Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 06.03.2015 | |
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Aktenzeichen | 4 Sa 258/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 522 ZPO, § 64 Abs 2 ArbGG, § 66 ArbGG |
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 08.01.2015 – 1 Ca 563/14 – wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung eines dem Grunde nach unstreitigen, der Höhe nach streitigen Urlaubsanspruchs. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 16.04.2014 (Bl. 7 d. A.) einen Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr 2014 in Höhe von 27 Arbeitstagen bestätigt. Der Kläger ist der Auffassung, ihm ständen 10 weitere Urlaubstage zu und hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm für das Jahr 2014 insgesamt 37 Urlaubstage zu gewähren.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.01.2015 abgewiesen, den Streitwert auf 598,68 EUR festgesetzt und die Berufung nicht zugelassen. Bei der Berechnung des Streitwerts hat es den Wert der streitigen 10 Urlaubstage zugrunde gelegt. Gegen das ihm am 14.01.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit am 16.02.2015, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 20.02.2015 darauf hingewiesen, dass der Rechtsmittelstreitwert, den das Arbeitsgericht im Urteil festgesetzt hat, nicht die nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG erforderliche Summe erreicht und dass das Arbeitsgericht auch die Berufung nicht zugelassen hat.
Der Kläger hat daraufhin ergänzend vorgetragen, die Berechnung des Streitwerts durch das Arbeitsgericht sei fehlerhaft erfolgt, da das Arbeitsgericht den Streitwert allein nach den streitigen Urlaubstagen berechnet habe. Hilfsweise werde Streitwertbeschwerde eingelegt und beantragt, die Akte zur Entscheidung über die Streitwertbeschwerde abzugeben.
II.
A. Die Berufung war ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 66 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Die Berufung ist bereits nach § 64 Abs. 2 ArbGG unstatthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstands iSd. § 64 Abs. 2 b) ArbGG übersteigt nicht 600 EUR. Die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 a), c) oder d) liegen ebenfalls nicht vor.
I. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf 598,68 EUR festgesetzt. Die vom Arbeitsgericht nach § 61 Abs. 1 ArbGG vorgenommene Wertfestsetzung war für das Landesarbeitsgericht bindend.
1. Da die Streitwertfestsetzung nach § 61 Abs. 1 ArbGG Urteilsbestandteil ist, muss sie an den Wirkungen des § 318 ZPO teilhaben, also bindend sein. Die Festsetzung des Streitwertes durch das Arbeitsgericht dient der Rechtsmittelklarheit hinsichtlich der Berufung. Da der Beschwerdewert nie höher liegen kann als der Streitwert zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, begrenzt der festgesetzte Streitwert die Höhe der Beschwer. Aus Streitwert, Urteil und Anträgen kann die Höhe der Beschwer ermittelt werden. In allen Rechtsstreitigkeiten, in denen eine Partei in vollem Umfang unterliegt, ergibt sich ihre Beschwer unmittelbar aus dem Streitwert. Ist der Streitwert verbindlich, so ist mit der Verkündung der Entscheidung absolut oder jedenfalls weitgehend (bei teilweisem Unterliegen oder nur eingeschränkt beabsichtigter Berufung) erkennbar, ob die Berufung statthaft ist. Bei fehlender Bindung an die Streitwertfestsetzung bliebe die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils stets ungewiss, bis das Berufungsgericht über den Beschwerdewert erkannt hat. Die unterlegene Partei könnte auch bei einem unter dem maßgeblichen Wert festgesetzten Streitwert versuchen, die Statthaftigkeit der Berufung zu erreichen, indem sie geltend macht, der Streit- und Beschwerdewert liege höher. Für beide Parteien würden sich danach Unwägbarkeiten ergeben, die sich mit dem im arbeitsgerichtlichen Verfahren in besonderem Maße gebotenen Grundsatz der Rechtsmittelklarheit nicht vereinbaren lassen Aus diesen Gründen ist das Berufungsgericht an die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts durch das Arbeitsgericht grundsätzlich gebunden (BAG 16. Mai 2007 – 2 AZB 53/06 – AP Nr. 15 zu § 61 ArbGG 1979 = EzA § 61 ArbGG 1979 Nr. 20 mwN).
2. Von der grundsätzlichen Bindung an die Wertfestsetzung im erstinstanzlichen Urteil kann nur dann eine Ausnahme gelten, wenn die Wertfestsetzung offensichtlich unrichtig ist (BAG 2. März 1983 - 5 AZR 594/82 - BAGE 44, 13; BAG 11. Juni 1986 - 5 AZR 512/83 - AP ArbGG 1979 § 61 Nr. 3 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 17).
a. Offensichtlich unrichtig ist die Streitwertfestsetzung nur dann, wenn sie in jeder Beziehung unverständlich und unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt zu rechtfertigen ist und außerdem der zutreffende Streitwert auf den ersten Blick die für den Beschwerdewert maßgebliche Grenze unterschreitet oder übersteigt (BAG 16. Mai 2007 – 2 AZB 53/06 – AP Nr. 15 zu § 61 ArbGG 1979 = EzA § 61 ArbGG 1979 Nr. 20 mwN).
b. Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts durch das Arbeitsgericht war nicht deswegen offensichtlich unrichtig, weil es bei der Ermittlung des Streitwerts nur die streitigen Forderungen angesetzt hat. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung. Vielmehr wäre die Einbeziehung unstreitiger Forderungen in die Wertberechnung offensichtlich unrichtig (BAG 04.06.2008 – 3 AZB 37/08 – juris, Rn. 10). Dass die Berechnung des Werts der Höhe des einzelnen Urlaubstages offensichtlich unrichtig ist, hat der Kläger nicht im Ansatz dargelegt.
II. Soweit der Kläger „hilfsweise Streitwertbeschwerde“ eingelegt hat und beantragt hat, die Akte zur Entscheidung über die Streitwertbeschwerde abzugeben, hat das Berufungsgericht in Ermangelung eines Beschlusses über den Streitwert durch das Arbeitsgerichts, das Begehren als Antrag auf Streitwertbeschluss ausgelegt. Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts im Urteil des Arbeitsgerichts ist kein mit der Streitwertbeschwerde anfechtbarer Beschluss. Der im Urteil erster Instanz nach § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Streitwert dient der Festsetzung der Beschwer für den Berufungsrechtszug. Er ist nicht isoliert anfechtbar (GK/ArbG-Schleusener § 12 Rn. 344). Eine Streitwertbeschwerde käme vorliegend nur gegen einen Kostenbeschluss des Arbeitsgerichts nach § 63 GKG in Betracht. Ein solcher ist zumindest bislang nicht getroffen worden. Da der entsprechende Beschluss allerdings allein den Gebühren- nicht aber den Rechtsmittelstreitwert betrifft, wäre er für die Frage der Statthaftigkeit der Berufung nach § 64 Abs. 2 ArbGG auch irrelevant.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
C. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegt.