Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 15.12.2011 | |
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Aktenzeichen | L 3 R 1048/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 55 Abs 1 SGB 6, § 2 Abs 1 AVG, § 1227 Abs 1 RVO |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Anerkennung der Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 als weitere Pflichtbeitragszeit sowie die Gewährung höherer Rente.
Der 1940 geborene Kläger stellte am 16. Juli 1993 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, in welchem er u. a. angab, von 1974 bis 1984 als selbständiger Kaufmann tätig gewesen zu sein. Mit Bescheid vom 29. Oktober 1993 gewährte ihm die Beklagte ab dem 20. November 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In dem der Rentenberechnung zugrunde liegenden Versicherungsverlauf von demselben Tag fand sich eine Lücke vom 01. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1984, für die keine rentenrechtlichen Zeiten anerkannt worden waren.
Mit Schreiben vom 22. September 1997 wandte sich der Kläger an die Beklagte und wies darauf hin, dass er bei Durchsicht seiner Unterlagen auf einen Nachweis gestoßen sei, wonach für ihn in der Zeit vom 01. Juli 1975 bis zum 31. Dezember 1981 Pflichtversicherungsbeiträge von seinem damaligen Arbeitgeber, dem Getränkevertrieb L und in Nachfolge von der M Getränke Vertriebs GmbH abgeführt worden seien. Sein damaliges Steuerbüro verfüge leider über keine Unterlagen mehr. Er habe sich nun an die DAK B M gewandt mit Bitte um einen Nachweis für die Versicherungszeiten. Mit Bescheid vom 19. November 1997 lehnte die Beklagte die Vormerkung der Zeit vom 01. Juli 1975 bis zum 31. Dezember 1981 als Beitragszeit ab, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung glaubhaft erscheine noch die Beiträge als gezahlt gälten.
Nachdem die Beklagte dem Kläger unter dem 21. Oktober 1999 eine Rentenauskunft erteilt hatte, wandte sich dieser mit Schreiben vom 25. November 1999 erneut an die Beklagte und übersandte drei Kopien der Durchschriften von Versicherungskarten der Rentenversicherung der Angestellten mit von ihm selber unterzeichneten Meldungen für die Zeiträume vom 01. Januar 1980 bis zum 31. Dezember 1980 sowie vom 01. Januar 1981 bis zum 31. Dezember 1981. Die Beklagte ermittelte daraufhin bei der DAK B M, die mit Schreiben vom 21. Januar 2000 mitteilte, dass der Kläger im Zeitraum vom 01. Juni 1976 bis zum 31. Dezember 1981 als Selbständiger gemeldet gewesen sei und freiwillige Beiträge zur Krankenversicherung gezahlt worden seien. Mit Schreiben vom 26. April 2000 erklärte der Kläger, für ihn als Geschäftsführer und Miteigentümer der M Getränke Vertriebs GmbH seien jeden Monat Sozialversicherungsbeiträge vom Lohn einbehalten und an die DAK B M abgeführt worden. Zum Nachweis legte er Kopien von zwei handschriftlich ausgefüllten, nicht unterschriebenen oder gestempelten Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Monate Dezember 1980 sowie März 1979 vor. In einem Telefonat vom 24. Mai 2000 bestätigte die DAK B M gegenüber der Beklagten abermals, dass in der Zeit vom 01. Juni 1976 bis zum 31. Dezember 1981 nur freiwillige Beiträge zur Krankenversicherung abgeführt worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Juni 2000 die Anerkennung der Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 als Beitragszeit ab. Eine Überprüfung des Bescheides vom 19. November 1997 habe ergeben, dass bei dessen Erlass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Bei einer selbständigen Tätigkeit als Kaufmann habe nach dem damals geltenden Recht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden. Darüber hinaus sei tatsächlich nur die Zahlung von Beiträgen zur Krankenversicherung nachgewiesen worden. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. September 2000). In dem anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg zu dem Aktenzeichen S 16 R 4507/00 zog das Gericht den Gesellschaftsvertrag der M Getränke Vertriebs GmbH vom 27. Dezember 1978 (Stammeinlage des Klägers i. H. v. 24.000,00 DM, Stammeinlage der Mitgesellschafterin i. H. v. 1.000,00 DM) sowie einen Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts C HRB 235 bei und holte Auskünfte der AOK B vom 18. August 2004 sowie der DAK B M vom 24. August 2004 ein. Der Kläger trug des Weiteren vor, bei der Firma Getränkevertrieb L habe es sich um eine Einzelfirma gehandelt, deren alleiniger Inhaber er gewesen sei. Die Firma habe von 1974 bis 1978 bestanden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2005 nahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage zurück.
