Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 09.05.2014 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 17/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 SGB 4 |
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichtes Cottbus vom 26. Oktober 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit ist eine Beitragsforderung in Höhe 10.096,86 Euro.
Der Beigeladene zu 4) und sein Vater (W F) gründeten am 3. Dezember 1992 die Klägerin. Gegenstand dieses Unternehmens waren Serviceleistungen im Bereich der Medizintechnik sowie Handelsleistungen (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages vom 3. Dezember 1992 (GV).
Dieser GV hat (in Auszügen) den folgenden Wortlaut:
…
§ 4
Stammkapital und Stammeinlagen
1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.000,- DM.
2. Auf dieses Stammkapital haben übernommen:
Herr W F DM 30.000,-
Herr S FDM 20.000,-
3. Die Gesellschafter erbringen die von ihnen übernommenen Stammeinlagen in bar. Sie sind zur Hälfte vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister einzuzahlen. Über den Zeitpunkt der Restleistung auf die übernommenen Stammeinlagen beschließt die Gesellschafterversammlung.
§ 5
1. Jedwede Teilung, Vereinigung, entgeltliche oder unentgeltliche Veräußerung und Abtretung von Geschäftsanteilen sowie jedwede Verpfändung oder sonstige Belastung von Geschäftsanteilen mit Rechten Dritter bedarf der schriftlichen Genehmigung der Gesellschaft aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung. …
….
Will ein Gesellschafter seinen Gesellschaftsanteil oder einen Teil hiervon auf einen Dritten unentgeltlich oder entgeltlich übertragen, so ist er verpflichtet, den Geschäftsanteil oder den Teil eines Geschäftsanteils der Gesellschaft oder einem von ihr zu benennenden Dritten zum Erwerb mittels eingeschriebenem Brief anzubieten. Die Gesellschaft oder der von ihr zu benennende Dritte sind berechtigt, innerhalb eines Monats nach Zugang des Angebots dieses durch schriftliche Erklärung dem anzubietenden Gesellschafter gegenüber anzunehmen. …
…
§ 7
Geschäftsführung und Vertretung
1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so sind jeweils zwei Geschäftsführer zusammen zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Den Geschäftsführer wird Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt.
2. Die Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Sie haben die Beschränkungen, die ihnen durch den Gesellschaftervertrag durch den Anstellungsvertrag und durch eine etwa von der Gesellschafterversammlung beschlossene Geschäftsordnung auferlegt werden, zu beachten.
3. Zur Vornahme der nachstehenden Geschäfte bedarf es der Zustimmung aller Gesellschafter:
…
§ 8
Gesellschafterversammlung
1. Alljährlich findet spätestens einen Monat nach Vorliegen der Bilanz eine ordentliche Gesellschafterversammlung statt. Außerordentliche Gesellschafterversammlungen sind einzuberufen, so oft es im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist. Sie sind weiter einzuberufen, wenn ein Gesellschafter dies unter Angabe der Gründe verlangt.
2. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt unter Angabe der Tagesordnung mit der Frist von zwei Wochen, wobei der Tag der Absendung der Einladung und der Tag, an dem die Gesellschafterversammlung stattfindet, nicht mitgerechnet werden.
Die Gesellschafterversammlungen finden am Sitz der Gesellschaft oder an einem anderen, von den Gesellschaftern zu bestimmenden Ort statt.
Mit Einverständnis aller Gesellschafter kann auf die Form- und Fristvorschriften der Einberufung und die Ankündigung der Tagesordnung verzichtet werden.
3. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens soviel Gesellschafter anwesend und vertreten sind, dass sie mindestens 75% aller Stimmen in sich vereinigen.
Erweist sich eine Gesellschafterversammlung als beschlussunfähig, so ist durch die Geschäftsführung binnen zwei Wochen eine Gesellschafterversammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen. Diese ist ohne Rücksicht auf die Zahl der vertretenen Stimmen beschlussfähig. Hierauf ist in der Einladung hinzuweisen.
4. Jeder Gesellschafter kann sich in der Gesellschafterversammlung durch einen anderen Gesellschafter oder durch eine zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Person aufgrund einer schriftlichen Vollmacht, die vor Beginn der Gesellschafterversammlung zu hinterlegen ist, vertreten lassen, oder mit dieser als Beistand erscheinen. Im Übrigen findet eine Vertretung nicht statt.
