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Versicherungspflicht; Zulässigkeit der Anfechtungs- und Feststellungsklage; Streitwertfestsetzung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 30.06.2010
Aktenzeichen L 9 KR 42/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 55 SGG, § 52 GKG

Leitsatz

1) Stellt die Einzugsstelle druch Bescheid Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung für eine Person fest, kann der Rentenversicherungsträger gegen diese Entscheidung mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage vorgehen.

2) Zur Festsetzung des Streitwertes im Streit über die Versicherungspflicht.

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2009 wird geändert. Der Tenor wird wie folgt gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2007 wird aufgehoben, soweit darin die Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) zur Rentenversicherung festgestellt wird. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 1. Oktober 1995 bei dem Beigeladenen zu 2) versicherungs- und beitragspflichtig zur Rentenversicherung beschäftigt ist. Die Streitwertfestsetzung wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beigeladene zu 1) im Betrieb ihres Ehemannes, des Beigeladenen zu 2) seit dem 1. Oktober 1995 rentenversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1944 geborene Beigeladene zu 2) ist als Maschinenbaumeister in die Handwerksrolle eingetragen. Zwischen 1986 und 1995 betrieb er gewerblich und einzelkaufmännisch Beratung im Arbeits- und Umweltschutz; seit 1986 betreibt er darüber hinaus eine Schlosserei in N in gepachteten Räumlichkeiten. Mit der 1962 geborenen Beigeladenen zu 1), einer gelernten kaufmännischen Angestellten, mit der er seit 1993 verheiratet ist, schloss er am 19. Mai 1989 einen Anstellungsvertrag, nach dem die Beigeladene zu 1) für den Beigeladenen zu 2) als Sachbearbeiterin für ein monatliches Bruttoentgelt von insgesamt 3.931 DM arbeiten sollte. Der Anstellungsvertrag enthielt u.a. Regelungen über eine Probezeit, Mitteilungs- und Nachweispflichten der Beigeladenen zu 1) bei Erkrankungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeldansprüche sowie einen Aufwendungsersatzanspruch für Dienstreisen. Die Beigeladene zu 1) erbrachte nach den Angaben der Beigeladenen zunächst Dienstleistungen für den Beratungsbetrieb, seit dem 1. Oktober 1995 für die Schlosserei. Sie verrichtet vorwiegend nachmittags an zwei bis drei Tagen in der Woche kaufmännische Arbeiten, erstellt Angebote, schreibt, kontrolliert und bezahlt Rechnungen, erfasst die Arbeitsstunden der Beschäftigten des Beigeladenen zu 2), bereitet die Lohnabrechnungen vor, überweist die Löhne, führt das Kassenbuch sowie die allgemeine Korrespondenz, fordert Bankbürgschaften an, kauft Materialien ein, kontrolliert Zahlungseingänge und erstellt Mahnungen. Sie erhält dafür von dem Beigeladenen zu 2) derzeit ein monatliches Entgelt i.H.v. 1.300 € brutto, das der Beigeladene zu 2) als Betriebsausgabe verbucht und von dem er Lohnsteuern und Beiträge zur Sozialversicherung abführt und das ihr auf ein privates Girokonto überwiesen wird. Zusätzlich zum monatlichen Entgelt erhält sie Weihnachtsgeld, wenn der Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit dies nach Auffassung des Beigeladenen zu 2) zulässt. Die Klägerin ist seit Oktober 1995 Mitglied der Beklagten. Aufgrund dieser Mitgliedschaft waren auch die gemeinsamen Kinder der Beigeladenen bei der Beklagten bis Ende 2008 familienversichert.

