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Straßenausbaubeitrag


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer Entscheidungsdatum 13.11.2013
Aktenzeichen VG 3 L 265/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 8 KAG BB

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.184,32 € festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid des Antragsgegners vom 10. Juli 2013 anzuordnen,

ist seitens der Antragstellerin zu 1) bereits unzulässig.

Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil der angegriffene Bescheid nicht an sie, sondern ausschließlich an den Antragsteller zu 2) gerichtet ist. Darauf, ob sie Mit-eigentümerin des von der Beitragserhebung betroffenen Grundstücks und dem Antragsteller zu 2) deshalb im Innenverhältnis möglicherweise zur Kostenbeteiligung verpflichtet ist, kommt es im Verhältnis zum Antragsgegner nicht an.

Der Antrag des Antragstellers zu 2) ist dagegen zulässig - auch mit Blick auf § 80 Abs. 6 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) -, jedoch unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Bei der in diesem Zusammenhang anzustellenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der alsbaldigen Zahlung festgesetzter Abgaben und dem Interesse eines Antragstellers, von Vollzugsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, ist von maßgeblicher Bedeutung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind nur gegeben, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, wobei die Rechtmäßigkeit lediglich in einem im Vergleich zum Hauptsacheverfahren beschränkten Umfang geprüft wird. Dabei ist regelmäßig von der Gültigkeit der einer Abgabenerhebung zugrunde liegenden Satzungsvorschriften auszugehen, es sei denn, sie wären offensichtlich rechtswidrig. Das Gericht hat sich auf die (summarische) Kontrolle der äußeren Gültigkeit der Normen und sich ersichtlich aufdrängender Satzungsfehler sowie die Prüfung spezieller Einwände des Antragstellers gegen das Satzungsrecht und die sonstigen Voraussetzungen der Abgabenerhebung zu beschränken, wobei die Prüfung der Einwendungen des Antragstellers dort ihre Grenze findet, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. August 2005 - OVG 9 S 2.05 -; ferner Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschlüsse vom 23. September 1996 - 2 B 53/96 -, MittStGB Bbg. 11/12 1997, S. 22 und vom 24. April 2003 - 2 B 292/02 -, juris).

An diesen Grundsätzen gemessen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die weitere Vollziehbarkeit des angegriffenen Beitragsbescheides.

Der Antragsteller zu 2) greift die Gültigkeit der Beitragssatzung oder die Erfüllung des Beitragstatbestandes nicht an, und diesbezügliche Bedenken sind bei summarischer Prüfung auch nicht ersichtlich. Er macht in erster Linie geltend, bei der Aufwandsverteilung sei die XXX zu Unrecht als Haupterschließungsstraße und nicht als Hauptverkehrsstraße eingestuft worden, mit der Folge, dass er als Anlieger einen höheren als den angemessenen Anliegeranteil tragen müsse. Die von ihm nicht aufgeworfene, der weiteren Beurteilung aber vorgelagerte Frage, ob der Antragsgegner die Anlage zutreffend bestimmt hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Sie wäre mit den Mitteln des Eilverfahrens ohnehin nicht zu beantworten, bedarf möglicherweise sogar einer Einnahme des Augenscheins und muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Auf dieser Grundlage sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Antragsteller zu 2) beanstandeten Vorteilsbemessung nicht ersichtlich.

Nach § 4 Abs. 1 der Satzung der Stadt Frankfurt (Oder) über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen vom 11. Mai 2004 (Straßenbaubeitragssatzung - SBBS 2004) trägt die Stadt Frankfurt (Oder) insbesondere den Teil des Aufwandes, der auf die Inanspruchnahme der Anlage durch die Allgemeinheit entfällt, den übrigen Teil des Aufwandes tragen die Beitragspflichtigen. Deren Anliegeranteil bestimmt sich nach § 4 Abs. 3 SBBS 2004 und beläuft sich bei der Fahrbahn von Haupterschließungsstraßen auf 50 %, bei der Fahrbahn von Hauptverkehrsstraßen auf 20 %. Die anrechenbare Breite der Fahrbahn einer Haupterschließungsstraße beträgt in Misch-, Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten 8,50 m und in sonstigen Baugebieten 6,50 m. Im Falle einer Hauptverkehrsstraße liegt sie in allen Baugebieten jeweils bei 8,50 m.

Als Haupterschließungsstraßen gelten Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen sind. Hauptverkehrsstraßen sind dagegen Straßen, die dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienen, insbesondere Bundes-, Landes- und Kreisstraßen im Bereich der Ortsdurchfahrten (§ 4 Abs. 6 SBBS 2004).

