netzausbaukosten erspart. Die Verträge seien auch nach Änderung der Gesetzeslage maßgebend. Eine automatische Anpassung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Vertragliche Anpassung könne die Klägerin jedenfalls nicht rückwirkend beanspruchen. Einen Anspruch auf Anpassung habe die Klägerin erstmals im Jahr 2009 geltend gemacht. Auch nach Maßgabe des § 18 StromNEV sei die für das Jahr 2006 geltend gemachte Forderung unzutreffend berechnet. Vorsorglich hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach der gesetzlichen Regelung des § 18 StromNEV könne die Klägerin an sich ein Entgelt wegen vermiedener Netzentgelte beanspruchen. Den Verträgen vom 17./25.11.2003 sei ein Ausgleich insoweit nicht zu entnehmen, weil diese dazu keine Regelung enthielten. Dass das von der Klägerin zu zahlende Netznutzungsentgelt vermiedene Netzentgelte als Preiselement enthalte, sei nicht ersichtlich. Die vertraglichen Regelungen vom 17./25.11.2003 wirkten auch nach Inkrafttreten des EnWG und der StromNEV fort. Eine Anpassung sei allenfalls nach § 11 StromNEV, §§ 17, 34 Abs. 1 ARegV dahin erfolgt, dass frühestens in den auf die erste Kalkulationsperiode folgenden drei Perioden, mithin ab dem 01.01.2007, Differenzen zwischen den erzielten Erlösen und den genehmigten Netzentgelten auszugleichen seien. Zwar habe nach den Übergangsbestimmungen des EnWG für die Parteien die Möglichkeit bestanden, gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 EnWG auf eine frühere Anpassung hinzuwirken, das sei aber für den hier maßgebenden Zeitraum nicht geschehen. Die Klägerin habe die Anpassung erstmals im Jahr 2009 verlangt. Eine rückwirkende Anpassung komme nicht in Betracht.

Gegen dieses ihr am 14.05.2012 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 14.06.2012 eingegangenen und rechtzeitig innerhalb verlängerter Frist begründeten Berufung.

Sie macht geltend, das Landgericht habe fehlerhaft eine Sperrwirkung der vertraglichen Regelungen gegenüber der durch das EnWG und dazu erlassenen Rechtsverordnungen eingeführten neuen Rechtslage angenommen. Die Vorschrift des § 18 StromNEV eröffne einen unmittelbar durchsetzbaren Anspruch, denn nach § 32 Abs. 2 Satz 2 StromNEV hätten Netzbetreiber spätestens ab dem für sie maßgeblichen Zeitpunkt nach § 118 Abs. 1b Satz 1 EnWG - hier dem 29.10.2005 - ihre Netzentgelte auf der Grundlage der Verordnung zu bestimmen. Sofern man auf die bestehenden Verträge abstellen wolle, seien diese seien kraft Gesetzes in dem Sinne modifiziert worden, dass § 18 StromNEV Vertragsbestandteil geworden sei. Die Vertragsanpassung sei nach § 115 Abs. 1 Satz 2 EnWG kraft Gesetzes erfolgt. Selbst wenn nur ein Anspruch auf Anpassung angenommen würde, sei die Zahlungsklage in Umsetzung des Anpassungsanspruchs gegeben. Jedenfalls seien die geltend gemachten Ansprüche als Schadensersatz wegen unterlassener Anpassung oder aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung begründet.

Soweit - was unzutreffend sei - für das Jahr 2006 allein der Zeitraum ab dem 01.09.2006, dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der genehmigten Entgelte der Beklagten, herangezogen werde, belaufe sich ihr Anspruch auf Entgelt für dezentrale Einspeisung auf 1.062.878,69 €.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, ein Anspruch stehe der Klägerin weder nach § 18 StromNEV noch aus den geschlossenen Verträgen und auch nicht als Schadensersatz oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu. Die Einspeisung sei über das im Eigentum der Klägerin stehende Umspannwerk M… und damit aus dem 20-kV-Netz der Klägerin erfolgt. Auch wenn § 18 StromNEV einen gesetzlichen Anspruch begründe, scheide dieser hier aufgrund der Übergangsregelungen des § 115 EnWG aus, denn die als rechtliche Einheit anzusehenden Verträge regelten die vermiedenen Netzentgelte. Unabhängig von der Anspruchsgrundlage kämen vermiedene Netzentgelte ohnehin nur für diejenigen aus dem GuD M… in das Hochspannungsnetz eingespeisten Strommengen in Betracht, für die sie - die Beklagte - einen entsprechenden Bezug aus dem vorgelagerten Netz vermieden habe. Das Entgelt für dezentrale Einspeisung bezogen auf die im Jahr 2006 „übereingespeiste“ Strommenge, die weder unmittelbar noch mittelbar wieder in das 20-kV-Netz der Klägerin gelangt sei, betrage 3.251,96 €. Diesen Betrag werde sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zahlen.

