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Festbetrag - aufschiebende Wirkung - Anfechtungsklage


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 06.01.2014
Aktenzeichen L 1 KR 40/13 KL ER ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 35 SGB 5, § 86b SGG

Tenor

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage wird abgelehnt.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 700.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Streitig ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für eine gegen die Anpassung eines Festbetrags erhobene Anfechtungsklage.

Die Antragstellerinnen sind pharmazeutische Unternehmer, die (u.a.) Arzneimittel mit dem Wirkstoff „Epoetin alfa“ unter der Bezeichnung „Epoetin alfa Hexal“ und „Binocrit“ auf den Markt bringen. Diese Arzneimittel gehören zur Gruppe der Antianämika, für die erstmals am 15. Februar 2005 eine Festbetragsgruppe der Stufe 2 gebildet wurde. Die Festbetragsgruppenbildung wurde durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 15. Dezember 2011 (Bundesanzeiger v. 3. Februar 2012, S. 469) geändert.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2012 unterrichtete der Antragsgegner die fachlich betroffenen Vereinigungen, Kommissionen und Verbände darüber, dass er entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag den Festbetragsmarkt überprüft habe und beabsichtige, mit Wirkung ab 1. Juli 2012 in 14 Festbetragsgruppen, darunter auch die der „Antianämika, andere, Gruppe 1“, die Festbeträge auf Grund von Marktdynamik abzusenken. Beigefügt waren Vorschläge für die Höhe der neu festzusetzenden Beträge. Der Antragsgegner forderte zur Stellungnahme bis spätestens 12. März 2012 auf. Er wies darauf hin, dass Datengrundlage für die Ermittlung der Festbetragsvorschläge der Preis- und Produktstand vom 1. Januar 2012 und die Verordnungsdaten nach § 84 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V – aus dem Jahre 2010 seien. Die Einleitung des Stellungnahmeverfahrens wurde zusätzlich im Bundesanzeiger Nr. 25 vom 14. Februar 2012 veröffentlicht. Die Antragstellerin zu 1) sprach sich im Rahmen der Anhörung durch Schreiben vom 7. März 2012 gegen die beabsichtige Anpassung der Festbeträge für „Antianämika, andere, Gruppe 1“ aus.

Mit Schreiben vom 26. März 2012 informierte die Firma R P AG die Fachöffentlichkeit darüber, dass ihr Arzneimittel Mircera, das ebenfalls zur Gruppe der Antanämika gehört, demnächst in allen Stärken nicht mehr verfügbar sein werde. Aus der Sicht des Antragsgegners war die Verfügbarkeit von Mircera indessen ein wesentlicher Umstand für die geplante Absenkung des Festbetrages für die Gruppe „Antanämika, andere Gruppe 1“. Entsprechend stellte der Antragsgegner durch Beschluss vom 10. Mai 2012 die Beschlussfassung zur Anpassung des Festbetrags in der Festbetragsgruppe „Antianämika, andere, Gruppe 1“ solange zurück, „bis die Lieferfähigkeit der Fa. Roche wieder hergestellt ist“.

Am 1. Oktober 2012 teilte die Firma R P AG dem Antragsgegner mit, dass die Lieferfähigkeit für Mircera wieder uneingeschränkt hergestellt sei. Die Fachöffentlichkeit sei darüber bereits mit Schreiben vom 31. August 2012 informiert worden. Daraufhin beschloss der Antragsgegner am 8. Oktober 2012 auf der Grundlage der ursprünglich für eine Beschlussfassung im Juli 2012 aufbereiteten Daten am 8. Oktober 2012 eine Absenkung der Festbeträge für die Festbetragsgruppe „Antianämika, andere, Gruppe 1“, die am 17. Oktober 2012 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde und am 1. Dezember 2012 in Kraft trat. Der Beschluss wurde in Kenntnis des Umstandes gefasst, dass die der Beschlussfassung zugrunde liegenden Daten auf den Verordnungen für das Jahr 2010 beruhten und mittlerweile bereits die Verordnungsdaten für das Jahr 2011 vorlagen.

Gegen den Anpassungsbeschluss haben die Antragstellerinnen am 19. November 2012 (Montag) Anfechtungsklage beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhoben.

Mit dem am 8. Februar 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen vorliegenden Antrag begehren die Antragstellerinnen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die von ihnen erhobene Anfechtungsklage. Sie tragen vor, dass die Absenkung der Festbeträge für sie einen Verlust von 173.339,- € bedeuten würde. Berücksichtige man das tatsächliche Verordnungsverhalten der Ärzte, die auf Generika nur bei einem erheblichen Preisunterschied auswichen, dann ergebe sich ein wirtschaftlicher Verlust sogar in jährlicher Höhe von 1.407.098,- €, da die Antragstellerinnen ihr Preise auf 10 % unterhalb des Festbetragsniveaus senken müssten.

In rechtlicher Hinsicht führen die Antragstellerinnen insbesondere aus, dass der Erlass einer Anordnung nach § 86b Abs. 1 SGG kein besonderes Eilbedürfnis voraussetze. Ausreichend sei die offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Die Antragsbefugnis fehle nur dann, wenn die geltend gemachten Rechte unter keinem Gesichtspunkt zustehen könnten. Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben des § 35 SGB V sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Hinweis auf Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 13/10 R ) voll überprüfbar. § 35 SGB V habe drittschützende Wirkung. Unabhängig von der zu dieser Frage ergangenen differenzierenden Rechtsprechung des BSG folge die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen vorliegend jedenfalls schon daraus, dass eine nicht ordnungsgemäße Einholung der Stellungnahme und eine Verletzung des § 35 Abs. 5 SGB V beanstandet werde. Darüber hinaus weise die Entscheidung des Antragsgegners Willkürelemente auf, so dass Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet sein müssten. Zu Unrecht wolle der Antragsgegner die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten absprechen. Die vom BSG im Urteil vom 1. März 2011– B 1 KR 31/10 R - angenommenen Einschränkungen der Klagemöglichkeit beträfen im Wesentlichen nur die dem Gemeinsamen Bundesausschuss zukommenden Kompetenzen. Vorliegend gehe es aber allein um die von dem Antragsgegner zu treffende Entscheidung. Eine angebliche nur „reflexhafte Betroffenheit“ der pharmazeutischen Unternehmer trage den Realitäten nicht Rechnung. Mittlerweile unterliege der Gesamtmarkt und nicht nur der GKV-Markt der Arzneimittel der Regulierung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Die Maßnahmen in dem hochregulierten GKV-Markt zielten final auf die Industrie. Nach einem neueren Urteil des BSG sei im Übrigen ohne weiteres von der Klagebefugnis der betroffenen Unternehmer bei der Festbetragsfestsetzung auszugehen (Urt. v. 22. November 2012 - B 3 KR 19/11 R).

Die Rechtswidrigkeit des Anpassungsbeschlusses ergebe sich daraus, dass nach dem Gesetz die Festbetragsfestsetzung auf den tatsächlichen Marktpreisen der vertriebenen Arzneimittel fußen müsse. Entscheidend sei die Aktualität der verwendeten Daten. Bei der endgültigen Festsetzung des Festbetrages habe der Antragsgegner aber einen veralteten Preis- und Produktstand, nämlich den vom 1. Januar 2012 zugrunde gelegt. Er habe auch noch auf die Verordnungsdaten des Jahres 2010 abgestellt, obwohl die für das Jahr 2011 bereits verfügbar gewesen seien. Der Antragsgegner gehe wohl davon aus, dass er auf einen frei gewählten Bewertungsstichtag beliebig zurückgreifen dürfe, auch wenn er seinen Beschluss erst erhebliche Zeit, hier 10 Monate, nach dem Stichtag fasse. Das Gesetz sehe aber weder einen festen Bewertungsstichtag noch eine freie Dispositionsbefugnis des Antragsgegners über den Stichtag vor. Der Aktualitätsbezug der gesetzlichen Regelung spreche gegen einen frei zu wählenden Stichtag. Da der Festbetrag die Möglichkeit der Versorgung zum Festbetrag am Markt sicherstellen solle, müsse der Antragsgegner auf geänderte Marktverhältnisse reagieren, wie er es auch im Hinblick auf die fehlende Lieferfähigkeit von Mircera getan hätte. Im Mai 2012 sei daher der Preis und Produktstand vom 1. Januar 2012 mit Recht nicht als ausreichend valide für eine Festbetragsfestsetzung angesehen worden. Daran habe sich im Oktober 2012 nichts geändert. Praktisch habe es sich um eine Neueinführung von Mircera gehandelt. Lediglich im Wege einer Prognose habe der Antragsgegner entschieden, dass der Preis- und Produktstand hinsichtlich Mircera wieder das Niveau vom 1. Januar 2012 erreichen werde.

