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Zum KMU-Begriff nach § 2 Abs. 7 InvZulG 2005


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 13. Senat Entscheidungsdatum 24.03.2011
Aktenzeichen 13 K 13148/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 7 InvZulG 2005

Leitsatz

Eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung setzt keine rechtliche Vereinbarung durch einen Stimmrechtsbindungsvertrag oder ähnliches voraus. Vielmehr genügt eine tatsächlich gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen.

Ob eine tatsächlich gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen vorliegt, ist anhand einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Letztlich ist entscheidend, ob das zu prüfende Unternehmen mit den typischen Schwierigkeiten eines KMU konfrontiert ist. Hierfür können sowohl reine Innenbeziehungen (z. B. Gewährung von Darlehen, interne Liefer- und Leistungsbeziehungen) als auch Außenwirkungen (z. B. Gewährung von Sicherheiten, gemeinsamer Marktauftritt bei Kunden oder Lieferanten) von Bedeutung sein.

Für eine Tätigkeit auf einem benachbarten Markt im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 5 des Anhangs zur KMU-Empfehlung reicht es aus, wenn ein Unternehmen Geschäftsbeziehungen mit einem anderen Unternehmen unterhält und dabei entweder Produkte des anderen Unternehmens zur Herstellung der eigenen Produkte erwirbt oder die eigenen Produkte zur betrieblichen Weiterverarbeitung an das andere Unternehmen veräußert.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die ehemalige B GmbH & Co. KG - B KG - als kleines und mittleres Unternehmen im Sinne von § 2 Abs. 7 Investitionszulagengesetz - InvZulG - 2005 anzuerkennen ist und damit der Klägerin für Investitionen der B KG eine erhöhte Investitionszulage zusteht.

An der B KG waren die Herren H und R zu jeweils 50 von Hundert als Kommanditisten beteiligt. Entsprechend der Beteiligungsquote standen ihnen jeweils 50 von Hundert der Stimmrechte der B KG zu. Hinsichtlich der Ausübung dieser Stimmrechte bestanden zwischen den Gesellschaftern keine Vereinbarungen, insbesondere keine Stimmrechtsbindungs- oder Poolverträge. Allein vertretungsberechtigte Geschäftsführerin der B KG war deren persönlich haftende Gesellschafterin, die B Verwaltungs-GmbH, die ihrerseits von Herrn T als Geschäftsführer vertreten wurde. Die Kommanditisten hielten auch jeweils 50 von Hundert des Stammkapitals der Komplementär-GmbH. Das Vermögen der B KG ging zum 31. Dezember 2008 im Wege der Anwachsung auf die Klägerin über.

An der Klägerin waren im Streitjahr Herr H zu 75,5 von Hundert und Herr R zu 24,5 von Hundert als Kommanditisten sowie die A Verwaltungsgesellschaft mbH als Komplementärin beteiligt. Die Mehrheit der Stimmrechte stand Herrn H zu. Gesellschafter der allein vertretungsberechtigten Komplementär-GmbH waren Herr H (55 von Hundert des Stammkapitals) und Herr R (45 von Hundert des Stammkapitals). Für die Komplementär-GmbH handelten unter anderem Herr H als allein vertretungsberechtigter und Herr T als gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Die Klägerin war zu jeweils 100 von Hundert an der W Sp. z o.o. - W Sp. z o.o. - und der F GmbH beteiligt. Letztere hielt seit dem Jahr 2005 das gesamte Stammkapital der N GmbH - N GmbH -.

Eine weitere Schwestergesellschaft der Klägerin war die I GmbH & Co. Betriebs KG - I KG -, deren Beteiligungsstruktur und Stimmrechtsverteilung der Klägerin entsprach. Als Komplementär-GmbH diente die I Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine Tochtergesellschaft der Klägerin, deren allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer unter anderem Herr H war.

An der S Werke GmbH & Co. Betriebs KG - S KG - waren dagegen Herr H zu 55,8 von Hundert und Herr R zu 44,2 von Hundert als Kommanditisten beteiligt. Als Komplementärin diente die S Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Stammkapital zu 30,8 von Hundert von der Klägerin und zu 69,2 von Hundert von der I KG gehalten wurde. Herr H war allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

Geschäftsgegenstand der B KG war die Herstellung von ..., die grundsätzlich von der weiterverarbeitenden Lebensmittel- und Getränkeindustrie ... als Bausteine für die eigenen Produkte verwendet werden. Die Klägerin und deren Tochtergesellschaften produzieren Grundstoffe für ... . Die S KG produziert und vermarktet insbesondere das ... . Geschäftsgegenstand der I KG ist dagegen die Entwicklung und Herstellung von Prozessanlagen für die Getränke- und Lebensmittelindustrie.

