Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.06.2014 | |
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Aktenzeichen | 3 K 705/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 35a SGB 8 |
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 verpflichtet, dem Kläger für das Schuljahr 2012/2013 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der Beschulung durch die Freie Oberschule Villa E... in Höhe von monatlich 300 Euro zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme der Kosten seiner Beschulung in einer Privatschule.
Der am ... Februar 2000 geborene Kläger besuchte seinerzeit die fünfte bzw. sechste Klasse der Grundschule A. In der Zeit vom 6. Dezember 2010 bis zum 11. Februar 2011 befand er sich in teilstationärer Behandlung des ASKLEPIOS Fachklinikums L., Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik C. Ausweislich der fachärztlichen Stellungnahme vom 28. Februar 2011 wurde dort bei dem Kläger eine einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ADS) (F90.0 ICD-10), eine Ticstörung (F95.1 ICD-10), eine Entwicklungsstörung der visuellen Wahrnehmung, Raumwahrnehmung und des akustischen Gedächtnisses (F88 ICD-10) sowie eine dissoziierte Intelligenz mit wahrnehmungsgebundenem logischen Denken im Bereich einer Intelligenzminderung bei sonst durchschnittlichen Ergebnissen (F74.0) diagnostiziert und auf Achse VI das Vorliegen einer ernsthaften sozialen Beeinträchtigung festgestellt. Erstmals am 1. März 2011 nahmen die Eltern des Klägers daraufhin Kontakt zum Beklagten auf, bei dem sie mit Schreiben vom 30. Januar 2012 einen Antrag auf Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten einer Beschulung des Klägers in einer Privatschule stellten. Zur Begründung verwiesen sie unter Vorlage fachärztlicher und schulischer Stellungnahmen auf die großen Konzentrations- und Lernschwierigkeiten und die soziale Ausgrenzung des Klägers in der Schule sowie auf eine mangelnde Unterstützung und Förderung seitens der Schule. Außerschulisch erhielt der Kläger bereits eine ergotherapeutische Behandlung.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Eingliederungshilfe ab, da dieser nicht unter einer seelischen Behinderung leide und ihm eine solche auch nicht drohe. Vielmehr habe der Kläger Lernschwierigkeiten, die ausweislich einer entsprechenden Testung durch die Schule auf eine Minderbegabung des Klägers zurückzuführen seien. Insoweit hätte ein Förderausschussverfahren durchgeführt werden müssen, da es Pflicht der Schule sei, auf Leistungsprobleme von Schülern zu reagieren und den tatsächlichen Bedarf für eine weiterführende Schulperspektive zu ermitteln. Die Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers sei gegenüber der schulischen, ggf. sonderpädagogischen Förderung nachrangig. Ohnehin werde der Kläger mit Beginn des neuen Schuljahres in eine andere Schule wechseln, so dass von einer Änderung der derzeitigen Lernsituation auszugehen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 25. Mai 2012 Widerspruch, zu dessen Begründung er beanstandete, dass der Beklagte die fachärztlichen Stellungnahmen und die darin enthaltenen Diagnosen nicht hinreichend gewürdigt habe. Eine angemessene schulische Förderung sei trotz entsprechender wiederholter Anträge etwa auf Nachteilsausgleich oder Förderunterricht lange Zeit nicht gewährt worden, obgleich seine Eltern alle zwei bis drei Wochen im Gespräch mit der Schule gewesen seien. Erst nach einem Gespräch mit dem Direktor der Schule erhalte er, der Kläger, seit März 2012 wöchentlich eine Förderstunde im Fach Mathematik. Die Gewährung eines Nachteilsausgleiches werde weiterhin verweigert, die Klassenleiterin des Klägers sehe darin eine ungerechtfertigte Benachteiligung der anderen Mitschüler. Die Möglichkeit eines Förderausschussverfahrens sei ein Mal erwähnt worden, allerdings mit dem gleichzeitigen Hinweis, dass dies zeitlich nicht mehr zu schaffen wäre. Insgesamt sei festzustellen, dass die Schule seine, des Klägers Probleme nicht ernst genommen habe. Der Besuch einer Privatschule mit Erfahrung im Umgang mit Kindern mit ADS und geringer Schülerzahl sei ärztlich empfohlen worden.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2012, dem Kläger zugestellt am 30. Juni 2012, zurück. Bei dem Kläger liege eine Teilleistungsstörung vor, aus der jedoch keine erhebliche Teilhabebeeinträchtigung folge. Vielmehr bestünden lediglich schulische Probleme. Das dementsprechend angezeigte Förderausschussverfahren sei nicht durchgeführt worden.
