Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.12.2011 | |
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Aktenzeichen | 8 K 1330/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 157 Abs 2 AO, § 162 Abs 1 AO, § 20 AVBWasserV, § 6 KAG BB, § 25 WSV WARL |
Die § 20 AVB WasserV nachgebildete Regelung in der Wasserversorgungssatzung eines Zweckverbandes, nach der der Wasserverbrauch geschätzt werden kann, wenn der Beauftragte des Zweckverbandes keinen Zutritt in die Räume des Grund-stückseigentümers erhält, ist auf den Fall, dass der Gebührenpflichtige die Selbstab-lesekarte nicht ausgefüllt zurückgibt, analog anzuwenden.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Trink- und Abwassergebühren für das Grundstück …. in …. Der Kläger erwarb das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und vermietete es in der Folge.
Der Beklagte zog den Kläger mit Gebührenbescheid vom 11. Mai 2007 für den Abrechnungszeitraum 16. April 2006 bis 15. April 2007 zu Trinkwasser- und Abwasserbeseitigungsgebühren in Höhe von gesamt 3.912,36 € heran. Nach Abzug der bereits geleisteten Abschläge setzte er einen Gesamtbetrag von 3.609,36 € fest. Bei der Verbrauchsermittlung ging der Beklagte von einem Anfangsstand des Wasserzählers von 803 m³ aus. Dieser Zählerstand beruhte auf einer für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum (16. April 2005 bis 15. April 2006) vom Beklagten vorgenommenen Verbrauchsschätzung; der Gebührenbescheid vom 1. Juni 2006 für diesen (vorangegangenen) Veranlagungszeitraum, der als damaligen Zählerendstand 803 m³ ausweist, ist bestandskräftig geworden. Als Zählerendstand für den hier in Rede stehenden Zeitraum legte der Beklagte den von der Hausverwalterin des Klägers Anfang Januar 2007 aus Anlass des Auszugs der Mieter mitgeteilten Zählerstand von 1692 m³ zugrunde, der bei einer Kontrollablesung durch die Betriebsgesellschaft im Mai 2007 unverändert geblieben war.
Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Mai 2007 stellte der Kläger die Richtigkeit des angegebenen Wasserverbrauchs in Frage. Ihm sei seit drei Jahren nicht mitgeteilt worden, dass der Verbrauch in den Vorjahren ausschließlich auf der Grundlage von Schätzwerten abgerechnet worden sei. Der Umstand, dass der Wasserverbrauch seit der letzten Ablesung offenbar drastisch angestiegen sei, sei ihm ebenfalls unbekannt gewesen, so dass er nunmehr keine Möglichkeit mehr habe, sich mittels einer Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen ausreichend abzusichern. Damit habe der Beklagte seine Fürsorgepflicht ihm gegenüber verletzt.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 15. Juni 2007 zurück. Die Gebühren seien sachlich und rechnerisch ordnungsgemäß ermittelt worden. Insbesondere sei der abgerechnete Wasserverbrauch nicht zu beanstanden. Der hohe Verbrauch lasse sich damit begründen, dass er in den vorangegangenen Abrechnungszeiträumen zu niedrig geschätzt worden sei und daher der tatsächliche Verbrauch erst im Rahmen der Ablesung zum 3. Januar 2007 habe festgestellt werden können. In den beiden vorangegangenen Veranlagungsperioden vom 16. April 2004 bis zum 15. April 2006 seien die Gebühren lediglich auf Grund eines geschätzten Trinkwasserverbrauchs abgerechnet worden, da eine Ablesung der Zählerstände trotz Zusendung der Ablesekarten weder durch die Hausverwaltung noch durch die Mieter erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund habe der Zweckverband gemäß § 25 Abs. 2 der Wasserversorgungssatzung - WVS - den Wasserverbrauch geschätzt. Da im vorangegangenen Gebührenbescheid vom 1. Juni 2006 die Trink- und Schmutzwassermenge nur bis zum geschätzten Zählerstand in Höhe von 803 m³ berechnet worden sei, sei die Differenz zwischen dem Schätzwert und dem abgelesenen Wert (1.692 m³) Erhebungsgrundlage für den angefochtenen Gebührenbescheid gewesen. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 19. Juni 2007 zugestellt.
Zur Begründung der am 16. Juli 2007 erhobenen Klage führt er aus, das Grundstück sei seit den 90er Jahren an wechselnde Mietparteien vermietet worden und werde ebenso wie weitere ihm gehörende Objekte in der Region von einer ortsansässigen Grundstücksverwalterin betreut. Dies sei dem Beklagten seit geraumer Zeit bekannt. Die exorbitant hohen Trink- und Schmutzwassergebühren resultierten aus der Tatsache, dass der Beklagte den Wasserverbrauch der Verbrauchsstelle in den vorangegangenen Erhebungszeiträumen von April 2003 bis April 2006 auf der Grundlage unrealistisch niedriger Schätzwerte abgerechnet habe. In der Vergangenheit habe der Beklagte ihm alljährlich Ablesekarten für sämtliche ihm gehörenden Objekte im Zuständigkeitsbereich des Beklagten an seine Wohnanschrift nach Hamburg geschickt, anstatt diese - was mehrfach angeboten worden sei - der Einfachheit halber an die Verwalterin oder unmittelbar an die jeweiligen Mieter zu versenden. Er - der Kläger - habe daher regelmäßig die Karten an seine Verwalterin weitergeleitet. Von dort aus seien sie an die einzelnen Mieter verteilt worden, jeweils mit der Bitte, die Zählerstände abzulesen, einzutragen und die Karten an den Beklagten zurückzuschicken. Dass die Mieter der …. die Ablesekarten spätestens seit 2003 nicht mehr an den Beklagten zurückgesandt hätten, habe dieser ihm nicht mitgeteilt, obwohl er hierzu nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet gewesen sei. Er könne nicht, wie der Beklagte offenbar meine, als Eigentümer Reisen quer durch die Republik auf sich nehmen, um die Wasserzählerstände abzulesen. Die Differenz zwischen geschätzten und tatsächlich gemessenen Wasserverbrauch sei erst auf Grund der Ablesung im Jahr 2007 zu Tage getreten.
Der Beklagte habe keine Befugnis gehabt, den Wasserverbrauch zu schätzen. Die Schätzung sei fehlerhaft, weil das Objekt in der ... vor seiner Neuvermietung Anfang 2003 einige Monate leer gestanden habe. Offenbar habe der Beklagte für die Ermittlung der Verbrauchswerte die Zeit des Leerstandes mit einbezogen. Der Beklagte hätte erkennen können und müssen, dass zwischen dem Auszug der Vormieter im Herbst 2002 und dem Einzug der Neumieter Anfang 2003 faktisch kein Wasser verbraucht worden sei, da die Verwalterin zwei nahezu identische Zählerstände mitgeteilt habe. Ferner sei nach § 25 Abs. 2 WVS eine Ver-brauchsschätzung nur zulässig, wenn der Beauftragte des Beklagten die Räume des Grundstückseigentümers nicht zum Zwecke der Ablesung betreten könne. Daraus ergebe sich, dass vor jeder Schätzung zwingend der Versuch der Durchführung einer Ablesung durch einen Beauftragten des Beklagten zu unternehmen sei. Dies habe der Beklagte nicht ein einziges Mal versucht.
