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Kanalanschlussbeiträge (Abwasserbeiträge)


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 26.01.2012
Aktenzeichen VG 5 K 141/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Beitragsbescheid des Beklagten vom 22. April 2008 (AW 0600001021) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar 2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Beitrag für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasseranlage des vom Beklagten vertretenen Wasser- und Abwasserzweckverbandes (WAV).

Der Kläger ist seit Februar 2007 Eigentümer des Grundstücks in XXX, XXX, Gemarkung XXX, Flur X, Flurstück XX. Das streitgegenständliche Grundstück ist XXX m² groß und mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebaut; es liegt vollständig im Innenbereich. Das Grundstück des Klägers ist seit dem Jahr 2007 an die vom Beklagten betriebene zentrale Abwasserentsorgungsanlage angeschlossen. Die VOB-Abnahme der im Waldweg verlaufenden Druckentwässerungsleitung durch den Beklagten erfolgte am 28. Februar 2007.

Mit Bescheid vom 22. April 2008 wurde gegenüber dem Kläger für das Grundstück XXXin XXX ein Beitrag für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasseranlage in Höhe von 2.562,56 Euro festgesetzt. Dabei wurde eine Grundstücksfläche von XXX qm und ein Nutzungsfaktor von 1,0 für ein zulässiges Vollgeschoss und ein Beitragssatz von 2,86 Euro pro Quadratmeter zu Grunde gelegt. Der Bescheid wurde mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage erstellt, trägt keine Unterschrift und weist im Briefkopf den beklagten Verbandsvorsteher des Wasser- und Abwasserverbandes „Panke/Finow“ aus. Im Briefkopf des Bescheides ist als Bearbeiter ein Herr H., ein Mitarbeiter der Stadtwerke Bernau GmbH, angegeben. In der Fußzeile der Bescheide heißt es: „Wasser- und Abwasserverband „Panke/Finow“ c/o Geschäftsbesorger Stadtwerke Bernau GmbH“.

Der Kläger erhob am 22. Mai 2008 durch seinen Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. April 2008 und beantragte zugleich, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen. Zur Begründung führte er an, eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sei nicht gegeben. Mit Schreiben vom 09. Juni 2008 des „Wasser- und Abwasserverband(es) ´Panke/Finow´ – Der Verbandsvorsteher –“ wurde der Eingang des Widerspruchs bestätigt und zugleich der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Das Schreiben ist von zwei Mitarbeiterinnen der Stadtwerke Bernau GmbH, Frau XXX und Frau XXX, unterzeichnet. Diesen Unterschriften ist jeweils der Zusatz „Geschäftsbesorger, Stadtwerke Bernau GmbH“ hinzugefügt. Im Kopf der Schreiben ist jeweils Frau XXX als Bearbeiterin angegeben.

Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2009, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04. Februar 2009 zugestellt, zurück. Die sich in dem Verwaltungsvorgang befindliche, fünf Seiten umfassende Kopie des Widerspruchsbescheides trägt auf der Seite 5 die (volle) Namensunterschrift des Verbandsvorstehers. Der Kopie des Widerspruchsbescheids ist ein Doppel seiner Seite 5 im Original beigefügt, welche lediglich mit der Paraphe (des Verbandsvorstehers XXX) unterzeichnet und den Paraphen zweier Mitarbeiter der Stadtwerke Bernau GmbH gezeichnet ist. Im Kopf des Widerspruchsbescheides ist (als Bearbeiterin) Frau XXX angeführt.

Der Kläger hat am 04. März 2009 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der angefochtene Beitragsbescheid sei mangels einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, weil der in der maßgeblichen Satzung in § 2 bestimmte Anlagenbegriff rechtswidrig sei. Danach umfasse die öffentliche Abwasseranlage das gesamte öffentliche Abwasserleitungsnetz und alle zur Abwasserbehandlung und Entsorgung betriebenen Anlagen, unabhängig davon, ob sie im Eigentum des Verbandes stehen oder von Dritten hergestellt oder unterhalten werden. Diese Definition einer öffentlichen Einrichtung halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Deshalb sei auch die darauf fußende Beitragssatzung unwirksam, denn das Rechtmäßigkeitsprofil von Anschlusssatzung und Beitragssatzung müsse verzahnt ineinandergreifen. Eine Definition einer öffentlichen Abwasseranlage, die auch nicht im Eigentum des Verbandes stehende Einrichtungsteile umfasse, führe dazu, dass eine Vermischung von öffentlich-rechtlichen und im Privateigentum Dritter stehender Anlagenteile stattfinde, die auch beitragskalkulatorisch nicht mehr abgegriffen werden könne. Da § 1 der Beitragssatzung ausdrücklich auf § 2 Absatz 4 der Entwässerungssatzung Bezug nehme, zeige sich, dass in jedem Falle auch die Beitragssatzung insoweit infiziert sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 22. April 2008 (AW0600001021) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, der Anschlussbeitragsbescheid sei rechtmäßig. Er finde seine Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht geltenden Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des WAV. Der Kläger habe seit 2007 die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage. Als Gegenleistung für die hierdurch gebotenen wirtschaftlichen Vorteile habe der Beklagte gem. § 1 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung einen Anschlussbeitrag zu erheben. Dafür dass die satzungsrechtlichen Bestimmungen in §§ 2 ff. der Beitrags- und Gebührensatzung fehlerhaft angewandt worden wären, sei nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Die Beitrags- und Gebührensatzung sei auch nicht deswegen unwirksam, weil in ihrem § 1 auf den – vermeintlich rechtswidrigen - § 2 Abs. 4 der Satzung über die Grundstücksentwässerung und den Anschluss der Grundstücke an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage des Beklagten vom 05. November 2002 (EWS) verwiesen werde. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 EWS umfasse die öffentliche Anlage „das gesamte öffentliche Abwasserleitungsnetz und alle zur Abwasserbehandlung und -entsorgung betriebenen Anlagen, unabhängig davon, ob sie im Eigentum des Verbandes stehen oder von Dritten hergestellt und unterhalten werden“. Diese Formulierung lasse es zu, Vorrichtungen, die im Eigentum von Privaten stehen, bei Vorliegen einer entsprechenden Widmung als Bestandteil der öffentlichen Anlage zu behandeln. Dies sei rechtlich völlig unbedenklich. Im Rahmen der Beitragskalkulation könne diesem Umstand ohne Weiteres dergestalt Rechnung getragen werden, dass der Herstellungsaufwand für die privaten Anlagenteile nicht als beitragsfähiger Aufwand behandelt werde. Etwaige diesbezügliche Fehler bei der Kalkulation des hier zur Anwendung gekommenen Beitragssatzes gemäß § 6 der Beitrags- und Gebührensatzung habe der Kläger nicht gerügt und lägen auch nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und die Satzungsunterlagen des Beklagten, einschließlich der Beitrags- und Anschlusskostenkalkulation, Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Beitragsbescheid vom 24. April 2008 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2009 sind aufzuheben, denn sie sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