Am 16. Juli 2012 hat der Kläger daraufhin die vorliegende Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, dass seine diagnostizierte seelische Störung über bloße Schulprobleme und -ängste hinausgehe und dass sowohl die fachärztlichen als auch die schulischen Stellungnahmen das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung bestätigten. Er trägt vor, dass sich seine Situation seit 2011 zugespitzt habe, insbesondere habe er immer weniger gegessen und an den Nägeln gekaut. In der Schule sei er gehänselt, verspottet und ausgegrenzt worden, habe ein Außenseiterdasein geführt. Er habe keine Freunde und ziehe sich auch innerhalb der Familie zurück. Bei der Bewältigung von Hausaufgaben zeige er große Schwierigkeiten und lasse sich immer schwerer motivieren. Auf seine sozialen Probleme, die sogar in einen Mobbingvorfall gemündet hätten und soweit gegangen seien, dass er, der Kläger, sich schließlich auch geweigert hätte, an der Abschlussfahrt teilzunehmen, habe die Schule nicht reagiert. Auch eine Unterstützung etwa in Form von Nachteilsausgleich oder Förderunterricht habe er trotz entsprechender Empfehlungen seitens der Tagesklinik nicht bzw. lange nicht erhalten, das Förderausschussverfahren sei erst in den letzten Gesprächen lediglich knapp erwähnt worden. Demgegenüber entsprächen die Unterrichtsbedingungen in der Privatschule Villa E... voll seinen, des Klägers, Bedürfnissen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2012 zu verpflichten, ihm für das Schuljahr 2012/2013 Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der Beschulung durch die Freie Oberschule Villa E... in Höhe von monatlich 300 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides und seine im Rahmen des Verwaltungsverfahrens getroffenen Feststellungen und trägt ergänzend vor, dass die Überprüfung der intellektuellen Leistungsvoraussetzungen durch die Fachklinik ein auffallend heterogenes Testprofil gezeigt habe. Eine Teilhabebeeinträchtigung in der im Rahmen der Eingliederungshilfe geforderten Intensität liege nicht vor, so weise das letzte Schulzeugnis keine unentschuldigten Fehlzeiten aus. Obwohl die Schule die vorrangige Aufgabe habe, bei Kindern mit Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten schulinterne Fördermaßnahmen einzuleiten, sei ein Förderausschussverfahren bislang nicht durchgeführt worden, wobei es nicht entscheidend sei, ob dies auf ein Verhalten der Schule oder des Klägers und dessen Eltern zurückzuführen sei.
Seit dem Schuljahr 2012/2013 besucht der Kläger nunmehr die private Oberschule Villa E... in E., wofür ein monatliches Schulgeld in Höhe von 300 Euro zu entrichten ist.
Im Termin der mündlichen Verhandlung hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der sachverständigen Zeugin Frau C., Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges (1 Heft) ergänzend Bezug genommen.
Die Klage hat Erfolg.
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat Anspruch auf die von ihm begehrte Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme seiner Beschulung in der privaten Oberschule Villa E....
Anspruchsgrundlage der begehrten Leistung ist § 35 a Abs. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) VIII.
Hiernach haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2). Die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 SGB VIII ebenso wie über die erforderliche und geeignete Hilfe hat der Gesetzgeber dabei dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe zugewiesen, der hierfür zwar auf Stellungnahmen ärztlicher und sozialpädagogischer Fachkräfte zurückzugreifen hat, die aber ihrerseits die Entscheidung des Jugendhilfeträgers auch nicht vorweg nehmen dürfen und können, sondern vielmehr neben den fachärztlichen Diagnosen nachvollziehbare und gerichtlich überprüfbare Aussagen insbesondere auch darüber zu treffen haben, welche Lebensbereiche und welches soziale Umfeld von der Teilhabebeeinträchtigung betroffen sind.
