Gericht | VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.09.2015 | |
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Aktenzeichen | VG 6 L 593/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 der VwGO). Unter den gegebenen Umständen entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen. Denn dieser wäre bei Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen und hat den streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Juli 2015, mit dem der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 4 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) i. V. m. § 60 SGB I unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung zur Auskunft über seine Einkommensverhältnisse im Jahr 2013 aufgefordert worden war, aufgehoben, nachdem das Gericht auf seine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides hingewiesen hat. Rechtliche Bedenken, die auch die Kostenlast des Antragsgegners im vorliegenden Verfahren begründen, ergeben sich dabei zum einen daraus, dass eine Auskunftspflicht für die Einkommensverhältnisse des Jahres 2013 zu Grunde gelegt worden war, obwohl für den Bewilligungszeitraum von November 2014 bis September 2015 gemäß § 24 Abs. 1 BAföG die Einkommensverhältnisse des vorletzten Kalenderjahres vor Beginn des Bewilligungszeitraumes, mithin die des Kalenderjahres 2012 maßgeblich sind. Zum anderen spricht alles dafür, dass sich der Auskunftsanspruch des Antragsgegners aus § 47 Abs. 4 BAföG bereits deshalb erledigt hatte, weil dem Sohn des Antragstellers zuvor mit Bescheid vom 07. Juli 2015 Vorausleistungen nach § 36 BAföG bewilligt worden waren. Diese Bewilligung hat zur Folge, dass gemäß § 37 Abs. 1 BAföG neben dem Unterhaltsanspruch auch der unterhaltsrechtliche Auskunftsanspruch auf das Land übergegangen ist und ggf. zivilgerichtlich geltend gemacht werden muss.
Zur Vermeidung von weiteren Rechtsstreitigkeiten in zukünftigen Bewilligungszeiträumen weist das Gericht daraufhin, dass Bedenken gegen die vom Antragsteller auch in der Sache bestrittene Auskunftspflicht nach § 47 BAföG i. V. m. § 60 SGB I jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich sind. An der sachlichen und persönlichen Förderfähigkeit der Ausbildung des Sohnes des Antragstellers, der seit dem Wintersemester 2014/2015 an der Universität P... immatrikuliert ist, bestehen keine vernünftigen Zweifel. Ein Anspruch auf elternunabhängige Ausbildungsförderung des im Zeitpunkt der Antragstellung 24-jährigen Sohnes ist nicht ersichtlich. Der Sohn des Antragstellers hat ausweislich seiner Angaben in der Anlage 1 zum Formblatt 1 im Januar 2011 das Abitur ablegt und zwischenzeitlich weder eine fünfjährige Erwerbstätigkeit (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BAföG) noch eine den zeitlichen Vorgaben des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BAföG genügende Ausbildung und anschließende Erwerbstätigkeit absolviert. Der Einwand des Antragstellers, sein Sohn sei wirtschaftlich selbständig und habe nach wie vor eine Anstellung bei der Firma K..., dürfte nicht durchgreifen. Soweit der Antragsteller damit die Förderfähigkeit der Ausbildung bezweifeln sollte, ist seinem Vortrag entgegenzuhalten, dass es nicht seine Aufgabe, sondern die des Amtes für Ausbildungsförderung ist, die Förderfähigkeit der Ausbildung zu überprüfen. Insoweit gilt die Vermutung nach § 9 BAföG. Im Übrigen hat das Amt für Ausbildungsförderung den Arbeitsvertrag mit der Firma K... vom 15. November 2014, wonach der Sohn des Antragstellers seit dem 01. Oktober 2014 als studentische Aushilfe mit einer Arbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich beschäftigt ist (Blatt 11 f. der Beiakte) berücksichtigt und in den Bescheiden vom 09. Januar 2015, 07. Juli 2015 und 04. August 2015 das Einkommen aus dieser Tätigkeit nach Maßgabe von § 11 Abs. 2 BAföG vorrangig auf den Bedarf des Sohnes angerechnet.
Auch die Einwände des Antragstellers, sein Sohn habe keinen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch gegen ihn und sei wegen vorhandenem Vermögen nicht bedürftig, dürften dem Auskunftsanspruch nicht entgegenstehen. Denn das nach dem BAföG maßgebliche Elterneinkommen ist grundsätzlich unabhängig von der Frage der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht. Das Bewilligungsverfahren soll ausdrücklich von der Frage befreit werden, in welcher Höhe zivilrechtliche Unterhaltspflichten bestehen. Relevant kann das Bestreiten der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht nur im Rahmen der sogenannten „Negativ-Evidenz“ werden, d. h. wenn der Unterhaltsanspruch offensichtlich ausgeschlossen ist. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Antragsgegner hat das Vorbringen des Antragstellers, sein Sohn habe erhebliches Vermögen aus Grundstücksveräußerungen, geprüft und unter Berücksichtigung der eingereichten Kopien der Verträge und der vom Sohn am 11. März 2014 abgegebenen Vermögensauskunft gewürdigt. Auch die vom Antragsteller dargestellten schwierigen Familienbeziehungen, namentlich die gestörte Beziehung zwischen dem Antragsteller und der Mutter seines Sohnes, lassen die Auskunftspflicht gegenüber dem Amt für Ausbildungsförderung nicht entfallen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 und § 158 Abs. 2 der VwGO).