Der Antragsgegner habe weiter gegen § 35 Abs. 6 SGB V verstoßen. Diese für den Fall des Vorliegens einer Befreiung der Versicherten von der Zuzahlungspflicht für bestimmte Arzneimittel geltende Vorschrift wolle verhindern, dass sich der Festpreis der betroffenen Arzneimittelgruppe gegen null absenke und schreibe deswegen die Einhaltung der Maßzahl 100 vor. Entgegen dieser Vorgabe habe der Antragsgegner aber nicht beachtet, ob nach der Absenkung des Festbetrages noch genügend zuzahlungsfreie Arzneimittel auf dem Markt verfügbar seien. Die verbleibenden zuzahlungsfreien Arzneimittel seien zudem Parallelimporte, deren Lieferfähigkeit zweifelhaft sei. Der Verstoß gegen die Maßzahl 100 sei unstreitig. Die Geltung dieser Maßzahl könne nicht deswegen in Abrede gestellt werden, weil weiterhin zwei Arzneimittel ohne Zuzahlung verfügbar seien. Aus den Gesetzesmaterialien lasse sich ableiten, dass die notwendige Versorgungssicherheit nicht mit zwei von der Zuzahlung befreiten Arzneimitteln gewährleistet werden könne. Die gesetzliche Regelung solle nämlich den Kellertreppeneffekt vermeiden und sicherstellen, dass genügend Anbieter im Markt bleiben und keine Oligopolisierung eintritt. Diese Ziele wären vereitelt, wenn zwei von der Zuzahlung befreite Arzneimittel genügen würden. Zwar behaupte der Antragsgegner, dass auch unter dem neuen Festbetrag 20 Arzneimittelpackungen von der Zuzahlungspflicht freigestellt sind, wobei diese Packungen aber lediglich 2,9 Prozent der ursprünglich von der Zuzahlung freigestellten Arzneimittel betragen. An den ursprünglichen Anteilen der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel gemessen seien faktisch keine Arzneimittel mehr von der Zuzahlung befreit. Bleibe man innerhalb der Systematik des § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V, müsse mindestens 20% der Packungen auch unter dem neuen Festbetrag von der Zuzahlung befreit sein. Mit 2,9 Prozent sei der notwendige Verordnungsanteil aber weit unterschritten. Im Übrigen bestehe bei der Anwendung des § 35 Abs. 6 SGB V das gleiche Problem wie bei § 35 Abs. 5 SGB V. Durch die zeitweilige Lieferunfähigkeit von Mircera hätten sich die Verordnungsanteile in relevanter Weise verschoben, so dass die Grundannahmen nicht mehr gestimmt und eine neue Anhörung erforderlich gemacht hätten.

Auch die allgemein nach § 35 Abs. 5 SGB V geltende Maßzahl von 160 sei nicht eingehalten. Der Antragsgegner erreiche sie nur unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Mircera nach dem Stand vom 1. Januar 2012. Tatsächlich habe der Verordnungsanteil von Mircera aber noch im November 2012 mit 8,2 Prozent unter der erforderlichen Grenze von 20 Prozent gelegen. Es sei auch nicht mit einem schnellen Ansteigen zu rechnen. Aus medizinischen Gründen würde nämlich ein Arzneimittelwechsel innerhalb der Festbetragsgruppe nach Möglichkeit vermieden, weil er das Risiko einer Antikörperreaktion ansteigen lasse. Da der Antragsgegner nicht den Produktstand vom 1. Januar 2012 zugrunde gelegt habe, sondern eine bloße Prognose, beruhe die Festbetragsfestsetzung auf einem fiktiven Sachverhalt. Auf einen solchen lasse sich aber die Festsetzung eines Festbetrages nicht stützen. Zum Zeitpunkt der Beurteilung durch den Antragsgegner sei somit sicher gewesen, dass die Versorgungssicherheit des § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V noch nicht erfüllt war. Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes wiederhole der Antragsgegner bei seinen Ausführungen zur Versorgungssicherheit nur die Angaben aus dem Verwaltungsvorgang, ohne aber konkrete Präparate und Verordnungszahlen anzugeben, die eine Überprüfung erlauben würden. Mit der Lieferunfähigkeit von Mircera fehlten 45 % der für die Erreichung der Maßzahl nach § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V erforderlichen Verordnungen. Wenn der Antragsgegner angebe, dass ihm zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 8. Oktober 2012 bekannt gewesen sei, dass die Verordnung von Mircera nicht auf Null zurückgegangen sei, treffe der Vorwurf zu, dass er je nach dem gewünschten Ergebnis einmal Verordnungsdaten vom 1. Januar 2012 und andererseits für die Prognose zur Versorgungssicherheit aktuellere Verordnungsdaten heranziehe. Soweit der Antragsgegner darauf verweise, er habe berechtigterweise davon ausgehen können, dass der Mircera-Verordnungsanteil wieder auf den alten Stand anwachsen würde, fehle jeder Anhaltspunkt im Gesetzestext dafür, dass der Antragsgegner seinen Entscheidungen Prognosen auf der Grundlage von Schätzungen zugrundlegen dürfe oder dass er insoweit einen Beurteilungsspielraum habe. Das BSG habe bereits darauf hingewiesen, dass die Tatbestandsmerkmale des § 35 Abs. 5 SGB V gerichtlich voll überprüfbar seien (Hinweis auf Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/06 R – juris Rn 51f). Auch die mittlerweile eingetretene Marktentwicklung bestätige die Prognose des Antragsgegners nicht. Zwar sei nach der Absenkung des Festbetrages ein Großteil der Verordnungen wieder zum Festbetrag verfügbar, weil ein Großteil der Hersteller die Preise gesenkt habe. Festbetragsfestsetzungen dürften aber nicht auf eine Prognose gestützt werden, wie sich die pharmazeutische Industrie verhalten werde, sondern nur darauf, dass schon vor der Absenkung des Festbetrages mindestens 20 Prozent der Verordnungen zum neuen Festbetrag verfügbar waren. Die Prognose, dass Mircera-Packungen wieder ausreichend verfügbar sein würden, habe sich auch nach Wiederaufnahme der Belieferung nicht bewahrheitet. Noch im November 2012 hätten die Mircera-Verordnungen 50 Prozent unterhalb des Versorgungsanteils des Vorjahres gelegen. Daran habe sich bis einschließlich Januar 2013 nichts Wesentliches geändert, wie sich aus einer Datenauswertung des I P ergebe. Da die Festbetragsabsenkung aber zu fast 50 Prozent auf Mircera Präparaten beruhte und diese ihre alten Verordnungszahlen nach wie vor um 50 Prozent unterschritten, sei die Richtigkeit der Prognose des Antragsgegners bis heute nicht bestätigt. Der Antragsgegner könne sich nicht darauf berufen, dass auch während der Zeit der angekündigten Lieferschwierigkeiten „einige Hundert“ Packungen von Mircera weiterhin abgegeben wurden. Denn die R P AG habe einen vollständigen Lieferausfall in Aussicht gestellt. Dadurch sei die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet gewesen, was die Tatsachengrundlage sowohl für § 35 Abs. 5 als auch für § 35 Abs. 6 SGB V entscheidend geändert habe.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht habe der Antragsgegner gegen die Verpflichtung verstoßen, den von der Festbetragsfestsetzung Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die durchgeführte Anhörung sei verbraucht gewesen, weil sich der ursprüngliche Sachverhalt durch den Eintritt der Lieferschwierigkeiten bei Mircera erheblich umgestaltet habe. Deswegen sei eine erneute Anhörung erforderlich gewesen. Die angebliche Rechtspflicht zur Aktualisierung der Festbetragsfestsetzung aufgrund der durch den Gemeinsamen Bundesausschuss angepassten Vergleichsgrößen nehme der Antragsgegner in anderen Fällen nicht allzu ernst. Das ergebe sich aus seinem Verhalten in den Verfahren zur Festsetzung eines Festbetrags für Somatropine (Wachstumshormone) oder für Kombinationen von Glucocorticoiden mit langwirksamer Beta2-Sympathomimetika. In letzterem habe der Antragsgegner ein erneutes Stellungnahmeverfahren durchgeführt und einen aktuelleren Preis- und Produktstand als den zunächst in Bezug genommenen zugrunde gelegt, obwohl die Vergleichsgröße nicht von dem Gemeinsamen Bundesausschuss angepasst worden sei. Der Verzicht des Antragsgegners auf die erneute Anhörung widerspreche daher der eigenen Verwaltungspraxis und damit den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung.

Die festzustellenden Rechtsverletzungen würden auch drittschützende Rechte betreffen. Das läge hinsichtlich des Verstoßes gegen das Anhörungsrecht auf der Hand, weil dieses auch im Interesse der pharmazeutischen Unternehmer eingeführt worden sei. Drittschützend seien aber auch die in § 35 Abs. 5 und 6 SGB V geforderte Einhaltung bestimmter Maßzahlen. Sie sollten nicht nur die Versorgungssicherheit der Versicherten garantieren, sondern auch zu Gunsten der pharmazeutischen Industrie den sog. „Kellertreppeneffekt“ verhindern (Hinweis auf BT-Drs.17/2413, S. 16).