Die B KG erzielte rund 64,1 von Hundert ihres Umsatzes durch Belieferung fremder Dritter. Der restliche Umsatz entfiel auf Schwestergesellschaften (20 von Hundert aus Verkäufen zum Zweck der Weiterverarbeitung und 15,9 von Hundert aus Verkäufen zum Zweck des Weiterverkaufs). Insgesamt tätigte die B KG 15 von Hundert ihres Umsatzes mit der Klägerin, 3,42 von Hundert mit der W Sp. z o.o. und 0,4 von Hundert mit der N GmbH. Von den Einkaufswerten entfielen 95,4 von Hundert auf fremde Dritte und 4,6 von Hundert auf Schwestergesellschaften (1 von Hundert auf die Klägerin sowie 0,02 von Hundert auf die W Sp. z o.o.). Bei den Einkäufen von der W Sp. z o.o. handelte es sich um Einkäufe von ..., die von einer Tochtergesellschaft der W Sp. z o.o. zu ... angebaut wurden. Die Kunden der B KG überschnitten sich teilweise mit den Kunden der Klägerin und den Kunden der I KG. In eingeschränktem Umfang gab es in der H-und-R-Gruppe auch ein gesellschaftsübergreifendes Rabattsystem, an dem sich die B KG beteiligte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird nach § 105 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - auf die von dem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung überreichte Aufstellung der Top-Kunden Bezug genommen. Darüber hinaus gab es in der H-und-R-Gruppe - ebenfalls unter Beteiligung der B KG - einen gesellschaftsübergreifenden Einkauf, um Synergien zu nutzen.

Von den Verbindlichkeiten der B KG entfielen zum 31. Dezember 2005 rund EUR 14,8 Mio. auf Gesellschafterdarlehen, rund EUR 8,6 Mio. auf Bankdarlehen und rund EUR 2,2 Mio. auf Liefer- und Leistungsbeziehungen. Die B KG gewährte für Verbindlichkeiten der Klägerin, der I KG und der S KG keine Sicherheiten. In der Bilanz der B KG zum 31. Dezember 2005 werden weiterhin EUR 4,8 Mio. Forderungen gegenüber nahe stehenden Unternehmen ausgewiesen, darunter eine Darlehensforderung gegenüber der Klägerin in Höhe von EUR 2,5 Mio (Anlage 6/22 zum Prüfungsbericht von E).

Die B KG beantragte für Investitionen in bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter im Jahr 2005, insbesondere für den Bau des Gebäudes 4 auf einem mit notariellem Vertrag vom 26. August 2004 erworbenen Grundstück, eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 2005. Dabei machte die B KG für die Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter in Höhe von EUR 1.376.603 eine erhöhte Investitionszulage nach § 2 Abs. 7 Nr. 3 InvZulG 2005 in Höhe von 20 von Hundert geltend. Nach einer Außenprüfung gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2006 für die im Jahr 2005 durchgeführten Investitionen in Höhe von insgesamt EUR 3.261.006 eine einheitliche Investitionszulage in Höhe von 12,5 von Hundert (EUR 407.625,75).

Aus den Prüfungsberichten von E ist darüber hinaus eine Wirtschaftsförderung des ... zur Baureifmachung des Grundstücks für das Gebäude 4 erkennbar. Eine Förderung auf Grundlage der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur -GA-Zuschuss- wurde dagegen weder beantragt noch gewährt.