Mit Schreiben vom 14. August 2006 bat die Beigeladene zu 1) die Beklagte um Überprüfung der Versicherungspflicht mit der Begründung, sie sei als mitarbeitende Familienangehörige im Hinblick auf ihre gleichberechtigte Stellung zum Betriebsinhaber im kaufmännischen Bereich Kopf und Seele des Unternehmens und im Hinblick auf ihre Mithaftung für Kredite des Betriebes nicht für ein fremdes, sondern ein eigenes Unternehmen weisungsfrei und damit selbständig tätig. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 26. März 2007 gegenüber den Beigeladenen fest, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 2) nicht abhängig beschäftigt, sondern versicherungsfrei zu allen Zweigen der Sozialversicherung sei. Dieser Bescheid wurde der Klägerin mit einem Anschreiben vom 26. März 2007, das selbst keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, am 30. April 2007 bekannt gegeben.

Die Klägerin hat gegen den Bescheid der Beklagten am 25. Mai 2007 Klage mit den Anträgen erhoben, den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 1. Oktober 1995 der Rentenversicherungspflicht unterliege. Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Januar 2009 den Beigeladenen zu 2) zu den Einzelheiten der Abläufe in seinem Betrieb und den Arbeitsleistungen der Beigeladenen zu 1) angehört; wegen der Einzelheiten seiner Erklärungen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom 20. Januar 2009 hat es den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2007 aufgehoben, soweit die Beklagte mittels dieses Bescheides entschieden habe, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 1. Oktober 1995 in ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 2) nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig ist und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat es, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, der Klägerin und der Beklagten zu je ½ auferlegt und den Streitwert auf 65. 000 € festgesetzt.

Zur Begründung seines Urteils hat das Sozialgericht ausgeführt: Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. Die Beigeladene zu 1) sei im Betreib des Beigeladenen zu 2) abhängig und damit rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Eine bloß familienhafte Mithilfe scheide aus, da sie für ihre Tätigkeit ein Entgelt erhalte, das einen angemessenen Gegenwert für die von ihr geleistete Arbeit darstelle. Überdies verbuche der Beigeladenen zu 2) ihr Gehalt als Betriebsausgabe und entrichte davon Lohnsteuern. Die Tatsache, dass sie am Wohlergehen des Betriebes ein eigenes Interesses habe, sei auf die familiären Bindungen zum Beigeladenen zu 2) und nicht auf ein eigenes unternehmerisches Risiko zurückzuführen. Eine selbständige Tätigkeit scheitere außerdem daran, dass sie nach den Erklärungen des Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung in jeder Hinsicht dessen Weisungen unterstehe. Der Beigeladene zu 2) habe angegeben, dass er der Dreh- und Angelpunkt des Betriebes sei und alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffe, da die Beigeladene zu 1) im Handwerksbetrieb keine Entscheidung treffen könne. Schließlich stehe nach der Anhörung des Beigeladenen zu 2) in der mündlichen Verhandlung fest, dass die Beteiligten auch eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) gewollt hätten, da diese und die gemeinsamen Kinder der Beigeladenen in der gesetzlichen Kranken- und in der Rentenversicherung abgesichert werden sollten.

Die von der Klägerin außerdem erhobene Feststellungsklage sei dagegen unzulässig, weil sie kein Interesse an einer baldigen Feststellung der Rentenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) habe. Es sei allgemein anerkannt, dass ein Feststellungsinteresse fehle, wenn - wie hier - bereits im Rahmen einer Anfechtungsklage über die Sach- und Rechtsfrage zu entscheiden sei, die der begehrten Feststellung zu Grunde liege und kein weitergehendes Feststellungsinteresse bestehe. Dieses hätte nur dann bestanden, wenn der Bescheid der Beklagten allein wegen eines formalen Fehlers hätte aufgehoben werden müssen oder die Beklagte und die Beigeladenen zu erkennen gegeben hätten, dass sie sich nicht an den Kassationsausspruch des Gerichts halten würden. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Gegen das ihr am 26. Januar 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. Februar 2009 Berufung eingelegt, soweit das Sozialgericht ihre Feststellungsklage abgewiesen und den Streitwert auf einen Betrag von mehr als 7.500 € festgesetzt hat. Die Feststellungsklage sei nach der gefestigten Rechtsprechung der Sozialgerichte zulässig. Außerdem drohe die Gefahr, dass nach Aufhebung eines Bescheides der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht durch ein Gericht über die Umsetzung der Entscheidung erneut prozessiert werde, so dass die gleiche Rechtsfrage erneut Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2009 zu ändern und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 1. Oktober 1995 bei der Beigeladenen zu 2) versicherungs- und beitragspflichtig zur Rentenversicherung beschäftigt ist sowie den Streitwert auf 7.500,00 € festzusetzen.