Der Beitragsbescheid vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar 2009 ist allerdings nicht schon deswegen rechtswidrig, weil der angefochtene Beitragsbescheid tatsächlich nicht von einem zum Erlass von Verwaltungsakten befugten Hoheitsträger erlassen wurde.

Die Kammer ist auf der Grundlage des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung der rechtlichen Erwägungen in den den Beteiligten bekannten Entscheidungen des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts zur Unzulässigkeit der Erhebung von Abwasserbeiträgen durch eine private Geschäftsbesorgungsgesellschaft (Beschluss vom 19. Oktober 2009 – 4 EO 26/09 -) und zur Unzulässigkeit der Erhebung von Wasser- und Abwassergebühren durch eine private Geschäftsbesorgungsgesellschaft (Urteil vom 14. Dezember 2009 – 4 KO 482/09 -) sowie der hierzu ergangenen Revisionsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 23.08.2011 – 9 C 3/11, die Parallelentscheidung 9 C 2/11 ist in juris veröffentlicht) zu der Überzeugung gelangt, dass der angefochtene Beitragsbescheid für sich betrachtet zwar rechtswidrig ist, die Heranziehung des Klägers zu dem strittigen Abwasserbeitrag aber – grundsätzlich - rechtmäßig durch den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 02. Februar 2009 erfolgen konnte.

Der Beitragsbescheid, der gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg - KAG i. V. m. § 118 Abgabenordnung (AO) als Verwaltungsakt ergeht, muss gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i. V. m. § 119 Abs. 3 AO die erlassende Behörde als dessen Urheber erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Unterschrift und Namenswiedergabe dürfen nur bei formularmäßig ergehenden Bescheiden fehlen (§ 119 Abs. 3 Satz 2 2. Hs. AO). Urheberschaft und Verantwortlichkeit des Abgabengläubigers i. S. d. § 119 Abs. 3 AO müssen nach außen klar und konkret erkennbar sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Februar 1982 – 2 A 1667/79 –, ZKF 1983 S. 112). Für die Beurteilung der hinreichenden Erkennbarkeit der erlassenden Behörde ist nach der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Auslegungsregel der §§ 133, 157, 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der objektive Erklärungswert maßgebend, d. h. wie der Betroffene selbst die Erklärung nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Dabei ist die Auslegung nicht auf das Erscheinungsbild und formale Äußerlichkeiten wie etwa den Kopf des Bescheides beschränkt; vielmehr ist grundsätzlich der gesamte Inhalt des Bescheids einschließlich seiner Begründung heranzuziehen, um im Wege der Auslegung die erlassende Behörde festzustellen (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009 – 4 EO 26/09, juris RdNr. 20; Urteil vom 14. Dezember 2009 – 4 KO 482/09, juris RdNr. 29).

Danach ist der Beitragsbescheid formal dem Beklagten zuzurechnen, weil er ihn eindeutig als erlassende Behörde ausweist. Der Zweckverband ist im Kopf des Bescheides aufgeführt und in der Rechtsbehelfsbelehrung benannt. Auslegungsbedürftige Angaben oder Merkmale sind nicht vorhanden. Der maschinell gefertigte Bescheid enthält keine Unterschrift. Dass der als Bearbeiter benannte Herr XXX Mitarbeiter der Stadtwerke Bernau GmbH ist, lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Auch aus dem Verwaltungsverfahren ergeben sich keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine abweichende Urheberschaft.