Die Voraussetzungen des § 35 a Abs. 1 SGB VIII sind hier – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage – für das Schuljahr 2012/2013 erfüllt.
Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der von dem Beklagten anzustellenden Prognose über die Geeignetheit und Notwendigkeit der begehrten Maßnahme und also deren (beabsichtigter) Beginn. Da die Bewilligung von Kinder- und Jugendhilfe – wie generell von Sozialhilfe - eine zeitabschnittsweise Hilfegewährung darstellt, die bei Vorliegen der Voraussetzungen im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Bewilligung nicht ein für allemal zugesprochen wird, sondern deren Voraussetzungen auf Grundlage der jeweils bestehenden, ggf. geänderten Verhältnisse vom Träger der Jugendhilfe zeitabschnittsweise neu zu prüfen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – 5 C 30/93 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 11; Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 19. Januar 2011 - 4 LB 154/10 –, zitiert nach juris, dort Rdn 24), kann das Gericht, das im Rahmen einer Verpflichtungsklage zulässigerweise nur die von der Behörde getroffene Entscheidung überprüft, soweit diese reicht, hier demnach nur das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Eingliederungshilfe im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung prüfen und hierüber eine Entscheidung treffen. Dabei deckt sich der Zeitraum, auf welchen sich die Prognose darüber, wie lange eine (geeignete) Eingliederungshilfemaßnahme als erforderlich anzusehen sein wird, erstreckt, bei zeitabschnittsweise ablaufenden Maßnahmen naturgemäß mit dem Zeitabschnitt, den die Maßnahme ihrem absehbaren Ablauf nach umfasst. Dies ist bei Eingliederungshilfemaßnahmen, die einen Schulbesuch zum Gegenstand haben, regelmäßig das jeweilige Schuljahr. Dementsprechend trifft ein Bescheid, der einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für einen Schulbesuch ablehnt, damit eine Regelung nur - aber auch jedenfalls - für das bevorstehende Schuljahr (vgl. ebenso Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 29. Juni 2006 – AN 14 K 04.03115 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 38 m. w. N.). Dementsprechend hat der Kläger sein Antragsbegehren vorliegend auch zutreffend auf diesen Zeitraum beschränkt.
Im hier maßgeblichen Zeitpunkt lag ein Abweichen der seelischen Gesundheit des Klägers i. S. d. § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vor.
Ausweislich des fachärztlichen Berichts des ASKLEPIOS Fachklinikums L. – Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (im Folgenden: Fachklinikum L.) - vom 28. Februar 2011 wurden bei dem Kläger eine einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ADS), eine Ticstörung sowie eine Entwicklungsstörung in Form einer Wahrnehmungsstörung diagnostiziert. Ergänzend hierzu hat die sachverständige Zeugin Frau C. in ihrer Vernehmung im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bei dem Kläger eine emotionale Störung vorliegt, die Teil der ADS und der Wahrnehmungsstörung sei. Hierbei handelt es sich nach Aussage der Zeugin vornehmlich um eine Kontaktstörung, die sich in dem großen Wunsch nach Sozialkontakten bei gleichzeitiger Unfähigkeit zu einer adäquaten Kontaktaufnahme und wechselseitigen Kommunikation äußert und Anteile einer autistischen Störung enthält, wenn der Kläger auch nicht alle Kriterien einer autistischen Störung erfülle. Ebenso zeige er ein mangelndes Nähe-Distanz-Empfinden. Aufgrund der Besonderheiten seines Störungsbildes passt der Kläger nach Aussage der Zeugin letztlich in keine Kategorie der Diagnosenklassifikation ICD-10-GM, weshalb die Klinik seinerzeit auch gezögert habe, ihm eine isolierte emotionale Störung zu diagnostizieren.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass die seelische Gesundheit des Klägers hier maßgeblich von ihrem alterstypischen Zustand abweicht und sich aus der ADS und der Wahrnehmungsstörung, bei der es sich um eine psychische Entwicklungsstörung handelt, vor allem auch eine emotionale Störung in Form einer Kontaktstörung entwickelt hat. Die von der Zeugin nachvollziehbar beschriebenen Schwierigkeiten der Diagnostik im vorliegenden Fall werden dabei auch durch die Entlassungsmitteilung des Fachklinikums L. vom 10. Februar 2011 veranschaulicht, die als Entlassungsdiagnose noch den Verdacht auf eine Störung sozialer Funktionen mit Rückzug aufgrund Defiziten in der sozialen Kompetenz und atypischen Autismus enthält. Ergänzend hierzu haben die Eltern des Klägers unwidersprochen das 2011 erfolgte Einsetzen sekundärer Neurotisierungen wie Nägelkauen und Essensverweigerung geschildert.