Die anderen Beteiligten haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt. Die Beklagte hat gegen die Streitwertfestsetzung in dem angefochtenen Urteil Beschwerde erhoben und eine Festsetzung auf den Auffangwert von 5.000 € geltend gemacht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist sowohl hinsichtlich der Feststellungsklage als auch hinsichtlich der Streitwertfestsetzung begründet.

1.) Die Abweisung der Feststellungsklage als unzulässig ist fehlerhaft. Der Klägerin fehlt das Feststellungsinteresse für diese Klage nicht.

a) Nach § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenzen bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Die Einzugsstelle trifft danach für alle Zweige der Sozialversicherung eine sowohl für die Versicherten, ihre Arbeitgeber und die betroffenen Sozialversicherungsträger gleichermaßen verbindliche Entscheidung u.a. über die Versicherungspflicht. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass - soweit möglich und rechtlich geboten - über die Versicherungspflicht eine einheitliche und widerspruchsfreie Entscheidung durch eine Verwaltungsbehörde getroffen werden soll, um den Versicherten und den Arbeitgebern bzw. den Sozialversicherungsträgern die Durchführung zahlreicher Verwaltungs- und ggf. sich anschließender Sozialstreitverfahren in jedem einzelne Zweig der Sozialversicherung zu dieser Rechtsfrage zu ersparen und eine gleichmäßige Anwendung des § 7 SGB IV im Einzelfall zu gewährleisten, der grundsätzlich die rechtliche Grundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung auf Grund abhängiger Beschäftigung darstellt.

Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hat die Einzugsstelle von Amts wegen oder auf Antrag eines Versicherten, seines Arbeitgebers oder eines Sozialversicherungsträgers eine Entscheidung nach § 28h Abs. 2 SGB IV zu treffen. Dies bedeutet, dass sie einen Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht oder -freiheit im Falle seiner Erfolglosigkeit nicht nur ablehnen muss. Vielmehr ist sie verpflichtet, zur Erfüllung der Konzentrationswirkung des § 28h Abs. 2 SGB IV und zur Klarstellung zweifelhafter Beschäftigungsverhältnisse, ggf. unter Beteiligung der betroffenen Sozialversicherungsträger nach § 12 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X), eine verbindliche Feststellung über die Versicherungspflicht auf Grund abhängiger Beschäftigung für alle Zweige der Sozialversicherung vorzunehmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. September 2003, - B 12 RA 3/02 R, zitiert nach juris). Die Entscheidung der Einzugsstelle endet deshalb unabhängig davon, ob die Prüfung von Amts wegen oder auf Antrag durchgeführt wird und mit welchem Ergebnis sie ausgeht, in Fällen wie dem vorliegenden immer mit einem feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts, dass Versicherungspflicht gegeben ist oder Versicherungsfreiheit besteht (vgl. BSG Urteil vom 13. September 2006, - B 12 AL 1/05 R, zitiert nach juris). Denn die Versicherungspflicht auf Grund abhängiger Beschäftigung in allen Zweigen der Sozialversicherung tritt grundsätzlich kraft Gesetzes ein, so dass eine Gestaltungsentscheidung der Einzugsstelle weder erforderlich noch möglich ist.

