Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 13.01.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 5 U 130/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Klägerin gegen das am 07. Juli 2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) – 13 O 39/09 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 20.000,00 €
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Unterlassung künftiger Besitzstörungen durch Betreten, Befahren und Bearbeiten von Flurstücken, insbesondere die Unterlassung des Aberntens von aufstehenden Feldfrüchten.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Zu ergänzen ist, dass die Beklagte bereits in der ersten Instanz bestritten hat, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Flächen seit dem 01. Oktober 2007 bewirtschaftet und bis Oktober 2008 mit Silomais bestellt habe. Außerdem hat die Beklagte vorgetragen, dass die A… GmbH, welche der Klägerin die streitgegenständlichen Flächen mit Vertrag vom 1. Oktober 2007 zur Bewirtschaftung überlassen hatte, selbst kein Bewirtschaftungsrecht oder Nutzungsrecht, weder aus Pacht noch aus Eigentum, gehabt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei nicht Schuldnerin eines Anspruchs aus § 862 Abs. 1 BGB. Die Beklagte sei nicht unmittelbare Handlungsstörerin gewesen. Der Vortrag der Klägerin sei widersprüchlich, weil sie einerseits behauptet habe, die Beklagte habe Störerhandlungen vorgenommen, andererseits erklärt habe, dass ein Lohnunternehmen für die Beklagte gehandelt habe. Selbst wenn der Geschäftsführer der Beklagten, A… L…, an der behaupteten Besitzstörung beteiligt gewesen sein sollte, könne dies nicht der Beklagten zugerechnet werden, weil A… L… nach dem Vortrag in der Klageschrift zugleich Geschäftsführer weiterer Unternehmen sei. Die Beklagte sei auch nicht mittelbarer Handlungsstörer gewesen. Die Klägerin habe nicht ausreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte ein anderes Unternehmen damit beauftragt habe, die hier in Rede stehende Fläche abzuernten. Aus dem Umstand, dass der abgeerntete Mais in die Siloanlage der Beklagten abgefahren worden sei, könne die Störereigenschaft der Beklagten nicht hergeleitet werden. Aus den genannten Gründen kämen auch keine Ansprüche nach §§ 823 Abs. 1, 826, 1004 Abs. 1 BGB in Betracht.
Gegen dieses ihr am 21. Juli 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der von ihr am 30. Juli 2009 bei Gericht eingegangenen Berufung, die sie am 21. September 2009 begründet hat.
Die Klägerin macht geltend:
Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte in der Klageerwiderung eingeräumt habe, auf den angrenzenden Flurstücken selbst tätig geworden zu sein. Entscheidend sei deshalb allein, ob die Beklagte dabei ausschließlich eigene Flächen abgeerntet habe oder von dieser Aberntung auch die von der Klägerin bestellten Flächen betroffen gewesen seien. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass A… L… auf eigenen Flächen der Beklagten als deren Geschäftsführer für diese tätig werde, bei Überschreitung der Flurstücksgrenzen dann aber als Privatperson oder für ein anderes Unternehmen handle.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die folgenden Flurstücke zu betreten, zu befahren und zu bearbeiten, insbesondere die hier aufstehenden Feldfrüchte abzuernten:
Gemarkung
Flur
Flurstück
Größe
Schlagname hinter W… rechts
…
1
703
5,3153
…
1
705
4,8656
…
1
242
5,9594
…
1
241
5,0577
…
1
240
2,1806
…
1
234/1
0,2496
…
1
234/2
0,2243
Summe
23,8525
Schlagname vor W… links
…
1
715
1,6859
…
1
717
1,4325
…
1
719
3,4213
…
1
721
4,2082
…
1
723
5,4097
…
1
264
5,6443
…
1
265/1
1,8546
…
1
265/2
2,5344
…
1
265/3
0,7478
…
1
266
4,4450
…
1
267
5,7169
Summe
37,1006
Schlagname Sch…
…
1
276
2,4080
…
1
279
3,0380
…
1
726
1,6967
…
1
728
1,7394
…
1
730
3,6894
…
1
733
4,0934
…
1
734
1,0299
…
1
735
1,1246
…
1
736
1,1967
…
1
737
3,4164
…
1
740
1,1457
…
1
741
0,8843
…
1
744
2,0375
…
1
745
0,4625
…
1
746
1,7723
…
1
747
0,3877
…
1
748
1,6079
…
1
749
0,5291
…
1
750
1,7450
…
1
751
0,6270
…
1
173
4,2800
…
1
172
2,7370
…
1
171
2,0000
…
1
942
0,1115
…
1
944
0,0390
…
1
175/3
1,4492
…
1
175/2
0,6881
…
1
175/1
0,9306
Summe
46,866
Schlagname Großes G…
…
1
867
2,0770
…
1
868
1,5476
…
1
871
2,2537
…
1
872
2,4313
…
1
873
4,9242
…
1
874
4,7468
…
1
876
1,4339
…
1
877
1,1886
…
1
869
2,2563
…
1
870
2,0772
Summe
24,9366
Schlagname Kleines G…
…
1
875
0,2772
…
1
876
0,3151
…
1
879
4,0902
Summe
4,6825
Schlagname K…
…
1
89
1,9258
…
1
861
3,1908
…
1
110
0,7702
…
1
103
1,8222
…
1
862
1,9652
…
1
58/2
3,7006
…
1
74
5,2450
…
1
68
5,9030
…
1
65
4,2570
…
1
63
3,2594
…
1
62
3,0476
…
1
64
6,1310
Summe
41,2178
Schlagname Kl…
…
1
78
1,3600
Schlagname Stützpunkt …
…
6
158
0,5535
Schlagname O.
…
6
395
0,1177
Schlagname L…
…
6
216
0,4615
…
6
214/2
0,4668
…
6
213/2
0,3387
…
6
396
0,2024
…
6
218
3,3624
…
6
220
3,0630
…
6
221
0,2214
…
6
191
0,1196
…
6
303
0,0956
…
6
189
0,1431
…
6
188
0,1433
…
6
178
0,2868
…
6
175
0,1435
…
6
168/4
1,7217
…
6
166
4,1310
Summe
14,9008
Schlagname Ka…
A…
3
427
2,4400
Schlagname D…
…
7
11
0,6389
…
7
15
0,8626
…
7
16
1,5746
Summe
3,0761
Schlagname H
…
1
707
3,0916
…
1
710
3,4349
Summe
6,5265
Schlagname N…
…
4
59
0,4700
…
4
60
0,4160
…
4
61
0,4210
…
4
63
0,4100
…
4
64
0,4060
…
4
66
0,4800
…
4
67
0,4700
…
4
68
0,8530
…
4
69
0,4160
…
4
70
0,4200
…
4
71
0,4360
…
4
72
0,4170
…
4
73
0,4670
Summe
6,5120
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 517, 519, 520 ZPO).
Das Rechtsmittel der Klägerin bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Das Landgericht hat, allerdings nur im Ergebnis zu Recht, die Klage abgewiesen.
1.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese es künftig unterlässt, die streitgegenständlichen Flurstücke zu betreten, zu befahren und zu bearbeiten, insbesondere die dort aufstehenden Feldfrüchte abzuernten.
a)
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus § 862 Abs. 1 S. 2 BGB. Gläubiger eines solchen Anspruchs ist der unmittelbare Besitzer, dessen Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört wird. Der Anspruchsteller trägt die Beweislast dafür, dass er Besitzer ist.
Hier kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin unmittelbare Besitzerin der streitgegenständlichen Flächen ist bzw. bei Rechtshängigkeit war. Es fehlt insoweit an einem ordnungsgemäßen Beweisantritt der Klägerin.
Zwar ist derjenige, der eine landwirtschaftliche Fläche selbst bewirtschaftet, als deren unmittelbarer Besitzer anzusehen (Staudinger/Bund, BGB, 14. Aufl., § 854 Rn 41).