5. Sofern es sich nicht um Beschlüsse handelt, die einer notariellen Beurkundung bedürfen oder die nach dieser Satzung ausdrücklich der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind, können die Beschlüsse auch außerhalb der Gesellschafterversammlung auf schriftlichem oder telefonischem Wege herbeigeführt werden; es sei denn, dass ein Gesellschafter diesem Abstimmungsverfahren schriftlich widerspricht.
6. In jeder Gesellschafterversammlung ist, soweit nicht notarielle Beurkundung erfolgen muss, ein Protokoll anzufertigen, dass unverzüglich nach der Gesellschafterversammlung von allen Teilnehmern zu unterzeichnen ist.
7. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Gesellschafter, soweit nicht durch den Gesellschaftsvertrag oder durch das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben ist.
8. Je DM 500,- einer Stammeinlage gewähren eine Stimme.
…
Mit Wirkung zum 1. Januar 2000 übernahm der Bruder der Beigeladenen zu 4), (AF) die Stammeinlage seines Vaters, des Mehrheitsgesellschafters. Zudem wurde er mit Wirkung zum 1. Januar 2000 zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt (Geschäftsführer-Dienstvertrag vom 1. Januar 2000).
Der Beigeladene zu 4) schloss am 28. Juni 1995 mit der Klägerin einen „Arbeitsvertrag für Teilzeitarbeit“. Dieser Arbeitsvertrag hat (in Auszügen) den folgenden Wortlaut:
§ 1
Beginn des Arbeitsverhältnisses/Aufgaben des Arbeitnehmers
1. Der Arbeitnehmer übernimmt ab 1. Juli 1995 die Tätigkeit eines Teilzeitbeschäftigten unter Vorlage der Lohnsteuerkarte I und der Studienbescheinigung.
2. Der Arbeitsnehmer wird vorranging mit folgenden Arbeiten betraut: Außenhandel, Angebotstätigkeit, Marketing.
3. Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer innerhalb des Betriebes eine andere, seinen Fähigkeiten entsprechende, gleichwertige und gleichbezahlte Tätigkeit zuzuweisen.
4. Der Arbeitnehmer ist als Gesellschafter der GmbH auf die Funktion des Geschäftsführers vorzubereiten.
§ 2
Ende des Arbeitsverhältnisses
Das Arbeitsverhältnis kann beiderseitig schriftlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 60 Tagen gekündigt werden.
§ 3
Arbeitszeit/Mehrzeit
Die wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers beträgt maximal 20 Stunden. Eine feste Arbeitszeit wird nicht vereinbart, sondern wird ständig abgestimmt. Die Leistung von Überstunden und von Mehrarbeit ist ausgeschlossen.
§ 4
Arbeitsvergütung
Das dem Arbeitnehmer monatlich zu zahlende Gehalt beträgt Brutto 960,- DM. ...
§ 5
Urlaub
Der Arbeitnehmer hat Anspruch einen bezahlten Urlaub von 20 Tagen/Jahr.
§ 6
Allgemeine Bedingungen
Über die ihm anvertrauten oder bekannt gewordenen Geschäftsvorgänge hat er Dritten gegenüber, sowohl während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als auch nach dessen Beendigung Stillschweigen zu bewahren. Der Arbeitnehmer bestätigt, dass kein weiteres Arbeitsverhältnis besteht.
§ 7
Krankheit
Im Krankheitsfall muss der Arbeitsgeber am 1. Tag von der Arbeitsunfähigkeit unterrichtet werden. Dabei ist die voraussichtliche Dauer der Krankheit mitzuteilen. Bei jeder Erkrankung hat der Arbeitnehmer ohne besondere Aufforderung eine Bescheinigung des Arztes vorzulegen bzw. zuzuschicken. Sollte die Erkrankung länger dauern, so ist jeweils spätestens nach zwei Wochen ein Zwischenbericht zu geben.
….