Entgegen dem äußeren Anschein ist der angefochtene Beitragsbescheid aber nicht vom Verbandsvorsteher des WAV Panke/Finow als zuständige Behörde erlassen worden. Hier hat die den Abgabenverwaltungsakt kennzeichnende Maßnahme (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i. V. m. § 118 AO) nicht der Beklagte als hierzu ermächtigter Hoheitsträger getroffen, sondern seine privatrechtlich organisierte Geschäftsbesorgerin, die Bernauer Stadtwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Das Recht zur Abgabenerhebung ist aber ein Hoheitsrecht, das nur im Rahmen der Gesetze ausgeübt werden darf. Abgaben werden von der Abgabenbehörde – wie ausgeführt - durch Abgabenbescheid festgesetzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b KAG i.V.m. § 155 Abs. 1 AO). Der Abgabenbescheid ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, die diese mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen trifft (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) und Nr. 4 lit. b) KAG i. V. m. §§ 118 Satz 1, 155 Abs. 1 Satz 2 AO). Danach besteht für die Abgabenerhebung eine zwingende Zuständigkeit der hierzu gesetzlich autorisierten kommunalen Abgabengläubiger und sind juristische Personen des Privatrechts – vorbehaltlich einer hier nicht vorliegenden, nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglichen Beleihung - nicht befugt, Abgabenbescheide gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 AO zu erlassen (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 6 L 55/10 -, juris RdNr. 69 f.). Allerdings kann sich ein Hoheitsträger bei der Abgabenerhebung der Hilfe von privaten unselbständigen Verwaltungshelfern bedienen. Der Verwaltungshelfer unterstützt die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben, wird aber - im Unterschied zum Beliehenen - nicht selbständig tätig, sondern nimmt Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahr. Der Private darf als Verwaltungshelfer also nur in vorbereitender und unterstützender Funktion herangezogen werden (vgl. Stollmann, DÖV 1999, 183, 187), aber nicht selbständig Verwaltungsakte im Namen des Auftraggebers erlassen (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 6 L 55/10 -, juris RdNr 69 f.). Denn eine solche Tätigkeit stellt weder eine vorbereitende noch eine Hilfstätigkeit dar, die für einen Verwaltungshelfer typisch und zulässig ist.Dementsprechend können Tätigkeiten im Rahmen der Abgabenverwaltung auf private Dritte nur insoweit übertragen werden, als diese Tätigkeiten bloßen Hilfszwecken dienen und die abschließende Entscheidungskompetenz der zur Abgabenerhebung befugten Körperschaft vorbehalten bleibt. Als zulässige vorbereitende oder unterstützende Hilfstätigkeiten kommen etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigen von Luftbildern) in Betracht, oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen, beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009, a. a. O. und Urteil vom 14. Dezember 2009. a. a. O.).

Die Grenze der Verwaltungs- oder Erfüllungshilfe ist allerdings dann überschritten, wenn der Helfer nicht nur eigenständig – was noch unbedenklich sein dürfte (so auch VG Cottbus, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 6 L 55/10 -; juris RdNr. 69) - alle Daten ermittelt, die zur Einzelveranlagung notwendig sind, sondern auch alle Satzungsnormen anwendet und sämtliche relevanten rechtlichen Tatbestände prüft und schließlich die Beitragsbescheide - wenn auch in fremdem Namen – erlässt und sich die Tätigkeit des Einrichtungsträgers im Wesentlichen auf den Beschluss der Abgabensatzung beschränkt (Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009 – 4 EO 26/09, a. a. O.). Von einer Hilfstätigkeit kann erst recht keine Rede sein, wenn darüber hinaus praktisch die gesamte öffentliche Aufgabe von einem privaten Dritten erfüllt wird (Thüringer OVG, Beschluss vom 19. Oktober 2009, a. a. O. und Urteil vom 14. Dezember 2009, a. a. O., m. w. N.). Denn für ein generelles Mandat, das einer ständigen Aufgabenübertragung gleichkommt, bedarf es einer gesetzlichen Grundlage, weil die zugewiesene Aufgabe in Abweichung von der gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsregelung erledigt wird und dies nach Art. 20 Abs. 2 und 3 GG dem institutionellen Gesetzesvorbehalt unterliegt. Dabei dürfte unerheblich sein, ob der Geschäftsbesorger im Außenverhältnis offenbart, dass er als Beauftragter im fremden Namen handelt oder ob er dies verdeckt tut. Entscheidend dürfte vielmehr sein, dass der zuständige Hoheitsträger nicht durch eigene Organ- und Amtswalter tätig wird und ob materiell letztlich eine Zuständigkeitsverschiebung vorliegt. Eine gesetzliche Grundlage ist jedenfalls auch für ein (verdecktes) Mandat nach der Rechtslage in Brandenburg nicht vorhanden (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 17. Dezember 2010 – 6 L 55/10 -; a. a. O.; zur dortigen Rechtslage Thüringer OVG, Urteil vom 14. Dezember 2009, a. a. O.).

