Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 26.01.2012 | |
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Aktenzeichen | L 8 R 808/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AAÜG |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist, ob die Beklagte zur Feststellung von Daten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist.
Der Kläger ist im Juni 1938 geboren und hat sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. In ein Zusatzversorgungssystem im Sinne des AAÜG war er nicht aufgenommen worden oder eingetreten. Ab 1. Juni 1978 entrichtete er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung der DDR (FZR). Seit 1. Juli 2003 bezieht er eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Durch das Ingenieur-Zeugnis der Deutschen Hochschule für Filmkunst vom 1. August 1963 wurde ihm die Qualifikation zum Ingenieur der Kopierwerktechnik ausgesprochen. Ab 2. September 1963 war er als Ingenieur beim DEFA Kopierwerk B tätig, ab 16. April 1965 bis zum 31. Juli 1980 beim VEB Progess Film-Vertrieb (ab 1974: VEB Progess Film-Verleih) in verschiedenen Funktionen (Ingenieur, Gütekontrolleur, technischer Leiter, erneut Ingenieur) und ab 1. August 1980 als Film- und Tontechniker beim Institut für sozialistische Wirtschaftsführung (ISW; ab 1. Januar 1990: Institut für Aus- und Weiterbildung, IAW) des Ministeriums für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie der DDR (MBL) beschäftigt.
Seinen im August 2003 gestellten Antrag auf „Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften“ lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 29. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2003 ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des AAÜG sei nicht entstanden, da der Kläger weder zu DDR-Zeiten eine Versorgungszusage erhalten noch nach der Rechtsprechung des BSG am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt habe, die aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei.
Mit seiner Klage hat der Kläger das Ziel verfolgt, die Zeit vom 2. September 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen. Zu seiner Tätigkeit beim ISW bzw. IAW hat er ausgeführt, dass seine Tätigkeit den Anforderungen der Versorgungsordnung entspreche. Aufgrund seiner fachlichen Spezialisierung sei nur für ihn eine Planstelle eingerichtet worden, um den hohen Anforderungen an den Lehrbetrieb gerecht zu werden, die mit der Einführung und Anwendung der Mikroelektronik und der Robotertechnik verbunden gewesen seien. Er habe nicht beeinflussen können, wo die Planstelle eingerichtet worden sei. Zu seinem Arbeitsverhältnis hat er zwei Änderungsverträge und zwei Schreiben betreffend die Gewährung von Prämien sowie ferner ein Arbeitsbuch und einen Sozialversicherungsausweis in Kopie eingereicht. Des Weiteren hat er Ausführungen zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts betreffend die so genannte „fiktive Einbeziehung“ in Zusatzversorgungssysteme und zur Vereinbarkeit der Überführung von Rentenansprüchen und -anwartschaften mit dem Verfassungsrecht gemacht; wegen Einzelheiten wird insoweit auf die Schriftsätze seiner Bevollmächtigten vom 13. Mai 2004, 13. März 2006 und 8. Januar 2008 Bezug genommen.
Durch Urteil vom 17. Januar 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des AAÜG, da er nicht in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen worden oder so behandeln sei. Die Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz erfülle der Kläger jedenfalls deshalb nicht, weil er am 30. Juni 1990 nicht in einer Einrichtung gearbeitet habe, die in dieses System der Altersversorgung einbezogen gewesen sei. Das Institut für sozialistische Wirtschaftsführung bzw. für Aus- und Weiterbildung sei eine selbständige Institution gewesen. Sie könne nicht mit dem in den Versorgungsvorschriften ausdrücklich genannten Ministerien gleichgestellt werden.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er erfülle die Voraussetzungen dafür, so behandelt zu werden, als sei er zu DDR-Zeiten in das Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Dies sei jedenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Er hat Kopien weiterer Urkunden und Schreiben aus der Zeit seines Arbeitsverhältnisses mit dem ISW vorgelegt.
Der Kläger beantragt ausweislich des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 12. Januar 2012 der Sache nach,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Januar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 2. September 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.
Ferner hat er in dem Schriftsatz vom 12. Januar 2012 Anträge zur Beweiserhebung gestellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und ihre Bescheide für zutreffend.
Der Senat hat eine Unterlage aus der 3. Auflage des Ökonomischen Lexikons, das Stichwort „Institut für sozialistische Wirtschaftsführung“ enthaltend, in das Verfahren eingeführt und Auskünfte des Bundesarchivs vom 17. Dezember 2008 und 4. März 2009 eingeholt.
Die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die vom Kläger begehrten Feststellungen zu treffen. Er unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG, weil er bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bezogen auf den Stichtag 30. Juni 1990 (Tag vor der Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR) keinen Versorgungsanspruch gegen einen Versorgungsträger hatte und auch keine Versorgungsanwartschaft erworben hatte.
Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hätte der Kläger zum Stichtag nur gehabt, wenn sie einzelvertraglich vereinbart gewesen oder ein nach Art. 19 Einigungsvertrag (EV; vom 31. August 1990, Bundesgesetzblatt Teil II S. 889) bindend gebliebener Verwaltungsakt einer Versorgungsstelle der DDR, eine Versorgungsbewilligung eines Funktionsnachfolgers einer solchen Stelle oder ein statusfeststellender Verwaltungsakt der Beklagten ergangen wäre. Keine dieser Alternativen ist vorliegend erfüllt. Dem Kläger war zu DDR-Zeiten keine Versorgung einzelvertraglich zugesichert worden, und auch ein bindender Verwaltungsakt einer der oben genannten Stellen ist nicht ergangen.
Der Kläger hatte am 1. August 1991 aber auch keinen „Anspruch auf eine Versorgungszusage“. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der sich aus § 1 Abs. 1 AAÜG ergebende Anwendungsbereich dieses Gesetzes auch auf diejenigen zu erstrecken, die am 30. Juni 1990 (dem Tag vor der Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR) zwar nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren, aber aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der bundesrechtlichen Rechtslage zum 1. August 1991 einen Anspruch auf eine Versorgungszusage im Hinblick auf die bundesrechtlich weiter geltenden leistungsrechtlichen Regeln der Versorgungssysteme gehabt hätten. Es kommt danach in erster Linie auf das Bundesrecht des AAÜG an und nur nachrangig und Lücken füllend kraft bundesrechtlichen Anwendungsbefehls (Art. 9. Abs. 2 EV) auch auf die nach Maßgabe des Bundesrechts auszulegenden Versorgungsregeln im EV, der in Bundesrecht transformiert worden ist.
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Auffassung auf eine von Verfassungs wegen notwendige erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG (so die Begründung des bis 2008 zuständigen 4. Senats des BSG in ständiger Rechtsprechung, beispielhaft in SozR 4-8570 § 1 Nr. 4 und 6; 3-8570 § 1 Nr. 2, 3 und 8) oder eine einfachrechtlich mögliche erweiternde Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG (so die Begründung des seit 2010 zuständigen 5. Senats, s. in SozR 4-85070 § 1 Nr. 17 und seither ständig) gestützt werden kann. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es jedenfalls von Verfassungs wegen nicht erforderlich, Personen, die zu DDR-Zeiten tatsächlich nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren, in einem weiteren Umfang „fiktiv“ als einem Zusatzversorgungssystem zugehörig zu behandeln als vom BSG - und insoweit vom 4. und 5. Senat einheitlich - angenommen (s. BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr. 4 und 4-8560 § 22 Nr. 1). Wer in der DDR nicht tatsächlich eine Versorgungszusage erhalten hatte, der hatte bereits keine rechtlich geschützte Anwartschaft erworben (s. ausdrücklich BVerfG SozR 4-8560 § 22 Nr. 1 unter III 2 b aa der Gründe). Auf die weiteren Ausführungen der Bevollmächtigten des Klägers zu der aus ihrer Sicht bestehenden verfassungsrechtlichen Lage war deshalb ebenso wenig einzugehen, wie eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz in Erwägung zu ziehen.
Einen Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz konnte der Kläger nur dann haben, wenn am 30. Juni 1990 die in § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech; vom 17. August 1950, DDR-GBl. S. 844) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB; vom 24. Mai 1951, DDR-GBl. S. 487) genannten drei Voraussetzungen erfüllt gewesen wären: Der fiktiv Versorgungsberechtigte musste eine bestimmte Berufsbezeichnung führen (persönliche Voraussetzung), und bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung (betriebliche Voraussetzung) eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) ebenfalls ständige Rechtsprechung, siehe stellvertretend BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 und 8 und BSG SozR 4-8570 § 5 Nr. 6).
