Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.12.2014 | |
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Aktenzeichen | 15 Sa 1367/14, (15 Sa 1835/14) | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 4 ÄArbVtrG |
1. Die Sicherung des Beschäftigungsanspruchs nach § 1 Abs. 4 ÄArbVtrG erfolgt durch den Abschluss eines um die anrechenbare Zeit befristeten Arbeitsvertrages im Anschluss an die Vertragslaufzeit oder - bei darüber hinaus fortdauernden Unterbrechung - im Anschluss an den Unterbrechungszeitraum.
2. Ist der Verlängerungszeitraum im Anschluss an den Unterbrechungszeitraum abgelaufen, besteht kein Anspruch der Arbeitnehmerin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses für spätere Zeiträume im gleichen Umfang.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Juni 2014 – 4 Ca 833/14 – dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten – soweit in der Berufungsinstanz noch von Relevanz – noch darüber, ob die beklagte Arbeitgeberin verpflichtet ist, gegenüber der Klägerin eine Willenserklärung auf Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses von mindestens drei Monaten und vier Tagen zwecks Abschluss der Facharztausbildung anzubieten.
Unter dem 30. November 20111 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012, wonach die Klägerin als Assistenzärztin zu beschäftigen war. In der Zeit vom 26. August bis 13. Dezember 2013 unterlag die Klägerin einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG. In der Zeit vom 17. Dezember 2013 bis 25. März 2014 unterlag die Klägerin dem Beschäftigungsverbot nach §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG. Unter dem 28. Oktober 2013 (Kopie Bl. 103 d. A.) schickte die Klägerin eine E-Mail an den sie ausbildenden Professor T.. Mit der am 20. Januar 2014 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage begehrte die Klägerin u. a. die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 31. Dezember 2013 beendet worden ist. Mit Schreiben vom 19. März 2014 (Bl. 30 d. A.) wies die Klägerin darauf hin, dass sie mit ihrer Arbeitskraft ab dem 26. März 2014 wieder zur Verfügung stünde, „sofern Ihr Unternehmen die von mir dargelegte Rechtsposition nun doch anerkennt“. Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien in der I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit Urteil vom 5. Juni 2014 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage im Wesentlichen abgewiesen und die Beklagte verurteilt, gegenüber der Klägerin eine Willenserklärung des Inhalts abzugeben, dass ihr der Abschluss eines auf einen Zeitraum von drei Monaten und vier Tagen befristeten Arbeitsverhältnisses zwecks Abschluss der Facharztausbildung angeboten wird. Hinsichtlich der Klagestattgabe hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Klägerin gem. § 242 BGB, Art. 3, 6, 12 GG von der Beklagten verlangen könne, dass sie die entsprechende Willenserklärung abgebe. Zwar seien nach § 1 Abs. 4 Nr. 3 ÄArbVtrG Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nicht anzurechnen, doch gelte dies nach dem Gesetzeswortlaut nur dann, wenn die Nichtanrechnung im Einvernehmen mit dem zur Weiterbildung beschäftigten Arzt erfolgt. Für das Vorliegen eines solchen Einverständnisses gebe es aber keine Anhaltspunkte. Da die Absolvierung der vollen Weiterbildungszeit aber Voraussetzung für die Zuerkennung der Gebietsbezeichnung „Ärztin für Anästhesiologie“ ist, komme die Versagung der Möglichkeit, diesen noch fehlenden Zeitraum nachzuholen, einem Berufsverbot gleich. Die Klägerin werde andernfalls auch aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Die Befristung zum 31. Dezember 2013 sei hingegen wirksam. Der Feststellungsantrag, dass sie gegenüber der Beklagten nach Ende ihres Mutterschutzes ab dem 27. März 2014 einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung von drei Monaten und vier Tagen habe, sei unzulässig, denn die Klägerin könne anstelle eines Feststellungsantrages einen weitergehenden Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung stellen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Rechtsansicht, der vom Arbeitsgericht ausgeurteilte Antrag hätte durch die Klägerin spätestens bis zum 25. März 2014 gestellt werden müssen. Hilfsweise sei jedenfalls Erledigung eingetreten. Dies ergebe sich daraus, dass sie der Klägerin unter dem 6. Juni 2014 (Bl. 77 ff. d. A.) ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 16. Juni 2014 bis 19. September 2014 angeboten habe. Dies habe die Klägerin unter dem 11. Juni 2014 (Bl. 80 f. d. A.) jedoch abgelehnt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, 4 Ca 833/14, vom 5. Juni 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise festzustellen, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und
2. auf die Anschlussberufung das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, gegenüber der Klägerin eine Willenserklärung des Inhalts abzugeben, dass ihr der Abschluss eines auf einen Zeitraum von vier Monaten und fünf Tagen befristeten Arbeitsverhältnisses zwecks Beendigung der Facharztausbildung angeboten wird.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts der Zeitraum für eine Verlängerung nicht auf die Zeit für eine noch erforderliche Weiterbildung beschränkt sei. Ihr Antrag sei auch nicht fristgebunden. Im Übrigen habe sie um Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nachgesucht. Dies ergebe sich aus der E-Mail vom 28. Oktober 2013 und aus dem Schreiben vom 19. März 2014.