Soweit - was unzutreffend sei - das Entgelt für dezentrale Einspeisung ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der genehmigten Entgelte nach § 18 StromNEV für die gesamten von der Klägerin physikalisch in das 110-kV-Netz eingespeisten Strommengen zu berechnen sei, so ergäbe sich für die Zeit vom 01.09. bis 31.12.2006 ein Betrag von 35.491,51 €. Hierauf habe die Klägerin jedenfalls deshalb keinen Anspruch, weil die Klägerin auf der Grundlage der Entgeltvereinbarungen vom 17./25.11.2003 insgesamt besser stehe, als es bei einer Berechnung der Netznutzungsentgelte nach Maßgabe der genehmigten Neuentgelte einschließlich der Vergütung für dezentrale Einspeisung der Fall sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und insbesondere der von den Parteien vorgenommenen Berechnungen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Entgelt für dezentrale Einspeisung in den Zeiträumen vom 29.07. bis zum 31.12.2005 und vom 01.01. bis zum 31.12.2006 aus keinen rechtlichen Gesichtspunkt zu.

A)

Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen Bedenken. Die mit den Klageanträgen zu 2.a) und b) verfolgten Anträge auf Auskunft und Zahlung in nach Auskunftserteilung noch zu beziffernder Höhe sind gemäß § 254 ZPO als Stufenklage zulässig. Die Klägerin ist zur Bestimmung des von ihr verfolgten Leistungsanspruchs auf die begehrte Auskunft angewiesen, weil nach ihrem Vorbringen die mitzuteilenden Daten die Grundlage der Berechnung des Anspruchs der Höhe nach darstellen. Ihr Unvermögen zur bestimmten Angabe des auf der letzten Stufe geltend gemachten Leistungsanspruchs beruht auf den Umständen, über die sie auf der ersten Stufe Auskunft begehrt.

B)

Die Klage ist insgesamt als unbegründet abzuweisen. Dem von der Klägerin für den Zeitraum vom 29.07. bis zum 31.12.2005 vorerst unbeziffert geltend gemachten Leistungsanspruch fehlt die materiell-rechtliche Grundlage, ohne dass es auf die von dem Auskunftsverlangen erfassten Umstände ankommt. Das für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2006 in Höhe von 3.657.586,11 € bezifferte Zahlungsverlangen ist unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung, und zwar auch nicht in Höhe eines Teilbetrages.

Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Entgelt für dezentrale Einspeisung für den mit der Klage geltend gemachten Zeitraum vom Inkrafttreten der StromNEV am 29.07.2005 bis zum 31.12.2006 lässt sich weder auf die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch auf die aufgrund des im Jahr 2005 neugefassten EnWG eingeführte gesetzliche Entgeltregelung des § 18 StromNEV stützen.

Nach den Entgeltregelungen der im zeitlichen Geltungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 geschlossenen Verträge der Parteien ist eine Vergütung für dezentrale Einspeisung wegen vermiedener Netzentgelte nicht angefallen. Die Verträge der Parteien unterliegen allerdings gemäß § 118 Abs. 1b Satz 1 EnWG, § 32 Abs. 2 StromNEV ab dem 29.10.2005 den zwingenden Entgeltbestimmungen der StromNEV. Für den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der ersten Entgeltgenehmigung am 01.09.2006 kann die Klägerin Zahlung von der Beklagten aber unabhängig davon, ob und welcher Höhe ein Entgelt für dezentrale Einspeisung gemäß § 18 StromNEV angefallen ist, nicht beanspruchen. Denn die bei rechtzeitig gestelltem Genehmigungsantrag in der Zeit bis zur Genehmigungserteilung vereinnahmten Mehrerlöse, die ein Netzbetreiber dadurch erzielt hat, dass er bis zur Genehmigung seine ursprünglichen Entgelte beibehalten hat, sind nach § 23a Abs. 5 Satz 1 EnWG im Wege der sogenannten Mehrerlösabschöpfung periodenübergreifend auszugleichen. Das Entgelt für dezentrale Einspeisung ist als aufwandsgleiche Kostenposition gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 4, 5 Abs. 3 StromNEV in die periodenübergreifende Saldierung einzubeziehen. Für den Zeitraum ab Wirksamwerden der ersten Entgeltgenehmigung am 01.09.2006 steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch deshalb nicht zu, weil sich nicht feststellen lässt, dass die von der Beklagten erhobenen Netzentgelte einschließlich des zugunsten der Klägerin zu berücksichtigenden Entgelts für dezentrale Einspeisung die gesetzlichen Höchstpreise, wie sie sich aus den genehmigten Entgelten unter Einschluss des Entgelts für dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV ergeben, übersteigen.

