Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 22.11.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 N 88.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, Art 33 Abs 2 GG, § 18 BBesG, §§ 48ff BLV |
Dienstliche Beurteilungen sind nicht allein deshalb rechtswidrig, weil sie Leistungen bewerten, die auf sog. gebündelten Dienstposten erbracht wurden. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob die in Rede stehenden Beurteilungen hin-sichtlich der zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe miteinander vergleichbar sind und sich ihnen für Beamte des gleichen Statusamtes ein hinreichend differenziertes Leistungsbild entnehmen lässt. Sind diese Anforderungen erfüllt, spricht nichts dagegen, sie für eine Beförderungsauswahlentscheidung zu Grunde zu legen.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juli 2012 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 23.647,91 Euro festgesetzt.
Der Kläger steht als Kriminaloberkommissar (Besoldungsgruppe A 10) im gehobenen Dienst der Beklagten. Er war gemeinsam mit zahlreichen anderen Beamten im Rahmen der sog. Topfwirtschaft in eine Auswahlentscheidung im Beförderungsauswahlverfahren 2008 nach Besoldungsgruppe A 11 - Vollzug -, für das 49 Planstellen zur Verfügung standen, einbezogen, aber nicht ausgewählt worden. Mit der Klage begehrt er die Feststellung, dass die Auswahlentscheidung der Beklagten vom Juni 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2010 rechtswidrig waren sowie weiter festzustellen, dass er bei rechtmäßiger Auswahlentscheidung zu befördern gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe bei der Auswahlentscheidung die dienstliche Anlassbeurteilung des Klägers vom 18./19. Februar 2009 zu Grunde legen dürfen. Es könne offen bleiben, ob die Entscheidung des Bundeskriminalamts über die Besetzung der zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen insgesamt rechtswidrig gewesen sei. Hieran bestünden zwar wegen der unterbliebenen inhaltlichen Ausschöpfung der herangezogenen dienstlichen Beurteilungen sowie der Zugrundelegung eines Beförderungsranglistensystems, das auf sog. gebündelten Dienstposten beruhe, ohne dass eine Ämterbewertung stattgefunden habe, Bedenken. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers scheide jedoch aus, da seine Berücksichtigung für eine der Beförderungsstellen wegen der im Verhältnis zu den ausgewählten Bewerbern deutlich schlechteren Beurteilungsnote auch ohne Auswahlfehler nicht möglich gewesen wäre, so dass auch nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger bei rechtmäßiger Auswahlentscheidung zu befördern gewesen wäre.
Der hiergegen gerichtete, einzig auf den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Ernstliche Richtigkeitszweifel liegen nicht vor. Ob an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ernstliche Zweifel bestehen, wird allein anhand der Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung sowie der vom Rechtsmittelführer zur Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes vorgetragenen Gesichtspunkte beurteilt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Vom Rechtsmittelführer nicht genannte Umstände können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie offensichtlich sind. Das Vorbringen des Klägers zeigt keine ernstlichen Richtigkeitszweifel auf, sie sind auch nicht offensichtlich.
Das Zulassungsvorbringen stützt die Annahme ernstlicher Richtigkeitszweifel auf den Umstand, die hier zu bewertende Auswahlentscheidung sei von vornherein rechtswidrig, ungeachtet der Frage, ob der Kläger in diesem Verfahren anhand der dort aufgestellten Voraussetzungen mit seiner Note zum Zuge gekommen wäre. Die Auswahlentscheidung sei schon „systembedingt falsch“. Beim Bundeskriminalamt würden die unteren Dienstränge des gehobenen Kriminaldienstes (Besoldungsgruppen A 9 bis A 11) unterschiedslos bewertet und gebündelt. Es fehle an einer den Anforderungen des § 18 BBesG gerecht werdenden Ämterbewertung. Ohne diese zwingend notwendige Ämterbewertung könne keine fachgerechte Beurteilung erstellt werden, weil die Beurteiler die Wertigkeit des Dienstpostens nicht feststellen könnten und damit auch zu den Anforderungen der wahrgenommenen Aufgaben gemessen an dem innegehabten statusrechtlichen Amt nichts feststellen könnten. Das Ergebnis der Benotung des Klägers und seiner Mitbewerber sei daher völlig offen. Weder Beurteiler noch die Auswahlkommission hätten einen Anhaltspunkt für die Einstufung der erbrachten Leistungen oder die Wertigkeit des Beförderungsdienstpostens.