Am 21. August 2000 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 4) einen „Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 28. Juni 1995“. In diesem Vertrag heißt es:
§ 1
Arbeitsverhältnis
Dem Arbeitnehmer werden keine bestimmten Arbeiten zugewiesen. Er entscheidet selbst welche gesellschaftsbedingten Tätigkeit erforderlich sind. Davon unberührt bleiben jedoch Entscheidungen, die von der Gesellschaft beschlossen werden müssen und für die eine Gesellschafterversammlung angesetzt werden muss.
§ 2
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Regelungen zur Beendigung der Tätigkeit aus dem Altvertrag (§ 2) bleiben bestehen.
§ 3
Arbeitszeit
Die Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden. Der Arbeitnehmer kann über die Verteilung seiner Arbeitszeit und Arbeitsdauer selbständig entscheiden. Er unterliegt keinen Weisungen durch die Gesellschaft.
§ 4
Vergütung
Die Vergütungsregelungen aus dem Altvertrag (§ 4) bleiben bestehen.
§ 5
Urlaub
Der Arbeitnehmer ist zur Urlaubsnahme in Abstimmung mit der Gesellschaft berechtigt, sofern keine betrieblichen Belange dem entgegenstehen. Eine Regelung zur Dauer des Urlaubes wird nicht getroffen.
§ 6
Geheimhaltungspflicht
Die Regelungen zur Geheimhaltungspflicht (§ 6 des alten Vertrages) bleiben bestehen. Dem Arbeitnehmer steht es frei, neben seiner Tätigkeit für die (Klägerin) auch weitere Tätigkeiten auszuüben, sofern diese nicht mit den Interessen der (Klägerin) kollidieren.
§ 7
Krankheit
Im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer die Gesellschaft zeitnah hierüber zu informieren.
§ 8
Salvatorische Klausel
Dieser Vertrag ändert den Vertrag vom 28. Juni 1995. Die Änderungen treten mit Unterzeichnung des Vertrages durch beide Parteien in Kraft. Sollten sich einzelne Punkte des Vertrages als nicht durchführbar erweisen sind diese Punkte durch gleichwertige Vereinbarungen zu ersetzen. Nebenabreden bestehen nicht. Ergänzungen und Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.
Der Beigeladene zu 4) ist seit 1993 eingeschriebener Student der H-Universität zu B in den Studiengängen Russisch, Bulgarisch und Politikwissenschaft. Von dem - neben seiner Tätigkeit für die Klägerin - ausgeübten Studium lies er sich in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 31. März 2006 (26. Hochschulsemester) wegen Kindererziehung beurlauben. Anschließend führte er sein Studium weiter fort.
Nach einer am 21. Juli 2009 durchgeführten Betriebsprüfung setzte die Beklagte nach Anhörung der Klägerin (Schlussbesprechung am 6. August 2009) mit Bescheid vom 14. August 2009 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2008 eine Beitragsnachforderung in Höhe von 10.096,86 Euro fest. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 forderte sie Beiträge zur Kranken-, Pflege- und zur Rentenversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 4.679,76 Euro nach. Für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis zum 31. Dezember 2008 forderte sie lediglich Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 5.417,10 Euro nach.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Beigeladene zu 4) in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis 31. März 2006 in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig gewesen sei. Er habe sich in dieser Zeit von seinem Studium beurlauben lassen. Durch den Wegfall der Eigenschaft als ordentlicher Studierender in dieser Zeit entfalle der Besitzschutz nach § 230 Abs. 4 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Seit dem 1. April 2006 sei der Beigeladene zu 4) - auch als Student – nur in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass der Beigeladene zu 4) ausschließlich als mitarbeitender Gesellschafter sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen sei. Er verfüge aber nicht über einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Er könne Gesellschafterbeschlüsse, die sein Beschäftigungsverhältnis negativ berührten und auch andere Beschlüsse zu seinen Ungunsten nicht verhindern. Im Übrigen sei seine Tätigkeit von der Klägerin selbst ab Beschäftigungsbeginn als abhängige Beschäftigung eingeordnet und abgerechnet worden. Eine Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung sei lediglich aufgrund der Studenteneigenschaft unterblieben.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. März 2010 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass der Beigeladene zu 4) in seiner Tätigkeit bei ihr selbständig gewesen sei. Mit einer Kapitalbeteiligung von 40 v.H. habe er ein erhebliches Unternehmerrisiko getragen und auch über eine Sperrminorität verfügt. Maßgeblich für die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung sei angesichts des klaren Wortlautes des GV nicht die einfache Mehrheit der Stimmen, sondern die einfache Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter. Somit sei die Zustimmung des anwesenden Minderheitsgesellschafters für eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung zwingend erforderlich gewesen.