I.
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, dass ihr gegenüber eine Willenserklärung des Inhalts abzugeben ist, dass ihr der Abschluss eines auf einen Zeitraum von drei Monaten und vier Tagen befristeten Arbeitsverhältnisses zwecks Abschluss der Facharztausbildung angeboten wird. Insofern war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage in diesem Punkt abzuweisen.
1. Der Anspruch auf Abgabe einer solchen Willenserklärung ergibt sich nicht aus § 1 Abs. 4 ÄArbVtrG.
Nach dieser Norm sind im Einvernehmen mit dem zur Weiterbildung beschäftigten Arzt u. a. nicht anzurechnen die Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des MuSchG, soweit eine Beschäftigung nicht erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung ergibt sich hieraus nicht eine automatische Verlängerung des Vertragsverhältnisses. Vielmehr erfolgt die Sicherung des Beschäftigungsanspruchs nach § 1 Abs. 4 ÄArbVtrG durch den Abschluss eines um die nicht anrechenbare Zeit befristeten Arbeitsvertrages im Anschluss an die Vertragslaufzeit oder – bei einer darüber hinaus fortdauernden Unterbrechung – im Anschluss an den Unterbrechungszeitraum (BAG, 24.04.1996 – 7 AZR 428/95 – NZA 1997, 256, 258; KR-Treber, §§ 1 – 3 ÄArbVtrG Rn. 33; KDZ-Däubler, § 1 ÄArbVtrG Rn. 17). Insofern hätte die Klägerin – allenfalls – Anspruch auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages für die Zeit vom 26. März 2014 bis 28. Juli 2014 (vier Monate und drei Tage). Geht man davon aus, dass sie mit Schreiben vom 11. Juni 2014 rechtzeitig Elternzeit für den Zeitraum vom 23. Juli bis 22. August 2014 begehrt hat, würde sich eine weitere Verlängerung bis zum 28. August 2014 anschließen.
Ist der Verlängerungszeitraum im Anschluss an den Unterbrechungszeitraum – wie hier – abgelaufen, besteht kein Anspruch der Arbeitnehmerin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses für spätere Zeiträume. Der Kontrahierungszwang des Arbeitgebers bezieht sich nach der Rechtsprechung des BAG nur auf Zeiträume im Anschluss an Unterbrechungszeiträume nach § 1 Abs. 4 ÄArbVtrG. Die zeitliche Lage des weiteren befristeten Arbeitsverhältnisses ist damit nicht beliebig.
Die Klägerin will mit ihrem Antrag jedoch erreichen, dass die Arbeitgeberin ihr einen befristeten Arbeitsvertrag für einen Zeitraum anbietet, der in Zukunft liegt, so dass sie tatsächlich auch noch beschäftigt werden kann. Mit der tatsächlichen Beschäftigung will sie die Möglichkeit erreichen, den noch fehlenden Zeitraum für eine Anerkennung als Fachärztin zurückzulegen. Dies hat sie auch nochmals im Berufungstermin klargestellt.
2. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht deswegen, weil die Beklagte schadensersatzpflichtig im Sinne der §§ 249, 280, 276 BGB wäre. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, im Wege der so genannten Naturalrestitution der Klägerin eine tatsächliche Beschäftigung unabhängig von der Zeit vom 26. März 2014 bis 28. August 2014 zu verschaffen. Die scheidet schon deswegen aus, weil ein Verschulden der Beklagten für einen Vertragsabschluss im Anschluss an den 25. März 2014 nicht zu erblicken ist.