Für die Begründetheit des Antrags komme es nicht auf eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung der Antragstellerinnen an, weil die Festbetragsfestsetzung offensichtlich rechtwidrig sei. Die Antragstellerinnen hätten ihre wirtschaftliche Betroffenheit korrekt wieder gegeben. Die Interessenabwägung gehe zu ihren Gunsten aus, weil mehrere offensichtliche Gesetzesverstöße vorliegen würden. Es gelte, der Selbstherrlichkeit der Verwaltung zu wehren. Schützenswerte finanzielle Interessen des Antragsgegners seien nicht zu erkennen. Dieser behaupte zwar drohende Einsparverluste in Höhe von 20 Mio Euro. Die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten sei aber ebenfalls seine Aufgabe. Die Möglichkeit eines Schadensersatzes reiche nicht aus. Die angefochtene Entscheidung sei willkürlich, weil sie vernachlässige, dass sich Festbeträge an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientieren müssten. Der Produktstand vom 1. Januar 2012 sei am 1. Mai 2012 nicht mehr aktuell gewesen und habe deswegen der Festbetragsfestsetzung nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Nach Wiederherstellung der Lieferfähigkeit hätten der Produktstand im Oktober 2012 und der aktuelle Verordnungsstand statt des alten aus dem Jahre 2010 berücksichtigt werden müssen. Ein Gestaltungsspielraum in diesen Fragen komme dem Antragsgegner nicht zu. Jedenfalls müsse es als willkürlich angesehen werden, wenn eine Berechnung auf der Grundlage evident untauglicher Zahlen vorgenommen werde. Es handele sich nicht um übliche Verschiebungen von Verordnungen sondern um den singulären Sachverhalt, dass das Medikament, das allein für die Senkung des Festbetrages verantwortlich war, nicht mehr verfügbar gewesen ist. Willkürlich sei weiter, dass die Kriterien des § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V nicht erfüllt seien. Zu einem anderen Ergebnis könne man nur kommen, wenn man den Produktstand vom 1. Januar 2012 und die Verordnungszahlen von 2010 zugrunde lege. Dies verbiete sich aber wegen der besonderen Situation der eingetretenen Lieferunfähigkeit. Evident sei auch der Verstoß gegen § 35 Abs. 6 SGB V. Wenn auch der Gesetzgeber nicht definiere, bei welchem Versorgungsgrad noch eine hinreichende Versorgung gewährleistet sei, liege es doch nahe, eine Mindestgrenze von 20 Prozent zu verlangen. Soweit der Antragsgegner darauf hinweise, dass 20 Packungen zuzahlungsbefreit seien, habe er die Frage offen gelassen, wie versorgungsrelevant diese Packungen seien, welche Patienten also mit ihnen versorgt werden könnten. Die Nichtberücksichtigung der geringen Marktbedeutung der 20 Packungen, bei denen es sich auch noch um Parallelimporte handele, sei ebenfalls willkürlich.

Die Antragstellerinnen beantragen,

1.die aufschiebende Wirkung der von ihnen am 19. November 2012 erhobenen Klage gegen den vom Antragsgegner getroffenen Festbetragsbeschluss für die Festbetragsgruppe „Antianämika, andere 1“ vom 8. Oktober 2012, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 17. Oktober 2012, vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens anzuordnen,
2.im Wege der Zwischenregelung den Festbetragsbeschluss für die Festbetragsruppe „Antianämika, andere 1“ vom 8. Oktober 2012 bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1) vorläufig außer Kraft zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Festsetzung des Festbetrags rechtmäßig erfolgt sei. Er sei entsprechend der üblichen und anerkannten Verfahrensweise vorgegangen. Es habe lediglich insoweit eine Besonderheit vorgelegen, als Mircera kurz vor der geplanten Festsetzung nicht mehr lieferbar gewesen sei. Der Festbetrag sei aufgrund der alten Daten festgesetzt worden. Lediglich für die Beurteilung, ob die Ausnahmesituation aufgehoben war, seien aktuelle Daten herangezogen worden.

Es fehle bereits die Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens. Auch die Antragsbefugnis sei nicht ausreichend dargelegt. Dafür reiche insbesondere der Vortrag zur mangelnden Versorgungssicherheit nicht aus. § 35 SGB V sei nach Auffassung des BSG nicht drittschützend. Trotz Aufforderung hätten die Antragstellerinnen nichts zu möglichen grundrechtlich erheblichen Wettbewerbsverfälschungen vorgetragen. Die Antragstellerinnen würden sich auch nicht (mehr) auf unzumutbare wirtschaftliche Belastungen stützen.

Der Festbetrag sei weiter nicht offensichtlich rechtswidrig festgesetzt worden. Er beruhe auf zutreffenden Daten. Die auf den Bewertungsstichtag 1. Januar 2012 bezogenen Daten seien mit einem regressionsanalytischen Verfahren ausgewertet worden, dessen Rechtmäßigkeit ausdrücklich vom BVerfG bestätigt worden sei. Für die Wahl des Bewertungsstichtages und zum Zeitraum zwischen Bewertungsstichtag und Festbetragsfestsetzung enthalte das Gesetz keine verbindlichen Vorgaben. Dem Antragsgegner komme damit ein Gestaltungsspielraum zu. Üblich sei eine Verfahrensdauer von vier Monaten. Auch der vorliegend benötigte Zeitraum von zehn Monaten liege noch innerhalb des Gestaltungsspielraums, zumal die Verzögerung nicht willkürlich erfolgt sei. Dass ein Zeitraum von zehn Monaten bei der Anpassung von Festbeträgen unauffällig sei, zeige etwa die Festbetrags-Anpassungsverordnung v. 1. November 2001, die einen Zeitraum von 16 Monaten zwischen dem dort vorgesehen Bewertungsstichtag und ihrem Inkrafttreten vorgesehen habe.

Der Festbetragsberechnung hätten der Preis- und Produktstand vom 1. Januar 2012 und die Verordnungsdaten des Jahres 2010 zugrunde gelegen. Falsch sei die Behauptung, dass eine bloße Prognose maßgeblich gewesen sei. Zum Preis- und Produktstand würden zunächst alle im Handel befindlichen Fertigarzneimittel, die die Bedingungen der Festbetragsgruppe erfüllten, ermittelt. Die vom 26. März 2012 bis 3. September 2012 aufgetretene Lieferunfähigkeit von Mircera habe keine Auswirkungen auf die auf dieser Basis vorgenommenen Berechnungen gehabt, könne sie also nicht entkräften. Theoretisch habe der Festbetrag auch bereits am 9. Mai 2012 ohne Rücksicht auf die aufgetretenen Lieferschwierigkeiten festgesetzt werden können. Der Gesetzgeber halte die in der Vergangenheit liegenden Berechnungsgrundlagen ungeachtet der Tatsache für geeignet, dass der Markt ständig Veränderungen unterliege. Die Zurückstellung der Anpassung sei von der Sorge getragen gewesen, dass möglicherweise eine hinreichende Arzneimittelauswahl zum Festbetrag nicht sichergestellt sei. Das sei eine Prognose gewesen. Nachdem die Lieferfähigkeit wieder bestand, sei der Ausgangszustand wieder hergestellt gewesen.

Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 SGB V seien eingehalten worden. Im Rahmen des Stellungnahmeverfahrens seien alle erforderlichen Unterlagen über Präparate und Verordnungszahlen zur Verfügung gestellt worden. Die Verordnungsdaten nach § 84 Abs. 5 SGB V hätten in dem Stellungnahmeverfahren nicht öffentlich gemacht werden müssen, sie könnten dem erkennenden Senat aber vorgelegt werden. Die Sachverständigenanhörung diene nicht dazu, Rechenergebnisse exakt abzubilden. Vielmehr solle sie Gelegenheit bieten, strukturelle Mängel aufzuzeigen. Zur Herausgabe der Verordnungsdaten in ihrem Rahmen sei er – der Antragsgegner - nicht ermächtigt gewesen. Die Verordnungszahlen ergäben sich aus den Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 SGB V. Zu Unrecht würden die Antragstellerinnen vortragen, dass einmal Verordnungsdaten vom 1. Januar 2012 und dann - zur Absicherung der vorgenommenen Prognose - neuere Daten zugrunde gelegt worden seien. Aktuelle Daten seien lediglich zur Überprüfung herangezogen worden, ob die Lieferunfähigkeit von Mircera beendet sei. Nach Beendigung der Lieferunfähigkeit sei sichergestellt gewesen, dass 20 Prozent der Packungen zum Festpreis verfügbar seien. Die Verordnung des Wirkstoffes PEG-Epoetin sei zwar im Juni 2012 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 62 Prozent zurückgegangen. Mircera habe aber stets, auch während der angegebenen Lieferunfähigkeit, einen relevanten Verordnungsanteil behalten. Nach Wiederherstellung der Lieferfähigkeit sei zu erwarten gewesen, dass die Verordnungsanteile wieder zügig ansteigen würden. Dass sich diese Erwartung erfüllt habe, ergebe sich auch aus den von den Antragstellerinnen vorgelegten Zahlen.