b) Trifft die Einzugsstelle eine Entscheidung zur Versicherungspflicht mit der ein Versicherter oder sein Arbeitgeber (oder ein anderer Sozialversicherungsträger) nicht einverstanden ist, kann er - unter Beachtung des § 78 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ggf. nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens - gegen die Einzugsstelle Klage erheben. Diese ist nicht nur darauf gerichtet, die für den Kläger ungünstige Entscheidung zu kassieren, sondern auch darauf, die von ihm gewünschte Rechtslage in einer bestandskraftfähigen Entscheidung festzustellen. Denn nur dann kann er sicher sein, dass am Verwaltungsverfahren beteiligte Versicherungsträger sich generell, d.h. auch bei Vorliegen eines anderen Streitgegenstandes, etwa der Beitragsfestsetzung oder im Leistungsrecht, an die zu seinen Gunsten festgestellte Rechtslage halten werden. Denn die Rechtskraft eines kassatorischen Urteils erstreckt sich nur darauf, dass auf Grund des vom Gericht festgestellten Sachverhaltes Versicherungspflicht zu Recht bejaht oder verneint worden ist und hindert schon deshalb weder die Einzugsstelle noch einen anderen Sozialversicherungsträger bei einem anderen Streitgegenstand abweichend vom Urteil abweichende Entscheidungen zu treffen. Eine bestandskräftige Feststellung der Einzugsstelle bindet dagegen wegen der gesetzlich angeordneten Erstreckung der Entscheidung auf die in § 28h Abs. 2 SGB IV genannten Versicherungszweige die Sozialversicherungsträger generell in allen Fragen, für die die Versicherungspflicht auch nur Vorfrage ist.

c) Richtige und zulässige Klageart ist deshalb grundsätzlich nicht die (isolierte) Anfechtungsklage, wie das Sozialgericht gemeint hat, sondern nach allgemeiner verwaltungsprozessualer Auffassung die Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes. In der Rechtsprechung des BSG ist aber anerkannt, dass ein Kläger statt einer Leistungsklage (wie der Verpflichtungsklage) auch eine (im vorliegenden Fall mit einer Anfechtungsklage zu kombinierende) Feststellungsklage erheben kann, wenn sich die Klage gegen eine juristische Personen des öffentlichen Rechts richtet und erwartet werden kann, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird, die Gerichte also nicht noch einmal mit der Sache befasst werden müssen, um über weitere streitige Punkte zu entscheiden, die von der begehrten Feststellung nicht erfasst werden (vgl. BSG, 1. Senat, Urteile vom 8. Februar 2000, - B 1 KR 13/99 R; vom 27. Oktober 2009, - B 1 KR 4/09 R m.w.N; BSG 2. Senat, Urteil vom 8. Mai 2007, - B 2 U 3/06 R m.w.N., jeweils zitiert nach juris).

Diese Vorgehensweise hat für den Kläger im Erfolgsfall den Vorteil, dass das Sozialgericht, das über die maßgeblichen Fragen des Sachverhalts und des Rechts mangels Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Einzugsstelle im Zweifel ohnehin abschließend entscheiden muss, durch rechtskraftfähiges Urteil eine für ihn vorteilhafte Rechtsfolge abschließend feststellt, die keiner weiteren Umsetzung durch die Verwaltung mehr bedarf und im Vergleich zur Aufhebungs- und Leistungsklage eine umfassendere Klärung des streitigen Rechtsverhältnisses ermöglicht (in diesem Sinne ausdrücklich BSG, Urteil vom 8. Februar 2000, B 1 KR 13/99 R, zitiert nach juris). Die Zulässigkeit der von der Klägerin auch für den vorliegenden Fall gewählten Klageart ist deshalb durch die langjährige ständige Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteile vom 16. Februar 1982, - 12 RK 6/81-; vom 29. Juni 1993, - 12 RK 48/91-; vom 8. Februar 2000, - B 1 KR 13/99 R; vom 24. Juni 2008, - B 12 KR 24/07 R; vom 24. September 2008, - B 12 KR 22/07 R; vom 11. März 2009, - B 12 R 11/07 R; vom 4. Juni 2009, - B 12 R 6/08 R- sowie vom 4. Juni 2009, - B 12 KR 31/07 R, alle zitiert nach juris) und des erkennenden Senats (vgl. etwa Urteile vom 19. Dezember 2007, - L 9 KR 141/03 -, vom 12. November 2008, - L 9 KR 119/08 - sowie vom 16. September 2009, - L 9 KR 282/06 -, alle zitiert nach juris) auch für Fälle der vorliegenden Art anerkannt. Das Sozialgericht hat auch keine Gesichtspunkte aufzeigen können, die es geboten erscheinen ließen, hiervon abzuweichen, zumal es die für die Feststellung der Versicherungspflicht maßgeblichen Rechtsfragen abschließend prüfen musste und auch - zutreffend - abschließend geprüft hat. Im Übrigen zeigt die umständliche Formulierung des sozialgerichtlichen Urteilstenors, dass das Sozialgericht versucht hat, den streitigen Feststellungsausspruch im Ausspruch über die Aufhebung des Verwaltungsaktes der Beklagten „unterzubringen“. Insofern bleibt der Sinn der sozialgerichtlichen Abweisung der Feststellungsklage unklar. Das Sozialgericht riskiert mit dieser Entscheidung unter Umständen, dass ein unbefangener Betrachter den Eindruck gewinnen könnte, dass der nicht nur im vorliegenden Fall, sondern auch in zahlreichen Parallelfällen klagende Rentenversicherungsträger durch die Abweisung seiner Feststellungsklage mit Prozesskosten belastet werden und von weiteren Klagen abgehalten werden soll.