1) Gesetzlich geregelt ist das Entgelt für dezentrale Einspeisung erstmals nach Einführung des staatlich regulierten Netzzugangs durch das am 13.07.2005 in Kraft getretene EnWG (Art. 5 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts). Die auf der Ermächtigung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EnWG beruhenden Entgeltvorschriften der StromNEV, darunter die Regelung des § 18 StromNEV über das Entgelt für dezentrale Einspeisung, sind gemäß § 33 StromNEV am 29.07.2005 in Kraft getreten.

1.1) Grundlage des Entgelts für dezentrale Einspeisung ist das System der Kostenwälzung gemäß §§ 14 ff StromNEV, wonach die Kosten der Netz- und Umspannebenen beginnend bei der Höchstspannung jeweils anteilig auf die nachgelagerte Netz- oder Umspannebene verteilt werden.

Das System geht davon aus, dass sämtlicher Strom in das Höchstspannungsnetz eingespeist wird und von dort über die nachgelagerten Netze zu den Endkunden transportiert werden muss. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Netzbetreiber - abgesehen von Leitungsverlusten - keinen Strom verbrauchen, sondern diesen ausschließlich transportieren. Durch den Netzbetrieb fallen auf allen Spannungsebenen Kosten an. Die Netzbetreiber der jeweiligen Spannungsebene legen die Kosten für den „Transport“ im vorgelagerten Netz auf ihre „Transportleistungen“ um, die sie gegenüber nachgelagerten Netzbetreibern bzw. Kunden erbringen. Die Kosten für die Nutzung vorgelagerter Netze dürfen die Netzbetreiber in vollem Umfang auf den Netzkunden abwälzen.

1.2) Eine dezentrale Einspeisung liegt bei der Einspeisung von Strom auf einer dem Höchstspannungsnetz nachgelagerten Netzebene vor. In diesem Fall muss der Netzbetreiber, auf dessen Netzebene die dezentrale Einspeisung stattfindet, die eingespeiste Energiemenge nicht aus dem vorgelagerten Netz beziehen. Da der Betreiber des vorgelagerten Netzes seine Kosten nur auf die tatsächlich in die nachgelagerte Spannungsebene übertragene Energiemenge umlegt, verringert sich der Kostenanteil, den der vorgelagerte Netzbetreiber auf den Betreiber der nachgelagerten Netzebene abwälzt. Die dezentrale Einspeisung führt mithin dazu, dass sich die Netzkosten um die Kosten der vorgelagerten Netzebene verringern.

Die hieraus resultierende Kostenersparnis soll mit dem Entgelt für dezentrale Einspeisung weitergegeben werden. Nach § 18 StromNEV hat der Netzbetreibers den Betreibern dezentraler Erzeugungsanlagen ein Entgelt zu zahlen, das den durch die jeweilige Einspeisung vermiedenen Netzentgelten entspricht.

1.3) Unter dem vor Inkrafttreten des EnWG und der StromNEV geltenden Energiewirtschaftsgesetz 1998 ist der Netzzugang nach dem Prinzip des verhandelten Netzzugangs auf der Basis der privatrechtlichen Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001 (VV II+ Strom) erfolgt. Mit der VV II + Strom ist bereits ein System der Kostenwälzung praktiziert worden, welches auch ein Entgelt für dezentrale Einspeisung in Höhe eingesparter Netznutzungsentgelte in den vorgelagerten Netzebenen beinhaltete.

2) Auf der Grundlage der nach dem Prinzip des verhandelten Netzzugangs geschlossenen Verträge der Parteien ist eine Vergütung für dezentrale Einspeisung wegen vermiedener Netzentgelte nicht entstanden.

2.1) Die Verträge der Parteien vom 17./25.11.2003 legen für die unterschiedlichen Netznutzungen verschiedene Entgelte zugrunde.

a) Für die Nutzung des 110-kV-Netzes der Beklagten zum Transport des von der Klägerin im GuD M… erzeugten Stroms zu den verschiedenen Abnahmestellen ihres eigenen 20-kV-Netzes sieht der Netzzugangsvertrag als Entgelt einen Jahresleistungspreis für jedes kW der Jahreshöchstleistung und einen arbeitsabhängigen Nutzungspreis vor.