Das Stellungnahmeverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt habe sich durch die vorübergehende Lieferunfähigkeit von Mircera nicht wesentlich geändert. Maßgebend seien der Preis- und Produktstand vom 1. Januar 2012 und die Verordnungsdaten von 2010 geblieben. Zu diesen Parametern sei ein Stellungnahmeverfahren durchgeführt worden. Das hier streitige Verfahren der Anpassung des Festbetrages weiche auch nicht erheblich von der Vorgehensweise bei anderen Festbetragsfestsetzungen ab. Die Festbeträge für Somatropin und die Kombinationen von Gluccocorticoiden seien mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

Den Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 SGB V sei genüge getan worden. Der Festbetrag sei auf Basis der Maßzahl M = 156,65 ohne Beurteilungsfehler festgesetzt worden. Unzutreffend sei, dass mindestens 20 Prozent der Packungen weiterhin von der Zuzahlung befreit sein müssten und dass der notwendige Verordnungsanteil mit 2,9 Prozent weit unterschritten sei. Der Gesetzgeber stelle nämlich allein auf die Anzahl der weiterhin freigestellten Arzneimittel ab. Ein Rückgriff auf die 20-Prozent-Regelung sei im Rahmen des § 35 Abs. 5 SGB V nicht zulässig. Anderenfalls wäre für eine Festbetragsfestsetzung bei bestehender Zuzahlungsfreistellung faktisch kein Raum. Die Verknüpfung mit Satz 6 solle lediglich sicherstellen, dass die Zuzahlungsregelung zugunsten der Versicherten nicht leer laufe. Zum Berechnungsstichtag seien aber 20 der zuvor 60 Arzneimittelpackungen, entsprechend 33,3 Prozent, weiterhin zuzahlungsfrei gewesen. Um welche Arzneimittelpackungen es sich handele, ergebe sich aus der Anlage 11 aus dem Stellungnahmeverfahren. Die Übersicht sei auch auf den Internetseiten des Antragsgegners einsehbar.

Aus der Rechtsprechung des BVerfG (Hinweis auf Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95) ergebe sich, dass pharmazeutische Unternehmen nur reflexhaft von Festbetragsfestsetzungen betroffen seien. Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht erst dann zu berücksichtigen, wenn der Bestand der GKV berührt sei. Jede Einsparung diene der Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach dem bisherigen Kenntnisstand sei keine veränderte Marktlage zu beobachten, die eine weitere Festbetragsanpassung der Gruppe „Antianämika, andere, Gruppe 1“ erforderlich mache.

Nach der Rechtsprechung von BSG (Hinweis auf Urt. v. 23. November 2004 - B 3 KR 23/04; v. 1. März 2011 - B 1 KR 7/10 R und B 1 KR 13/10 R) und des LSG Berlin-Brandenburg (Hinweis auf Urt. v. 22. Juni 2012 - L 1 KR 296/09 KL) setze die Klagebefugnis gegen eine Festbetragsfestsetzung die Behauptung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung voraus. Diese sei nicht vorgetragen und werde von den Antragstellerinnen ausdrücklich als entbehrlich angesehen. Das BSG unterscheide hinsichtlich der Klagebefugnis auch nicht zwischen der Gruppenbildung und der Festbetragsfestsetzung. Das Willkürverbot sei nicht verletzt, auch die Verfahrensrechte der Antragstellerinnen nicht beeinträchtigt. § 35 Abs. 5 und 6 SGB V gewährten den pharmazeutischen Unternehmern keine subjektiven öffentlichen Rechte.

Die von den Antragstellerinnen vorgelegte Schadensberechnung sei unplausibel. Für die gesetzliche Krankenversicherung stehe hier ein Einsparvolumen von 20,97 Mio. € auf dem Spiel. Die Antragstellerinnen hätten die Möglichkeit einer Schadensersatzklage, falls sich die angefochtene Festbetragsanpassung im Hauptsacheverfahren als rechtwidrig erweisen sollte.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte mit den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen, die bei der Entscheidung vorgelegen hat.

II.

1. Der Antrag zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.

a) Der Antrag ist zwar zulässig. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist Gericht der Hauptsache, da es nach § 29 Abs. 4 Nr. 3 SGG ausschließlich zuständig für eine Klage gegen einen von dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen festgesetzten Festbetrag ist. Mit der am 19. November 2012 erhobenen Anfechtungsklage wenden die Antragsteller sich gegen die am 8. Oktober 2012 erfolgte Festsetzung eines Festbetrages für die Festbetragsgruppe „Antianämika, andere 1“ durch den Antragsgegner. Klagen gegen die Festsetzung eines Festbetrages haben nach § 35 Abs. 7 Satz 2 SGG keine aufschiebende Wirkung. Ein vorheriges Widerspruchsverfahren findet nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG iVm § 35 Abs. 7 Satz 3 SGB V bei Klagen gegen eine Festbetragsfestsetzung nicht statt. Richtige Klageart ist eine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGG. Bei der Festsetzung von Festbeträgen handelt es sich um Verwaltungsakte in der Erscheinungsform der in § 31 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch geregelten Allgemeinverfügung (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 31; BSG Urt. v. 22. November 2012 – B 3 KR 19/11 R - juris Rn 21).

Den Antragstellern fehlt nicht die entsprechend § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG auch für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage erforderliche Beschwer. Die Möglichkeit, dass die Antragsteller durch die angegriffene Festsetzung des Festbetrags in eigenen Rechten verletzt werden, kann nicht ausgeschlossen werden.

Der erkennende Senat verweist dazu zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Hersteller und Vertriebsfirmen von Arzneimitteln jedenfalls gerichtlich geltend machen können, dass die Festsetzung eines Festbetrages gegen ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 12 Grundgesetz – GG - (ggfls. iVm. Art. 19 Abs. 3 GG) verstößt (Urt. v. 22. Juni 2012 – L 1 KR 296/09 KL – juris Rn 80; Beschluss v. 6. Dezember 2011 – L 1 KR 184/11 ER – juris Rn 73). Auch wenn die in § 35 SGB V enthaltenen Vorgaben über die Festsetzung von Festbeträgen keinen drittschützenden Charakter haben, ihr Zweck offensichtlich jedenfalls nicht der ist, die Interessen der pharmazeutischen Industrie zu schützen, kann sich doch aus der mit der Festsetzung von Festbeträgen einhergehenden Einflussnahme auf den Wettbewerb eine grundrechtsrelevante Rechtsverletzung ergeben. Zwar konkretisiert die Festsetzung von Festbeträgen nur den ohnehin im SGB V angelegten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz und damit auch den Wettbewerb der pharmazeutischen Unternehmer untereinander (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 110). Die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit geht auch nicht soweit, den Unternehmern das Recht einzuräumen, vom Wettbewerb verschont zu bleiben (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 123). Sie schützt zwar die Freiheit der Unternehmer, selbst über die Preise der von ihnen angebotenen Waren zu bestimmen. Gleichsam geschützt ist aber auch das Recht der Abnehmer, selbst darüber zu entscheiden, ob sie zu diesen Preisen kaufen wollen oder nicht (BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 105). Wegen der mit der Festsetzung von Festbeträgen einhergehenden steuernden Wirkung ist jedoch auch insoweit das aus Art 3 Abs. 1 GG herzuleitende Willkürverbot zu beachten, dass für dirigistische Maßnahmen der öffentlichen Hand hinreichende sachliche Gründe verlangt. Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt nach der sog. „neuen Formel“ des BVerfG, dass Gründe von solcher Art und Gewicht vorhanden sind, welche die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Diese Gründe müssen im Falle der Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel insbesondere auch vor der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit der Pharmazeutischen Unternehmer bestehen können. Demnach können die Antragsteller hier insoweit in eigenen Rechten betroffen sein, als sie geltend machen, dass die streitige Festsetzung des Festbetrages sachwidrig, nämlich willkürlich erfolgt sei. Eine darüber hinausgehende Darlegung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung ist nicht erforderlich.