Den Einspruch der B KG wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2007 als unbegründet zurück. Die B KG sei kein kleines oder mittleres Unternehmen - KMU - im Sinne der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen - KMU -Empfehlung- (Amtsblatt der Europäischen Union -ABl. EU- vom 20. Mai 2003, Nr. L 124, S. 36). Vielmehr sei die B KG ein mit den anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe verbundenes Unternehmen, da die Brüder H und R die gesamte H-und-R-Gruppe führten sowie in allen dazu gehörenden Gesellschaften gemeinsam den entscheidenden Einfluss ausübten und ihren Willen durchsetzen könnten. Hierfür sei keine Stimmrechtsvereinbarung notwendig, sondern es reiche ein tatsächliches gemeinsames Handeln. Darüber hinaus seien die B KG und die anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten im Sinne der KMU-Empfehlung tätig. Dies gelte jedenfalls für die B KG, die Klägerin, die W Sp. z o.o. und die S KG, was zur Überschreitung der KMU-Kriterien ausreiche. Diese Gesellschaften hätten innerhalb ihrer europäischen Märkte mehrere Stufen der Produktions- und Verwertungskette vereint, so dass sie auf direkt hintereinander geschalteten Märkten tätig seien.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die B KG ein eigenständiges Unternehmen im Sinne von Art. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung darstelle. Insbesondere handele es sich bei den Brüdern H und R um keine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Hierfür fehle im Streitfall die erforderliche rechtliche Bindung, z. B. durch einen Stimmrechtsbindungsvertrag, einen Poolvertrag oder eine sonstige vertragliche Vereinbarung, deren Gegenstand die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte in den jeweiligen Gesellschaften sei. Ein rein tatsächliches gemeinsames Handeln genüge nicht. Dies gelte erst recht für die bloße Möglichkeit, gemeinsam zu handeln.

Das Erfordernis einer rechtlichen Bindung folge zunächst aus dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Denn ein gemeinsames Handeln sei begrifflich nur bei einer rechtlich verbindlichen Regelung über die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte denkbar. Außerdem entspreche diese Auslegung der Systematik und dem Sinn und Zweck des Art. 3 Abs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Dies folge daraus, dass eine andere Auslegung zu einem Wertungswiderspruch gegenüber den Regelungen in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 - insbesondere Buchstabe d) - des Anhangs zur KMU-Empfehlung führen würde. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, wieso für mehrere natürliche Personen, die an verschiedenen Unternehmen beteiligt seien, weniger strenge Anforderungen gelten sollten als für Unternehmen.

Selbst wenn keine rechtliche Grundlage für das gemeinsame Handeln der Brüder H und R erforderlich sein sollte, fehle es an der notwendigen tatsächlichen Verfolgung gleichgerichteter Interessen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- (Beschluss vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1985, 475) selbst bei Ehegatten nicht von gleichgerichteten Interessen ausgegangen werden könne. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 27. Februar 1997 (III R 119/90, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1997,619) lasse sich entnehmen, dass dies auch für Geschwister gelte. Außerdem führten die Brüder ... weder gemeinsam die gesamte H-und-R-Gruppe noch übten sie in den betreffenden Gesellschaften gemeinsam den entscheidenden Einfluss aus. Vielmehr habe Herr H aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligungen in den anderen Gesellschaften seinen Willen allein durchsetzen können, wovon er auch Gebrauch gemacht habe. Es werde kein einheitliches bzw. übergeordnetes unternehmerisches Konzept verfolgt. Der Internet-Auftritt sei nicht geeignet, einen ausreichenden Einblick in die gesellschaftsrechtlichen Strukturen und die Unternehmensführung zu geben. Auch auf der Geschäftsführungsebene gebe es keinen Ansatz für ein gemeinsames Handeln, da die einzige Überschneidung die Geschäftsführerstellung von Herrn T bei der B KG und der Klägerin gewesen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Herr T bei der Klägerin nur eine Gesamtvertretungsmacht gehabt habe. Die Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen würden wie unter fremden Dritten abgewickelt, zumal es sich um verschiedene Geschäftsfelder handele.