Er sei durch die Abrechnungspraxis des Beklagten auch deshalb in seinen Rechten verletzt, weil er außer Stande sei, den vom Beklagten geltend gemachten Mehrver-brauch den vorangegangenen Abrechnungsperioden zuzuordnen. Als Vermieter sei er gehalten, den Mietern die Betriebskostenabrechnungen bis spätestens zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes mitzuteilen. Nach Ablauf der Frist sei die Geltendmachung einer Nachforderung dem Mieter gegenüber regelmäßig ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend zur Begründung des Widerspruchsbescheides führt er aus, der Eigentümer sei für den ordnungsgemäßen Zustand seines Grundstücks, wozu die gesicherte Erschließung mit Trinkwasser und einer Abwasserentsorgung gehöre, selbst verantwortlich. Dies gelte auch dann, wenn der Eigentümer das Grundstück nicht persönlich nutze, denn er habe regelmäßig die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Grundstück und könne dementsprechend auch den Verbrauch von Wasser bzw. den Anfall von Fäkalien und Abwasser beeinflussen. Der Heranziehung des Eigentümers stehe nicht das Ausfallrisiko entgegen, das ihm bei Nichtzahlung der Betriebskosten durch den Mieter entstehen könne. Eine Rechtfertigung dafür, dieses Risiko auf die öffentliche Hand abzuwälzen, bestehe schon wegen der Möglichkeiten der Absicherung durch Kaution und Erhebung von angemessenen Vorauszahlungen auf Betriebskosten nicht. Das Risiko der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Mieters sei allein der Rechtssphäre des Grundstückseigentümers zuzurechnen.
Nach § 25 Abs. 1 und Abs. 2 WVS stehe es dem Zweckverband frei, entweder die Wasserzählerstände selbst abzulesen oder aber dem Endverbraucher ein Formblatt zur Selbstangabe zuzusenden. Wenn er sich für die Möglichkeit der Selbstangabe entschließe, räume ihm § 25 Abs. 2 WVS eine Schätzbefugnis für den Fall ein, dass der Endkunde seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkomme. Mit Übersendung der Ablesekarte an den Grundstückseigentümer habe der Verband diesem die Ablesung aufgegeben. Der Mitteilungspflicht sei der Kläger nicht nachgekommen, denn die Formulare seien nicht ausgefüllt zum Zweckverband zurückgelangt. Verantwortlich für die interne Organisation der Grundstücksverwaltung sei der Eigentümer selbst. Als Anfangsverbrauchswert für die angegriffene Gebührenfestsetzung habe daher derjenige Schätzwert herangezogen werden können, den er auf der Grundlage von Verbrauchswerten in der Vergangenheit errechnet habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Verwaltungsvorgang des Zweckverbandes (1 Hefter) hat vorgelegen und ist zum Gegenstand der Beratung gemacht worden.
Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Klage bleibt ohne Erfolg.
Der angefochtene Gebührenbescheid vom 11. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Festsetzung der Trink- und Abwassergebühren für den Zeitraum 16. April 2006 bis 15. April 2007 beruht auf der Beitrags-, Gebühren- und Kostenerstattungssatzung des Wasserver- und Abwasserentsorgungszweckverbandes Region Ludwigsfelde vom 15. Februar 2005 - BGKS - (Amtsblatt für den Wasserver- und Abwasserentsorgungs-Zweckverband Region Ludwigsfelde - Amtsblatt WARL - vom 18. September 2007 Nr. 3 S. 42) in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 29. März 2006 (a.a.O., S. 64) und der 2. Änderungssatzung vom 31. Januar 2007 (a.a.O., S. 66).
An der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der genannten Abgabensatzungen bestehen hinsichtlich der Regelungen zur Gebührenerhebung keine Zweifel. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bestimmung des vorrangig gebührenpflichtigen Eigentümers nach § 19 Abs. 1 Satz 1 BGKS. Der Satzungsgeber ist nicht darauf beschränkt, nur oder primär den unmittelbaren Nutzer der öffentlichen Einrichtung zu Gebühren heranzuziehen, wenn der Grundstückseigentümer die Verbrauchsstelle im Rahmen eines Miet- oder Pachtverhältnisses einem Dritten überlässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 1996 - 8 B 23.96 -, juris, Rz. 6; OVG Magdeburg, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 4 L 9/08 -, NVwZ-RR 2009, 449; OVG Frankfurt [Oder], Beschluss vom 1. März 2005 - 2 A 312/04.Z -; VG Potsdam, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 8 K 857/07 -; Kluge in Becker u.a., Kommunalabgabenrecht für das Land Brandenburg, Stand Mai 2010, Rz. 192 zu § 6; S. 5. des Entscheidungsabdrucks). Dies stellt der Kläger ausdrücklich nicht in Abrede.