Die Haltung des BVerfG steht dem nicht entgegen. Soweit das BVerfG ausgeführt hat, dass die im Gesetz verankerte Ermächtigung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festsetzung von Festbeträgen die pharmazeutischen Unternehmer nicht in ihrer Berufsfreiheit verletze (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 101), meinte es die Ermächtigung an sich. Das BVerfG wollte damit nicht Möglichkeiten beschneiden, gegen eine willkürlich erfolgte Umsetzung der gesetzlichen Ermächtigung gerichtlich vorzugehen, wenn die Umsetzung erhebliche tatsächliche Auswirkungen für betroffene Unternehmer mit sich bringt. Auch das BSG anerkennt in seiner Rechtsprechung, dass die von den Auswirkungen von Festbetragsfestsetzungen betroffenen Unternehmer das Recht haben, die Entscheidungen auf Willkür hin überprüfen zu können (BSG Urt. v. 22. November 2012 – B 3 KR 19/11 R - juris Rn 38). Das betraf zwar bislang insbesondere die Bildung der Festbetragsgruppen, wohingegen hier die Preisbildung streitig ist. Insoweit kann aber nichts anderes gelten. Im Kern werfen die Antragsteller dem Antragsgegner vor, er habe den Festbetrag willkürlich zu niedrig angesetzt, weil die von ihm angenommenen und der Festbetragsfestsetzung zugrunde gelegten vorzufindenden Preisgestaltungen und Liefermöglichkeiten nicht mit der Realität übereinstimmten, wie sie auf dem Arzneimittelmarkt vor der Entscheidung vorzufinden war. Der erste Senat des BSG bemüht für die Abgrenzung der gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten das Bild eines Vergabeverfahrens (Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R - juris Rn 17). In diesem Bild wäre der Vorwurf der Antragsteller mit einer Konstellation vergleichbar, nach der ein Unternehmer mit einem besonders günstigen Angebot den Zuschlag erhält, obwohl er für die Erbringung der Leistungen in dem ausgeschriebenen Umfang gar nicht in der Lage ist. Dass sich daraus eine sachwidrige Benachteiligung der nichtberücksichtigen Unternehmer ableiten ließe, steht außer Frage und eröffnet auch den Antragstellern des vorliegenden Verfahrens die Möglichkeit, eine Verletzung eigener Rechte geltend zu machen. Festbeträge sollen keine unrealistischen Einsparvorgaben aufstellen sondern sich an den realen Bedingungen der bestehenden Märkte orientieren (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 140). Deswegen müssen die von dem Spitzenverband angenommenen Umstände den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Unvereinbar mit dieser Vorgabe und gleichzeitig willkürlich wäre es, wenn den pharmazeutischen Unternehmern durch die Festsetzung eines Festbetrages ein auf dem Markt gar nicht vorhandenes Einsparpotential entgegen gehalten würde.

Darüberhinaus ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass die pharmazeutischen Unternehmer eine Verletzung des in § 35 Abs. 3 Satz 3 iVm § 35 Abs. 2 SGB V verankerten Anhörungsrechts gerichtlich geltend machen können (Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R - juris Rn 13). Der Senat folgt dieser Rechtsprechung, da das Anhörungsrecht nur für einen begrenzten, nämlich den in § 35 Abs. 2 genannten Kreis der an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung Mitwirkenden und erkennbar in deren Interesse eingeführt worden ist. Die Antragsteller werfen dem Antragsgegner in dem vorliegenden Verfahren gerade vor, ihr Recht auf eine (erneute) Anhörung nicht beachtet zu haben. Auch daraus ergibt sich eine mögliche Verletzung der Antragsteller in eigenen Rechten

Den Antragstellern ist schließlich das Rechtsschutzbedürfnis für die von ihnen beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht von vornherein abzusprechen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Antragsteller durch die Festbetragsfestsetzung nachteilig betroffen werden. Die Antragsteller haben dazu vorgetragen, dass die seit dem geltende niedrigere Höhe des Festpreises dazu geführt habe, dass sie ihre Abgabepreise für das betroffene Medikament reduzieren mussten. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kommt es nicht darauf an, dass die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Entscheidung auch im Einzelnen glaubhaft gemacht wird. Der Senat bleibt insoweit bei seiner Rechtsprechung, dass im Rahmen des § 86 Abs. 1 SGG nicht wie für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 Abs. 2 SGG ein besonderer Anordnungsgrund erforderlich ist (Beschluss v. 6. Dezember 2011 – L 1 KR 184/11 ER - juris Rn 86). Bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit einer Festbetragsfestsetzung kann es nicht darauf ankommen, ob die vorläufige weitere Aufrechterhaltung der Festsetzung einen pharmazeutischen Unternehmer in seiner Existenz bedroht. Die Eilbedürftigkeit kann aber entscheidend sein, wenn die Rechtswidrigkeit nicht offenkundig ist und die Aussetzung der Vollziehbarkeit deswegen von einer Interessenabwägung abhängt.

b) Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht begründet. Nach welchen Maßstäben über die Aussetzung einer sofortigen Vollziehung zu entscheiden ist, gibt der Gesetzgeber in § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG nicht ausdrücklich vor. Hat der Gesetzgeber aber – wie es § 86b Abs. 1 Satz Nr. 1 SGG voraussetzt – an anderer Stelle die sofortige Vollziehbarkeit einer Verwaltungsentscheidung angeordnet, nimmt er damit grundsätzlich in Kauf, dass eine angefochtene Entscheidung wirksam bleibt, obwohl über ihre Rechtmäßigkeit noch nicht abschließend entschieden worden ist. Von diesem Grundsatz ermöglicht § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG aber Ausnahmen: Zumindest in den Fällen einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit ist die Vollziehbarkeit auszusetzen, weil dann kein öffentliches Interesse an einer Vollziehung erkennbar ist. Unterbleiben muss die Aussetzung dagegen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist. Hier gibt es keine Veranlassung, von dem vom Gesetzgeber für richtig gehaltenen Grundsatz abzuweichen. In den übrigen Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht klar erkennbar ist, kommt es auf eine Interessenabwägung an (BT-Drs 11/3480, S. 54). Je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind, desto mehr muss für den Betroffenen auf dem Spiel stehen, damit trotz bloßer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Maßnahme entgegen der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers die aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann (vgl. zum ganzen Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl., § 86b Rn 12f mit weit. Nachw.). Bei Beachtung dieser Maßstäbe kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier keinen Erfolg haben. Nach Auffassung des Senats spricht mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit der von den Antragstellern angefochtenen Festbetragsfestsetzung. Auch haben die Antragsteller nicht deutlich gemacht, dass sie schwer und unwiederbringlich belastet würden, wenn die Festbetragsanpassung trotz bestehen bleibender Restzweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bis zu dem rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens einstweilen wirksam bleibt.

Rechtgrundlage für die mit Beschluss vom 8. Oktober 2012 erfolgte Anpassung des Festbetrages für die Festbetragsgruppe „Antianämika, andere 1“ durch den Antragsgegner ist § 35 Abs. 3 Satz 1 SGB V iVm § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V. § 35 SGB V regelt die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in einem zweistufigen Verfahren. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss gemäß § 35 Abs. 1 SGB V bestimmt hat, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können, hat der Antragsgegner gemäß § 35 Abs. 2 SGB V den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen festzusetzen. Vorliegend handelt es sich um eine Festsetzung von Festbeträgen in Form einer Anpassung, die nach § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V eine Überprüfung der bestehenden Festbetragsfestsetzung voraussetzt. Die Angriffe der Antragstellerinnen richten sich ausschließlich gegen die Höhe der vom Antragsgegner festgesetzten Beträge, nicht gegen die Bildung der Festbetragsgruppe.

aa) Eine Rechtswidrigkeit der Festbetragsanpassung ergibt sich zunächst nicht daraus, dass der Antragsgegner gegen die aus § 35 Abs. 3 Satz 3 SGB V iVm § 35 Abs. 2 SGB V folgende Verpflichtung zur Anhörung verstoßen hätte. Für den Umfang einer Anhörungspflicht ist die Einschätzung der zur Anhörung verpflichteten Stelle maßgeblich. Eine Behörde kann einen Betroffenen nur zu den Tatsachen anhören, die sie selbst für entscheidungserheblich hält und auf die es nach ihrer Ansicht materiell-rechtlich ankommt. Insoweit ist unerheblich, ob die Rechtsauffassung richtig ist. Wenn eine Behörde ihrer Entscheidung eine unzutreffende Rechtsansicht und/oder falsche Tatsachen zugrunde gelegt hat, mag die ergangene Entscheidung aus diesen Gründen fehlerhaft und rechtwidrig sein. Solange die Behörde den Betroffenen aber zu den nach ihrer Rechtsauffassung maßgeblichen Tatsachen angehört hat, kann ihr nicht auch noch der Verfahrensfehler einer unterlassenen Anhörung vorgehalten werden (BSG Urt. v. 22. Oktober 1998 – B 7 AL 106/97 R – juris Rn 26).

