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Entscheidung 1 O 298/12


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 1. Zivilkammer Entscheidungsdatum 27.11.2013
Aktenzeichen 1 O 298/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Perleberg vom 31.5.2012 – 11 C 108/12 – durch den zugunsten der Antragstellerin eine Vormerkung für eine Sicherungshypothek zu Lasten eines genau bezeichneter Grundstücke der Antragsgegnerin eingetragen werden konnte, wird aufgehoben.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Anstragstellerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000€ vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Das Amtsgericht Perleberg erließ mit Beschluss vom 31.5.2012 – 11 C 108/12 – ohne mündliche Verhandlung eine einstweilige Verfügung, nach der zugunsten der Antragstellerin eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek zur Sicherung eines Architektenhonoraranspruchs zu Lasten von Grundstücken der Beklagten eingetragen werden konnte.

Den zunächst erhobenen Widerspruch gegen den Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.9.2012 zurückgenommen.

Auf ihren Antrag ist der Antragstellerin mit Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts vom 23.1.2013 eine Frist zur Klageerhebung binnen 1 Monats gesetzt worden.

Die Antragstellerin hat vor der Kammer für Handelssachen beim Landgericht Neuruppin Zahlungsklage erhoben, nicht aber Klage auf Eintragung einer Sicherungshypothek.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Perleberg vom 31.5.2012 – 11 C 108/12 – aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antrag auf Aufhebung zurückzuweisen.

Sie meint, die Frist zur Klageerhebung sei nicht wirksam gesetzt. Der Beschluss vom 23.1.2013 sei unwirksam, weil er nicht begründet worden sei.

Im Übrigen sei die erhobene Zahlungsklage ausreichend. Nach dem Zweck des § 926 ZPO genüge es, wenn die den Verfügungsanspruch rechtfertigenden Umstände im Hauptsacheprozess geprüft wurden.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 926 Abs. 2 ZPO aufzuheben.

Der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 23.1.2013, durch den der Antragstellerin eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gesetzt worden ist, ist wirksam. Ob er rechtmäßig ergangen ist, spielt keine Rolle. Er ist jedenfalls nicht nichtig und mithin nicht wirkungslos. Die Antragstellerin hat kein Rechtsmittel gegen den Beschluss erhoben. Selbst wenn eine Begründung erforderlich gewesen wäre, hätte diese im Abhilfeverfahren nachgeholt werden können.

Die Antragstellerin hat nicht Klage zur Hauptsache erhoben. Es ist unstreitig, dass sie allein Zahlungsklage erhoben hat. Streitgegenstand eines Rechtsstreits ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag (Rechtsfolge) und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt wird (BGH, NJW 1992, 1172). In diesem Sinn müssen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren und der im Klageverfahren geltend gemachte Anspruch identisch sein. Ein Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Eintragung Sicherungshypothek gerichteter Anspruch ist schon in der begehrten Rechtsfolge unterschiedlich, aber auch der Klagegrund muss nicht identisch sein. So ist der Anspruch aus § 648a BGB u. a. auch davon abhängig, dass der Architekt nicht nur dienstvertraglich tätig wird (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Auflage Rz. 213) und dass es sich bei dem Baugrundstück um ein Grundstück des Bestellers handelt. Bei einer formalistischen Betrachtung sind die geltend gemachten Ansprüche nicht identisch.

Die herrschende Meinung sieht die Antragstellerin als zu formalistisch an und möchte dem OLG Frankfurt (BauR 2002, 1435) folgen. Die Gesetzeskonstruktion spräche zwar für sie - nicht aber der Sinn der Bestimmungen. Die Parteien stritten nämlich nicht darum, ob und wie ein Anspruch des Architekten im Grundbuch zu sichern ist, sondern darüber, ob der geltend gemachte Anspruch des Architekten besteht. Dies sei regelmäßig die Vorstellung der Parteien und entspräche auch dem Erklärungshorizont.

Diese praktisch orientierte Lösung überzeugt nicht und ist dogmatisch auch nicht zu begründen. Ob ein Streitgegenstand identisch ist, ist anhand des dargelegten Maßstabs zu prüfen. Dass die Eintragung einer Vormerkung für eine Sicherungshypothek nicht dem Zahlungsanspruch entspricht, ist offensichtlich. Mit Einwänden gegen die Eintragung, die dem Sicherungsanspruch entgegengehalten werden können oder sich auf das Grundstück beziehen, würde eine Partei im Zahlungsprozess nicht gehört werden. Die Ansicht der Antragstellerin verkürzt die Durchsetzung eines Sicherungsanspruchs auf ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Die Beklagte könnte – entgegen § 926 ZPO – nicht mehr eine nicht nur summarische Prüfung verlangen oder jedenfalls nur dann, wenn sie im einstweiligen Verfügungsverfahren Einwände erhöbe, die außerhalb des Zahlungsprozesses liegen. Hierfür ist eine dogmaitsche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin wäre im Hauptsacheprozess der einstweiligen Verfügung nicht mit Einwänden präkludiert, die sie im Verfügungsverfahren nicht erhoben hätte. Es erhellt nicht, warum sie nicht die Hauptsacheklage verlangen können soll.

Allein praktische Erwägungen tragen eine so weitreichende Konsequenz nicht. Schon der Rechtsklarheit wegen ist die Frage für alle Fälle abstrakten und „formalistischen“ zu prüfen, ob in der Hauptsache Klage erhoben ist, nicht anhand des konkreten Vortrags der Parteien im Verfahren – womöglich gar im einstweiligen Verfügungsverfahren.

Die Kostenentscheidung hat einheitlich zu ergehen. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind von der Antragstellerin zu tragen, da sie nach der zurück wirkenden Aufhebung der einstweiligen Verfügung als unterlegen anzusehen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 704, 709 ZPO. Die Sicherheitsleistung hat das Gericht mit 35.000€ bemessen, da die Löschung der Vormerkung in Vollzug des Urteils den Verlust der Sicherung zur Folge hat. Daneben fallen Kosten an.