Damit weicht die seelische Gesundheit Klägers länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab, § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist aufgrund dieser altersuntypischen Abweichung der seelischen Gesundheit des Klägers auch seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt bzw. ist zumindest eine solche Beeinträchtigung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB VIII.
Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist gekennzeichnet durch die aktive, selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den das Kind oder den Jugendlichen betreffenden Lebensbereichen wie Familie, Freundeskreis, Schule und Freizeit, wobei eine Störung der Teilhabe bereits dann vorliegt, wenn sich die Störung in einem der Lebensbereiche auswirkt. Sie kann nicht nur durch eine Ausgrenzung der Umwelt, sondern auch durch subjektive Schwierigkeiten des Betroffenen, aktiv am Leben teilzunehmen, bedingt werden. Von einer Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des § 35 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB VIII ist daher auszugehen, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt, was sich in Fällen wie dem vorliegenden beispielsweise in einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, einer totalen Schul- und Lernverweigerung, einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder in einer Vereinzelung in Schule, Familie und Freizeit äußert sowie im Auftreten psychosomatischer Reaktionen wie Schlafstörungen, Ritzen, Einnässen oder Nägelkauen. Bloße Schulprobleme und Schulängste, die andere Kinder oder Jugendliche teilen, genügen demgegenüber für die Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung nicht (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. November 1998 – 5 C 38/97 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 15; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. März 2007 – 7 E 10212/07 -, a. a. O., dort Rdn. 7). Die Feststellungen hierzu sind vom insoweit allein entscheidungsbefugten Jugend- bzw. hier Sozialamt des Beklagten aus eigener sozialpädagogischer Sachkunde zu treffen (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. August 2010 – 12 A 1237/09 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 9) und unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle.
Hier ergibt sich die (drohende) Teilhabebeeinträchtigung des Klägers im schulischen Bereich aus den vorliegenden fachärztlichen und schulischen Stellungnahmen sowie den unwidersprochen gebliebenen Angaben seiner Eltern. Diesen ist zu entnehmen, dass die maßgeblich im Sozialen angelegten Probleme des Klägers deutlich über „normale“ Schulprobleme hinausgehen und von ihm ohne Hilfe nicht überwunden werden können. So stellt der Bericht des Fachklinikums L. vom 28. Februar 2011 im Rahmen seiner multiaxialen Diagnostik auf der sechsten Achse, auf der eine globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus erfolgt (vgl. hierzu Fegert in Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 35 a Rdn. 98), eine ernsthafte soziale Beeinträchtigung des Klägers fest. Dieser wird als unselbständig, passiv, teilweise grenzüberschreitend beschrieben. Selbst in einer kleinen Gruppe von sechs Kindern gelang es dem Kläger mangels sozialer Kompetenzen und emotionaler Schwingungsfähigkeit nicht, einen richtigen Anschluss an die anderen zu finden. Zwar wurde er von den Mitpatienten toleriert und war so auch integriert in die Gruppe, benötigte aufgrund seiner deutlichen Verständigungsprobleme jedoch immer wieder die direkte Hilfe von Erwachsenen. Dementsprechend hat ihn auch die Zeugin, die seinerzeit die behandelnde Ärztin des Klägers in der Tagesklinik war, im Rahmen ihrer Vernehmung als Außenseiter beschrieben, der in den Bereichen Kommunikation und Kontaktaufnahme unbeholfen bis wunderlich agierte, nicht das Gespräch suchte oder eigene Spielvorschläge machte, sondern eher über Körperkontakt und Albernheiten versuchte, mit anderen in Kontakt zu treten. Auch im Schulbericht der Tagesklinik vom 14. Februar 2011 werden seine unbeholfenen und eigenartigen Versuche der Kontaktaufnahme beschrieben, die offenkundig aus seiner anderen Wahrnehmung resultierten.