Die Klägerin hat sich mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16. März 2009 aufgelöst. Liquidator war der letzte Geschäftsführer. Am 1. Juni 2011 wurden die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma in das Handelsregister eingetragen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Oktober 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage zulässig sei. Obwohl die Beendigung der Liquidation sowie das Erlöschen der Firma am 1. Juni 2011 in das Handelsregister eingetragen worden sei, bleibe die Klägerin parteifähig. Für den vorliegenden Aktivprozess beseitige die Löschung während der Anhängigkeit der Klage die Parteifähigkeit nicht, weil in dem geltend gemachten Anspruch oder behaupteten Rechtsverhältnis noch ein Vermögensgegenstand zu sehen sei, über dessen Vorhandensein erst in dem anhängigen Verfahren entschieden werde. Die Klägerin verliere zwar mit der Löschung ihre Prozessfähigkeit, weil mit der im Handelsregister eingetragenen Löschung der Gesellschaft das Amt des vorhandenen Liquidators als (letzter) Vertreter beendet sei. Der Rechtsstreit sei gleichwohl nicht unterbrochen, da zur Zeit der Löschung ein Prozessbevollmächtigter bestellt gewesen sei.
Die Klage sei jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 sei der Beigeladene zu 4) in seiner Tätigkeit bei der Klägerin versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege- und in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen. Bereits aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und ihm werde die abhängige entgeltliche Beschäftigung deutlich. Es sei offensichtlich der Wille der Vertragspartner gewesen, ein Arbeitsverhältnis zu regeln und nicht etwa eine Geschäftsführerkooperation oder eine familienhafte Mitarbeit. Die Vertragsparteien hätten sich als „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ bezeichnet. Auch seien typische arbeitnehmerähnliche Regelungen vereinbart worden. Der Vertrag sei auf unbestimmte Zeit geschlossen worden. Der Beigeladene zu 4) habe ein festes monatliches Gehalt erhalten. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit habe 20 Stunden betragen. Eine Arbeitsunfähigkeit habe unverzüglich angezeigt werden müssen. Urlaub sei mit der Gesellschaft abzustimmen gewesen. Der „Arbeitnehmer“ sei zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen.
Der Beigeladene zu 4) habe auch nicht maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft gehabt. Als Minderheitengesellschafter habe er einen Beschluss gegen den Willen des Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters nicht verhindern können. Zwar sei in § 8 Abs. 7 GV tatsächlich vom Wortlaut her geregelt, dass die Beschlüsse der „einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden … Gesellschafter“ bedürften. In Verbindung mit § 8 Abs. 8 GV könne diese Regelung jedoch nur dahingehend verstanden werden, dass - zumindest bei der vorliegenden Konstellation von zwei Gesellschaftern - derjenige den anderen Gesellschafter überstimmen könne, „der eine höhere Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft“ trage. Denn § 8 Abs. 8 GV könne sich nur auf § 8 Ziffer 7 GV beziehen. Soweit die Klägerin vortrage, dass § 8 Abs. 8 GV ausschließlich im Zusammenhang mit § 8 Abs. 3 GV stehe, mache dies aus mehreren Gründen keinen Sinn. Denn zum einen sei unverständlich, warum die Regelung über die Gewichtung der Stimmen nicht unmittelbar im Anschluss an § 8 Abs. 3 GV erfolge. Und zum anderen sei bei der vorliegenden Zwei-Gesellschafter-Konstellation hinsichtlich der Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung ohnehin irrelevant, ob auf die Person oder den Stimmenanteil abgestellt werde.