Hier hat die Beklagte in der ersten Instanz allerdings eine Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen durch die Klägerin bestritten. Die Klägerin hat keinen ordnungsgemäßen Beweis dafür angeboten, dass sie die streitgegenständlichen Flächen bewirtschaftet.
Die Klägerin hat eine Kopie des zwischen ihr und der A… GmbH geschlossenen Bewirtschaftungsvertrages vom 01. Oktober 2007 eingereicht, dessen Inhalt allerdings nicht streitig ist. Allein diese Bewirtschaftungsvereinbarung lässt aber nicht darauf schließen, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Flächen im Jahre 2008 und auch zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit tatsächlich bewirtschaftet hat. Dem Vertrag lässt sich nämlich nur entnehmen, dass die Klägerin im Verhältnis zur A… GmbH berechtigt sein sollte, die streitgegenständlichen Flächen landwirtschaftlich zu nutzen. Ob die Vereinbarung auch umgesetzt wurde, geht aus ihr selbst aber nicht hervor.
Zwar genügt für einen Besitzerwerb auch die Einigung des bisherigen Besitzers und des Erwerbers, wenn der Erwerber in der Lage ist, die Gewalt über die Sache auszuüben (§ 854 Abs. 2 BGB). Hier kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die A… GmbH ihrerseits bisherige Besitzerin der Flächen war. Die Klägerin trägt insoweit lediglich vor, dass die A… GmbH Pächterin der Flächen sei. Dies hat die Beklagte jedoch bereits in der ersten Instanz bestritten. Ihren Vortrag, dass die A… GmbH Pächterin der streitgegenständlichen Flächen sei, hat die Klägerin nicht unter Beweis gestellt.
Dem von der Klägerin als Anlage K8 zum Schriftsatz vom 06. Januar 2011 in Kopie eingereichten Dokument könnte sich allenfalls entnehmen lassen, dass die Klägerin für das Jahr 2008 einen Antrag auf Agrarförderung hinsichtlich der streitgegenständlichen Flächen gestellt hat. Damit ist aber nicht zugleich belegt, dass die Klägerin die in Rede stehenden Flächen tatsächlich im Jahre 2008 und bei Rechtshängigkeit bewirtschaftet hat. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nur einen Auszug des Antragsformulars eingereicht hat, nämlich lediglich die erste von 40 Seiten, welche allein keinerlei Aussagekraft hat.
Daneben kann dahin stehen, ob für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag ein – von der Beklagten bestrittener – unmittelbarer Besitz der Klägerin an den streitgegenständlichen Flächen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erforderlich ist.
b)
Nach den obigen Ausführungen kann ferner dahinstehen, dass selbst bei Zugrundelegung des klägerischen Vortrags ein Unterlassungsanspruch nur hinsichtlich des – im Vergleich zum gesamten Streitgegenstand verhältnismäßig kleinen - Schlages N… bestehen würde. Denn die Beklagte hätte die Klägerin lediglich in ihrem Besitz an dem genannten Schlag gestört, nicht aber in dem Besitz an den übrigen streitgegenständlichen Flächen. Die in Rede stehende Störung könnte allenfalls eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich des Schlages N… indizieren, nicht aber die Annahme rechtfertigen, dass auch bezüglich der anderen Schläge eine solche Störung ernsthaft droht. Allein der Umstand, dass alle streitgegenständlichen Flächen in der Gemarkung … - und zwar größtenteils in der Flur 1 - liegen, wäre insoweit nicht ausreichend. Daraus ergäbe sich allenfalls die abstrakte Gefahr einer zukünftigen Störung. Eine solche wäre aber nicht ausreichend (MünchKomm/ Joost, BGB, 5. Aufl., § 862 Rn 3). Danach kommt es nicht darauf an, dass sich der hier in Rede stehende Vorfall nicht in der Flur 1, sondern in der Flur 4 der Gemarkung … ereignet haben soll.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.
3.
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Sie beruht auf der entsprechenden Angabe der Klägerin in der Klageschrift. Anhaltspunkte dafür, dass das Interesse der Klägerin anders zu bewerten sein könnte, liegen nicht vor.