Auch die Stellungnahme der Grundschule vom 7. Februar 2012 bescheinigt dem Kläger eigenartige Verhaltensmuster, aufgrund derer es nur teilweise gelungen sei, ihn in den Klassenverband zu integrieren. Auch hier werden seine Passivität und mangelnde Initiative sowie die eher von Albernheit und Neckerei geprägten Versuche der Kontaktaufnahme als Ursachen beschrieben. Der Kläger habe vor allem große Schwierigkeiten in der Wahrnehmung und im Umgang mit anderen Kindern, weshalb es immer schwieriger geworden sei, Mitschüler für ein Zusammensein mit dem Kläger zu begeistern und ihre Interessen mit den seinen in Einklang zu bringen. Anschaulich wird beschrieben, wie zwischen ihm und seinen Mitschülern eine immer größere Schere klaffte, der Kläger weltfremd und orientierungslos wirkte und sich zunehmend an den Rand gestellt fühlte. Noch deutlicher haben die Eltern des Klägers geschildert, dass dieser in der Schule insbesondere von den Mitschülern seiner Klasse ausgegrenzt und teilweise gleichsam gemobbt wurde, weshalb es insbesondere am Morgen immer schwieriger geworden sei, ihn zum Schulbesuch zu motivieren.
Unter Würdigung dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Kläger in seiner sozialen Funktionstüchtigkeit bereits nachhaltig eingeschränkt ist. So zeigt sich insgesamt das Bild eines sozialen Außenseiters mit besonders im Kontakt zu anderen seltsamen und offensichtlich auch befremdlichen Verhaltensweisen, die zu seiner Isolation und Ausgrenzung führen. Er erscheint weitgehend unfähig, ohne Hilfe und von sich aus mit Gleichaltrigen in einen normalen Kontakt zu treten und altersangemessen soziale Beziehungen zu gestalten. In seiner Unselbständigkeit und Passivität offenbart sich die mangelnde Fähigkeit, durch die aktive, selbstbestimmte und altersgerechte Ausübung sozialer Funktionen und Rollen am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Der Kläger hat ersichtlich keine Freunde, wird im Gegenteil eher gehänselt und verspottet, wie auch seine Selbstauskunft und die seiner Eltern im Rahmen des Hausbesuches am 6. März 2012 belegen. Dort findet sich beispielsweise auch vermerkt, dass er deshalb auch nicht mehr zum Handball wolle und stark abgenommen habe. Auffällig erscheint dabei zudem, dass der Kläger sich gegen seine Ausgrenzung selbst nicht zu behaupten vermag. So findet sich in den vorliegenden Stellungnahmen immer wieder der Hinweis darauf, dass der Kläger sich nicht wehre, über Probleme und Anfeindungen nicht spreche, sondern auf Nachfrage im Gegenteil äußere, dass alles in Ordnung sei. Ein eigener Leidensdruck fehlt ihm, so dass der Eindruck entsteht, er finde sich mit seiner Außenseiterstellung ab. Die Zeugin Frau C. schätzte diesbezüglich ein, dass der Kläger eher mit Rückzug und Stille auf sein Leid reagiere.
Mit dieser erheblichen sozialen Beeinträchtigung des Klägers hat sich der Beklagte nicht im Ansatz auseinandergesetzt. Weder in den angefochtenen Bescheiden noch im vorliegenden Klageverfahren hat er die deutlich wahrnehmbare Vereinzelung und das Rückzugsverhalten des Klägers hinreichend gewürdigt sowie den Umstand, dass diese Schwierigkeiten nach einhelliger Einschätzung sowohl des Fachklinikums als auch der Schule aus den Wahrnehmungs- und Kontaktstörungen des Klägers resultieren.