Der Beigeladene zu 4) sei in der Zeit ab 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2006 auch nicht deswegen versicherungs- und beitragsfrei gewesen, weil er während der Dauer seines Studiums als ordentlicher Student einer Hochschule gegen Entgelt beschäftigt gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei eine Beschäftigung nur dann versicherungsfrei, wenn sie „neben“ dem Studium, d. h. sie nach Zweck und Dauer untergeordnet ausgeübt werde, das Studium die Haupt- und die Beschäftigung die Nebensache sei. Umgekehrt sei derjenige, der seinem „Erscheinungsbild“ nach zum Kreis der Beschäftigten gehöre, durch ein gleichzeitiges Studium nicht versicherungsfrei. Versicherungsfreiheit bestehe somit nur für Personen deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend für das Studium beansprucht werde. Für die Zeit eines Urlaubssemesters gelte daher, dass eine Beurlaubung vom Studium auch bei Fortbestehen der Immatrikulation grundsätzlich als Unterbrechung der Ausbildung anzusehen sei. Dieser Grundsatz gelte im Falle des Beigeladenen zu 4) um so mehr, als dieser nach seinen eigenen Angaben die Urlaubssemester bis zum 31. März 2006 wegen der Geburt und der Erziehung seiner Kinder beantragt und durchgeführt habe. Eine nennenswerte studentische Aktivität in dieser Zeit sei nicht einmal behauptet. Die Beschäftigung bei der Klägerin sei daher in den Vordergrund getreten und habe dem Erscheinungsbild des Beigeladenen zu 4) das Gepräge geben.
Im Prüfzeitraum 1. April 2006 bis 31. Dezember 2008 bestehe in der ausgeübten Beschäftigung bei der Klägerin Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. In dieser Zeit sei er bei der Klägerin beschäftigt. Die arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen hätten über den 31. März 2006 hinaus fortbestanden. Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung bestehe nicht. Die entsprechend eingeführte Befreiungsvorschrift für während dem Studium ausgeübte Praktika, die in der Studienordnung oder Prüfungsordnung vorgeschrieben seien, sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Übergangsvorschrift des § 230 Abs. 4 SGB VI sei mit dem Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen zum Beginn des ersten Urlaubssemesters am 1. Oktober 2004 für den Beigeladenen zu 4) nicht mehr anwendbar.
Gegen dieses ihr am 6. November 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30. November 2012. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die Berufung zulässig sei. Stelle sich nach Löschung der GmbH heraus, dass zum Zeitpunkt der Eintragung der Löschung noch Vermögen vorhanden sei, und habe vor der Löschung eine Liquidation stattgefunden, komme es zur Nachtragsliquidation. Die Nachtragsliquidation sei ferner erforderlich, wenn noch weitere Abwicklungsmaßnahmen vorzunehmen seien, was etwa auch bei der Wahrnehmung von Pflichten in einem gegen die Gesellschaft gerichteten Steuerverfahren der Fall sei. Nichts anderes könne gelten, wenn wie im vorliegenden Fall eine Beitragsforderung gegen die Gesellschaft im Streit sei. In der Sache sei der Beigeladene zu 4) nicht versicherungspflichtig. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts habe der Beigeladene zu 4) eine Sperrminorität besessen und er habe alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu seinen Ungunsten verhindern können. Nach der vertraglichen Regelung werde unterschieden zwischen der Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung und der Beschlussfassung. Die Gesellschafterversammlung sei nach § 8 Abs. 3 GV beschlussfähig, wenn so viele Gesellschafter anwesend seien, dass 75 v.H. aller Stimmen vereinigt seien. Dabei bestimme § 8 Abs. 8 GV wie viel Stimmen eine Stammeinlage gewähre. Die Mehrheit der Stimmen sei daher lediglich für die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung entscheidend. Die Mehrheit der Stimmen sei hingegen für die Frage der Wirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung unerheblich. Diese bedürften der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter. Dies zeige der „klare“ Wortlaut des § 8 Abs. 7 GV. Danach habe jeder anwesende Gesellschafter „dasselbe Stimmrecht“. Wenn aber jeder Gesellschafter „dasselbe Stimmrecht“ habe, könne bei lediglich zwei Gesellschaftern im Falle ihrer Anwesenheit in der Gesellschafterversammlung, keiner der Gesellschafter den anderen gegen dessen Willen überstimmen. Eine Auslegung der Klausel gegen den klaren Wortlaut, komme insoweit nicht in Betracht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 aufzuheben,
hilfsweise,
stellt sie die Beweisanträge aus dem Schriftsatz vom 3. April 2014.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin noch parteifähig. Die Rechtsfähigkeit von juristischen Personen endet mit ihrem Erlöschen (Vollkommer in Zöller, ZPO 30. Auflage 2014, § 50 RdNr. 4). Dabei kann der Senat offen lassen, ob maßgebend insoweit allein die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft ist, oder nach der Lehre vom Doppeltatbestand (vgl. Bork, JZ 1991 S. 841) hierfür neben die Registerlöschung die Vermögenslosigkeit treten muss. Denn auch die beendete Gesellschaft gilt insoweit als aktiv parteifähig, sofern ein weiterer sonstiger nachträglicher Abwicklungsbedarf besteht (Zöller a.a.O. RdNr. 4a und f.). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich die Gesellschaft, wie im vorliegenden Fall, gegen eine Beitragsnachforderung wendet.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Insoweit hat die Beklagte aber zu Unrecht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 4) in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit für die Klägerin festgestellt.