Gemessen daran überschreitet das Tätigwerden der Geschäftsbesorgerin, der Bernauer Stadtwerke GmbH, bei der Beitragserhebung die Grenzen zur zulässigen Verwaltungs- und Erfüllungshilfe eindeutig. Der angefochtene Beitragsbescheid ist nur noch der äußeren Form nach als Verwaltungsakt des Beklagten ergangen. Abgesehen von dem Erlass der grundlegenden Satzungen sind alle anderen wesentlichen Maßnahmen und Entscheidungen durch Bedienstete der Geschäftsbesorgerin oder anderen externen Helfern getroffen worden. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der WAV Panke/Finow jedenfalls in den Jahren 2008, 2009 und bis zum 31. Oktober 2010 über keinerlei eigenes Personal verfügte. Er bediente sich stattdessen zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben der privatrechtlich organisierten Bernauer Stadtwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Geschäftsbesorgerin. Die Stadtwerke Bernau GmbH hatte, wie es der Geschäftsbesorgungsvertrag vom 08. August 1994 (GBV) regelte, nahezu alle Aufgabenbereiche des WAV Panke/Finow übernommen und bearbeiteten diese eigenständig. Hierzu gehörten insbesondere die Vorbereitung von Zweckverbandsversammlungen (§ 2 Abs. 1 A a GBV), die Durchführung des gesamten Finanz- und Rechnungswesens, einschließlich Verbrauchsabrechnung, Mahnwesen und Steuerangelegenheiten (§ 2 Abs. 1 B a GBV), die Erarbeitung und Kontrolle des Haushaltsplanes (§ 2 Abs. 1 B b GBV), der Vertrieb einschließlich der Anschlussfragen (§ 2 Abs. 1 B c GBV), die Planung und Bau von Wasser- und Abwasseranlagen (§ 2 Abs. 1 C a GBV) sowie der Betrieb und die Unterhaltung der Wasser- und Abwasserentsorgungsanlagen (§ 2 Abs. 1 C b GBV). Nach der Aussage der Mitarbeiterin der Bernauer Stadtwerke GmbH, Frau Xxx, die in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden ist, umfassen die kaufmännischen Dienstleistungen unter § 2 Abs. 1 B a GBV neben der Bilanzführung und der Buchhaltung die Erfassung von gebühren- und beitragsrelevanten Daten, die Prüfung der Anschließbarkeit der betreffenden Grundstücke, sowie die Erstellung, Ausfertigung und Versendung der Gebühren- u. Beitragsbescheide. Die Erstellung der Gebühren- und Beitragskalkulationen erfolge aufgrund eines Beschlusses der Verbandsversammlung durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bei der Erstellung der Vorlagen zu den Satzungen und Satzungsänderungen, deren rechtliche Betreuung und Einreichung durch eine Anwaltskanzlei erfolge, leiste die Geschäftsbesorgerin Zuarbeiten. Die Veröffentlichung der Satzungen werde durch die Geschäftsbesorgerin veranlasst. Die Aufstellung der Wirtschaftspläne veranlasste der Verbandsvorstand. Bei der Erstellung der Beitragsbescheide erfolge zunächst eine Zuarbeit durch einen technischen Sachbearbeiter der Geschäftsbesorgerin. Im Anschluss an die Überprüfung der übermittelten Daten durch Mitarbeiter der Geschäftsbesorgerin sei der jeweilige Beitragsbescheid durch Mitarbeiter der Geschäftsbesorgerin erstellt, ausgefertigt und versendet worden, ohne dass der ausgefertigte Bescheid zuvor dem Verbandsvorsteher vorgelegt worden sei.

Nach alledem umfasste das eigene Handeln des WAV Panke/Finow nur noch ein eingeschränktes Tätigwerden der notwendigen Verbandsorgane (Verbandsversammlung, § 14 GKG; Verbandsvorsteher, § 16 GKG; Verbandsvorstand, § 16a GKG), etwa die Beschlussfassungen der Verbandsversammlung über die vorgelegten Satzungsentwürfe und die rechtsgeschäftliche Vertretung durch den Verbandsvorsitzenden. Diese Art der Aufgabenerledigung, mit der sich der Zweckverband seiner Handlungsfähigkeit so weit entkleidete, dass nur ein bloßer Hoheitstorso verblieb, ist bei hoheitlichem Tätigwerden mit der Rechtslage nicht vereinbar (zur dortigen Rechtslage Thüringer OVG, Urteil vom 14. Dezember 2009, a. a. O.).

Allerdings ist in dem vom Verbandsvorsteher erlassenen Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2009 erstmalig ein rechtmäßiger Verwaltungsakt zu sehen. Der Widerspruchsbescheid kann grundsätzlich Gestalt bildend auf den Ausgangsbescheid einwirken, indem er den Regelungsgehalt modifiziert, die Begründung ändert oder ursprünglich enthaltene Fehler behebt. Es fehlt vorliegend auch nicht an einer von der Ausgangsbehörde selbst getroffenen Regelung, die umgestaltet oder geheilt werden könnte (BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2/11 -, juris Rdnr. 19; a. A. Thürer OVG für eine entsprechende Konstellation). Hierzu hat das BVerwG in seinem Urteil vom 23. August 2011 folgendes ausgeführt:

„...Die Begründung des Berufungsurteils, dass es an einer von der Ausgangsbehörde selbst getroffenen Regelung fehle, die bestätigt oder umgestaltet werden könnte, steht allerdings mit § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht in Einklang ... Das in §§ 68 ff. VwGO normierte Widerspruchsverfahren ist unbeschadet seiner Eigenschaft als Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) Verwaltungsverfahren im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts. Das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine Einheit und wird erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen (Urteile vom 18. April 1986 - BVerwG 8 C 81.83 - Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 2 S. 3 und vom 1. Dezember 1989 - BVerwG 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181>). Auch im gerichtlichen Verfahren setzt sich die Einheit fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie besitzt grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (vgl. Urteile vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145> und vom 11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280>). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt eine Gestaltänderung im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auch dann vor, wenn ursprünglich kein Verwaltungsakt existierte und der Widerspruchsbescheid aus einer (schlichten) Willenserklärung einen Verwaltungsakt macht (Urteile vom 12. Januar 1973 - BVerwG 7 C 3.71 - BVerwGE 41, 305 <307 f.>, vom 6. Dezember 1978 - BVerwG 8 C 24.78 - BVerwGE 57, 158 <161>, vom 21. November 1980 - BVerwG 7 C 18.79 - BVerwGE 61, 164 <168> und vom 26. Juni 1987 - BVerwG 8 C 21.86 - BVerwGE 78, 3 <5>; ebenso Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 79 Rn. 1; Redeker/von Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 79 Rn. 2; kritisch dagegen Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 79 Rn. 24; Pietzcker, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 79 Rn. 3; Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 79 Rn. 11 - jeweils m.w.N.). Hieran gemessen steht der Umstand, dass der Beklagte die Prüfung der Gebührenforderung und die Erstellung der Bescheide dem privaten Geschäftsbesorger übertragen hat, einer Gestaltung des Ausgangsbescheids nicht entgegen. Wenn selbst eine Willenserklärung ohne Verwaltungsaktsqualität durch einen Widerspruchsbescheid in einen Verwaltungsakt umgestaltet werden kann, muss es erst recht möglich sein, einen bloß formal der Behörde zurechenbaren Verwaltungsakt durch Nachholen einer materiellen, behördlich verantworteten Regelung zu gestalten. Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts verletzt mithin Bundesrecht...“.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung konnte der Beklagte durch den von ihm erlassenen Widerspruchsbescheid vom 02. Februar 2009 den Inhalt des nur formal ihm zurechenbaren Beitragsbescheides vom 24. April 2008 bestätigen und diesen damit zu einer materiellen, behördlich verantworteten Regelung gestalten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass – nach der Aussage von Frau Xxx in der mündlichen Verhandlung – der Entwurf des Widerspruchsbescheides von ihr - als bei der Geschäftsbesorgerin tätigen Juristin – gefertigt und nach interner Prüfung durch weitere Mitarbeiter der Geschäftsbesorgerin dem Verbandsvorsteher mit dem Verwaltungsvorgang zur Unterzeichnung vorgelegt worden ist. Aufgrund der Aussage von Frau Xxx, nach der der Verbandsvorsteher in der Vergangenheit bei den ihm vorgelegten Verwaltungsvorgängen und Widerspruchsbescheidentwürfen gelegentlich auch eine weitere Zuarbeit gefordert habe, geht die Kammer davon aus, dass der Verbandsvorsteher den ihm von der Geschäftsbesorgerin vorgelegten Widerspruchsbescheidentwurf nicht lediglich unterzeichnet, sondern vielmehr nach dessen Prüfung und nach Abwägung eine Entscheidung über den von dem Kläger gegen den Beitragsbescheid vom 24. April 2008 erhobenen Widerspruch getroffen hat.

Der angefochtene Beitragsbescheid vom 24. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Februar 2009 ist aber deswegen rechtswidrig, weil dem darin festgesetzten Beitrag zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes zur Herstellung der öffentlichen Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung die erforderliche Grundlage in Gestalt einer wirksamen Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg – KAG –) fehlt. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 24. April 2008 bedarf für seine Rechtmäßigkeit einer wirksamen Abgabensatzung, die spätestens für den Zeitpunkt seines Wirksamwerdens bzw. den Erlass des Widerspruchbescheides Geltung hat (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09. September 2009 – 9 B 60.08 -, juris Rdnr. 13 und Urteil vom 16. Dezember 2009 – 9 B 65.08). Eine solche ist nicht gegeben.

Die am 17. August 2004 beschlossene und am 21./22. August 2004 öffentlich bekanntgemachte „Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Wasser- und Abwasserverbandes ‘Panke-Finow’ (BGS-ES 2004), auf die der Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 24. April 2008 gestützt hat, scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil sie – ebenso wie alle vorangegangenen (Abwasser-) Beitragssatzungen des WAV - rechtsunwirksam ist. Dies hat das OVG Berlin-Brandenburg in seinen Urteilen vom 09. September 2009 – 9 B 60.08 - und vom 16. Dezember 2009 – 9 B 65.08 – festgestellt.

Als maßgebliche Rechtsgrundlage kommt jedoch die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Wasser- und Abwasserverbandes ‘Panke-Finow‘“ vom 28. Januar 2009 (im Folgenden: BGS-ES 2009) in Betracht. Die BGS-ES 2009 misst sich Wirkung zum 01. Februar 2009 bei (§ 29 BGS-ES 2009), so dass der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides – der 02. Februar 2009 - von ihrem zeitlichen Geltungsbereich umfasst wäre.

Aber auch die BGS-ES 2009 stellt keine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid dar, weil die maßgeblichen Regelungen in ihrem Abschnitt I „Abwasserbeiträge“ (§§ 1 bis 13) unwirksam sind.

Die BGS-ES 2009 ist zwar formell wirksam. Sie wurde in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 2 der Verbandssatzung des Wasser- und Abwasserverbandes Panke/Finow vom 16. Juli 1997 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17. September 2002 (veröffentlicht im Amtsblatt für den Landkreis Barnim Nr. 12/2002 vom 24. Oktober 2002, S. 32 ff., 39), die am 25. Oktober 2002 in Kraft trat und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Beitragssatzung galt, im "Niederbarnim Echo" der Märkischen Oderzeitung vom 31. Januar 2009 öffentlich bekannt gemacht.

Die BGS-ES 2009 leidet aber an einem materiellen Rechtsfehler, der zur Nichtigkeit der Regelungen in ihrem Abschnitt I. führt. Denn die Satzungsregelung des § 2 BGS-ES 2009 verstößt gegen § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. Die BGS-ES 2009 behandelt entgegen der Neufassung des KAG zum 1. Februar 2004 einerseits die lediglich anschließbaren (aber nicht angeschlossenen) Außenbereichsgrundstücke, die bebaut sind bzw. gewerblich oder in vergleichbarer (sonstiger) Weise genutzt werden, als nicht beitragspflichtig und andererseits die angeschlossenen Außenbereichsgrundstücke, die unbebaut sind bzw. gewerblich oder in vergleichbarer (sonstiger) Weise nicht genutzt werden, als beitragspflichtig.

Dies führt zur Unwirksamkeit der Regelungen in Abschnitt I der BGS-ES 2009.