Orientiert man sich an der von der Beklagten für maßgeblich gehaltenen Rechtsauffassung, durfte der Festbetrag auch am 8. Oktober 2012 noch auf der Grundlage der für den Bewertungsstichtag 1. Januar 2012 erhobenen Daten festgestellt werden. Die Lieferunfähigkeit von Mircera war ein nur vorübergehender Zustand, der der Festsetzung eines Festbetrages ohnehin nicht entgegen stand und auf den der Antragsteller rein vorsorglich und ohne entsprechende Rechtspflicht durch eine Verschiebung des Datums des Beschlusses reagierte. Zu den Daten vom 1. Januar 2012 war bereits eine Anhörung erfolgt. Bei Auswertung der von dem Antragsgegner vorgelegten Beratungsunterlagen gibt es auch keine Hinweise dafür, dass diese Rechtsauffassung nur im Nachhinein vorgeschoben wird. Dann bestand aus Sicht des Antragsgegners aber kein Anlass dafür, erneut eine Anhörung zur Anpassung des Festbetrages vorzunehmen. Ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht scheidet damit aus.

bb) Bezogen auf den 1. Januar 2012 hat der Antragsgegner die für die Anpassung des Festbetrages erforderlichen Daten zunächst rechtmäßig ermittelt. Ziel einer Überprüfung der Festbeträge ist nach § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V ihre Anpassung an eine veränderte Marktlage. Die Festbeträge sind nach § 35 Abs. 5 Satz 4 SGB V so festzusetzen, dass sie den höchsten Abgabepreis des unteren Preisdrittels eines Arzneimittels nicht übersteigen. Zusätzlich verlangt das Gesetz in § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V zwingend, dass mindestens ein Fünftel aller Verordnungen und ein Fünftel aller Packungen zum Festbetrag verfügbar sein müssen. Die Anpassung eines Festbetrages setzt damit Erkenntnisse über die Zahl der Verordnungen und die Preise der auf dem Markt befindlichen Packungen voraus. Diese Erkenntnisse dienen der Gewinnung zukunftsbezogener Aussagen, da Festbeträge mit Wirkung für die Zukunft festgesetzt werden. Die ihnen zugrunde liegenden Daten entstammen aber der Vergangenheit. Das Gesetz fordert für die Überprüfung und Anpassung von Festbeträgen die Auswahl eines bestimmten Stichtages. Das ergibt sich aus § 35 Abs. 5 Satz 7 SGB V, wo für die Anpassung von Festbeträgen von einem Bewertungsstichtag und die zu diesem Stichtag verfügbaren Verordnungsdaten die Rede ist.

Der Antragsgegner hat für die Überprüfung der Festbeträge den 1. Januar 2012 ausgewählt und entsprechend für diesen Tag die Packungspreise der betroffenen Arzneimittelgruppe ermittelt. Für die Zahl der Verordnungen waren die zum Zeitpunkt des Berechnungsstichtags zuletzt verfügbaren Jahresdaten nach § 84 Abs. 5 SGB V zu Grunde zu legen. Die Antragstellerinnen haben – bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2012 - keine Einwände gegen die Richtigkeit der Ermittlungen des Antragsgegners zu den Packungspreisen erhoben. Der Antragsgegner hat weiter die Verordnungsdaten aus dem Jahre 2010 herangezogen. Auch die Antragstellerinnen haben nicht geltend gemacht, dass es bezogen auf den 1. Januar 2012 als Bewertungsstichtag andere oder neuere Verordnungsdaten gegeben hätte. Demnach geht der Senat davon aus, dass die von dem Antragsgegner auf den Bewertungsstichtag 1. Januar 2012 erhobenen Daten und die damit errechneten Festbeträge jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft sind.

cc) Die vorgenommene Anpassung des Festbetrages ist nicht deswegen offensichtlich rechtswidrig, weil zwischen dem für die Datenerhebung in Bezug genommenen Stichtag 1. Januar 2012 und dem Beschluss über die Anpassung des Festbetrages ein Zeitraum von mehr als neun Monaten lag. Das Gesetz gibt keinen Zeitraum vor, innerhalb dessen das Verfahren der Festbetragsanpassung nach dem in Bezug genommenen Bewertungsstichtag abgeschlossen sein muss. Allgemein regelt es die Anpassung der Festbeträge als Prognoseentscheidung, die auf der Grundlage von für die Vergangenheit festgestellten Daten zu treffen ist (BSG, Urt. v. 1. März 2011 – B 1 KR 7/10 R - juris Rn 52). Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass die Anpassung eines Festbetrages jedenfalls dann nicht mehr auf Daten aus der Vergangenheit gestützt werden darf, wenn sicher ist, dass die in Bezug genommenen Daten eine Prognose nicht mehr tragen. Indessen kann davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber den erhobenen Daten Aussagekraft bezogen auf eine Anpassung jedenfalls für einen Zeitraum von einem Jahr zubilligt. Denn in § 35 Abs. 5 Satz 3 SGB V ist vorgeschrieben, dass eine Überprüfung der Festbeträge (nur) mindestens einmal im Jahr erfolgen muss. Allein wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs zwischen dem Bewertungsstichtag und ihrem Wirksamwerden ist die Festbetragsanpassung deswegen nicht offensichtlich und eindeutig rechtswidrig. Die gegenüber der üblichen Zeitfolge verlangsamte Festbetragsanpassung mag dazu führen, dass die Beobachtungspflicht des Antragsgegners, inwieweit die neu festgesetzten Preise noch die Realitäten des Marktes widerspiegeln, nach der (verspäteten) Anpassung früher wieder einsetzt. Die Möglichkeit zur Anpassung als solche bleibt davon aber unbenommen.

Im vorliegenden Fall war die Anpassung der Festbeträge auch nicht deswegen rechtswidrig, weil zum Zeitpunkt der endgültigen Beschlussfassung am 8. Oktober 2012 bereits die aktualisierten Verordnungsdaten für das Jahr 2011 vorlagen. Zwar ergibt sich aus der Funktion der gesetzlich vorgesehenen Anpassung, dass diese auf der Grundlage von möglichst aktuellen Daten erfolgen soll. Nach dem Inhalt der von dem Antragsgegner vorgelegten Beratungsunterlagen hätte die Auswertung der aktualisierten Verordnungsdaten aber zu einem erheblichen Zeitverlust geführt. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar, weil nach § 35 Abs. 5 Satz 7 SGB V der Stand der Verordnungsdaten mit einem bestimmten Berechnungsstichtag korrespondieren muss. Der Antragsgegner durfte daher nicht die Verordnungsdaten des Jahres 2011 mit dem Bewertungsstichtag 1. Januar 2012 kombinieren, da die Verordnungsdaten für 2011 zu diesem Stichtag noch nicht vorhanden waren. Ihm wäre demnach nur der Ausweg geblieben, alle relevanten Daten neu zu ermitteln. Der Senat hat keine Veranlassung, die in den Beratungsunterlagen zu findende Darstellung zu bezweifeln, dass unter diesen Voraussetzungen eine Festbetragsanpassung erst zum 1. August 2013 hätte erfolgen können. Dann erscheint aber die vom Antragsgegner getroffene Abwägungsentscheidung, stattdessen eine auf der Basis der bereits vorhandenen Daten errechnete Festbetragsanpassung vorzunehmen, jedenfalls nicht offensichtlich falsch zu seien. Denn § 35 Abs. 5 SGB V ist das Anliegen des Gesetzgebers zu entnehmen, die Anpassung der Festbeträge möglichst zeitnah vornehmen zu lassen.

dd) Nach Auffassung des Senats spricht auch mehr für als gegen die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Antragsgegners, dass die für die Festbetragsfestsetzung festgestellten Daten auch im September 2012 noch Grundlage für die Festsetzung eines Festbetrag sein konnten, obwohl die Lieferfähigkeit von Mircera zwischenzeitlich eingeschränkt gewesen war. Die Einschätzung der aus den eingetretenen Lieferschwierigkeiten abzuleitenden Rechtsfolgen ist davon bestimmt, dass das Gesetz die in der Vergangenheit zu beobachten gewesenen Marktentwicklungen grundsätzlich als ausreichende Grundlage für die zukunftsgerichtete Aktualisierung des Festbetrages im Wege einer Anpassung ansieht. Zu weitgehend wäre es aber, daraus den Schluss abzuleiten, dass es für die Anpassung des Festbetrages nur auf die Vergangenheit ankommt und aktuell zu besorgende Entwicklungen keine Rolle spielen können. Aus der Funktion der Festbeträge ergibt sich nämlich auch ohne eine ausdrückliche Regelung, dass der Antragsgegner nicht sehenden Auges einen Festbetrag für ein Medikament festsetzen darf, obwohl er weiß, dass dieses Medikament zu diesem Preis nicht in hinreichender Menge auf dem inländischen Arzneimittelmarkt zu haben ist. Das wäre mit der vom BVerfG aufgestellten Vorgabe unvereinbar, wonach die Möglichkeit zur Festsetzung von Festbeträgen nur eine Konkretisierung der schon allgemein geltenden Bedingungen der Leistungsversorgung der Versicherten beinhaltet, insbesondere also nichts am Sachleistungsprinzip ändert. Die Festsetzung von Festbeträgen darf deswegen nicht dazu führen, dass die von dem Festbetrag betroffene Leistung nicht zu diesem Preis erhältlich ist (BVerfG Urt. v. 17. Dezember 2002 – 1 BvL 28/95; 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95 - juris Rn 138 -141). Deswegen wäre es dem Antragsgegner nicht, auch nicht theoretisch möglich gewesen, einen Festbetrag in einer bestimmten Höhe festzusetzen, wenn wegen des Hinzutretens sonstiger Umstände fraglich erschien, dass das Arzneimittel in hinreichender Menge zu diesen Preisen geliefert werden kann.