Darüber hinaus habe die B KG nicht auf demselben oder einem benachbarten Markt wie die anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe, insbesondere die Klägerin, agiert. Ausgangspunkt für denselben Markt sei der Verweis in Tz. 12 der KMU-Empfehlung auf den relevanten Markt im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft. Im Streitfall sei weder eine Substituierbarkeit der Nachfrage noch eine Substituierbarkeit des Angebots gegeben, da die Kunden der B KG nicht ersatzweise auf Produkte der anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe ausweichen könnten und umgekehrt der Ausfall eines Werkes der B KG nicht ohne Weiteres durch eine andere Gesellschaft der H-und-R-Gruppe ausgeglichen werden könne. Auch ein benachbarter Markt scheide aus, da zwischen den Produkten der B KG und denen der anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe keine geschlossene Produktions- und Verwertungskette bestehe. Bei den von der B KG hergestellten ...stoffen handele es sich um einen eigenen Produktmarkt, der den Produktmärkten der anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe weder unmittelbar vor- noch nachgelagert sei. Dies werde auch aus dem geringen Umfang der wechselseitigen Geschäftsbeziehungen deutlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass zwar 15 von Hundert des Umsatzes der B KG auf die Klägerin entfielen, dies auf Seiten der Klägerin aber nur 4,2 von Hundert des Einkaufswertes ausgemacht habe. Die I KG habe seit 1995 lediglich eine Produktionsanlage an die B KG geliefert, die am gesamten Maschinenpark der B KG nur einen Anteil von ca. 5 von Hundert ausmache. Allein die Möglichkeit, dass es Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen der B KG und den anderen Gesellschaften der H-und-R-Gruppe geben könne, sei für die Feststellung eines verbundenen Unternehmens nicht ausreichend, zumal ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Handeln bei benachbarten Märkten dazu führen würde, dass der gesamte Umsatz der B KG auf die H-und-R-Gruppe entfalle. Im Übrigen führe auch die Existenz eines gesellschaftsübergreifenden Einkaufs oder eines Kunden-Rabattsystems nicht zu einer Tätigkeit in demselben oder einem benachbarten Markt, da dies Folge betriebswirtschaftlicher Überlegungen sowie der konzentrierten Struktur des Lebensmittel- und Getränkemarktes sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 2005 für das Kalenderjahr 2005 vom 27. Dezember 2006 in Form der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2007 dahingehend zu ändern, dass auf die beweglichen Wirtschaftsgüter eine Investitionszulage in Höhe von 20 von Hundert gewährt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt im Wesentlichen die Begründung aus der Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, dass die Brüder ... nicht nur wegen ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen, sondern auch wegen ihrer Beteiligungen an diversen Personengesellschaften als eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen anzusehen seien. Dies ergebe sich bereits daraus, dass zur Errichtung einer Personengesellschaft nach § 705 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - die Ausrichtung der Gesellschafter auf einen gemeinsamen Zweck erforderlich sei. Außerdem sei weder dem Wortlaut noch der Systematik oder dem Sinn und Zweck der KMU-Empfehlung zu entnehmen, dass eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen mit Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 der KMU-Empfehlung vergleichbare rechtliche Beziehungen unterhalten müsse. Vielmehr reiche die Möglichkeit aus, gemeinsam Einfluss nehmen zu können. Im Übrigen handele es sich bei der H-und-R-Gruppe um eine lediglich rechtlich stark zergliederte Unternehmensgruppe, die als ein einheitliches Familienunternehmen geführt werde. Dies zeige auch der gemeinsame Internet-Auftritt, über den eine zentrale Kontaktaufnahme potentieller Kunden organisiert sei. Die Vergünstigungen eines KMU sollten aber nur denjenigen Unternehmen zugute kommen, die im Hinblick auf den Zugang zu Technologie, Vertriebsnetzen und finanziellen Ressourcen die für KMU üblichen Schwierigkeiten haben. Dies ergebe sich auch aus einem Urteil des Europäischen Gerichts erster Instanz - EuG - vom 14. Oktober 2004 (Pollmeier Malchow / Kommission T-137/02).

Im Übrigen sei die von der Klägerin abgelehnte Ungleichbehandlung von natürlichen Personen und Unternehmen in Art. 3 Abs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung angelegt. Als Korrektiv diene die Voraussetzung der Tätigkeit auf demselben oder benachbarten Markt, die nur bei einer Verbindung über natürliche Personen gelte. Im Streitfall liege jedenfalls eine Tätigkeit auf benachbarten Märkten vor, da die Unternehmen der H-und-R-Gruppe Märkte abdeckten, die in der Produktionskette direkt aufeinander folgten. Tatsächliche Liefer- und Leistungsbeziehungen seien hierfür nicht erforderlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags nimmt das Gericht auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze einschließlich sämtlicher Anlagen sowie auf die beigezogenen Steuerakten Bezug. Dem Gericht haben für die B KG je ein Band Investitionszulagen-, Bilanz-, Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer- und Vertragsakten sowie ein Band Akten zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte und zwei Bände Betriebsprüfungsakten vorgelegen. Für die Klägerin haben dem Gericht je ein Band Bilanz- und Betriebsprüfungsakten sowie zwei Bände Vertragsakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid über eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG 2005 für das Kalenderjahr 2005 vom 27. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die B KG erfüllte nicht die KMU-Kriterien des § 2 Abs. 7 InvZulG 2005 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Zwar hatte die B KG nach der KMU-Erklärung vom 14. Juli 2006 eine Mitarbeiterzahl von ..., einen Umsatz von EUR ... und eine Bilanzsumme von EUR ..., so dass die KMU-Kriterien bei isolierter Betrachtung der B KG erfüllt wären. Die B KG war jedoch kein eigenständiges Unternehmen, sondern ein mit den Gesellschaften der H-und-R-Gruppe verbundenes Unternehmen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Denn nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung gelten Unternehmen auch dann als verbundene Unternehmen, wenn sie durch eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander in einer der in Unterabs. 1 genannten Beziehungen stehen und diese Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind.