2.) Die danach zulässige Feststellungsklage ist auch begründet. Die Beigeladene zu 1) war in dem streitigen Zeitraum bei ihrem Ehemann, dem Beigeladenen zu 2) rentenversicherungspflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB IV beschäftigt. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden, rechtlich fehlerfreien Ausführungen des Sozialgerichts Bezug, denen der Senat nach eigner Prüfung folgt (vgl. § 153 Abs. 2 SGG) und die von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen worden sind.

3.) Dagegen ist die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts, den die Klägerin und die Beklagte mit Berufung bzw. Beschwerde nach dem „Meistbegünstigungsgrundsatz“ zulässig angefochten haben, formell und materiell fehlerhaft.

a) Das Sozialgericht hat über den Streitwert rechtsfehlerhaft durch Urteil entschieden. Die Streitwertfestsetzung ist nicht nur mit den Worten „Urteil“ und „Im Namen des Volkes“ überschrieben und in den Urteilstenor aufgenommen worden, weil das Sozialgericht auch hinsichtlich dieser Entscheidung „für Recht erkannt hat“. Vor allem geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Sozialgerichts vom 20. Januar 2009 hervor, dass das Sozialgericht die Streitwertfestsetzung „im Namen des Volkes“ als Bestandteil der Urteilsformel und damit des Urteils verkündet hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Sozialgericht die Beteiligten in der dem schriftlichen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung darüber belehrt, dass gegen die Streitwertfestsetzung die Beschwerde zulässig sei; darin ist lediglich die gegen § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßende Behauptung enthalten, dass gegen einen Teil eines Urteils die Beschwerde das richtige Rechtsmittel sei. Maßgeblich für die Bestimmung der Art einer gerichtlichen Entscheidung ist nicht die Rechtsmittelbelehrung der schriftlichen Begründung einer Entscheidung, sondern hierfür sind die Niederschrift über die Sitzung, sowie das Rubrum und der Entscheidungssatz heranzuziehen. Sie, nicht hingegen die erst am Ende der Entscheidung befindliche Rechtsmittelbelehrung, sollen klarstellen, welche Art der Entscheidung ein Gericht mit welchem Inhalt treffen wollte. Insbesondere das Rubrum hat die Funktion, der Entscheidung des Gerichts wie eine Überschrift oder ein Titel voranzugehen, damit die am Rechtsstreit Beteiligten nicht erst durch Auslegung ermitteln müssen, ob eine bestimmte Entscheidung Urteil oder Beschluss ist.