Die Inhalte der damit in der Stadt Frankfurt (Oder) satzungsmäßig vorgesehenen Kategorisierung, die bundesweit gebräuchlich ist, ergeben sich namentlich auch aus der Abgrenzung zu den jeweils anderen Straßentypen (vgl. etwa Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2013 - VG 3 L 56/13 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 11; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Oktober 1982 - 2 A 1817/80 -, zitiert nach http://beck-online.beck.de). Sind danach eine Anliegerstraße bzw. eine Hauptverkehrsstraße dadurch gekennzeichnet, dass der Anliegerverkehr einerseits bzw. der durchgehende innerörtliche Verkehr oder der überörtliche Durchgangsverkehr andererseits überwiegen, so dient eine Haupterschließungsstraße wesentlich sowohl der Erschließung von Grundstücken als auch dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen.

Der eine Hauptverkehrsstraße charakterisierende durchgehende Verkehr zeichnet sich dadurch aus, dass die Straße, um deren Abrechnung es geht, als Verbindungsweg zwischen zwei anderen Straßen benutzt wird (so: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Oktober 1982, a.a.O.), welche aber - wie nach Auffassung der Kammer einschränkend wohl hinzuzufügen ist - nicht ihrerseits Anliegerstraßen sind, weil das kennzeichnend eher für eine Haupterschließungsstraße wäre (vgl. den bereits zitierten Beschluss der Kammer vom 24. Juni 2013, a.a.O. Rn. 12). Innerörtlich ist ein derartiger Durchgangsverkehr dann, wenn er die Grenzen der Gemeinde überhaupt nicht, jedoch auch dann, wenn er die Gemeindegrenze nur auf einem Wege (also dem Hin- oder dem Rückweg) überschreitet. Überörtlicher Durchgangsverkehr benutzt das Gemeindegebiet dagegen lediglich zur Durchfahrt, überschreitet die Gemeindegrenzen mithin mindestens zweimal (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Oktober 1982, a.a.O.).

An diesen Voraussetzungen gemessen spricht bei summarischer Prüfung nicht Überwiegendes dafür, dass die XXX vom Antragsgegner zu Unrecht als Haupterschließungsstraße behandelt worden ist.

Eine Verkehrskonzeption der Stadt Frankfurt (Oder) liegt zwar, falls sie von der Stadtverwaltung überhaupt in schriftlicher Form aufgestellt worden ist, bisher nicht vor; der Straßenausbau selbst lässt aber mit einer für das einstweilige Rechtsschutzverfahren hinreichenden Zuverlässigkeit die Schlussfolgerung zu, dass der Straße im Verkehrskonzept der Stadt nicht die Bedeutung einer Hauptverkehrsstraße zukommen soll. Sie ist ausweislich einer mit frei zugänglichen Quellen möglichen (http://geoportal.brandenburg.de/kartenviewer.html), wenngleich nicht restlos genauen Messung lediglich mit einer Breite von weniger als 6 m ausgebaut worden. Damit erreicht sie die anrechenbare Breite einer Hauptverkehrsstraße von 8,50 m bei weitem nicht.