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Arbeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist danach die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere ein Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist die selbstständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbstständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. Urteil des BSG vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - juris RdNr. 16).
Bei der Feststellung des Gesamtbildes kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Nach der gefestigten Rechtsprechung sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine „Beschäftigung“ vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich auch aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formalen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Diese Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall maßgebend, weil der Beigeladene zu 4) im streitigen Zeitraum nicht in seinem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig war. Er war bei der Klägerin, einer GmbH, tätig, einem Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (Urteil des BSG vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -, juris RdNr. 18).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) als mitarbeitender Gesellschafter im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist sein Anstellungsvertrag. Dies ist der als „Arbeitsvertrag für Teilzeitarbeit“ überschriebene Vertrag vom 28. Juni 1995 in der hier maßgeblichen Fassung des „Änderungsvertrages zum Arbeitsvertrag vom 28. Juni 1995“. Dieser Vertrag spricht für eine Tätigkeit die im Rahmen einer Beschäftigung ausgeübt wurde. Denn die Vertragspartner bezeichnen sich als „Arbeitgeber“ und als „Arbeitnehmer“. Er enthält darüber hinaus typische Regelungen eines Arbeitsverhältnisses, wie eine Kündigungsvorschrift, eine Regelung über die Arbeitszeit, eine Regelung über eine feste Vergütung und eine Regelung über den Urlaubsanspruch. Untypisch ist insoweit aber § 1 des Änderungsvertrages. Danach wurden dem Beigeladenen zu 4) keine bestimmten Arbeiten zugewiesen. Er konnte selbst entscheiden, welche gesellschaftsbedingten Tätigkeiten erforderlich waren.
Im vorliegenden Fall ist aber zu berücksichtigen, dass der Beigeladen zu 4) mit einem Anteil in Höhe von 40 v. H. an der Stammeinlage der Klägerin beteiligt war. Bei der Beurteilung einer Abhängigkeit oder Selbstständigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters einer GmbH stellt das Ausmaß der Teilhabe am Stammkapital ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung seiner Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschaft dar. Der Alleingesellschafter einer GmbH steht zur Gesellschaft in keinem Beschäftigungsverhältnis, selbst wenn er für diese eine untergeordnete Tätigkeit nach Weisungen verrichtet. Verfügt der Gesellschafter, der als Geschäftsführer tätig ist, mindestens über die Hälfte des Stammkapitals und besitzt er damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschaft, liegt grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor (Brandt in Brandt, SGB III, 6. Auflage 2012, § 25 RdNr. 15). Verfügt der Gesellschafter über weniger als 50 v. H. des Stammkapitals, stellt dieser Umstand in der Regel ein Indiz dafür dar, dass er abhängig beschäftigt ist. Das Indiz kann aber durch besondere Umstände entkräftet werden, so dass auch bei einem unter 50 v. H. liegenden Anteil Selbstständigkeit möglich ist. Allerdings wird der mitarbeitende Gesellschafter bei diesem Kapitalanteil in der Regel an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung, die er nicht endgültig beeinflussen kann und durch die ihm Weisungen erteilt werden, gebunden sein. Gesellschafter, die alle gleichberechtigt sind und insbesondere maßgebliche Entscheidungen im Konsens treffen müssen, unterliegen keinem Weisungsrecht und sind dementsprechend keine Arbeitnehmer, sondern selbstständig (Brand a.a.O., § 25 RdNr.16, m.w.Nachw.).