Soweit der Beklagte demgegenüber den Schwerpunkt der Problematik des Klägers in einer intellektuellen Minderbegabung und den daraus folgenden schulischen Leistungsproblemen sieht, verkennt er ganz offensichtlich den vorliegenden Einzelfall. Dabei vermag schon nicht überzeugen, wenn er hier von einer Minderbegabung des Klägers ausgeht. Zwar findet sich in der Stellungnahme der Grundschule vom 7. Februar 2012 ein entsprechender Hinweis. Dabei bleibt jedoch völlig unklar, welche Tests insoweit durchgeführt worden sind, auch ein diese Einschätzung stützender IQ wird nicht mitgeteilt. Demgegenüber hat die Diagnostik des Fachklinikums L. ausweislich des Berichtes vom 28. Februar 2011 keine Intelligenzminderung im eigentlichen Sinne ergeben. Vielmehr weist der Kläger eine dissoziierte Intelligenz mit überwiegend durchschnittlichen, einem überdurchschnittlichen und im Bereich des wahrnehmungsgebundenen logischen Denkens einem unterdurchschnittlichen Testergebnis auf. Wie die hierzu vernommene Zeugin bestätigt hat, ergab die Testdiagnostik des Klinikums damit gerade nicht das Vorliegen einer Lernbehinderung, auch wenn ein solcher Eindruck im Hinblick auf die schwach ausgeprägte Kommunikation und die Unselbständigkeit des Klägers entstehen könne. Vielmehr sei aufgrund des heterogenen Testprofils ein Gesamt-IQ ohne Aussagekraft und daher nicht verwertbar. Auch wenn sich nach Aussage der Zeugin die Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörung und die Intelligenzproblematik, die ja ebenfalls gerade den wahrnehmungsbezogenen Bereich betrifft, gegenseitig bedingen und beeinflussen, namentlich die unterdurchschnittlichen Leistungen im Bereich des wahrnehmungsgebundenen logischen Denkens auch dazu führen, dass der Kläger etwa soziale Situationen missversteht, ist nichts dafür erkennbar, dass es sich hier vordergründig um eine Problematik der geistigen Leistungsfähigkeit handelt.
Dass der Kläger – resultierend aus den Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen, die es ihm etwa erschweren, Aufgaben zu erfassen, sich in Arbeitsmaterialien zu orientieren, aktiv an Partner- oder Gruppenarbeit teilzunehmen - auch schulische Probleme im Leistungsbereich hat, ändert nichts an der vordergründig sozialen Problematik, die hier seine Teilhabebeeinträchtigung begründet.
Der Besuch der privaten Oberschule Villa E... erscheint auch als hier erforderliche und geeignete Jugendhilfemaßnahme.
Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über die Art der Hilfe im Einzelfall von den Fachkräften des Jugendhilfeträgers im Rahmen eines kooperativen pädagogischen Prozesses zu treffen ist und dass diese Entscheidung grundsätzlich keinen Anspruch auf objektive Richtigkeit erhebt, sondern (lediglich) eine angemessene, fachlich vertretbare und nachvollziehbare Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation sein muss. Denn die insofern gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung des Beklagten weist hier beachtliche Fehler auf, insbesondere da nicht alle maßgeblichen Umstände des Falles in die Entscheidung einbezogen und allgemeingültige fachliche Maßstäbe nicht beachtet worden sind. Dies vor allem, soweit der Beklagte seine ablehnende Entscheidung maßgeblich auf die fehlende vorherige Durchführung eines Förderausschussverfahrens gestützt und den Kläger ohne Ermittlung seines kinder- und jugendhilferechtlichen Hilfebedarfes auf eine vorrangige schulische Förderung verwiesen hat.
Aufgabe und Ziel der Hilfe sowie die Art der Leistungen richten sich bei Vorliegen einer seelischen Behinderung gemäß § 35 a Abs. 3 SGB VIII u. a. nach § 54 SGB XII. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu, wobei die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben. Damit ist die Übernahme von Kosten für den Besuch einer privaten Oberschule als Leistung der Eingliederungshilfe grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist, dass dies der Bewältigung und dem Ausgleich der Teilhabebeeinträchtigung dient und eine angemessene Schulbildung nur auf diese Weise und nicht im öffentlichen Schulsystem erreicht werden kann.