Mit Bescheid vom 18. März 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 01. Mai 2005 Regelaltersrente, bei deren Berechnung für den Zeitraum vom 01. Juli 1974 bis zum 30. Juni 1984 nach wie vor keine Beitragszeiten berücksichtigt wurden. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 11. April 2005 Widerspruch. Darüber hinaus begehrte er mit Schreiben vom 02. Mai 2005 eine Überprüfung des Bescheides vom 07. Juni 2000.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides vom 07. Juni 2000 mit Bescheid vom 31. Mai 2005 ab. Den Widerspruch vom 13. Juni 2005 (Eingang bei der Beklagten am 16. Juni 2005) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2006 zurück.
Im Rahmen der hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, sein ehemaliger Steuerberater H G müsse noch befragt werden. Er hat ein Schreiben des Herrn H G vom 03. August 2006 vorgelegt, in welchem dieser bestätigt hat, dass sein Steuerberatungsbüro die Firma M von Anfang an steuerlich betreut habe. Zum Aufgabengebiet habe u. a. die Lohnbuchhaltung sowie die Abgabe für Lohnsteuer und Sozialversicherung einschließlich der Überwachung der entsprechenden Zahlungen an Körperschaften, Ämter und Sozialversicherungsträger gehört. Gehaltsabrechnungen sowie die Jahresmeldung für den Sozialversicherungsträger seien von seinem Büro erstellt und vom Kläger unterschrieben worden. Auf Nachfrage des Gerichts hat Herr H G mit weiterem Schreiben vom 24. Juni 2009 ergänzend angegeben, dass seine frühere Akte nicht mehr auffindbar sei. Es seien damals sowohl Betriebsprüfungen durch das Finanzamt als auch von den Sozialversicherungsträgern durchgeführt worden.
Während des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2010 noch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18. März 2005 zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid werde nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Sozialgerichtsverfahrens.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 26. August 2010 abgewiesen. Es ist dabei davon ausgegangen, dass sich das klägerische Begehren zum einen auf die Überprüfung der Bescheide vom 07. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2000 sowie des Bescheides vom 19. November 1997 und die Vormerkung einer weiteren Pflichtbeitragszeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 und darüber hinaus auf die Änderung des Bescheides vom 18. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2010 sowie Gewährung einer höheren Regelaltersrente unter Anerkennung einer weiteren Pflichtbeitragszeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 richtet. Keiner der Bescheide sei rechtswidrig. Von 1975 bis 1978 sei der Kläger nach eigenen Angaben alleiniger Inhaber des Getränkevertriebs L, einer Einzelfirma, und somit selbständiger Kaufmann gewesen. In der Zeit von 1979 bis 1981 sei er ausweislich des Handelsregisterauszugs als Inhaber von 96% des Stammkapitals Mitgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der M Getränke Vertriebs GmbH gewesen. Danach ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung als Angestellter gegen Entgelt im Sinne von § 2 Nr. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Er sei auch nicht als Selbständiger rentenversicherungspflichtig gewesen. Denn gemäß § 2 Abs. 1 Nrn. 3, 4, 5 AVG hätten unter bestimmten Umständen lediglich selbständige Lehrer und Erzieher, selbständige Künstler und Publizisten, freiberuflich tätige Hebammen und Entbindungspfleger der Rentenversicherungspflicht unterlegen. Als selbständiger Kaufmann und Gesellschafter-Geschäftsführer habe der Kläger die vorgenannten Voraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt. Alle übrigen Personen hätten nur dann der Versicherungspflicht unterlegen, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht die freiwillige Versicherung beantragt hätten. Einen entsprechenden Antrag habe der Kläger jedoch nicht gestellt. Folglich habe er unter keinem Gesichtpunkt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen. Vom Kläger eventuell gleichwohl entrichtete Beiträge wären daher unwirksam gewesen und hätten weder vorgemerkt noch bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden können. Dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht rentenversicherungspflichtig gewesen sei, ergebe sich ebenso aus den Auskünften der DAK BM. Auch der weitere Vortrag des Klägers sowie die von ihm vorgelegten Unterlagen rechtfertigten kein anderes Ergebnis. Aus welchen Gründen trotz seiner von ihm selbst nicht bestrittenen selbständigen Tätigkeit Rentenversicherungspflicht bestanden haben sollte, werde auch vom Kläger selber nicht aufgezeigt. Die vorgelegten Unterlagen zeigten allenfalls, dass sie entgegen der geltenden Rechtslage ausgestellt worden seien, sie begründeten jedoch keine Versicherungspflicht. Schließlich lasse sich auch den Äußerungen des Herrn H G an keiner Stelle entnehmen, dass und aus welchen Gründen der Kläger damals rentenversicherungspflichtig gewesen sein solle.
Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren fort. Der Hauptgrund für seine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei gewesen, dass der Zusammenschluss der Firmen Getränkevertrieb L und Getränkevertrieb H-W unter der Federführung der Lbrauerei C zur MAHA Getränke Vertriebs GmbH zu einem erheblichen finanziellen Einsatz seinerseits geführt und die Gefahr einer Insolvenz bestanden habe. Dabei habe er geschäftlich durch die GmbH und privat mit seiner Familie durch die Sozialversicherung abgesichert sein sollen. Aus seiner Sicht liege das Übel hier in einer fehlerhaften Zusammenarbeit zwischen DAK und der Beklagten. Die Auskunft der DAK, er sei vom 01. Juni 1976 bis zum 30. Juni 1988 als Selbständiger gemeldet gewesen und habe nur Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt, sei nicht nachvollziehbar und widerspreche auch den Daten im Versicherungsverlauf.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2010 aufzuheben und
1. den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Rücknahme des Bescheides vom 07. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2000 sowie des Bescheides vom 19. November 1997 die Zeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 als Pflichtbeitragszeit anzuerkennen sowie
2. den Bescheid vom 18. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Regelaltersrente ab dem 01. März 2005 unter Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Akte des SG Nürnberg zum Aktenzeichen S 16 R 4507/00 beigezogen.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 29. Januar 2011 und 02. Februar 2011 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten weder die Feststellung einer weiteren Pflichtbeitragszeit im Wege des Zugunstenverfahrens noch die Neufeststellung seiner Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer weiteren Pflichtbeitragszeit verlangen.
Der angefochtene Bescheid vom 31. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 07. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2000 sowie vom 19. November 1997, denn die Bescheide sind nicht rechtswidrig. Darüber hinaus ist auch der Bescheid vom 18. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung den Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 26. August 2010 an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Verdeutlichend ist darauf hinzuweisen, dass für den Nachweis von Pflichtbeitragszeiten zum einen das Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und zum anderen der Nachweis der tatsächlichen Entrichtung der Beiträge erforderlich ist. Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) Zeiten, für die nach Bundesrecht (oder früheren Vorschriften) Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Die Versicherungspflicht ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften des SGB VI bzw. des im streitigen Zeitraum gültigen AVG bzw. der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Hier scheitert das Begehren – wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat – bereits daran, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
Gemäß § 2 Abs. 1 AVG unterlagen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten u. a.:
1. alle Personen, die als Angestellte (§ 3) gegen Entgelt (§ 160 RVO) oder die als Lehrling oder sonst zu ihrer Ausbildung für den Beruf eines Angestellten beschäftigt sind,
…
3. selbständige Lehrer und Erzieher, die in ihrem Betrieb keine Angestellten beschäftigen,
…
5. Hebammen mit Niederlassungserlaubnis,
6. in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen, die in ihrem Betrieb keine Angestellten beschäftigen,
6a. Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen vom 13. Oktober 1954 (Bundesgesetzblatt II S. 1035),
…
11. alle Personen, die nicht nach den Nummern 1 bis 9, § 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 der RVO oder dem Handwerkerversicherungsgesetz versicherungspflichtig sind und nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht die Versicherung beantragen und entweder noch keinen wirksamen Beitrag zu einem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung oder den letzten wirksamen Beitrag zur Angestelltenversicherung oder zur knappschaftlichen Rentenversicherung geleistet haben.
Nach § 1227 Abs. 1 RVO waren in der Rentenversicherung der Arbeiter u. a. versicherungspflichtig:
1. alle Personen, die als Arbeitnehmer gegen Entgelt (§ 160) oder die als Lehrling oder sonst zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind,
9. alle Personen, die nicht nach den Nummern 1 bis 7 versicherungspflichtig sind und nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit oder dem Ende der Versicherungspflicht die Versicherung beantragen und ihren letzten wirksamen Beitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter geleistet haben.
Als Beschäftigung galten gemäß § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV, Gesetz vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S 3845 ff. gültig ab dem 01. Januar 1977) die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis sowie der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen einer betrieblichen Berufsbildung.