Dass die angezeigten neu eingetretenen Lieferschwierigkeiten die aus der Vergangenheit abzuleitende Prognose zunächst entwertet haben, ist zwischen den Beteiligten des Verfahrens im Grunde unstreitig. Da für die Festbetragsfestsetzung eine Prognoseentscheidung anzustellen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die Lieferschwierigkeiten für Mircera tatsächlich nicht in dem Ausmaß eingetreten sind, das von dem Hersteller zunächst angekündigt worden war. Nach Anzeige der Lieferschwierigkeiten dufte eine Anpassung der Festbeträge auf der Grundlage der Daten vom 1. Januar 2012 jedenfalls zunächst nicht erfolgen.

Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner vorgenommenen Anpassung des Festbetrages ist aber die von der vorausgehenden Feststellung zu unterscheidende Frage, ob die für den Zeitraum ab März 2012 angezeigten Lieferschwierigkeiten die sich aus der Vergangenheit ergebenden Zahlen dauerhaft entwerteten oder ob sie wieder tragfähig für eine Prognose wurden, nachdem die Lieferschwierigkeiten weggefallen waren. Dem Wortlaut des Gesetzes ist eine ausdrückliche Regelung dieser Frage nicht zu entnehmen. Während die Antragsteller davon ausgehen, dass nach Wiedererlangung der Lieferfähigkeit eine Aktualisierung aller Zahlen im Wege einer erneuten Marktbeobachtung erfolgen muss, will der Antragsgegner weiter auf die schon erhobenen Zahlen zurückgreifen, nachdem er sich im Wege des Freibeweises davon überzeugt hat, dass die Lieferfähigkeit wieder gegeben ist.

Zwar ist der Rechtsstandpunkt der Antragstellerinnen nicht völlig von der Hand zu weisen, weil der Aussagewert einer Prognose leidet, wenn deren Annahmen durch unvorhergesehene Entwicklungen in Frage gestellt worden sind. Auf der anderen Seite spricht für die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Antragsgegners aber, dass die eingetretenen Lieferschwierigkeiten außerhalb der für die Vergangenheit ermittelten Daten stehen und sie deswegen ihre Bedeutung für die Höhe des Festbetrages auch wieder verlieren können. Die eingetretenen Lieferschwierigkeiten beeinträchtigen den Aussagewert der Prognose nur, soweit und solange sie weiter anhalten. Sind die Lieferschwierigkeiten stattdessen nur ein vorübergehendes Phänomen, vermögen sie den Aussagewert der aus den Verhältnissen der Vergangenheit gewonnenen Daten nicht dauerhaft zu beeinträchtigen. Damit wäre ein Rückgriff auf die vor Eintreten der Lieferschwierigkeiten bestanden habenden Verhältnisse wieder möglich, sobald die Lieferschwierigkeiten beseitigt sind. Maßgeblich für den Fortbestand des Aussagewertes der Zahlen vom 1. Januar 2012 ist damit, ob die zwischenzeitlich eingetretenen Lieferschwierigkeiten eine vorübergehende Erscheinung oder Ausdruck einer dauerhaften Änderung der Verhältnisse auf dem Arzneimittelmarkt anzusehen sind.

Der Senat hält dafür, dass die Auffassung des Antragsgegners, wonach die zum 1. Januar 2012 erhobenen Daten ihre Aussagekraft für die auf zukünftige Verhältnisse bezogene Festbetragsanpassung auch im September 2012 noch nicht verloren hatten, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam ist. Die Einschätzung des Antragsgegners, dass die Lieferfähigkeit von Mircera ab dem 3. September 2012 wieder uneingeschränkt hergestellt war, erscheint vor dem Hintergrund des entsprechenden Schreiben des Herstellers an den Antragsteller vom 1. Oktober 2012 nachvollziehbar. Dann war es aber auch jedenfalls vertretbar, die Unterbrechung der Lieferfähigkeit von Mircera als Episode zu werten, die nichts an der grundsätzlichen Entwicklung des Marktes für die betroffene Festbetragsgruppe änderte. Mit der Wiederherstellung der Lieferfähigkeit war dann ein bis dahin bestehendes vorübergehendes Hindernis zur Anpassung des Festbetrags entfallen, so dass auch insoweit von der Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner getroffenen Entscheidung ausgegangen werden kann, auf die Datenbasis des 1. Januar 2012 zurückzugreifen.

ee) Die vorgenommene Festbetragsfestsetzung ist schließlich auch nicht deswegen offensichtlich rechtswidrig, weil sie dazu führt, dass keine den Anforderungen des § 35 Abs. 6 SGB V entsprechende hinreichende Versorgung der Versicherten mit zuzahlungsfreien Arzneimitteln mehr gewährleistet werden kann. § 35 Abs. 6 SGB V stellt zusätzliche Maßgaben für die Anpassung von Festbeträgen auf, wenn ein Beschluss nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V vorliegt, mit dem der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmte Arzneimittel von der Zuzahlungspflicht freigestellt hat, weil ihr Abgabepreis mindestens um 30 Prozent unter dem maßgebenden Festbetrag lag. Mit der Vorschrift soll der sog. Kellertreppeneffekt vermieden werden, der sich ergeben würde, wenn der aus der aus der Freistellung von Zuzahlungen herrührende Anreiz zur Festsetzung niedriger Arzneimittelpreise zur generellen Absenkung des Festbetrages genutzt würde ohne Rücksicht auf den Fortbestand der Möglichkeit zur zuzahlungsfreien Verordnung zu nehmen. § 35 Abs. 6 Satz 1 SGB V bestimmt dazu, dass auch nach der Anpassung des Festbetrages eine hinreichende Versorgung mit zuzahlungsfreien Arzneimitteln sicher gestellt sein soll.

§ 35 Abs. 6 SGB V findet vorliegend Anwendung, weil zur Zeit der Anpassung des Festbetrages ein gültiger Beschluss nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V vorlag. Für bestimmte in die Festbetragsgruppe fallende Arzneimittel, deren Preis um mehr als 30 Prozent unter dem Festbetrag lag, waren die Versicherten von der ansonsten für Arzneimittel bestehenden Zuzahlungspflicht befreit worden. Die unter diesen Voraussetzungen bei der Anpassung des Festbetrages zu beachtenden Einschränkungen sind im Einzelnen in § 36 Abs. 6 Satz 2 SGB V geregelt. Bei der Neufestsetzung des Festbetrages darf danach der nach § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V zu bestimmende Wert von 100 nicht überschritten werden, wenn zu erwarten ist, dass anderenfalls keine hinreichende Anzahl zuvor freigestellter Arzneimittel weiter von der Zuzahlung freigestellt sind.

Der nach § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V zu bestimmende Wert ist die sogenannte Maßzahl. Sie ist ein Indikator für die Sicherheit, mit der eine Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln zum Festbetrag zu erwarten ist. Die Maßzahl errechnet sich aus der Addition der Prozentsätze, die den Anteilen entspricht, zu denen Arzneimittel einer bestimmten Festbetragsgruppe oberhalb des Festbetrags verordnet wurden und Packungen von Arzneimitteln einer bestimmten Festbetragsgruppe nur oberhalb des Festbetrages auf dem Markt erhältlich waren. Die Maßzahl kann rechnerisch jeden beliebigen Wert zwischen 0 und 200 erreichen, je höher sie ausfällt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, dass ein Versicherter tatsächlich zum Festpreis mit einem Arzneimittel versorgt werden wird. Unstreitig wird mit der vom Antragsgegner vorgenommenen Neufestsetzung des Festbetrages die Maßzahl von 100 überschritten. Der Antragsgegner räumt selbst ein, dass er den neuen Festbetrag auf Basis einer Maßzahl von 156,65 festgesetzt habe.

Die Maßzahl von 156,65 führt indessen nicht nach § 35 Abs. 6 Satz 2 SGB V zur Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Anpassung des Festbetrages, weil gleichwohl zu erwarten ist, dass eine hinreichende Anzahl von vorher freigestellten Arzneimitteln weiterhin von der Zuzahlung befreit sein wird. § 35 Abs. 6 Satz 2 SGB V verlangt nur dann die Einhaltung der Maßzahl von 100, wenn diese weitere Voraussetzung nicht gegeben ist.