So liegt der Fall hier.
Zwar wird im Bericht des Fachklinikums L. vom 28. Februar 2011 die Gewährung eines Schuleinzelfallhelfers empfohlen. Die hierzu befragte Zeugin hat erklärt, dass dies während des Entlassungsgespräches, an dem auch Vertreter der Schule teilgenommen hätten, als eine Möglichkeit erörtert worden sei. Gleichzeitig hat sie dargelegt, dass der Kläger, was den schulischen Bereich betrifft, vor allem eine kleine, überschaubare Schule benötige mit kleinen Klassen, so dass er sich zurechtfinden könne. Zudem sei er, da er sich gegen Anfeindungen nicht wehre, auf ein ihm freundlich gesinntes, sozial intakt agierendes und ihn förderndes Umfeld angewiesen. Für Sozialkontakte brauche er die Hilfe Erwachsener. Ähnlich äußert sich auch die Grundschule in ihrer Stellungnahme vom 7. Februar 2012. Diese sah den Übergang des Klägers in die 7. Klasse besonders kritisch, insbesondere, da es diesem schwer fallen werde, sich in einem neuen Schulhaus mit vielen neuen Schülern zurechtzufinden. Daher erachtet auch die Grundschule eine weitere Förderung des Klägers in einer kleinen Schule mit wenigen Schülern als sehr sinnvoll. Ohnehin entspricht es allgemeinen Erfahrungswerten, dass für Kinder mit ADS und Wahrnehmungsstörungen eine Beschulung in kleinen Klassen und mit individueller Förderung durch ein hierauf besonders eingestelltes Lehrpersonal geboten ist, um der seelischen Behinderung zu begegnen. In ihrem Antrag haben die Eltern des Klägers dementsprechend ausdrücklich darauf verwiesen, dass es ihnen maßgeblich darum gehe, für den Kläger ein seinen Bedürfnissen angepasstes Lernumfeld zu schaffen. Die private Oberschule Villa E... biete vor allem aufgrund ihrer geringen Größe und den Erfahrungen im Umgang mit Kindern mit ADS dafür optimale Voraussetzungen.
Der Beklagte hat auch keine hinreichend konkrete und geeignete Alternative nachgewiesen (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. April 2012 – 12 A 659/11 -, zitiert nach juris, dort Rdn.84 ff.). Insbesondere auf das öffentliche Schulsystem muss sich ein Betroffener in Anwendung des Nachranggrundsatzes aus § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur dann verweisen lassen, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalles im öffentlichen Schulwesen eine bedarfsdeckende Hilfe in rechtlicher und tatsächlicher Hilfe zur Verfügung stünde (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. April 2012 – 12 A 659/11 -, a. a. O., dort Rdn.86). Insofern vermag der bloße Hinweis des Beklagten, dass der Kläger nach Abschluss der sechsten Klassenstufe ohnehin auf eine andere Schule wechseln müsse, was zu einer Änderung der derzeitigen Lernsituation führen werde, schon im Ansatz nicht zu genügen. Eine konkret geeignete öffentliche Schule hat der Beklagte zu keiner Zeit benannt.
Soweit der Beklagte sich allgemein auf den Vorrang des öffentlichen Schulwesens beruft und dabei – wie sein Hinweis auf die Notwendigkeit der Durchführung eines Förderausschussverfahrens nahelegt – an eine sonderpädagogische Förderbeschulung denkt, ist dies zum einen schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es an einer schulrechtlichen Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfes mit gleichzeitiger Festlegung des Förderortes hier gerade fehlt. Insofern handelt es sich nicht um eine verfügbare Alternative (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. März 2006 – 12 A 806/03 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 39 und Urteil vom 25. April 2012 – 12 A 659/11 -, a. a. O., dort Rdn. 88; Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 17. Mai 2010 – 26 K 6503/09 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 60).