2. Auch die Anwendung der satzungsrechtlichen Grundlagen ist indes rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Heranziehung des Klägers zu Trinkwassergebühren beruht auf den Vorschriften der §§ 12 bis 15 BGKS, wobei sich die Erhebung einer Grundgebühr auf § 14 Abs. 1 lit. a, 1. Alt. BGKS und die Erhebung von Mengengebühren auf § 13 BGKS stützt. Bezüglich der Schmutzwassergebühren finden sich die einschlägigen Satzungsgrundlagen in den Regelungen der §§ 16 bis 18 BGKS, hinsichtlich der Grundgebühr in § 18 Abs. 1 lit. a, 1. Alt. BGKS und hinsichtlich der Mengengebühr in § 17 Abs. 1, 2 und 6 BGKS. Der Berechnung im Einzelnen ist der Kläger nicht entgegengetreten; insoweit kann auf den angefochtenen Bescheid verwiesen werden.
a) Der Beklagte hat zu Recht die nach § 13 Abs. 1 BGKS für die Trinkwassermengengebühr maßgebliche tatsächlich entnommene und durch Wasserzähler gemessene Wassermenge nach § 25 Abs. 2 der Wasserversorgungssatzung - WVS - vom 15. Februar 2005 (Amtsblatt WARL vom 18. September 2007 Nr. 3, S. 2) geschätzt. Gleiches gilt in der Folge für die nach § 17 Abs. 1, Abs. 6 BGKS für die Schmutzwassermengengebühr zu ermittelnde Wassermenge, die nach dem Frischwassermaßstab dem gemessenen Wasserverbrauch folgt. Der Annahme einer Mengenschätzung steht nicht entgegen, dass der zugrunde gelegte Zählerendstand durch Ablesung festgestellt wurde und der Zähleranfangsstand (803 m³) auf einer Schätzung beruht, die in den bestandskräftigen Gebührenbescheid für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum als maßgebliche Bemessungsgrundlage eingegangen ist. Die der vorangegangenen Veranlagungsperiode zugrunde gelegten Schätzwerte waren zwar als bei der dortigen Gebührenfestsetzung anzusetzende Maßstabseinheiten gemäß § 157 Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2009 - OVG 9 S 75.08, 9 S 22.09 -, juris, Rz. 13) und nahmen deshalb an der Bestandskraft des für diese Periode ergangenen Gebührenbescheides teil (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO, Stand September 2009, Rz. 21 zu § 157), sie entfalten aber für die Gebührenfestsetzung im nachfolgenden Veranlagungszeitraum mangels gesonderter Feststellung im Sinne von §§ 179 ff. AO keine Bindungswirkung (vgl. Rüsken in Klein, AO, 10. Aufl. 2009, Rzn. 23 f. zu § 157).