Zu den mit der B KG in diesem Sinne verbundenen Unternehmen gehörten jedenfalls die Klägerin und deren Tochtergesellschaften sowie die I KG. Bei einer Zusammenrechnung dieser Unternehmen wurden - insofern bestand zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung Einigkeit - die Schwellenwerte der KMU-Kriterien überschritten.

1. Die Brüder H und R bildeten im Hinblick auf die B KG einerseits sowie die Klägerin, deren Tochtergesellschaften und die I KG andererseits eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung.

a. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass allein die Möglichkeit eines gemeinsamen Handelns nicht ausreichen kann, um die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung zu erfüllen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aber keine rechtliche Vereinbarung durch einen Stimmrechtsbindungsvertrag oder ähnliches erforderlich. Vielmehr genügt eine tatsächlich gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen. Dies ergibt eine Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung, auf die in § 2 Abs. 7 InvZulG 2005 ausdrücklich Bezug genommen wird.

Hierfür spricht zunächst der Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung. Danach reicht eine gemeinsam „handelnde“ Gruppe natürlicher Personen aus. Der nachfolgende Verweis auf „Beziehungen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unter-abs. 1 des Anhangs zur KMU-Empfehlung betrifft dagegen nur das Verhältnis mehrerer Unternehmen zu einer gemeinsam handelnden Gruppe natürlicher Personen, nicht aber das Verhältnis der natürlichen Personen dieser Gruppe untereinander.

Eine systematische Auslegung führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass keine rechtliche Bindung der natürlichen Personen erforderlich ist. Zwar könnte ein Vergleich mit den in Unterabs. 1 Buchstaben a) bis d) aufgeführten Beziehungen auf den ersten Blick für die Notwendigkeit einer rechtlichen Bindung sprechen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2009 III B 233/08). Dies würde aber nicht ausreichend die Hintergründe für den systematischen Aufbau von Art. 3 Abs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung berücksichtigen. Die in Unterabsatz 1 genannten Beziehungen sind nämlich nach Tz. 11 der KMU-Empfehlung aus Art. 1 der Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. EU vom 18. Juli 1983, Nr. L 193, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/65/EG vom 27. September 2001 (ABl. EU vom 27. Oktober 2001, Nr. L 283, S. 28), entnommen. Damit sollte für die Bestimmung von verbundenen Unternehmen in einem ersten Schritt aus Vereinfachungsgründen auf einen bewährten Tatbestand zurückgegriffen werden. Unternehmen, die in einen konsolidierten Jahresabschluss einzubeziehen sind, sollten von vornherein als verbundene Unternehmen gelten, um so für einen großen Teil der in Frage kommenden Unternehmen Klarheit zu schaffen (vgl. Mitteilung der Kommission zur Mustererklärung über die zur Einstufung als KMU erforderlichen Angaben, 2003/C 118/03, ABl. EU vom 20. Mai 2003, Nr. C 118, S. 5). Da dies aber für die mit der KMU-Definition verfolgten Zwecke nicht ausreicht, wurde der Umfang der Unternehmen, die als verbundene Unternehmen anzusehen sind, in den folgenden Unterabsätzen ausgedehnt (vgl. Tz. 12 der KMU-Empfehlung). Daraus folgt, dass die gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung aus systematischer Sicht nicht auf eine durch Beziehungen im Sinne von Unterabs. 1 verbundene Gruppe beschränkt ist.