b) Für die übrige Netznutzung bestimmt der Netznutzungsvertrag ein Entgelt für die Bereitstellung/Nutzung des Netzes der Beklagten sowie der vorgelagerten Netze, welches unter Ansatz eines Jahrsleistungspreises für die Netzkapazität in Abhängigkeit vom Erreichen bestimmter Nutzungsstunden, eines Reserveleistungspreises, eines Arbeitspreises für die Verrechnungswirkarbeit, eines Arbeitspreises für die Mehrbelastung aus dem KWKG, eines Arbeitspreises für die Verrechnungsblindarbeit sowie eines Preises für die Verrechnungszähleinrichtungen und die Datenbereitstellung zu bestimmen ist. Ferner sehen die Entgeltbestimmungen des Netznutzungsvertrages für Stromeinspeisungen die Zahlung einer Vergütung für vermiedene Netzentgelte in Abhängigkeit von der Erfüllung bestimmter Solleinspeisungen vor. Ausgehend von den erwarteten Einspeisespitzen und den damit verbundenen Reduzierungen des Bezugs aus dem vorgelagerten Netz wird eine Soll-Einspeisung ermittelt, für deren tatsächliches Erreichen in bestimmten prozentualen Anteilen, beginnend bei einem Prozentsatz von 50 %, ein Entgelt in gestaffelter Höhe zu zahlen ist.

2.2) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin die nach den Entgeltbestimmungen des Netznutzungsvertrages für das Entstehen eines Entgelts wegen vermiedener Netzentgelte erforderliche Solleinspeisung zu einem Anteil von jedenfalls 50 % weder im Jahr 2005 noch im Jahr 2006 erreicht hat.

3) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Einführung der gesetzlichen Regelung des Entgelts für dezentrale Einspeisung durch die StromNEV nicht dazu geführt, dass ihr ein Anspruch auf Auszahlung des Entgelts seit Inkrafttreten der StromNEV am 29.07.2005 zusteht.

3.1) Allerdings sind die Entgeltbestimmungen der StromNEV zwingendes Recht. Ihre Anwendung auf bestehende Verträge richtet sich nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften. Gemäß § 32 Abs. 2 StromNEV haben Netzbetreiber ihre Netzentgelte spätestens ab dem für sie maßgeblichen Zeitpunkt nach § 118 Abs. 1b Satz 1 EnWG auf der Grundlage der Verordnung zu bestimmen. Maßgeblicher Zeitpunkt war der 29.10.2005. Denn nach § 118 Abs. 1b Satz 1 EnWG haben Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen erstmals drei Monate nach Inkrafttreten einer Rechtsverordnung über die Entgelte für den Zugang zu den Elektrizitätsversorgungsnetzen einen Antrag nach § 23a Abs. 3 EnWG auf Genehmigung ihrer Neuentgelte zu stellen. Aufgrund des Inkrafttretens der StromNEV am 29.07.2005 ist der für die Bestimmung der Entgelte auf der Grundlage der Verordnung maßgebende Zeitpunkt der 29.10.2005.

Anderes ergibt sich nicht aus den in § 115 EnWG aufgestellten Regelungen für bestehende Verträge. Nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift bleiben bestehende Verträge über den Netzanschluss und den Netzzugang mit einer Restlaufzeit von bis zu sechs Monaten nach Inkrafttreten des EnWG unberührt. Länger laufende Verträge - wie hier der Fall - sind nach § 115 Abs. 1 Satz 2 EnWG spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten der nach §§ 17, 18 oder 24 EnWG erlassenen Rechtsverordnung an die jeweils entsprechenden Vorschriften dieses Gesetzes und die jeweilige Rechtsverordnung nach Maßgabe dieser Rechtsverordnung anzupassen, soweit eine Vertragspartei dies verlangt. Hinsichtlich der Entgelte, soweit diese nach § 23a EnWG zu genehmigen sind, sind die länger laufenden Verträge gemäß § 115 Abs. 1a) EnWG indes unabhängig von einem Verlangen einer Vertragspartei anzupassen.

Zweck der Regelungen in § 115 Abs. 1 und 1a) EnWG ist es, bestehende Netzanschluss- und Netzzugangsverträge übergangsweise unverändert bis zum Inkrafttreten der für die inhaltliche Gestaltung dieser Verträge vorgesehenen Rechtsverordnungen fortgelten zu lassen (vgl. Hempel in Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Juli 2009, § 115 EnWG Rn. 17). Eines Anpassungsverlangens bedarf es nicht, wenn Entgelte nach § 23a EnWG zu genehmigen sind. Damit wird eine unmittelbare Anpassung bestehender Netzanschluss- und Netzzungangsverträge an die zwingenden Entgeltbestimmungen sichergestellt.

Seit Maßgeblichkeit der Vorgaben des EnWG sowie der StromNEV für die Bestimmung der zulässigen Höchstpreise ab dem 29.10.2005 haben Netznutzungsentgelte zugunsten der Netzbetreiber eine materielle Grundlage nur noch insofern, als sie den Vorgaben des EnWG und der StromNEV entsprechen und über die danach zulässigen Höchstpreise nicht hinausgehen (vgl. BGH, Urteil v. 14.08.2008, KVR 39/07, RdE 2008, 323 - Vattenfall).