Ein rechtzeitiges Angebot der Klägerin auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages für die Zeit vom 26. März 2014 bis 28. Juli 2014 oder später bis 28. August 2014 liegt nicht vor. Von einem solchen Angebot geht die Klägerin auch selbst nicht aus, denn sie begehrt nicht die Zustimmung der Beklagten zu einem solchen Angebot. Mit ihrem Antrag will sie vielmehr erreichen, dass die Beklagte ein entsprechendes Angebot erst abgibt, was sie dann ggf. annehmen kann. Ein Angebot der Klägerin ist auch nicht ersichtlich. Aus der E-Mail vom 28. Oktober 2013 (Kopie Bl. 103 d. A.) ergibt sich ein solches Angebot der Klägerin nicht. Sie legt dort nur ihre soziale Situation dar und gibt zu erkennen, dass sie sich freuen würde, wenn sich von Seiten der Beklagten die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung ergeben würde. Auch im Schreiben vom 19. März 2014 ist ein solches Angebot nicht zu sehen. Zwar bietet die Klägerin dort ihre Arbeitskraft ab dem 26. März 2014 für den Fall an, dass die Beklagte die von ihr dargelegte Rechtsposition nunmehr anerkennen würde, doch bezieht sich dies erkennbar nur darauf, dass die Klägerin die Befristung bis zum 31. Dezember 2013 für unwirksam erachtet. Nur hierum wurde im Wege der am 20. Januar 2014 erhobenen Klage bis zu diesem Zeitpunkt gestritten. Auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 11. Juni 2014 ergibt sich ein solches Angebot nicht. Dort fordert sie die Beklagte nur auf, ihr einen Arbeitsvertragsentwurf entsprechend ihrer Vorgaben bis zum 31. Juli 2014 zukommen zu lassen, um diesen dann zu prüfen. Nur dann und wenn ihr die Gewährung eines Bildungsurlaubs bestätigt werde, sei sie bereit, einen entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege. Aus keiner dieser Äußerungen der Klägerin lässt sich entnehmen, dass die Klägerin nur eine Vertragsverlängerung im Umfang der Unterbrechungszeiträume aus dem Jahre 2013 im Anschluss an den 31. Dezember 2013 oder 25. März 2014 begehrt.
Ebenfalls aus den gleichen Gründen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Beklagte aufgefordert hat, eine entsprechende Willenserklärung abzugeben, die sich an den Unterbrechungszeitraum unmittelbar anschließt.
3. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt sich der Anspruch der Klägerin auch nicht aus Art. 3, 6, 12 GG.
Im Ausgangspunkt ist es allerdings zutreffend, dass Arbeitnehmerinnen wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 MuSchG oder wegen der Mutterschutzfristen nach §§ 3, 6 MuSchG keine Nachteile erleiden sollen. Eine schwangere Arbeitnehmerin wird jedoch gem. § 1 ÄArbVtrG genügend geschützt. Dies und die entsprechende Rechtsprechung des BAG hierzu hat das Arbeitsgericht übersehen. Insofern war einzig das Verhalten der Klägerin ursächlich dafür, dass es nicht zum Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses im Anschluss an die Unterbrechungszeiten kam. Die Klägerin hätte entweder selbst ein entsprechendes Angebot rechtzeitig abgeben oder die Beklagte umgekehrt zur Abgabe eines entsprechenden Vertragsangebotes auffordern können.
II.
Die Anschlussberufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Anschlussberufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Klägerin kann jedoch nicht verlangen, dass ihr der Abschluss eines auf einen Zeitraum von vier Monaten und fünf Tage befristeten Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte anzubieten ist. Hier geltend die gleichen Erwägungen, die im Rahmen der Berufung der Beklagten zum Tragen kamen. Darüber hinaus hat die Klägerin ihren Antrag verspätet gestellt. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsnormen gilt die sechsmonatige tarifliche Ausschlussfrist auch im Arbeitsverhältnis der Klägerin. Spätestens mit Beendigung der Mutterschutzfrist am 25. März 2013 war der Anspruch der Klägerin fällig, das Arbeitsverhältnis entsprechend der Unterbrechungszeiten im Jahre 2013 nunmehr zu verlängern. Erstinstanzlich hatte die Klägerin jedoch nur eine Verlängerung um drei Monate und vier Tage begehrt. Eine weitere Verlängerung um einen Monat und einen Tag ergibt sich erst aus der Anschlussberufungsschrift vom 6. Oktober 2014. Dieses zusätzliche Begehren hätte jedoch spätestens am 26. September 2014 geltend gemacht werden müssen.
III.
Da die Klägerin im hiesigen Rechtsstreit gänzlich unterlegen ist, hat sie die Kosten in vollem Umfang zu tragen (§ 91 ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Insofern ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.