b) Der Streitwert darf auch nicht durch Urteil festgesetzt werden. Nach § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest. Eine Festsetzung durch Urteil sieht das GKG nicht vor; sie ist deshalb rechtwidrig, obwohl eine Rechtsprechung festzustellen ist, unter offensichtlichem Verstoß gegen das Gesetz Streitwerte durch Urteil festzusetzen.

c) Die vom Sozialgericht getroffene Streitwertfestsetzung war aber auch inhaltlich fehlerhaft. Das Sozialgericht hat in einem Streit, der nur über das Vorliegen der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung geführt wurde, den Streitwert auf 65.000 € festgesetzt. Diese Entscheidung hat es damit begründet, dass für jedes Jahr, für das um das Bestehen von Versicherungspflicht gestritten werde, 2.500 € anzusetzen sei; der sich danach als Streitwert ergebende Betrag von 32.500 € sei anschließend zu verdoppeln, weil die Beklagte zwei Sachanträge, einen Anfechtungs- und einen Feststellungsantrag, gestellt habe.

Diese Entscheidung verstößt gegen das GKG, das hier gemäß § 197 a SGG Anwendung findet. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - soweit wie hier nichts anderes bestimmt ist - der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers - und nicht der Schätzung der Gerichts - für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts dagegen - wie im vorliegenden Fall - keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 € anzunehmen. Nur dann, wenn feststeht, dass dieser Auffangwert in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert des Rechtsstreits für den Kläger steht, kann der Streitwert durch die maßvolle Vervielfachung oder Verminderung des Auffangwertes erhöht oder vermindert werden .

Der Senat hat in der Vergangenheit in einem Streit über die Versicherungspflicht für einen einzigen Tag den Streitwert auf 1.000 € reduziert. Ebenso kann es angemessen sein, bei Rechtsstreiten über die Versicherungspflicht für ein ganzes Erwerbsleben den Streitwert anzuheben. Dabei darf der Streitwert aber das Doppelte des Auffangwertes erst dann erreichen, wenn zwischen den Beteiligten Zeiträume von mehr als 15 Jahren streitig sind. Streiten die Beteiligten über mehr als 30 Jahre Versicherungspflicht, so ist ein Streitwert von 15.000 € angemessen (vgl. hierzu schon LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. November 2008, L 9 KR 119/08, zitiert nach juris).

Eine Verdoppelung des sich danach ergebenden Betrages ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn der Kläger - zulässigerweise - eine verbundene Anfechtungs- und Feststellungsklage erhebt. Denn nach § 39 Abs. 1 GKG sind nur die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammenzurechnen; die Anfechtungs- und Feststellungsklage betreffen aber denselben Streitgegen-stand.

Schließlich sieht der Senat auch keinen Grund, von seiner Streitwertpraxis abzuweichen, weil diese i. W. der des für Streitigkeiten der vorliegenden Art zuständigen 12. Senats des BSG entspricht: Wird über die Versicherungspflicht, nicht aber über eine Beitragsforderung in bestimmter Höhe gestritten kann, kann regelmäßig lediglich der Auffangstreitwert zugrunde gelegt werden. Für eine Bestimmung des Streitwertes in hiervon abweichender Höhe nach der wirtschaftlichen Bedeutung fehlen in der Regel hinreichende Anhaltspunkte. Insbesondere kann nicht der Betrag einer streitigen Beitragsforderung zugrunde gelegt werden. Da das wirtschaftliche Interesse des Klägers unabhängig vom Zeitraum, für den die Versicherungspflicht festgestellt wird, nicht beziffert werden kann, kann auch keine entsprechende Differenzierung vorgenommen und ggf. ein Vielfaches des Auffangstreitwertes zugrunde gelegt werden (BSG, Urteile vom 24. September 2008, - B 12 R 10/07 R - und - B 12 R 27/07 R -; Beschluss vom 8. Dezember 2008 - B 12 R 37/07 B -; alle zitiert nach juris).

Der Senat hat nach Aufhebung der Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts deshalb den Streitwert für das vorliegende Verfahren durch gesonderten Beschluss vom 30. Juni 2010 für beide Instanzen auf 5.000 € festgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.