Entsprechendes gilt für einen Gesellschafter, der weniger als 50 v. H. des Stammkapitals hält, wenn er über eine Sperrminorität verfügt, kraft derer er ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern kann. Dabei muss sich die Schutzklausel auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft und nicht nur auf einige bedeutende beziehen (Brand a.a.O. § 25 RdNr. 18 m.w.Nachw.).
An diesen Maßstäben gemessen war der Beigeladene zu 4) in dem hier streitigen Zeitraum selbstständig tätig. Er besaß eine qualifizierte Sperrminorität, die sich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft bezog. Nach § 8 Abs. 7 GV bedurften Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu ihrer Wirksamkeit der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Gesellschafter, soweit nicht durch Gesellschaftsvertrag oder durch das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit vorgeschrieben ist. Mit dieser Regelung haben die Gesellschafter der Klägerin eine von § 47 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) abweichende Regelung geschaffen. Nach § 47 Abs. 2 GmbHG gewährt jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Das gesetzliche Prinzip ist danach die Stimmgewichtung nach der Kapitalbeteiligung (Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage 2012, § 47 RdNr. 24). § 47 Abs. 2 GmbHG ist jedoch dispositives Recht (Roth a.a.O., und Schindler in BeckOK, GmbHG <Std.: 01.09.2013>, § 47 RdNr. 79). Die Satzung kann deshalb ein hiervon abweichendes Verfahren wählen, soweit nicht das Mehrheitserfordernis als Mindesterfordernis beseitigt wird. Die Satzung kann die Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung Erschienenen (= Mehrheit der anwesenden Gesellschafter) oder die Mehrheit des Stammkapitals (Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013 § 47 RdNr. 24) als Mehrheitserfordernis verlangen. Das Stimmrecht nach Köpfen ist insoweit ein zulässiges Kriterium (Roth, a.a.O. § 47 RdNr. 24 und Schindler, a.a.O., § 47 RdNr. 79).
Im vorliegenden Fall haben die Gesellschafter in § 8 Abs. 7 GV des Gesellschaftsvertrages eine entsprechende Regelung in Abweichung von § 47 Abs. 2 GmbHG normiert. Nach dem Wortlaut dieser Regelung bedürften Gesellschafterbeschlüsse zu ihrer Wirksamkeit der einfachen Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden oder ordnungsgemäß vertretenen Gesellschafter. Maßgeblich ist also zur Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nicht die Mehrheit des Stammkapitals, sondern die Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter.
Der Senat folgt insoweit nicht der Auslegung dieser Regelung durch das Sozialgericht. Organisationsregelungen oder Vertrags- oder Satzungsregelungen im materiellen Sinne, d. h. korporative Regelungen wie der vorliegende GV, sind wie Rechtsnormen, also objektiv, auszulegen (Urteil des Bundesgerichtshof <BGH> vom 19. Juli 2011 – II ZR 153/09 -, zitiert nach juris und Kraft/Kreuz, Gesellschaftsrecht, 11. Auflage 2000, S 38, B I 1e). Es kommt damit nicht darauf an, was die Gesellschafter subjektiv wollten. Eine entsprechende Vernehmung der Gesellschafter als Zeugen ist nicht angezeigt. Der Senat kann entsprechende Feststellungen selbst treffen (Urteil des BGH, a.a.O.).