Es steht nicht infrage, dass der Kläger angesichts seines beendeten Ingenieurstudiums die persönliche Voraussetzung erfüllte. Ob das auch für die sachliche Voraussetzung gilt, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehlt es an der betrieblichen Voraussetzung. Das am Stichtag 30. Juni 1990 so benannte IAW war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens waren nur solche, die – neben etwaigen anderen Aufgaben – durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mithilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells ihr Gepräge erhalten haben (s. dazu stellvertretend BSG SozR 4-8570 § 1 Nr. 16 mit Hinweis auf BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Das Institut war mit derartigen Aufgaben nicht befasst. Das ergibt sich aus dem Rahmenstatut der Institute für Sozialistische Wirtschaftsführung, welches der Senat aus dem Bestand des Bundesarchivs erhalten hat und das - weil es ausweislich des Beschlusses des Ministerrats vom 13. März 1975 unter anderem für alle Industrieministerien galt - auch Grundlage für das beim MBL angesiedelte Institut war. Nach § 1 Abs. 1 des Musterstatuts oblagen dem Institut „Aufgaben zur Aus- und Weiterbildung leitender Kader sowie der Forschung auf dem Gebiet der sozialistischen Wirtschaftsführung“. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich an dieser Aufgabe nach der Umbenennung des Instituts per Anfang 1990 etwas im Sinne einer Produktionstätigkeit geändert hätte.
Das Institut war am 30. Juni 1990 auch kein den volkseigenen Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Nach § 5 VO-AVItech i.V. mit § 1 Abs. 2 der 2. DB waren dies: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergschulen; Schule, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.
Beim IAW handelte sich nicht um ein wissenschaftliches Institut bzw. ein Forschungsinstitut i. S. von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnen diese Begriffe Forschung betreibende Einrichtungen, wobei unter Forschung die planmäßige und zielgerichtete Suche nach neuen Erkenntnissen in einem bestimmten Wissensgebiet verstanden wird. Bei der Auslegung der Begriffe i. S. d. § 1 Abs. 2 der 2. DB sind jedoch ebenso wie bei der Auslegung des Begriffs Forschungsinstitut i. S. des § 6 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (vom 12. Juli 1951, DDR-GBl. S. 675 [VO-AVIwiss]) als faktische Anknüpfungspunkte die jeweiligen Besonderheiten in der DDR zu beachten. In der DDR wurde zwischen (staatlicher) Forschung an der Akademie der Wissenschaft und an den dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen unterstellten Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen einerseits (s. die Verordnung über die Aufgaben der Universitäten, wissenschaftlichen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Hochschulcharakter vom 25. Februar 1970, DDR-GBl. II S. 189; Verordnung über die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Akademie der Wissenschaften und an Universitäten und Hochschulen [Forschungs-VO] vom 23. August 1972, DDR-GBl. II S. 589) und der Forschung an den Wirtschaftseinheiten andererseits unterschieden. Die Akademie der Wissenschaften und die Hochschulen hatten die Aufgabe, „nach neuen Erkenntnissen über bisher unbekannte objektive gesetzmäßige Zusammenhänge sowie nach neuen Prozessen und Eigenschaften und ihre Nutzungsmöglichkeiten planmäßig zu forschen, neue wissenschaftliche Methoden und Erfahrungen zu entwickeln und wissenschaftliche Grundlagen für die Beherrschung technologischer Prozesse und Verfahren zu schaffen sowie die wissenschaftlichen Grundlagen für die angewandte Forschung, die Entwicklung und die Überleitung ihrer Ergebnisse in die gesellschaftliche Praxis ständig zu erweitern“ (§ 2 Abs. 2 Forschungs-VO).
Von dieser staatlichen Forschung zu unterscheiden war die den Wirtschaftseinheiten obliegende zweck- und betriebsbezogene Forschung und Entwicklung. Die Kombinate als grundlegende Wirtschaftseinheiten in der materiellen Produktion verfügten auch über wissenschaftlich-technische Kapazitäten (vgl. § 1 Abs. 1 Kombinats-VO). Sie hatten die Verantwortung nicht nur für die bedarfsgerechte Produktion, sondern auch für die Entwicklung neuer Erzeugnisse mit wissenschaftlich-technischem Höchststand und waren verpflichtet, die wissenschaftlich-technische Arbeit konsequent auf die Leistungs- und Effektivitätsentwicklung der Volkswirtschaft auszurichten (vgl. §§ 2, 34 Kombinats-VO 1979; dazu auch § 15 Abs. 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973, DDR-GBl. I S. 129 und §§ 1 Abs. 2, 8, 18, 19 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 09. Februar 1967, DDR-GBl. II S. 121). Die Kombinate konnten die Aufgaben der Forschung und Entwicklung entweder selbst wahrnehmen oder auf Kombinatsbetriebe bzw. auf Betriebsteile von Kombinatsbetrieben übertragen (§§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 Kombinats-VO 1979).