Dieses Ergebnis wird durch eine systematische Auslegung unter Berücksichtigung der Formulierung in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung bestätigt. Während in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung für die Verbindung von mehreren Unternehmen vollständig auf Unterabsatz 1 Bezug genommen wird, wählt Unterabsatz 4 eine abweichende Formulierung, nach der eine „natürliche Person“ und „eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen“ mit einem „Unternehmen“ gleichgesetzt werden, soweit es darum geht, ob ein Unternehmen mit einem anderen Unternehmen verbunden ist. Die Bezugnahme auf Unterabsatz 1 erfolgt hier abweichend von Unterabsatz 3 nur für die Verbindungen der Unternehmen zu einer natürlichen Person bzw. einer gemeinsam handelnden Gruppe natürlicher Personen, nicht aber für die Verbindung der einzelnen natürlichen Personen untereinander.

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der KMU-Definition. Durch die Unterstützung der KMU soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass diese Unternehmen aufgrund ihrer beschränkten Ressourcen typischerweise Finanzierungsprobleme sowie einen erschwerten Zugang zu Technologien und Innovationen haben (Europäische Kommission, Die neue KMU-Definition - Benutzerhandbuch und Mustererklärung, 2006, S. 5). Die Fördermaßnahmen sollen aber nur denjenigen Unternehmen zugute kommen, die sie tatsächlich benötigen. Um Umgehungen und Missbräuche zu vermeiden, sollte die neue KMU-Definition deshalb auch die Beziehungen zu anderen Unternehmen berücksichtigen. Dabei standen insbesondere die erweiterten Möglichkeiten einer Außenfinanzierung durch Verbindung mit finanzstarken Unternehmen im Vordergrund (Europäische Kommission, Die neue KMU-Definition - Benutzerhandbuch und Mustererklärung, 2006, S. 10). Vor diesem Hintergrund kann es nicht darauf ankommen, ob ein Unternehmen durch rechtlich bindende Vereinbarungen mit einem anderen Unternehmen verbunden ist. Vielmehr ist entscheidend, ob das Unternehmen tatsächlich von den für KMU typischen Schwierigkeiten betroffen ist.

Diese Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung entspricht auch der eigenen Interpretation der EU-Kommission in einer Entscheidung vom 7. Juni 2006 über die zutreffende Beihilfeintensität für Investitionen der Nordbrandenburger UmesterungsWerke GmbH & Co. KG (2006/904/EG, ABl. EU vom 13. Dezember 2006, Nr. L 353, S. 60 Tz. 43 ff., insbesondere Tz. 47 f. und 53). Zwar stellte die Kommission in dieser Entscheidung auch auf formelle Verbindungen ab. Allerdings ließ sie hierfür eine formelle Verbindung zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen und Geschäftstätigkeiten der beteiligten Unternehmen ausreichen. Denn nach Auffassung der Kommission können Verbindungen auf der Geschäftsführungsebene, Überschneidungen bei Lieferanten und Kunden sowie eine gemeinsame Verwendung der Logistik als Indikatoren dienen. Dagegen stellte die Kommission nicht auf das Erfordernis eines Stimmrechtsbindungsvertrages zwischen den natürlichen Personen (oder einer ähnlichen Vereinbarung über die Ausübung der Gesellschafterrechte in mehreren Unternehmen) ab.

b. Die Brüder ... sind in diesem Sinne als eine bei der B KG, der Klägerin und deren Tochtergesellschaften sowie der I KG gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen anzusehen.

Die EU-Kommission prüft die Notwendigkeit einer erhöhten Beihilfeintensität anhand der Beteiligungsstruktur, der Verbindungen auf der Geschäftsführungsebene, des Grades der wirtschaftlichen Verflechtung und sämtlicher anderer Beziehungen der betroffenen Unternehmen. Dabei bezieht sie auch familiäre Bindungen zwischen den Gesellschaftern und einen gemeinsamen Internet-Auftritt in die Überlegungen ein (vgl. Entscheidung der Kommission vom 7. Juni 2006 -2006/904/EG-, ABl. EU vom 13. Dezember 2006 L 353/60, Tz. 48 ff.). Der BFH hat dagegen die Frage aufgeworfen, ob bereits jede unternehmensbezogene Kooperation ausreicht, die ohne Streitigkeiten oder zu Tage tretende Interessengegensätze stattfindet, oder ob ein erkennbar abgestimmtes Verhalten - gegebenenfalls durch einen gemeinsamen Marktauftritt - notwendig ist (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2009 III B 233/08).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich. Letztlich ist entscheidend, ob das zu prüfende Unternehmen mit den typischen Schwierigkeiten eines KMU konfrontiert ist (vgl. auch Urteil des Europäischen Gerichts erster Instanz –EuG- vom 14. Oktober 2004 Pollmeier Malchow / Kommission T-137/02). Allein das Fehlen von Streitigkeiten oder Interessengegensätzen zwischen den natürlichen Personen reicht hierfür nicht aus. Vielmehr muss erkennbar sein, dass die Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht als Einheit handeln. Hierfür können sowohl reine Innenbeziehungen (z. B. Gewährung von Darlehen, interne Liefer- und Leistungsbeziehungen) als auch Außenwirkungen (z. B. Gewährung von Sicherheiten, gemeinsamer Marktauftritt bei Kunden oder Lieferanten) von Bedeutung sein.