Das Gesetz bestimmt nicht näher, wann auch ohne eine Unterschreitung der Maßzahl von 100 von dem Fortbestehen einer hinreichenden Versorgungssicherheit mit zuzahlungsfreien Arzneimitteln auszugehen ist. Den Antragstellerinnen ist zwar zuzugeben, dass das Gesetz in § 35 Abs. 5 SGB V für die Frage des Bestehens einer hinreichenden Versorgungssicherheit grundsätzlich auf die Zahl der auf dem Markt erhältlichen Arzneimittelpackungen und die Zahl der in der Vergangenheit erfolgten Verordnungen abstellt. Zudem ist § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V zu entnehmen, dass von einer hinreichenden Versorgungssicherheit auszugehen ist, wenn jeweils 20 Prozent oder ein Fünftel von Packungen oder Verordnungen von Arzneimitteln zum Festbetrag erhältlich waren. Indessen bildet die Maßzahl gerade die Kombination von erhältlichen Packungen und erfolgten Verordnungen ab und ist in § 35 Abs. 6 SGB V speziell geregelt. Das spricht dagegen, eine Kombination von erhältlichen Packungen und erfolgten Verordnungen auch zum Maßstab der anderweitig herzustellenden Versorgungssicherheit zu nehmen, die nach § 35 Abs. 6 Satz 2 SGB V gerade unabhängig von der Maßzahl ausreichen würde. Es gibt im Gesetz auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Rahmen des § 35 Abs. 6 SGB V eine besondere Maßzahl für die zuzahlungsfreien Arzneimittel zu bilden wäre. § 35 Abs. 6 Satz 2 SGB V verweist vielmehr für die Anwendung der Maßzahl ausdrücklich auf § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V und damit auf einen Vergleich des Verhältnisses der Anteile ober- und unterhalb des Festbetrags an der Menge aller Arzneimittel einer Festbetragsgruppe und eben nicht auf einen Vergleich des Anteils der freigestellten Arzneimittel an allen Arzneimitteln unterhalb der Festbetragsgrenze.

§ 35 Abs. 6 Satz 2 SGB V stellt nach seinem Wortlaut ausschließlich auf eine hinreichende Anzahl von freigestellten Arzneimitteln ab. Das spricht dafür, insoweit nur die Zahl der (in der Zukunft) erhältlichen Packungen zum Maßstab zu nehmen, nicht auch die Zahl der in der Vergangenheit erfolgten Verordnungen. Die Anpassung des Festbetrages auch im Bereich der zuzahlungsbefreiten Arzneimittel soll nämlich gerade weitere Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen (BT-Drucks. 17/2413 S. 19). Diese können sich realisieren entweder durch eine weitere Preissenkung für die nunmehr oberhalb der für die Freistellung von Zuzahlungen geltenden 30 Prozent Grenze liegenden Arzneimittel oder aber durch eine Änderung des Verordnungsverhaltens zu den freigestellt bleibenden Arzneimitteln hin. § 35 Abs. 6 SGB V will sichern, dass es nach der erfolgten Anpassung des Festbetrages noch weiter die Möglichkeit gibt, die Versicherten mit zuzahlungsfreien Arzneimitteln zu versorgen. Entscheidend ist dafür nicht das an den Bedingungen der Vergangenheit orientierte Verordnungsverhalten, das zukünftig Änderungen unterliegen kann, sondern die Zahl vorhandener Ausweichmöglichkeiten. Gibt es genügend Ausweichmöglichkeiten, kann zu den verbleibenden zuzahlungsfreien Arzneimitteln gewechselt werden, was dann gegebenenfalls in der Zukunft zu einer Steigerung ihres Verordnungsanteils führen wird. Das eine Ersetzung durch andere Arzneimittel gerade in der hier betroffenen Festbetragsgruppe zu unerwünschten Wirkungen führen könnte und deswegen aus medizinischen Gründen möglichst vermieden wird, haben die Antragstellerinnen nicht glaubhaft gemacht, obwohl der Antragsgegner der entsprechenden Sachdarstellung ausdrücklich entgegen getreten ist. Auf den Anteil der nach der Anpassung freigestellt bleibenden Packungen an den tatsächlichen Verordnungen aller vor der Anpassung zuzahlungsfreien Verordnungen, der von dem Antragsgegner mit 2,9 Prozent beziffert wird, kommt es danach – entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerinnen - nicht an.

Bezogen auf die Zahl der nach der Anpassung des Festbetrages noch ohne Zuzahlung erhältlichen Arzneimittel ist die Versorgungssicherheit hinreichend gegeben. Aus den von dem Antragsgegner vorgelegten Unterlagen, die insoweit von den Antragstellerinnen nicht in Frage gestellt worden sind, ergibt sich, dass auch nach der erfolgten Anpassung des Festbetrages weiter Arzneimittel auf dem Markt sind, die 30 Prozent und mehr unter dem neuen Festbetrag liegen. Das betrifft 20 der 60 zum Bewertungsstichtag freigestellten Packungen und damit ein Drittel. Das ist als ausreichend anzusehen, weil sich aus § 35 Abs. 5 Satz 5 SGB V ergibt, dass die Erheblichkeitsgrenze jedenfalls bei einem Fünftel erreicht wird. Die Ausweichmöglichkeiten können auch nicht deswegen als unzureichend angesehen werden, weil sie durch Parallelimporte geschaffen werden. Dem SGB V ist der Grundsatz fremd, dass Parallelimporte von Arzneimitteln grundsätzlich als unzuverlässig anzusehen sind, so dass Versicherte nicht auf sie verwiesen werden können. Das zeigt sich an der Regelung in § 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V (vgl. dazu Schneider in jurisPK SGB V, 2. Aufl., § 129 Rn 19). Nach alledem sieht sich der Senat auch nicht in der Lage, einen offensichtlichen Verstoß der vorgenommenen Festbetragsanpassung gegen § 35 Abs. 6 SGB V anzunehmen.

ff) Die verbleibenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise des Antragsgegners rechtfertigen deswegen nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung, weil die Antragstellerinnen nicht haben glaubhaft machen können, dass sie schwer und unerträglich getroffen wären, wenn die Festbeträge bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens in Kraft blieben. In Bezug auf die anzustellende Interessenabwägung haben sie im Wesentlichen nur vorgetragen, dass sich ihr Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage aus der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der Festbetragsfestsetzung ergebe. Der Senat bezweifelt indessen aus den vorstehend genannten Gründen zumindest die Offensichtlichkeit einer Rechtsverletzung, so dass insoweit der vom Gesetzgeber aufgestellte Grundsatz Anwendung finden muss, wonach ein gegen die Festsetzung eines Festbetrags erhobener Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat (BT-Drs. 11/3480 S. 54). Soweit die Antragstellerinnen weiter angeführt haben, dass die erneute Absenkung des Festbetrages zu Lasten der Versicherten gehen werde, weil diese praktisch keine zuzahlungsfreien Packungen mehr erhalten könnten, machen sie schon nicht eine Verletzung ihrer eigenen Rechte geltend. Zu ihrer eigenen wirtschaftlichen Betroffenheit durch die angegriffenen Absenkung des Festbetrags haben sie vorgetragen, mit einem Jahresverlust von 1.407.098,00 € zu rechnen. Indessen haben sie diesen Verlust einem Gesamtumsatz (beider Antragstellerinnen) von ca. 740 Mio € gegenübergestellt. Das Bestehen einer Existenzgefährdung lässt sich danach schon aus den vorgelegten Zahlen nicht schlüssig nachvollziehen. Zwar haben die Antragstellerinnen noch erläutert, ihre erhebliche wirtschaftliche Betroffenheit ergebe sich daraus, dass die Entwicklung und Produktion von gentechnisch hergestellten Wirkstoffen sehr aufwendig sei. Es ist von ihnen aber nichts Näheres dazu vorgetragen worden, wie hoch der Forschungsetat der Antragstellerinnen ist und aus welchen Gründen die von ihnen beschriebene Verlusterwartung zu Einschränkungen der Forschungstätigkeit mit erheblichen Auswirkungen führen müsse. Das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung ist danach schon auf der Grundlage des Vortrags der Antragstellerinnen nicht nachvollziehbar geworden, auf die – vom Antragsgegner bezweifelte Glaubhaftigkeit der tatsächlichen Angaben kommt es danach nicht an. Der Senat kann nicht feststellen, dass die bestehenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Antragsgegners jedenfalls im Wege einer Folgenabwägung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen würden.

Nach alledem war der Antrag zu 1) zurückzuweisen.

2. Der Antrag zu 2), im Wege der Zwischenregelung den Festbetragsbeschluss für die Festbetragsruppe „Antianämika, andere 1“ vom 8. Oktober 2012 bis zur Entscheidung über den Antrag zu 1) vorläufig außer Kraft zu setzen, konnte ebenfalls keinen Erfolg haben. Nach dem gerade Ausgeführten war für den Senat nicht feststellbar, dass die Antragstellerinnen durch den von ihnen angefochten Beschluss schwer und nachhaltig betroffen sind, so dass keine Veranlassung bestand, im Wege der Folgenabwägung bis zum Ergehen einer Entscheidung über den Antrag zu 1) den Festbetragsbeschluss vom 8. Oktober 2012 vorläufig außer Kraft zu setzen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 197a SGG iVm §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Absatz 1 Satz 1 SGG iVm §§53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat ist dabei von dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerinnen an der Aufhebung der angegriffenen Festbetragsfestsetzung ausgegangen, das diese in Höhe von rund 1.400.000 € beziffert haben. Die Hälfte dieses Betrages ist als Streitwert festgesetzt worden, da vorliegend nur eine vorläufige Regelung erstritten werden sollte.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).