Die vom Antragsgegner vorgenommene Einstufung der XXX als Haupterschließungsstraße wird auch durch die sonstigen Umstände eher bestätigt als widerlegt. Das umgebende Gebiet ist, wie der Ortsteil XXX insgesamt, durch eine relativ kleinteilige Bebauung gekennzeichnet, bei der auf der Hand liegt, dass sie jedenfalls einen nicht unerheblichen Ziel- und Quellverkehr dort wohnender, sich tagsüber dort aber nicht aufhaltender Bewohner der anliegenden Grundstücke auslöst. Dass dieser Verkehr von einem durchgehenden (innerörtlichen oder überörtlichen) Verkehr überwogen wird, wie es für eine Hauptverkehrsstraße nach der einschlägigen Satzungsbestimmung kennzeichnend wäre, erscheint eher wenig wahrscheinlich, bedürfte aber ohnehin einer abschließenden Bewertung im Hauptsacheverfahren. Die örtlichen Verhältnisse stützen eine solche Annahme jedenfalls nicht. Angesichts der geringen Straßenbreite der XXX selbst und weiterführender Straßen ist es eher unwahrscheinlich, dass sie in nennenswertem Umfang von überörtlichem Durchgangsverkehr betroffen ist, weil es sich aufdrängt, dass Verkehrsteilnehmer, die die Stadt Frankfurt (Oder) insgesamt durchqueren wollen, entweder die nahe gelegene Autobahn in Ost-West-Richtung oder die wesentlich besser ausgebaute, ebenfalls nahe gelegene XXX in Nord-Süd-Richtung benutzen werden. Der Ausbauzustand der Straße ist aber auch kaum geeignet, innerörtlichen Durchgangsverkehr anzuziehen, sofern die Möglichkeit besteht, die Bundesstraße zu nutzen. Das dürfte insbesondere für den vom Stadtzentrum aus gesehen hinter XXX gelegenen Ortsteil XXX gelten. Ein innerörtlicher Durchgangsverkehr müsste der Sache nach entweder den ebenfalls hinter XXX gelegenen Ortsteil XXX betreffen; da nach den oben gemachten Ausführungen ein Durchgangsverkehr schon dann als innerörtlich gilt, wenn er Ursprung oder Ziel innerhalb des Stadtgebiets hat, wäre davon zudem der Verkehr zwischen XXX und XXX erfasst. Für die Bewohner von XXX und XXX liegt es zwar tatsächlich nahe, innerörtliche Wege über die XXX in XXX zu absolvieren, dies reicht aber, selbst zusammengenommen mit einem auf XXX entfallenden Verkehrsanteil nicht aus, von einem Überwiegen des innerörtlichen Durchgangsverkehrs in jene Richtungen auszugehen.

Vorübergehende Veränderungen der Verkehrsströme, etwa durch eine Sperrung der Autobahn, sind entgegen der Auffassung des Antragstellers zu 2) ohne Belang.

Soweit er hiervon abgesehen darauf hinweist, dass der im Beitragsbescheid angesetzte umlagefähige Aufwand erheblich von jenem abweicht, der im Vorausleistungsbescheid vom 30. September 2009 veranschlagt worden war, spricht das nicht für seine Rechtswidrigkeit, sondern liegt ersichtlich daran, dass die Kosten der Maßnahme zum damaligen Zeitpunkt lediglich prognostiziert werden konnten. Die von ihm weiter aufgestellte Behauptung, die in die Berechnung der Baukosten eingegangenen Rechnungen seien nicht in jedem Fall ordnungsgemäß, ist ebenso unsubstantiiert wie sein Hinweis auf eine "Kostenbeteiligung der Deutschen Bahn für die zusätzliche Zerstörung der Straße" und bieten deshalb keine Veranlassung für ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides.

Soweit der Antragsteller zu 2) schließlich beanstandet, der Verkauf von Pflastersteinen der alten Straße sei nicht im Interesse der Anlieger zur Kostensenkung eingesetzt worden, gibt auch das, ganz abgesehen davon, dass es auch insoweit an jeglicher Substantiierung fehlt, keinen Anhalt für eine überhöhte Beitragsfestsetzung. Dabei spricht ohnehin Überwiegendes dafür, dass der Wert des im Zuge einer Straßenbaumaßnahme aufgenommenen und nicht in derselben Erschließungsanlage wieder verwendeten Altmaterials nicht mit den Ausbaukosten zu verrechnen ist (Urteil der Kammer vom 18. September 2012 - VG 3 K 463/09 -). Ein solcher Abzug erscheint im Hinblick darauf, dass dieses Material Eigentum der Gemeinde und nicht der Anlieger ist und es deshalb bei seinem Ausbau keinesfalls "in das Vermögen der Gemeinde fließt", sondern sich vor und nach dem Ausbau im kommunalen Vermögen befand, keineswegs zwingend (vgl. hierzu VG Schleswig, Urteil vom 18. Mai 2001 – 9 A 43/01 –, zitiert nach Juris). Würde man hingegen einen Abzug für das Altmaterial fordern, müsste der sich daraus ergebende Verlust der Gemeinde durch die Reduzierung der Beitragseinnahmen konsequenterweise durch eine höhere Belastung der Beitragspflichtigen in der Straße ausgeglichen werden, in der das Altmaterial wieder verwendet worden ist, wofür es keine Rechtsgrundlage gibt. Selbst wenn es sich hierbei um eine offene Frage handeln sollte (so möglicherweise Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2008 - OVG 9 S 11.08 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 7), würde das dem Antrag nach dem oben dargestellten Beurteilungsmaßstab nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG - und entspricht einem Viertel des festgesetzten Beitrages.