Im Streitfall ist hierfür der gemeinsame Internet-Auftritt der H-und-R-Gruppe unter ‚www ... .de’ ein maßgeblicher Ansatzpunkt. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass daraus nicht die Details der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen und der Unternehmensführung deutlich werden. Allerdings ist die B KG durch diesen Internet-Auftritt für den Markt als Teil einer international tätigen Unternehmensgruppe erkennbar. Die B KG wird beispielsweise in einer Pressemitteilung vom 27. Juni 2003 als das ... Werk der H-und-R-Gruppe zur ...produktion bezeichnet. Darüber hinaus wird in dieser Pressemitteilung ausgeführt, dass sich die H-und-R-Gruppe in drei Geschäftsbereiche gliedere, nämlich die Herstellung von ... für die Lebensmittelindustrie (z. B. ...), die Herstellung des ...produkts ... und die Herstellung von ... für die Lebensmittelindustrie. Auch in der Pressemitteilung vom ... 2006 zum Ausbau der ...produktion der B KG wird vom „Standort ...“ des ...-Herstellers ... gesprochen. Weiter heißt es in dieser Pressemitteilung, dass die Expansion langfristig dazu beitrage, die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Unternehmens zu erhöhen. Das ... Werk würde gemeinsam mit dem neu erworbenen Werk in ... in idealer Weise das Portfolio und die logistische Infrastruktur von ... ergänzen. Dies wird auch durch eine Formulierung im Lagebericht der B KG zum Geschäftsjahr 2005 bestätigt. Danach ist die B KG ein „Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandort für strategische Rohstoffe der H-und-R-Gruppe“ (Anlage 4/1 zum Prüfungsbericht von E).

Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt ist die teilweise Identität der Geschäftsführung. Zwar handelte Herr T bei der B KG als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer, während er bei der Klägerin nur Gesamtvertretungsmacht hatte. Dies führt aber nur zu einer Abschwächung, nicht zu einer Aufhebung dieses Indikators.

Darüber hinaus sprechen die umfangreichen Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen den Unternehmen für ein gemeinsames Handeln der Brüder .... Nach den eigenen Ausführungen der Klägerin beträgt der Anteil der Umsätze mit Schwestergesellschaften am Gesamtumsatz immerhin 35,9 von Hundert. Darunter fällt auch die Lieferung von ... durch eine Tochtergesellschaft der W Sp. z o.o. zu Testzwecken, d. h. eine Geschäftsbeziehung im wichtigen Bereich der Innovationen, auch wenn dies volumenmäßig nur einen geringen Teil am gesamten Einkauf ausmacht. Neben den internen Liefer- und Leistungsbeziehungen gab es jedenfalls zwischen der B KG einerseits sowie der Klägerin und der I KG andererseits auch Überschneidungen im Kundenbereich und - in beschränktem Umfang - gesellschaftsübergreifende Rabattsysteme. Eine verstärkte gesellschaftsübergreifende Kooperation existierte im Einkaufsbereich, so dass die B KG von der Nachfragemacht der gesamten H-und-R-Gruppe profitieren konnte. Diese Einbeziehung der B KG in die Vertriebsnetze und die Nachfragemacht der H-und-R-Gruppe führt zu einem wesentlichen Unterschied gegenüber den Schwierigkeiten eines normalen KMU.