Diese Auffassung überzeugt nicht. Träfe sie zu, könnten Beamte, die ihren Dienst auf sog. gebündelten Dienstposten versehen, regelmäßig überhaupt nicht befördert werden. Ein solcher Ausschluss von Beförderungsmöglichkeiten findet keine Stütze im Gesetz. Der Kläger verkennt, dass auch Beamte, die auf (unterstellt) unzulässig gebündelten Dienstposten eingesetzt werden, eine dienstliche Beurteilung erhalten müssen (§§ 48 ff. BLV). Diese Beurteilungen sind nicht allein deshalb rechtswidrig, weil sie Leistungen bewerten, die auf sog. gebündelten Dienstposten erbracht wurden. Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob die in Rede stehenden Beurteilungen hinsichtlich der zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe miteinander vergleichbar sind und sich ihnen für Beamte des gleichen Statusamtes ein hinreichend differenziertes Leistungsbild entnehmen lässt. Sind diese Anforderungen erfüllt, spricht nichts dagegen, sie für eine Beförderungsauswahlentscheidung zu Grunde zu legen.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann jedenfalls in den Fällen bejaht werden, in denen sämtliche der beurteilten statusgleichen Beamten gleichermaßen gebündelten Dienstposten zugewiesen waren. Es kann regelmäßig angenommen werden, dass auf den gleichermaßen gebündelten Dienstposten Aufgaben anfallen, die von ihrer Wertigkeit her allen in die Bündelung einbezogenen Statusämtern entsprechen, ohne dass im einzelnen danach differenziert werden müsste, in welchen Zeiträumen der Beamte Aufgaben des einen oder des anderen Statusamtes ausgeführt hat. Es kann dann ohne weiteres von der Vergleichbarkeit der an den einzelnen Beamten hinsichtlich der Dienstausübung gestellten Anforderungen ausgegangen werden. Liegen keine Anhaltspunkte vor, die eine andere Einschätzung nahe legen, kann weiter angenommen werden, dass die jeweiligen Beurteilungen sich am Statusamt ausrichten und mit einbeziehen, in welchem Maße der Beamte bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeiten den Anforderungen seines Statusamtes genügt hat (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 19. September 2012 - 10 K 7515/11 -, Rn. 27 bei juris).
So ist es nach dem Vorbringen des Klägers im vorliegenden Fall: Sämtliche der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten hatten bei der Auswahlentscheidung ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 10 inne. Die von ihnen bekleideten Dienstposten umfassten jeweils die Besoldungsgruppen A 9 bis A 11.
Aus den von dem Kläger zitierten Entscheidungen des OVG Magdeburg sowie des OVG Lüneburg ergibt sich nichts anderes. Insbesondere enthalten sie nicht die von dem Kläger behauptete Aussage, ohne die zwingend notwendige Ämterbewertung könne keine fachgerechte Beurteilung erstellt werden, weil die Beurteiler die Wertigkeit des Dienstpostens nicht feststellen konnten und damit auch zu den Anforderungen der wahrgenommenen Aufgaben, gemessen an dem innegehabten statusrechtlichen Amt, nichts hätten feststellen können. Das OVG Magdeburg (Beschluss vom 12. Januar 2012 - 1 M 174/11 -) führt unter Berufung auf das Bundesverwaltungsgericht zwar aus, dass ein Verstoß gegen Artikel 33 Abs. 2 GG vorliege, wenn der getroffenen Beförderungsentscheidung keine (hinreichend aussagekräftigen) dienstlichen Beurteilungen zu Grunde lägen (Rn. 7 bei juris). Dass dies im Falle der Beurteilung von auf sog. gebündelten Dienstposten erbrachten Leistungen anzunehmen sei, ergibt sich aus dieser Entscheidung jedoch nicht. Im Fall des OVG Lüneburg (Beschluss vom 4. Februar 2008 - 5 LA 119/05 -, DÖD 2008, S. 207 f.) ging es um die Wahrnehmung eines tatsächlich höher bewerteten Dienstpostens durch die dortige Klägerin. Insoweit war der Schwierigkeitsgrad zu berücksichtigen, der sich aus den Aufgaben ergab, die mit dem übertragenen Amt im konkret-funktionellen Sinne, dem Dienstposten, verbunden waren (Rn. 9 bei juris). Aus der Entscheidung ergibt sich aber nicht, dass eine unzureichende Dienstpostenbewertung die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung zur Folge hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).