3.2) Diese Grundsätze gelten auch für ein nach § 18 StromNEV zu zahlendes Entgelt für dezentrale Einspeisung. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein Netzentgelt zugunsten eines Netzbetreibers im Sinne der Kostentragung für die Netznutzung, sondern um einen Bestandteil der Vergütung für die Einspeisung von Strom in ein Netz.

Das Entgelt für dezentrale Einspeisung in Höhe vermiedener Netzentgelte ist als Bestandteil des Entgeltsystems der StromNEV in gleicher Weise wie ein Netzentgelt als verbindlich anzusehen. Das Entgelt für dezentrale Einspeisung muss den gegenüber den vorgelagerten Netz- oder Umspannebenen durch die jeweilige Einspeisung vermiedenen Netzentgelten entsprechen, § 18 Abs. 1 Satz 2 StromNEV. Jene Netzentgelte sind gemäß § 32 Abs. 2 StromNEV ab dem maßgeblichen Zeitpunkt, hier dem 29.10.2005, nach den Vorschriften der StromNEV zu bestimmen. Die Entgeltpflicht eines Netzbetreibers wegen dezentraler Einspeisung stellt wiederum eine Kostenposition des eigenen Netzes dar, die bei der Bestimmung seines Netzentgeltes auf der Grundlage der Netzkosten zu berücksichtigen ist, § 5 Abs. 3 StromNEV. Aufgrund dieses Zusammenhangs kann das Entgelt für dezentrale Einspeisung keinen anderen Regeln unterworfen sein, als das Netzentgelt.

3.3) Für die im Verhältnis der Parteien anzusetzenden Entgelte bedeutet das, dass diese ab dem 29.10.2005 eine wirksame materielle Grundlage in den vertraglichen Entgeltregelungen nur noch insoweit haben, als sie die nach den Bestimmungen der StromNEV zulässigen Höchstpreise nicht überschreiten. Ob die vertraglichen Entgelte einschließlich des Entgelts für dezentrale Einspeisung über die entsprechend den Vorgaben der Strom NEV genehmigten Entgelte der Beklagten hinausgehen, kann für die Zeit bis zum Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung am 01.09.2006 dennoch offen bleiben. Ein Anspruch auf Zahlung gegen die Beklagte steht der Klägerin insoweit dem Grunde nach nicht zu.

3.3.1) Ein Anpassungsverlangen, welches nach § 115 Abs. 1 Satz 2 EnWG die Anpassung der Verträge der Parteien an die Entgeltbestimmungen der StromNEV hätte rechtfertigen können, hat die Klägerin bis zum Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung der Beklagten nicht geltend gemacht.

3.3.2) Eine rückwirkende Anpassung der Verträge von Gesetzes wegen dahin, dass einem Netzkunden im Falle der Erhebung von Netzentgelten über die ab dem 29.10.2005 zulässigen Höchstpreise ein Anspruch auf Rückzahlung gegen den Netzbetreiber für Zeit vor dem Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung zusteht, findet nicht statt.

a) Die ab Inkrafttreten des EnWG und der StromNEV in der Zeit zwischen erstmaligem Genehmigungsantrag und Genehmigungserteilung vereinnahmten (rechtsgrundlosen) Mehrerlöse, die ein Netzbetreiber dadurch erzielt hat, dass er bis zur Genehmigung seine ursprünglichen Entgelte beibehalten hat, sind im Wege der sogenannten Mehrerlösabschöpfung periodenübergreifend auszugleichen. Ein Netzbetreiber soll keinen Anspruch haben, die von ihm in der Übergangsphase zwischen Erstgenehmigungsantrag und Erteilung der Genehmigung vereinnahmten Entgelte auch insoweit zu behalten, als sie nach den materiellen Entgeltmaßstäben der StromNEV überhöht waren. Ein Ausgleich in den Leistungsbeziehungen mit den Netznutzern ist aber nicht gerechtfertigt. Bis zur Genehmigung der beantragten Entgelte darf der Netzbetreiber nämlich nach § 23a Abs. 5 Satz 1 EnWG seine ursprünglichen Entgelte beibehalten, wenn er den Genehmigungsantrag rechtzeitig gestellt hat. Aufgrund dieser Regelung, die nach § 118 Abs. 1 b Satz 2 EnWG auch für den ersten Genehmigungsantrag gilt, soll der Netzbetreiber die noch unter der Geltung des alten Rechts gebildeten ursprünglichen Entgelte weiter in Rechnung stellen dürfen. Damit gewährt die Regelung des § 23a Abs. 5 Satz 1 EnWG, ohne dass sie einen Rechtsgrund für das endgültige Behalten zu viel erhobener Entgelte schafft, dem Netzbetreiber ein gewisses Maß an Vertrauensschutz und verhindert so, dass sämtliche Rechtsbeziehungen des Netzbetreibers mit den Stromversorgern auf der Grundlage der später genehmigten Preise korrigiert werden müssen. Der Zweck dieser Regelung würde verfehlt, wenn später - nach Erteilung der Genehmigung - eine rückwirkende Abrechnung in den Vertragsbeziehungen erfolgen müsste (vgl. BGH - Vattenfall, a.a.O., nachfolgend BVerfG, Beschluss v. 21.12.2009, 1 BvR 2738/08, RdE 2010, 92; BGH, Beschluss v. 14.08.2008, KVR 27/07, RdE 2008, 334 - Stadtwerke Engen; Beschluss v. 30.03. 2011, KZR 69/10, RdE 2011, 260).