Außerdem waren die umfangreichen Finanzierungsbeziehungen der B KG zur H-und-R-Gruppe zu berücksichtigen, auch wenn die Frage der gegenseitigen Sicherheiten nicht abschließend geklärt werden konnte und zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass nicht nur die B KG keine Sicherheiten für Verbindlichkeiten der H-und-R-Gruppe gewährt, sondern auch von der H-und-R-Gruppe keine Sicherheiten erhalten hat. Die B KG wurde allerdings in wesentlichem Umfang durch Gesellschafterdarlehen finanziert. Außerdem hatte sie ihrerseits EUR 4,8 Mio. Forderungen an andere Unternehmen der H-und-R-Gruppe, darunter eine Darlehensforderung in Höhe von EUR 2,5 Mio. gegenüber der Klägerin. Dies zeigt, dass die B KG auch in finanzieller Hinsicht nicht mit den Schwierigkeiten eines normalen KMU zu kämpfen hatte.

Ob darüber hinaus auch die familiären Beziehungen zwischen den Brüdern ... in die Gesamtabwägung einbezogen werden dürfen, ist nach diesen Feststellungen nicht mehr entscheidungserheblich. Deshalb braucht der Senat nicht näher auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BFH einzugehen, auf die sich die Klägerin insofern bezieht. Insbesondere erübrigt sich der Hinweis, dass auch das BVerfG in seiner Entscheidung zur personellen Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung (Beschluss vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, BStBl II 1985, 475) nicht gefordert hat, die ehelichen Verbindungen völlig außer Betracht zu lassen, und die von der Klägerin genannte BFH-Entscheidung (Urteil vom 27. Februar 1997 III R 119/90, BFH/NV 1997, 619) zu einem - hier nicht einschlägigen - Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abgabenordnung - AO - ergangen ist. Im Streitfall reicht es aus, dass die internen Beziehungen zwischen den Brüdern ... jedenfalls nicht gegen eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen sprechen. Trotz Nachfrage des Berichterstatters hat die Klägerin keine Gesellschafterbeschlüsse oder ähnliche Unterlagen vorgelegt, aus denen ein Interessengegensatz der Brüder ... erkennbar wird. Allein der Umstand, dass Herr H seinen Willen in der übrigen H-und-R-Gruppe auch ohne seinen Bruder durchsetzen konnte, ändert daran nichts.

2. Die B KG, die Klägerin und deren Tochtergesellschaften sowie die I KG standen über die Brüder ... als gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander in einer der in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs zur KMU-Empfehlung genannten Beziehungen. Denn die Brüder hielten gemeinsam sowohl an der B KG als auch an der Klägerin und der I KG die Mehrheit der Stimmrechte im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. a) des Anhangs der KMU-Empfehlung.

3. Schließlich waren die B KG einerseits sowie die Klägerin, deren Tochtergesellschaften und die I KG andererseits zumindest auf benachbarten Märkten tätig. Ob sie darüber hinaus ganz oder teilweise auf demselben Markt tätig waren, kann dahingestellt bleiben.

Als benachbarter Markt gilt nach Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 5 des Anhangs zur KMU-Empfehlung der Markt für ein Produkt oder eine Dienstleistung, der dem betreffenden Markt unmittelbar vor- oder nachgeschaltet ist. Diese Voraussetzung ergibt sich im Streitfall bereits aus den Geschäftsbeziehungen der B KG, deren Geschäftsgegenstand die Herstellung von hochkonzentrierten Aromaextrakten für die weiterverarbeitende Lebensmittel- und Getränkeindustrie war. Denn die B KG hat zum einen als Kunde eine Maschine von der I KG gekauft, um damit die eigenen Produkte herzustellen, und zum anderen die eigenen Produkte an die Klägerin und deren Tochtergesellschaft W Sp. z o.o. zur betrieblichen Weiterverarbeitung geliefert. Nach Auffassung des erkennenden Senats ergibt sich daraus ohne weiteres die Tätigkeit auf einem unmittelbar vor- und nachgeschalteten Markt. Ein bestimmter Umfang der Geschäftsbeziehungen im Sinne einer geschlossenen Produktions- und Verwertungskette ist nicht erforderlich. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung des Bevollmächtigten kann es insbesondere aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen, nicht nur nahe stehende Unternehmen, sondern sämtliche Teilnehmer eines nachgelagerten Marktes zu beliefern.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen für eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen nach § 2 Abs. 7 InvZulG 2005 i. V. m. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung von grundsätzlicher Bedeutung sind (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).