Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat | Entscheidungsdatum | 12.01.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 5 NC 51.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 10 Abs 5 HSchulG BE, § 22 HSchulG BE, § 10 KapVO BE, § 14 Abs 2 Nr 7 KapVO BE |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin vom Wintersemester 2009/2010 an vorläufig zum Studium der Psychologie (Bachelor of Science) zuzulassen, abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass in diesem Studiengang über die in der Zulassungssatzung für Studienanfänger festgesetzte Zulassungszahl (90) hinaus keine weiteren Studienplätze vorhanden seien. Unter Zugrundelegung der Vorgaben der Entschließung des 204. Plenums der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) vom 14. Juni 2005 errechne sich ein Curricularwert von 2,2944. Hieraus ergebe sich eine Aufnahmekapazität von 190 Studienanfängern, die - gemäß der Rechtsprechung der Kammer zum früheren Diplomstudiengang - zutreffend nicht um einen Schwundausgleichsfaktor erhöht worden sei. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Verminderung der Aufnahmekapazität auf 90 Studienplätze sei im Hinblick auf die Belastung der Lehreinheit durch Studierende des auslaufenden Diplomstudiengangs, die sich noch innerhalb der Regelstudienzeit befänden (480), gerechtfertigt.
Die Antragstellerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Ermittlung des Curricularwertes sowie der Aufnahmekapazität. Zudem rügt sie den unterlassenen Ansatz einer Schwundquote sowie die fehlerhafte Anwendung des Überprüfungstatbestandes des § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO. Schließlich beanstandet sie mit Schriftsatz vom 17. November 2010 die Berechnung der Lehrauftragsstunden durch das Verwaltungsgericht.
II.
Die Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur im Rahmen der fristgerechten Darlegung der Antragstellerin befindet, ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist bei Zugrundelegung dieses Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden.
Das Vorbringen der Beschwerde zu den Lehrauftragsstunden im Sinne von § 10 Abs. 1 KapVO ist verspätet und genügt im Übrigen nicht den Darlegungsanforderungen. Zum einen ist nicht ansatzweise erkennbar, welche Wahlpflichtveranstaltungen bei der Berechnung der Lehrauftragsstunden unberücksichtigt geblieben sein sollen, zum anderen ist nicht ersichtlich, dass Lehraufträge für ein optionales Studienangebot vergeben worden sind, die entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu einer kapazitätswirksamen Erhöhung der Lehrauftragsstunden hätten führen müssen.
Hinsichtlich der Betreuungsrelationen der Lehrveranstaltungen der Antragsgegnerin verlangt die Beschwerde zu Unrecht, nicht den von dem Verwaltungsgericht angenommen Mittelwert, sondern den Höchstwert der in der Entschließung der HRK vom 14. Juni 2005 niedergelegten Spannbreite der Gruppengrößen anzusetzen. Das Verwaltungsgericht ist durch die Orientierung an dem Mittelwert bereits von den durch die Antragsgegnerin ermittelten Gruppengrößen zu Gunsten der Antragstellerin abgewichen. Ob dies - wie von der Antragsgegnerin gerügt - unter Verletzung rechtlichen Gehörs geschehen ist, kann vorliegend mangels Beschwer dahingestellt bleiben. Mit Blick auf die von der Antragsgegnerin nachgeschobene Stellungnahme vom 16. Juni 2010 zu den von ihr angesetzten Betreuungsrelationen besteht kein Anlass, diese im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren weiter anzuheben, zumal die für ihre Rechtfertigung angeführten fachspezifischen Gegebenheiten im Kern von der Beschwerde nicht in Frage gestellt werden. Jedenfalls trifft die Auffassung, dass in NC-Fächern grundsätzlich von den Höchstwerten auszugehen sei, nicht zu (vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 7. Juli 2004 - OVG 5 NC 3.04 - [Publizistik, Wintersemester 2003/2004]). Der weitere Vorwurf, dass die Betreuungsrelationen von der Antragsgegnerin in der Realität gar nicht eingehalten würden, vermag das normativ vorgezeichnete Berechnungsergebnis nicht in Frage zu stellen, sondern ist Ausdruck der Überlast, die im Ergebnis eine an der Hochschulwirklichkeit ausgerichtete Verminderungsentscheidung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO rechtfertigt.
Das Ansinnen der Beschwerde, die vom Verwaltungsgericht ermittelte Aufnahmekapazität um einen Eigen- bzw. Selbststudienanteil von 30 v.H. zu erhöhen, liegt neben der Sache. Ein solcher mag zwar für die studentische Arbeitsbelastung von Bedeutung sein. Er ist jedoch kein tauglicher kapazitätsrechtlicher Parameter für die Kapazitätsermittlung, weil durch ihn weder das der Lehreinheit zur Verfügung stehende Lehrangebot noch der Aufwand, den diese für die ordnungsgemäße Ausbildung eines Studierenden zu leisten hat, berührt werden.