An diesen Grundsätzen gemessen, haben sich die Gesellschafter für ein Stimmrecht nach Köpfen entschieden. Der materielle Inhalt des § 8 Abs. 7 GV ist auf der Grundlage des Wortlauts der Norm zu ermitteln. Danach ist für die Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse die Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung anwesenden Gesellschafter oder ordnungsgemäß vertretenen Gesellschafter notwendig. Bezugsgröße des Mehrheitserfordernisses ist mithin die Mehrheit der anwesenden Gesellschafter. Die Mehrheit des vorhandenen Stammkapitals ist insoweit ohne Bedeutung. Eine andere Regelung findet sich in § 8 Abs. 3 Satz 1 GV. Danach ist für die Beschlussfähigkeit der Gesellschaft zunächst von 75 % des Stammkapitals erforderlich. Offensichtlich wollten die Gesellschafter der Klägerin insoweit unterschiedliche Regelungen. Eine Auslegung des § 8 Abs. 7 GV im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 1 GV bedürfte daher zumindest eines entsprechenden Anhaltspunktes oder Hinweises in dem GV. Hieran fehlt es. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gesellschafter entgegen dem im Vergleich zu § 8 Abs. 3 Satz 1 GV abweichenden Wortlaut des § 8 Abs. 7 GV tatsächlich eine Stimmenmehrheit (nach der Kapitalbeteiligung) als Bezugsgröße des Mehrheitserfordernisses zur Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen gewollt haben. Hinsichtlich der Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung sollte nach dem GV die Kapitalbeteiligung die entscheidende Bezugsgröße sein und bei der Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse die Mehrheit der anwesenden Gesellschafter. Dass die Gesellschafter in § 8 Abs. 3 und Abs. 7 GV von einander abweichende Formulierungen gewählt haben, spricht dafür, dass den Regelungen eine gewollte inhaltliche Unterscheidung zugrunde liegt. Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es sich insoweit lediglich um eine Ungenauigkeit des Ausdrucks handelt.
Die Regelung des § 8 Abs. 8 GV, nach der je 500,00 DM einer Stammeinlage eine Stimme gewähren, ist somit nur für § 8 Abs. 3 GV von Relevanz. Denn nur in dieser Regelung sind die Stimmen nach der Kapitalbeteiligung von Bedeutung. Im Übrigen gewährt schon nach dem Gesetz (§ 47 Abs. 2 GmbHG) je ein Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme.
Mit dieser Auslegung entspricht § 8 Abs. 7 GV auch einem in einer Zwei-Personen-GmbH gewollten Interessensausgleich. Die Regelung stellt sicher, dass der Minderheitsgesellschafter nicht von dem Mehrheitsgesellschafter majorisiert wird. Der Minderheitsgesellschafter einer Zwei-Personen-GmbH muss außer bei Abstimmungen, für die das Gesetz eine – vom Mehrheitsgesellschafter nicht erreichte – qualifizierte Mehrheit fordert, immer damit rechnen, überstimmt zu werden, falls er sich im Gesellschaftsvertrag nicht Einstimmigkeit oder Abstimmung nach Köpfen ausbedungen hat. Hat er eine solche Stimmrechtsregelung nicht angestrebt oder nicht erreicht, so muss er sich damit abfinden, dass der Mehrheitsgesellschafter kraft seiner Stimmenmacht Gesellschafterbeschlüsse allein mit seiner Stimme herbeiführen kann (vgl. Urteil des BGH vom 29. Mai 1967 – II ZR 105/66 -, zitiert nach juris, Rdnr. 20).
Die Interessen des Mehrheitsgesellschafters sind wiederum durch § 5 GV geschützt. Danach bedarf die Veräußerung oder Übertragung eines Geschäftsanteils der Genehmigung der Gesellschaft. Der Minderheitsgesellschafter ist durch das Stimmrecht nach Köpfen in § 8 Abs. 7 GV gehindert, ohne Zustimmung der Gesellschaft seinen Geschäftsanteil oder Teile hiervon auf einen oder mehrere Dritte zu übertragen, um mit einer dann möglichen Mehrheit nach Köpfen den Mehrheitsgesellschafter selbst majorisieren zu können. Zur Wirksamkeit eines entsprechenden Beschlusses bedürfte es der Zustimmung des Mehrheitsgesellschafters.
Da die Klägerin über die gesamte Zeit ihrer Existenz lediglich zwei Gesellschafter hatte, bis zum 31. Dezember 1999 den Vater des Beigeladenen zu 4) mit 60 v. H. der Stammeinlage und der Beigeladene zu 4) mit 40 v. H. der Stammeinlage und ab dem 1. Januar 2000 der Bruder des Beigeladenen zu 4) mit 60 v. H. der Stammeinlage und der Beigeladene zu 4) mit 40 v. H. der Stammeinlage, bedurften Gesellschafterbeschlüsse bei Anwesenheit beider Gesellschafter zu ihrer Wirksamkeit die Zustimmung jeweils beider Gesellschafter. Der Kläger konnte damit bei Wahrnehmung seiner Gesellschafterrechte jeden unliebsamen Beschluss der Gesellschaft verhindern.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.