In dem streitigen Zeitraum vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1981 war der Kläger nach seinen eigenen Angaben längstens bis zum 31. Dezember 1978 alleiniger Inhaber der Firma L Getränkevertrieb und daher selbständiger Einzelkaufmann, der nach Maßgabe der genannten Vorschriften grundsätzlich nicht der Versicherungspflicht unterlag, es sei denn, er hätte innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme dieser selbständigen Tätigkeit die Versicherung beantragt. Ein derartiger Antrag des Klägers ist jedoch weder vorgetragen noch ergibt er sich aus den Akten der Beklagten. Darüber hinaus hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Nachweise dafür angeboten, dass von ihm tatsächlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitraum vom 01. Januar 1975 bis zum 31. Dezember 1978 geleistet worden wären. Schließlich konnten weder die AOK B (Auskunft vom 18. August 2004) noch die DAK B M (Auskünfte vom 21. Januar 2000, 24. Mai 2000 und 24. August 2004) die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestätigen.
Ab dem 01. Januar 1979 war der Kläger Mehrheitsgesellschafter (96%) der M Getränke Vertriebs GmbH und alleiniger Geschäftsführer. Ein in einer GmbH als Geschäftsführer tätiger Gesellschafter, der über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügt und damit einen maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausüben kann, steht jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (vgl. Urteile des BSG vom 11. November 1974 – 1 RA 251/73 -, zitiert nach Juris, m. w. N. sowie vom 31. Juli 1974 – 12 RK 26/72 -, zitiert nach Juris).
Da der Kläger als Mehrheitsgesellschafter/Geschäftsführer nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag, spielt es keine Rolle mehr, ob für ihn tatsächlich – entgegen der Rechtslage – Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sind. Denn allein die Entrichtung von Beiträgen führt nicht zur Begründung einer Versicherungspflicht bzw. zur Wirksamkeit der Entrichtung als Pflichtbeiträge. Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht entrichtet worden und nicht zurückgefordert worden sind, können nur als für die freiwillige Versicherung entrichtet gelten, sofern in der Zeit, für die die Beiträge entrichtet wurden, das Recht zur freiwilligen Versicherung bestand (inhaltsgleich: §§ 144 AVG, 1422 RVO, 202 SGB VI). Letztlich ist aber eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung – wie schon das SG ausführlich dargelegt hat – nicht nachgewiesen. Der Nachweis i. S. d. Vollbeweises ist dann geführt, wenn das Gericht sich die volle Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen der Tatsachen, d. h. hier der Beitragsentrichtung, machen kann. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. BSG in SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Dies ist hier nicht möglich, denn die vom Kläger selber unterschriebenen Versicherungskarten der Rentenversicherung der Angestellten sowie die handschriftlich gefertigten und nicht unterschriebenen bzw. gestempelten Gehaltsabrechnung für die Monate März 1979 und Dezember 1980 können angesichts der wiederholten negativen Auskünfte der DAK B M als damaliger Einzugsstelle die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht nachweisen. Auch die Einlassungen des schriftlich gehörten Zeugen H G führen nicht weiter, denn dieser hat nur bekundet, dass sein Betrieb u. a. die Lohnbuchhaltung für die MAHA Getränke Vertriebs GmbH vorgenommen habe. Dass tatsächlich Beiträge für den Kläger zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt wurden, hat er nicht bestätigt und konnte dies mangels Unterlagen wohl auch nicht. Soweit der Kläger Widersprüchlichkeiten zwischen dem Versicherungsverlauf vom 21. Oktober 1999 und der Auskunft der DAK, er sei vom 01. Juni 1976 bis zum 30. Juni 1988 freiwillig krankenversichert gewesen, sieht, kann dies nicht nachvollzogen werden. Auch bei Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wie es wohl laut Versicherungsverlauf ab dem 01. Juli 1984 bestanden hat, konnte die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung nach §§ 176 ff., 313 RVO fortbestehen, sofern das jährliche Gesamteinkommen fünfundsiebzig vom Hundert der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung der Arbeiter geltenden Beitragsbemessungsgrenze überstieg. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung betrug im Jahr 1984 3.900,00 DM pro Monat, im Jahr 1985 4.050,00 DM pro Monat und im Jahr 1986 4.200,00 DM pro Monat. Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 21. Oktober 1999 verfügte der Kläger im Jahr 1984 über ein monatliches rentenversicherungspflichtiges Entgelt von rund 4.314,83 DM, im Jahr 1985 von 4.398,00 DM und von Januar bis März 1986 von 4.680,00 DM, so dass die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung deutlich überschritten wurde und die freiwillige Versicherung fortbestand.
Nach alldem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.