b) Da das Entgelt für dezentrale Einspeisung als aufwandsgleiche Kostenposition gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 4, 5 Abs. 3 StromNEV in die periodenübergreifende Saldierung einzubeziehen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss v. 03.06.2014, EnVR 71/12, RdE 2014, 456), kommt ein innerhalb der Vertragsbeziehung zwischen Netzbetreiber und Netzkunden abzuwickelnder Zahlungsanspruch für die Zeit bis zum Wirksamwerden der ersten Entgeltgenehmigung nicht in Betracht.

4) Zahlung von Entgelt für dezentrale Einspeisung nach § 18 StromNEV kann die Klägerin von der Beklagten auch nicht für die Zeit vom Wirksamwerden der genehmigten Entgelte am 01.09.2006 bis zum Ablauf des Jahres 2006 beanspruchen. Der von der Klägerin für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis einschließlich 31.12.2006 vorsorglich auf einen Teilbetrag von 1.062.978,69 € bezifferte Zahlungsanspruch steht ihr nicht, auch nicht teilweise zu.

4.1) Die Geltendmachung des Entgelts für dezentrale Einspeisung des im GuD M… produzierten Stroms scheitert nicht am Ausschlussgrund des § 18 Abs. 1 Nr. 2 StromNEV. Nach dieser Vorschrift wird das Entgelt nicht gewährt, wenn die Stromeinspeisung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 KWG vergütet wird und in dieser Vergütung vermiedene Netzentgelte enthalten sind. Vermiedene Netzentgelte hat die von der Beklagten gezahlte KWK-Vergütung, welche sie für die im GuD M… produzierte und in ihr 110-kV-Netz eingespeiste Strommenge gewährt hat, soweit nicht eine entsprechende Strommenge von der Klägerin wieder entnommen wurde (übereingespeiste Strommenge), unstreitig nicht enthalten.

4.2) Ohne ausschlaggebende Bedeutung ist, ob das Umspannwerk M…, über welches der im GuD M… produzierte Strom in das 110-kV-Netz der Beklagten eingespeist worden ist, als Bestandteil des 20-kV-Netzes der Klägerin anzusehen ist oder nicht. Ist das nicht der Fall, ist die Klägerin als Betreiberin der dezentralen Erzeugungsanlage nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StromNEV anspruchsberechtigt. Anderenfalls besteht die Anspruchsberechtigung der Klägerin als Betreiberin des 20-kV-Netzes, denn nach § 18 Abs. 1 Satz 4 StromNEV sind Netzbetreiber, die in ein vorgelagertes Netz einspeisen und dort Netzentgelte in weiter vorgelagerten Netzebenen vermeiden, den Betreibern der dezentralen Erzeugungsanlage gleichzustellen.

4.3) Auszahlung von Entgelt für dezentrale Einspeisung kann die Klägerin von der Beklagten aber deshalb nicht verlangen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sie bezogen auf den Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2006 mit den nach den vertraglichen Regelungen erhobenen Netzentgelten (ohne Gewährung eines Entgelts für dezentrale Einspeisung) insgesamt mehr gezahlt hat, als sie auf der Grundlage der genehmigten Entgelte der Beklagten unter Einschluss der Erstattung des Entgelts für dezentrale Einspeisung für denselben Zeitraum zu zahlen hatte.

Den vertraglichen Entgeltbestimmungen der Parteien fehlt die materielle Grundlage seit dem für die Bestimmung der Entgelte nach den Vorgaben des EnWG und der StromNEV maßgeblichen Zeitpunkt nur, wenn und soweit die nach Vertrag erhobenen Entgelte diesen Vorgaben nicht entsprechen und über die danach zulässigen Höchstpreise hinausgehen. Soweit sich die vertraglichen Entgelte hingegen innerhalb der zulässigen Höchstpreise halten, geben die vertraglichen Regelungen den Rechtsgrund für das Behalten ab.