§ 2 BGS-ES 2009 regelt den Gegenstand der Beitragspflicht. Nach § 2 Abs. 1 BGS-ES 2009 unterliegen der Beitragspflicht Grundstücke, die an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden können und für die 1. eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, 2. eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach (der) geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen. § 2 Abs. 2 BGS-ES 2009 lautet wie folgt: „Wird ein Grundstück an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen, so unterliegt es auch dann der Beitragspflicht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen“. Hierunter lassen sich die Außenbereichsgrundstücke subsumieren, da es sich insoweit – auch wenn die Grundstücke im Außenbereich bebaut sind – nach der Verkehrsauffassung nicht um Bauland handelt (vgl. im Einzelnen hierzu Becker in Becker/Benedens/Deppe/Düwel/Kluge/Liedtke/Schmidt, KAG Bbg, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2006, § 8 Rn. 326; Grünewald in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 8 Rdnr. 550). Von der Regelung in § 2 Abs. 2 BGS-ES werden begrifflich allerdings nur solche Außenbereichsgrundstücke umfasst, die tatsächlich an die öffentliche Anlage angeschlossen sind, unabhängig davon, ob sie bebaut sind bzw. gewerblich oder in vergleichbarer (sonstiger) Weise genutzt werden oder ob sie unbebaut sind bzw. gewerblich oder in vergleichbarer (sonstiger) Weise nicht genutzt werden. Hingegen werden Außenbereichsgrundstücke, die bebaut sindoder gewerblich bzw. in vergleichbarer Weise genutzt werden und lediglich eine Anschlussmöglichkeit (aber keinen tatsächlichen Anschluss) aufweisen, nicht benannt.

Dies widerspricht den gesetzlichen Vorgaben des hier mit Blick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung am 01. Februar 2009 maßgeblichen, zum 1. Februar 2004 neugefassten Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg. § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. sieht vor, dass das Beitragsgebiet auch Grundstücke oder Teile von Grundstücken im Außenbereich umfasst, soweit für diese die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage besteht. Die Kammer geht unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Vorteilsbegriffs in § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG im Anschluss an die Rechtsprechung des VG Cottbus (Urteil vom 24. Februar 2011 – 6 K 953/06, juris RdNr 69) davon aus, dass § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. grundsätzlich nur angeschlossene oder anschließbare Außenbereichsgrundstücke betrifft, die bebaut oder gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) genutzt sind. Diese einschränkende Auslegung des § 8 Abs. 6 S. 5 KAG n. F. hat das VG Cottbus in seinem Urteil überzeugend wie folgt begründet:

„...Ausgangspunkt der Betrachtung und der Auslegung der geänderten Vorschrift des § 8 Abs. 6 KAG muss insoweit der Vorteilsbegriff sein, der sich durch die KAG-Änderung im Grundsatz nicht geändert hat (so im Zusammenhang mit dem seit dem 1. Februar 2004 nicht mehr erforderlichen Artzuschlag im Bereich der leitungsgebundenen Einrichtungen: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006 – 9 B 24.05 -, S. 10 des E.A.). Vielmehr hat der Gesetzgeber an diesen Vorteilsbegriff angeknüpft; vgl. die unverändert gebliebene Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG (abweichend Becker in Becker u.a., a.a.O, Rn. 324, der jedoch selbst darauf hinweist, dass sich die Gesetzesbegründung auf den wirtschaftlichen Vorteilsbegriff im Sinne einer Steigerung des Gebrauchswerts bezieht, vgl. LT-Drucks 3/6324, S. 25). Nach dem fortgeltenden § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG werden Beiträge von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür erhoben, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Der der Beitragsbemessung zu Grunde zu legende Vorteilsbegriff ist also ein wirtschaftlicher; aus dem Umstand, dass der Beitrag (nur) von den Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten oder Nutzern im Sinne des § 8 Abs. 2 Sätze 4 bis 6 KAG erhoben wird, ergibt sich zugleich, dass der Vorteil grundstücksbezogen ist. Maßgebend für die Beitragsbemessung ist mithin die durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage oder Einrichtung - hier der öffentlichen Abwasserentsorgung - bewirkte Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks (so auch für die hier relevante Rechtslage nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 17. Dezember 2003 am 1. Februar 2004: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006, a.a.O.; sowie für die alte Rechtslage: OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 8. Juni 2000 – 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, S.132, 138 rechte Spalte, Urteil vom 7. Dezember 2004 – 2 A 169/02 -, S. 15; Urteil der Kammer vom 5. Februar 2009 – 6 K 24/08 -, juris Rn. 49). Dieser besteht regelmäßig darin, dass das Grundstück über den bloßen Besitz und die Veräußerungsmöglichkeit hinaus in bestimmter Weise mit einer bestimmten Renditeerwartung genutzt werden kann. Der wirtschaftliche Vorteil in diesem Sinne lässt sich allerdings nicht beziffern, sondern kann nur mittelbar über die Umstände erfasst werden, von denen er abhängt. Dies sind für die wirtschaftliche Ausnutzbarkeit eines Grundstücks grundsätzlich Art und Maß der zulässigen baulichen oder sonstigen Grundstücksnutzung, wobei nach Inkrafttreten des 2. Entlastungsgesetzes gemäß § 8 Abs. 6 Satz 3 KAG bei leitungsgebundenen Anlagen ausschließlich das Maß der baulichen Nutzung berücksichtigt werden soll. Um eine wegen des (fort)geltenden Vorteilsverständnisses erforderliche (mit dem Anschluss oder der Anschlussmöglichkeit verbundene) Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks sicher annehmen zu können, forderte die frühere Rechtsprechung zum KAG a.F. – wie dargelegt - bei Außenbereichsgrundstücken, da es sich insoweit nach der Verkehrsauffassung nicht um Bauland handelt, neben der Notwendigkeit der Bebauung bzw. gewerblichen Nutzung und des potentiell denkbaren Wasserbedarfs bzw. Abwasseranfalls, den tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an die Ver- oder Entsorgungsanlage. Wenn dieser vorhanden war, war nämlich sicher davon auszugehen, dass das Grundstück im Falle seiner Bebauung oder gewerblichen oder vergleichbaren (sonstigen) Nutzung trotz fehlender Baulandqualität in qualifizierter Weise genutzt wurde, so dass die Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Ver- oder Entsorgungsanlage tatsächlich gebrauchswertsteigernd und nicht unnütz für das Grundstück war. Die bloße Anschlussmöglichkeit reichte demgegenüber nach alter Rechtslage auch im Falle der Bebauung oder gewerblichen Nutzung nicht aus, weil diese mit dem Risiko behaftet war, dass die Baulichkeit vor der Anschlussnahme zerstört wurde und das Grundstück dann nicht – auch nicht im Rahmen der erleichterten Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 BauGB – erneut bebaut werden durfte und dementsprechend auch nicht bevorteilt wurde (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung des OVG Brandenburg bzw. Berlin- Brandenburg;...). Dieses Verständnis zugrunde legend scheidet eine Auslegung des § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n.F., wonach alle unbebauten bzw. gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) nicht genutzten Außenbereichsgrundstücke mit potentiellem Wasserbedarf bzw. Abwasseranfall als beitragspflichtig angesehen werden, mögen sie an die öffentliche Einrichtung angeschlossen oder lediglich anschließbar sein, grundsätzlich als zu weitgehend aus. Denn das lediglich angeschlossene oder anschließbare, aber nicht bebaute bzw. gewerblich oder vergleichbar (sonstig) genutzte Außenbereichsgrundstück ist – wie ausgeführt - kein Bauland und daher typischer Weise einer Bebauung nicht zugänglich, so dass eine gesicherte Vorteilslage wie bei Baugrundstücken im unbeplanten Innenbereich oder im Gebiet eines Bebauungsplans nicht erreicht wird (...). Vielmehr ist die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n.F. für Außenbereichsgrundstücke unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vorteilsausgleiches einschränkend jedenfalls so auszulegen, dass Außenbereichsgrundstücke, die weder bebaut oder gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) genutzt, sondern lediglich angeschlossen oder anschließbar sind, grundsätzlich nicht beitragspflichtig sind. Daher ist es in der Regel ausgeschlossen, dass über § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n.F. auch unbebaute bzw. gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) nicht genutzte Grundstücke im Außenbereich in den Kreis der beitragsrechtlich relevanten Grundstücke einzubeziehen sind (so aber grundsätzlich Möller in: Driehaus, a.a.O. Rn. 1993 allerdings mit der Einschränkung, dass dies zwar nicht jedes unbebaute Grundstück im Außenbereich betreffe, das zufällig an eine Straße grenze, in der auch die Hauptver- oder –entsorgungsleitungen verliefen, wohl aber etwa ((ausnahmsweise) bebaubare Baulücken in Splittersiedlungen). Eine Betrachtung, wonach auch unbebaute bzw. nicht gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) genutzte Außenbereichsgrundstücke, die (lediglich) angeschlossen oder gar nur anschließbar sind, beitragspflichtig seien, ist mit dem Vorteilsverständnis des § 8 Abs. 2 KAG nicht vereinbar, weil solche Grundstücke keine Gebrauchswertsteigerung erfahren. § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n.F. nennt insoweit nur ein Element des beitragsrechtlichen Vorteilsbegriffs, und zwar die gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit der öffentlichen Einrichtung oder Anlage von einem Grundstück aus. Daneben tritt aber, damit von einer Gebrauchswertsteigerung die Rede sein kann, noch das Erfordernis einer qualifizierten Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks selbst, die bei fehlendem oder vorhandenem Anschluss grundsätzlich nur bei Vorhandensein einer Bebauung oder gewerblichen Nutzung gegeben ist. Allenfalls mag etwas dafür sprechen, auch solche Außenbereichsgrundstücke als beitragspflichtig anzusehen, die – einen Anschluss oder zumindest eine Anschlussmöglichkeit vorausgesetzt – zwar nicht bebaut oder gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) genutzt sind, bei denen sich aber eine Bebauung oder sonstige Nutzung mit potentiellem Wasserbedarf bzw. Abwasseranfall – etwa auf der Grundlage einer ausgereichten, noch wirksamen Baugenehmigung – konkret abzeichnet, da auch hier eine qualifizierte Nutzungsmöglichkeit bestehen könnte. Auf einen tatsächlichen Anschluss käme es im einen wie im anderen Falle nicht an (...). Ferner könnte möglicherweise danach zu differenzieren sein, ob eine bestehende Altbebauung im Außenbereich ohne tatsächlichen Anschluss an die öffentliche Anlage noch genutzt werden darf oder bereits einem Nutzungsverbot unterliegt und aus diesem Grunde im Sinne einer Vorteilsbetrachtung unbeachtlich ist (...). Auch könnte im Bereich der Wasserversorgung einem unbebauten bzw. gewerblich nicht genutzten Außenbereichsgrundstück mit Wasserbedarf ein beitragsrelevanter Vorteil dadurch vermittelt werden, dass es tatsächlich an eine Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen wird (...). Letztere Fragen kann die Kammer aber letztlich unbeantwortet lassen...“