Soweit die Beschwerde rügt, dass es an einem expliziten Beschluss des Akademischen Senats zur Verminderung der Aufnahmekapazität nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO fehle, übersieht sie, dass dessen Beschlussfassung über die Zulassungszahl ausweislich der Anlage 2 d zur Beschlussvorlage Nr. 97/2009 nicht nur die Festsetzung einer nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts der KapVO berechneten Aufnahmekapazität, sondern auch eine Überlastentscheidung beinhaltet.
Die im Folgenden zwischen der Billigung des Nichtansatzes einer Schwundquote und der Bestätigung der vom Akademischen Senat der Antragsgegnerin getroffenen Verminderungsentscheidung nicht mehr differenzierende Kritik der Beschwerde an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zeigt Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin nicht auf.
Anders als die Beschwerde meint, spricht der Umstand, dass bis zum Wintersemester 2008/2009 lediglich innerhalb der Aufnahmekapazitäten immatrikuliert wurde, nicht gegen das Vorliegen einer Überlast. Die Kapazitätsbemessung nach dem Zweiten Abschnitt der KapVO ist keine von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängige Größe, sondern eine vorrangig normativ bestimmte. Es liegt auf der Hand, dass die Belastung der Lehreinheit mit dem neuen Bachelorstudiengang und dem auslaufenden Diplomstudiengang tatsächlich zu einer erhöhten Inanspruchnahme des Lehrpersonals führt. Diese Überlast spiegelt sich in dem normativ bestimmten Berechnungsergebnis des Zweiten Abschnitts der KapVO nicht wider und eröffnet eine an den tatsächlichen Verhältnissen anknüpfende Korrekturentscheidung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 KapVO.
Die Auffassung der Beschwerde, dass die im auslaufenden Diplomstudiengang Psychologie befindlichen Diplomstudierenden nur bis zum 6. Fachsemester bei der Ermittlung der tatsächlichen Lehrnachfrage der Lehreinheit Psychologie berücksichtigt werden dürften, ist nicht zu folgen. Der Senat hat bereits entschieden, dass für die Verminderungsentscheidung alle der im auslaufenden Diplomstudiengang bis zum Ende der Regelstudienzeit eingeschriebenen Diplomstudierenden in den Blick zu nehmen sind:
„Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Verminderung in Betracht kommt, ist die Frage, ob ein Ausgleich für eine Mehrbelastung „des Personals nach § 8 Abs. 1“ KapVO, also des der Lehreinheit zugeordneten Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen, durch Studierende höherer Semester erforderlich ist. Dass aber der Diplomstudiengang ungeachtet dessen, dass in ihm keine Studienanfänger mehr aufgenommen werden, auch weiterhin der Lehreinheit Psychologie zugeordnet ist und im Übrigen nur durch das der Lehreinheit zugeordnete Lehrpersonal ausgebildet werden kann, wird die Beschwerde nicht ernsthaft in Abrede stellen wollen. Er ist deshalb kein „gesonderter“ oder „anderer“ Studiengang. Vielmehr tritt der auf ihn entfallende Lehraufwand neben den Ausbildungsaufwand für den an seine Stelle getretenen neuen, fachgleichen (Bachelor-) Studiengang (vgl. Beschluss des Senats vom 8. Mai 2009 - OVG 5 NC 84.08 - [HU Berlin, Bachelorstudium Grundschulpädagogik, WS 2007/08]).“
(Beschluss vom 26. Oktober 2009 - OVG 5 NC 5.09 - [Psychologie, Wintersemester 2008/2009], juris Rn. 7).
Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass, diese Rechtsprechung zu überdenken. Der Vorhalt, dass Studierende ab dem 7. Fachsemester nur im Rahmen des Masterstudiengangs, dessen Kapazität bislang keineswegs ausgeschöpft sei, berücksichtigt werden könnten, verkennt, dass dieser erst im Wintersemester 2012/2013 eingerichtet wird und in dem hier maßgeblichen Berechnungszeitraum das gesamte der Lehreinheit zur Verfügung stehende Lehrpersonal bei der Kapazitätsermittlung herangezogen worden ist. Diese falsche Sichtweise der Beschwerde resultiert letztlich aus der unzutreffenden Annahme, dass Bachelor- und Masterstudiengang einen einheitlichen Studiengang darstellten. Dass es sich dabei jedoch um zwei verschiedene Studiengänge handelt, zeigt bereits ein Blick in §§ 10 Abs. 5, 22 BerlHG, die die Eigenständigkeit von gestuften Studiengängen mit berufsqualifizierenden Abschlüssen betonen. Im Übrigen bleibt die Beschwerde jegliche nachvollziehbare Erklärung dafür schuldig, wer nach ihrer Auffassung das Lehrangebot für die im 7. bis 9. Fachsemester befindlichen Diplomstudierenden zur Verfügung stellen soll.
Gibt es damit entgegen der Beschwerde kein „Anrechnungsverbot“ für höher-semestrige Diplomstudierende, geht auch ihre Kritik an der von dem Senat in seinem Beschluss vom 19. September 2008 - OVG 5 NC 126.07 - (Psychologie, Wintersemester 2007/2008), juris Rn. 15 ff., dargelegten Umrechnung von Diplomstudierenden in Bachelorstudierende ebenso ins Leere wie ihre Forderung nach dem Ansatz einer Schwundquote.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).