4.3.1) Wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, sind im Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2009 nach Maßgabe der vertraglichen Entgeltregelungen Netzentgelte in Höhe von insgesamt 2.161.374,46 € angefallen.

4.3.2) Dass die für die Netznutzung zu zahlenden Entgelte unter Ansatz der genehmigten Entgelte der Beklagten bezogen auf dieselbe Netznutzung in demselben Zeitraum einen höheren Gesamtbetrag von jedenfalls 2.393.550,77 € erreichen, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt.

4.3.3) Danach bleiben ohne Berücksichtigung von Entgelt für dezentrale Einspeisung die auf vertraglicher Grundlage erhobenen Entgelte hinter den nach der Entgeltgenehmigung zulässigen Höchstbeträgen zurück. Dass die Klägerin unter Einschluss eines des ihr zu gewährenden Entgelts für dezentrale Einspeisung insgesamt mehr als die genehmigten Höchstpreise gezahlt hat, ist nicht festzustellen.

Hierfür ist folgende Berechnung vorzunehmen:

a) Das Entgelt für dezentrale Einspeisung, welches nach § 18 Abs. 1 Satz 2 StromNEV den gegenüber den vorgelagerten Netz- oder Umspannebenen durch die jeweilige Einspeisung vermiedenen Netzentgelten entsprechen muss, richtet sich gemäß Abs. 2 der Vorschrift grundsätzlich nach der tatsächlichen Vermeidungsarbeit und der tatsächlichen Vermeidungsleistung.

Unter Vermeidungsarbeit ist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 4 StromNEV unter Berücksichtigung der Netzverluste der jeweiligen Netz- oder Umspannebene die Differenz zwischen der durch Letztverbraucher, Weiterverteiler und nachgelagerte Netz- oder Umspannebene entnommenen elektrischen Energie in Kilowattstunden und der aus der vorgelagerten Netz- oder Umspannebene entnommenen elektrischen Energie in Kilowattstunden zu verstehen.

Die Vermeidungsleistung definiert § 18 Abs. 2 Satz 4 StromNEV als die Differenz zwischen der zeitgleichen Jahreshöchstlast aller Entnahmen aus der Netz- oder Umspannebene und der Bezugslast aus der vorgelagerten Netz- oder Umspannebene im Zeitpunkt der zeitgleichen Jahreshöchstlast in Kilowatt.

b) Während bei der Vermeidungsarbeit jegliche eingespeiste Arbeit aus dezentralen Erzeugungsanlagen ohne Beachtung des Zeitpunkts der Einspeisung berücksichtigt werden kann, ist die Ermittlung der Vermeidungsleistung an den Zeitpunkt der zeitgleichen Jahreshöchstlast aller Entnahmen in der betreffenden Netz- oder Umspannebene innerhalb des jeweiligen Abrechnungsjahres geknüpft.

Der Beitrag der dezentralen Einspeisung an der Vermeidungsleistung kann deshalb nur einheitlich für das gesamte Abrechnungsjahr bestimmt werden, welches mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Für eine Aufteilung der Vermeidungsleistung in bestimmte Abschnitte eines Jahres, wie dies die Klägerin vornehmen möchte, bieten die Bestimmungen des § 18 StromNEV keine Grundlage.

Das hat zur Folge, dass der nach der Vermeidungsleistung zu bemessende Anteil des Entgelts für dezentrale Einspeisung nicht dahin getrennt beurteilt werden kann, dass ein Teil davon der periodenübergreifenden Mehrerlösabschöpfung für die den Zeitraum bis 31.08.2006 unterliegt und im übrigen für die Zeit vom 01.09. bis zum 31.12.2006 ein Zahlungsausgleich zwischen Netzbetreiber und Netznutzer stattfindet.

c) Zugunsten der Beklagten kann deshalb bei der Bemessung des Entgelts für dezentrale Einspeisung im Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2006 allein die in dieser Zeit eingespeiste Vermeidungsarbeit berücksichtigt werden. Das gilt erst recht, weil der für die Vermeidungsleistung ausschlaggebende Zeitpunkt der zeitgleichen Jahreshöchstlast im Streitfall unstreitig der 27.01.2006, 18:15 Uhr war und dieser Zeitpunkt außerhalb des Zeitraums vom 01.09. bis zum 31.12.2006 liegt.