Zum anderen ist nicht erkennbar, dass eine entsprechende bedarfsdeckende Beschulung des Klägers an einer Förderschule hier überhaupt in Betracht kommt. Denn selbst bei Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfes im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung käme aller Voraussicht nach nur eine Beschulung im normalen Klassenverband der Regelschule mit sonderpädagogischer Begleitung in Betracht, während im Hinblick auf die Klassenstufe des Klägers, der sich im hier maßgeblichen Zeitpunkt gerade vor dem Wechsel in die Jahrgangsstufe 7 befand, die Möglichkeit einer Umschulung in eine Lernform mit kleineren Klassen im Bereich der öffentlichen Schule nicht besteht, da die Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung im Land Brandenburg auf die Jahrgangsstufen 1 bis 6 beschränkt sind. Zudem hat die Zeugin Frau C. in ihrer Vernehmung ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Kläger möglichst nicht (nur) zusammen mit Kindern beschult werden sollte, die selbst eine Störung des Sozialverhaltens aufweisen, da er sich, wie bereits dargelegt, gegen Anfeindungen nicht wehre und dementsprechend auf ein ihm wohlwollendes Umfeld angewiesen ist.
Soweit der Beklagte den Förderbedarf des Klägers im Förderschwerpunkt Lernen vermutet, ergibt sich aus der diesbezüglichen Diagnostik des Fachklinikums L., die die Zeugin in ihrer Vernehmung nochmals nachvollziehbar erläutert hat, dass bei dem Kläger keine Intelligenzminderung in Form einer Lernbehinderung vorliegt.
Schon im Hinblick hierauf unterliegt es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte die Ermittlung des kinder- und jugendhilferechtlichen Hilfebedarfs des Klägers offensichtlich maßgeblich im Hinblick darauf unterlassen hat, dass dessen Eltern nicht zuvor die Durchführung eines Förderausschussverfahrens beantragt hatten. Bezeichnenderweise hat auch die öffentliche Grundschule, die der Kläger besuchte, keinen entsprechenden Antrag gestellt und damit einen entsprechenden Förderbedarf ersichtlich als nicht gegeben erachtet. Ebenso wenig ist dem Kläger ein Nachteilsausgleich gewährt worden; Förderunterricht fand erst ab März 2012 statt. Damit liegen zudem relevante Anhaltspunkte dafür vor, dass die öffentliche Schule hier ihrem Förderauftrag selbst nicht (hinreichend) nachgekommen ist, so dass es rechtlichen Bedenken unterliegt, wenn der Beklagte den Kläger dennoch ohne weiteres auf den Vorrang schulischer Förderung verweist. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es in diesem Zusammenhang daher auch nicht irrelevant, ob das Ausbleiben schulischer Förderung auf ein Verhalten des Klägers und seiner Eltern oder der öffentlichen Schule zurückgeht. Einen auf die soziale Problematik bezogenen eigenen Handlungsbedarf hat die Grundschule, dies geht auch aus ihrer Stellungnahme vom 7. Februar 2012 und den anschaulichen Schilderungen der Eltern des Klägers hervor, offensichtlich nicht gesehen.
Unter Berücksichtigung der besonderen Eignung der privaten Oberschule Villa E... ist schließlich auch davon auszugehen, dass die Deckung des Bedarfes des Klägers im Zeitpunkt August 2012 keinen zeitlichen Aufschub i. S. d. § 36 a Abs. 3 Satz1 Nr. 3 SGB VIII mehr geduldet hat. Der Wechsel in eine weiterführende Schule stand zu diesem Zeitpunkt an und es war dem Kläger angesichts seiner Situation auch nicht zuzumuten, über den Schuljahresbeginn hinaus mit der Deckung seines Bedarfes abzuwarten, nachdem der Beklagte über seinen Antrag bereits abschließend förmlich entschieden hatte. Der erforderliche Aufwand, den der Beklagte nach § 36 a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Fall einer zulässigen Selbstbeschaffung zu übernehmen verpflichtet ist, beläuft sich vorliegend auf das monatlich zu entrichtende Schulgeld in Höhe von 300,00 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.