Wissenschaftliche und Forschungsinstitute i. S. des § 1 Abs. 2 der 2. DB, die durch diese Bestimmung volkseigenen Produktionsbetrieben im Bereich der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt waren, waren angesichts dessen allein selbständige Einrichtungen der Wirtschaft, deren Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung war (s. stellvertretend BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - und in SozR 4-8570 § 5 Nr. 5). Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Präambel der AVItech. In dieses Versorgungssystem sollten grundsätzlich nur solche Personen einbezogen werden, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer „technischen“ Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion, förderten (s. BSG, Urteil vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R). Zu den durch § 1 Abs. 2 der 2. DB als Forschungsinstitute gleichgestellten Betrieben gehörten demnach vor allem volkseigene (Kombinats-)Betriebe, die nicht Produktionsbetriebe waren, aber deren (Haupt)Aufgabe die Forschung und Entwicklung war. Das IAW war wie bereits das ISW keiner produzierenden Wirtschaftseinheit angegliedert; gemäß § 12 des Musterstatuts handelte es sich um eigenständige juristische Personen und Haushaltsorganisationen.
Angesichts seiner rechtlichen Selbstständigkeit gehörte das ISW/IAW auch nicht zu den „Ministerien“ im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Aus den vom Kläger eingereichten Unterlagen zu seinem Arbeitsverhältnis ergibt sich nichts anderes. Im Gegenteil bestätigen sie, dass die arbeitsvertraglichen Beziehungen nur zum ISW/IAW bestanden, nicht zum Ministerium selbst.
Dieses Ergebnis wird im Übrigen bestätigt durch den Sachverhalt des Urteils des BSG in SozR 3-2600 § 307b Nr. 5: Im dortigen Fall hatte der Kläger, der am ISW des Post- und Fernmeldewesens tätig war, zwar eine Versorgungszusage tatsächlich erhalten, jedoch aus der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR.
Der Kläger erfüllte am 30. Juni 1990 jedoch auch nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die zuletzt genannte Altersversorgung. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass das Institut zu den - insoweit allein in Betracht kommenden - wissenschaftlichen Einrichtungen im Sinne des § 6 VO-AVIwiss gehört, so gehört der Kläger nicht zum Personenkreis der Anspruchsberechtigten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle Regelungen der Versorgungssysteme, die eine bewertende Entscheidung oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, eines Direktors oder einer staatlichen Stelle der DDR vorsahen, kein Bundesrecht geworden sind und somit keinen Anspruch auf fiktive Einbeziehung begründen können (BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 50/02 R im Anschluss an BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und 3).
Der Kläger hat den Inhalt seiner Tätigkeit am ISW/IAW im Widerspruchsverfahren ausführlich beschrieben und Unterlagen über sein Arbeitsverhältnis bzw. aus der Zeit dieses Arbeitsverhältnisses vorgelegt. Danach lässt sich nicht der Nachweis führen, dass er als Angehöriger der wissenschaftlichen Intelligenz zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehören könnte. Für eine Tätigkeit als hauptberuflicher Hochschullehrer (§ 2 Buchstabe a VO-AVIwiss) ergibt sich nichts. Seine Aufgabe bestand darin, den Bereich Technik zu leiten, „welcher der Lehrorganisation unterstellt war“. Er hat mit anderen Worten die Lehrveranstaltungen durch technische Ausstattung unterstützt, war aber nicht selbst lehrend tätig.
Der Kläger war auch nicht „Leiter“ an einem Institut (ebenfalls § 2 Buchstabe a VO-AVIwiss). Auch wenn er selbst sich als „Leiter des Bereichs Technik“ bezeichnet, so hat er diese Position arbeitsvertraglich nicht innegehabt. Er wird im SV-Ausweis - den Arbeitsvertrag selbst konnte der Kläger nicht vorlegen - stets nur als „Film- und Tontechniker“ bezeichnet. Welche Ursachen die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrags zu DDR-Zeiten hatte, kann dahingestellt bleiben. Die „fiktive Einbeziehung“ ist nur aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten der Berufstätigkeit möglich.
Für eine weitere Beweiserhebung gab es keinen Anlass. Welche Tätigkeiten er im Lauf seines Berufslebens konkret verrichtet hat, hat der Kläger selbst ausführlich geschildert. Welche Funktion und welche rechtliche Stellung die ISW/IAW der Ministerien der DDR hatten, ergibt sich aus den vom Senat durchgeführten Ermittlungen.
Ob der Kläger in Betrieben vor seiner Anstellung beim ISW Zeiten zurückgelegt hat, die die oben beschriebenen Anforderungen für eine Einbeziehung in eine Zusatzversorgung erfüllen, kann dahinstehen. Weil der Kläger am 30. Juni 1990 nicht fiktiv als Angehöriger eines Systems der Zusatzversorgung zu behandeln war und deshalb das AAÜG nicht auf ihn anwendbar ist, können Tätigkeiten vor diesem Stichtag keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem im Sinne des § 5 AAÜG darstellen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.