Da die Vermeidungsleistung für den Zeitabschnitt vom 01.09. bis zum 31.12.2006 nicht herangezogen werden kann, ist nicht mehr von entscheidender Bedeutung, ob zugunsten der Klägerin der Anteil an der Vermeidungsleistung im maßgeblichen Zeitpunkt unter Ansatz des vom GuD M… eingespeisten Stroms oder nur anhand des Anteils zu berücksichtigen wäre, der im 110-kV-Netz der Beklagten als „Netto-Strommenge“ verblieben ist, weil er nicht zeitgleich an verschiedenen Abnahmestellen des 20-kV-Netzes der Klägerin von dieser selbst wieder entnommen und von der Beklagten mithin nur „durchgeleitet“ worden ist.

d) Das demnach anhand der Vermeidungsarbeit zu bemessende Entgelt für dezentrale Einspeisung im Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2006 hat die Klägerin mit 35.243,06 € (140.972.227 kWh x 0,025 Ct/kWh) beziffert, die Beklagte hat einen Betrag von 35.491,51 € (141.966.049,75 kWh x 0,025 Ct/kWh) errechnet.

Die Differenz der Berechnungen der Parteien kann auf sich beruhen. Das zu berücksichtigende Entgelt für dezentrale Einspeisung erreicht den in Höhe von mehr als 230.000,- € bestehenden Unterschiedsbetrag zwischen den von der Beklagten auf vertraglicher Grundlage erhobenen Entgelten von 2.161.374,46 € und den mit 2.393.550,77 € anzusetzenden Höchstpreisen (s. hierzu Ausführungen unter II.B.4.3.1 und 4.3.2) nach Maßgabe der genehmigten Entgelte nicht.

Folglich ist nicht festzustellen, dass die von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.09. bis zum 31.12.2006 erhobenen Entgelte die genehmigten Höchstpreise übersteigen, was jedoch Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch der Klägerin ist.

5) Die Klageforderungen lassen sich nicht auf eine sonstige Anspruchsgrundlage stützen, insbesondere nicht auf Schadensersatz wegen unterlassener Vertragsanpassung und auch nicht auf Herausgabe wegen ungerechtfertigter Bereicherung.

5.1) Eine Anpassung der im zeitlichen Geltungsbereich des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 geschlossenen Verträge an die Rechtslage nach Inkrafttreten des EnWG und der StromNEV hat die Klägerin bis zum Ablauf des Jahres 2006 gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht. Soweit die Parteien im Rahmen des Beitritts der aus der Klägerin ausgegliederten SW… in die bestehenden Verträge durch Vereinbarung vom 27.06./10.07.2007 übereingekommen sind, die Verträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt an die neue Rechtslage anzupassen, ist eine Verletzung der Mitwirkungspflicht der Beklagten an einer Vertragsanpassung bezüglich der Jahre 2005 und 2006 nicht ersichtlich. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Beteiligten eine rückwirkende Anpassung verabredet haben. Sie ist dem Vorbringen der Beklagten, wonach mit der vertraglichen Regelung die künftige Anpassung mit Wirkung zum nächstmöglichen Zeitpunkt angestrebt war, nicht entgegengetreten.

5.2) Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB besteht nicht.

5.2.1) In dem Umfang, in dem nach § 23a Abs. 5 Satz 1 EnWG im Hinblick auf die periodenübergreifende Mehrerlösabschöpfung ein vertraglicher Zahlungsanspruch zwischen Netzbetreiber und Netzkunden ausgeschlossen ist, werden gleichermaßen Ansprüche aus Bereicherungsrecht erfasst. Mit der periodenübergreifenden Mehrerlösabschöpfung stellt die StromNEV ein spezielles Abrechnungsregime zur Abschöpfung der von dem Netzbetreiber vereinnahmen Mehrerlöse auf. Das System der periodenübergreifenden Saldierung schafft einen modifiziert fortbestehenden Rechtsgrund, der eine Bereicherungskondiktion im Verhältnis von Netzbetreiber und Netznutzer ausschließt (vgl. OLG Celle, Urteil v. 17.06.2010, 13 U 155/09 (Kart), ZNER 2010, 394; OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.10.2011, 3 U (Kart) 10/11; ZNER 2012, 77).

5.2.2) Soweit der periodenübergreifende Ausgleich auf die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht durchschlägt, liegt eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten zulasten der Klägerin aus den Gründen zu II. B. 4.3) nicht vor.

III.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die entscheidungserheblichen Fragen, ob und inwieweit die Rechtsbeziehungen zwischen einem Netzbetreiber und einem Netznutzer betreffend das Entgelt für dezentrale Einspeisung im Zeitraum vom Inkrafttreten des EnWG und der StromNEV bis zur Erteilung der ersten Entgeltgenehmigung sowie im Zweitraum zwischen Erteilung der Erstgenehmigung und dem Ablauf des bei Genehmigungserteilung laufenden Abrechnungsjahres der periodenübergreifenden Mehrerlösabführung unterliegen, sind noch nicht höchstrichterlich entschieden. Die Rechtsfragen haben Bedeutung für eine mögliche Vielzahl von Betreibern dezentraler Erzeugungsanlagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.