Ausgehend von diesen Überlegungen ist die Kammer der Auffassung, dass Beitragssatzungen nach der Vorgabe des § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. auch diejenigen nicht angeschlossenen Außenbereichsgrundstücke mit potentiellem Wasserbedarf bzw. Abwasseranfall erfassen müssen, für die eine gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit sowie eine qualifizierte Nutzungsmöglichkeit besteht, da der Anschluss an die öffentliche Einrichtung rechtlich dauerhaft und tatsächlich möglich ist und sie bebaut bzw. gewerblich oder in sonstiger vergleichbarer Weise genutzt sind (so VG Cottbus, Urteil vom 24. Februar 2011 – 6 K 953/06, juris RdNr 74; in diesem Sinne auch etwa VG Potsdam, Beschluss vom 16. Februar 2009 – 8 L 817/07 -, juris RdNr 19). Dieser Anforderung wird die Regelung in § 2 BGS-ES 2009, die für die Annahme einer Vorteilsvermittlung für Außenbereichsgrundstücke im Bereich der Abwasserentsorgung das Vorhandensein eines tatsächlichen Anschlusses verlangt und damit jedenfalls Grundstücke unberücksichtigt lässt, die nach der Neufassung des KAG als bevorteilt anzusehen sind, nicht gerecht.

Der dargelegten Auffassung steht möglicherweise – worauf das VG Cottbus in seinem o. g. Urteil hingewiesen hat - die Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg entgegen. Das OVG Berlin-Brandenburg hat insoweit in seiner Entscheidung vom 12. November 2008 – 9 A 3.08 -, veröffentlicht in juris) betreffend ein Normenkontrollverfahren, wenn auch ohne nähere Problematisierung und ohne überhaupt auf § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. einzugehen, eine mit der hier in Rede stehenden Tatbestandsregelung in § 2 Abs. 1 und 2 BGS-ES 2009 identische, den Beitragstatbestand betreffende Satzungsregelung unbeanstandet gelassen. Dennoch hält die Kammer ihre zuvor dargelegte Auffassung mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. und die Gesetzesmaterialien für zwingend. Dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben (Drucksache 3/6324) ist auf Seite 30 zu entnehmen, dass für die Beitragserhebung im Außenbereich die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage ausreicht. Zuvor heißt es dort, die ausdrückliche Aufnahme von Grundstücken und Teilen von Grundstücken im Außenbereich in das Beitragsgebiet diene der rechtlichen Klarstellung und solle den Gemeinden eine rechtssichere Beitragserhebung ermöglichen. Dies spricht nicht gegen die von der Kammer vertretene Rechtsansicht, weil auch bereits nach alter Rechtslage (allerdings weniger) Außenbereichsgrundstücke zum Beitragsgebiet gehörten. Im Hinblick auf die bloße Nennung der Außenbereichsgrundstücke im Gesetz von einer Klarstellung zu sprechen, ist daher zutreffend und bedeutet nicht, dass die geänderte Norm auch im Übrigen lediglich klarstellend sein sollte bzw. ist (so zutreffend VG Cottbus, Urteil vom 24. Februar 2011 – 6 K 953/06, juris RdNr. 75).

Die Unwirksamkeit des § 2 Abs. 2 BGS-ES 2009 wegen des Verstoßes gegen § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. hat die Nichtigkeit der Satzungsregelungen in Abschnitt I (§§ 1 bis 13) der BGS-ES 2009 zur Folge. Zwar führt die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB dann nicht zu deren Gesamtnichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den nichtigen Teil eine selbständige Bedeutung behält und sinnvoll bleibt (Grundsatz der objektiven Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers; vgl. OVG für das Land Brandenburg, Beschluss vom 11. Dezember 1997 – 2 A 135/97 – m. w. N., Urteil vom 14. Juli 2000 - 2 D 27/00.NE - S. 9 EA). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Die Regelungen der §§ 1 bis 13 im Abschnitt I „Anschlussbeiträge“ der BGS-ES 2009 wären ohne den nichtigen Teil nicht erlassen worden, da die Beitragssatzung dann gar keine Regelung für Grundstücke im Außenbereich mehr enthielte und somit noch mehr nach dem KAG als bevorteilt anzusehende Grundstücke als nicht beitragspflichtig behandelte.

Da der I. Abschnitt der BGS-ES 2009 aus den vorgenannten Gründen insgesamt unwirksam ist, kommt es auf den Einwand des Klägers, die BGS-ES 2009 sei deswegen unwirksam, weil die ihr zu Grunde liegende Satzung über die Grundstücksentwässerung und den Anschluss der Grundstücke an die zentrale öffentliche Abwasseranlage des Wasser- und Abwasserverbandes „Panke-Finow“ (Entwässerungssatzung) vom 05. November 2002 i. d. F. vom 28. November 2007 (veröffentlicht in der Märkischen Oderzeitung, „Barnim Echo“, Ausgabe vom 22./23. Dezember 2007) rechtswidrig sei, nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 1 und 2 Ziff. 3 i. V. m. 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zugelassen. Denn die Rechtsfrage, ob die Regelung des § 8 Abs. 6 Satz 5 KAG n. F. grundsätzlich nur angeschlossene oder anschließbare Außenbereichsgrundstücke umfasst, die bebaut oder gewerblich oder in vergleichbarer Weise (sonstig) genutzt sind, war – soweit ersichtlich - bisher nicht Gegenstand einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg oder des gemeinsamen Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg.Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte im zitierten Urteil vom 24. Februar 2011 – 6 K 953/06 die Berufung nicht zugelassen. Ein Rechtsmittel ist - soweit bekannt – hiergegen nicht eingelegt worden.