b) Nach § 25 Abs. 1 WVS werden die Wasserzähler von Beauftragten des WARL möglichst in gleichen Zeitabständen oder auf Verlangen des WARL vom Grundstückseigentümer selbst abgelesen. Beide Möglichkeiten stehen gleichberechtigt alternativ nebeneinander, wobei die Selbstablesung durch den Kunden die Wassermengenermittlung für den Wasserversorger erheblich vereinfacht. Die in § 25 Abs. 2 WVS geregelte Schätzungsbefugnis ist dem Wortlaut der Satzung nach hingegen nur dann eröffnet, wenn die Ablesung durch einen Beauftragten des WARL erfolgen soll. Dem Vereinfachungszweck der Selbstablesung - der sich zudem für alle Gebührenpflichtigen auch kostenmindernd auswirkt - läuft es allerdings zuwider, wenn es der Grundstückseigentümer in der Hand hätte, durch Verweigerung seiner Mitwirkung die Ermittlung der Verbrauchsmenge zu erschweren. Ohne Einräumung einer Schätzungsbefugnis bliebe nur, die Mitwirkung des Gebührenpflichtigen auf dem Klageweg zu erzwingen. Dies rechtfertigt es, eine Schätzungsbefugnis des Zweckverbandes auch für den Fall der verweigerten oder unterbliebenen Selbstablesung in analoger Anwendung von § 25 Abs. 2 WVS anzunehmen (ebenso Morell, AVB WasserV, Stand November 2010, Erl. 2 c) zu der mit § 25 WVS inhaltsgleichen Vorschrift des § 20 AVB WasserV). Insofern besteht eine Regelungslücke, da weder die Wasserversorgungssatzung noch die Schmutzwasserentsorgungssatzung des WARL oder die BGKS eine diesen Fall erfassende Schätzungsbefugnis vorsehen oder sonst hierfür Regelungen treffen. Der ausdrücklich geregelte Fall der Zutrittsverweigerung mit der Folge der Schätzungsbefugnis unterscheidet sich von dem Fall der verweigerten Selbstablesung auch nicht in einer Weise, die der Annahme entgegenstünde, der Satzungsgeber hätte eine Schätzungsbefugnis - hätte er den Fall verweigerter Selbstablesung bedacht - für sich ausdrücklich begründet. Dafür spricht auch, dass der Zweckverband - wenn auch in anderem Zusammenhang - die Verweigerung von Auskünften der Zutrittsverweigerung gleich behandelt (vgl. § 27 Abs. 1 lit. a und lit. b BGKS).
c) Selbst wenn eine Schätzungsbefugnis nicht entsprechend § 25 Abs. 2 WVS bestünde, könnte sich der Zweckverband im Übrigen für die vorgenommene Schätzung auch auf § 162 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG stützen. Denn für den Fall, dass die satzungsrechtlichen Grundlagen keine speziellen Regelungen zur Schätzungsbefugnis und -methode enthalten, ist diese Art der (Verbrauchs-)Ermitt- lung bereits kraft Gesetzes nach den genannten Vorschriften zulässig und vorbestimmt (OVG Frankfurt [Oder], Beschluss vom 8. Juli 2003 - 2 B 381/02 -, S. 5; Beschluss vom 1. April 2004 - 2 B 239/03 -, S. 3).
d) Der Beklagte hat die Schätzung fehlerfrei vorgenommen und hierbei die tatsächlichen Verhältnisse (Mietwohngebäude, auf vorangegangener Schätzung beruhender Anfangsstand, durch Ablesung festgestellter Endstand) angemessen berücksichtigt (vgl. § 25 Abs. 2 WVS). Anders als der Kläger meint, konnte er den Gebührenbescheiden der Vorjahre auch durchaus entnehmen, dass die Festsetzungen auf Schätzungen des Wasserverbrauchs beruhten. Dies ergibt sich aus dem Kürzel „JGE“ in Spalten 5 und 8 im Feld „Erhebungsgrundlagen“ der Gebührenbescheide, das nach dem Abkürzungsverzeichnis auf der Rückseite der Bescheide für „Jahresverbrauch geschätzt“ steht. Der Beklagte war auch nicht nach Treu und Glauben oder aus Gründen der Fürsorge gehalten, ihn auf die nicht zurückgelaufenen Ableseformulare hinzuweisen. Selbst wenn ihm bekannt gewesen sein sollte, dass der Kläger die Ablesekarten über seine Hausverwalterin an die Mieter weiterleitete, verblieb das Risiko, das Letztere die im Verhältnis des Klägers zum Zweckverband bestehende Mitwirkungspflicht nicht erfüllten, allein in der Sphäre des abgabenpflichtigen Klägers. Damit oblag es ihm, sich bei seinen Mietern oder beim Beklagten bzw. dem Zweckverband zu vergewissern, ob die Ablesekarten ausgefüllt und abgegeben worden waren. Im Hinblick darauf kann es schließlich nicht dem Beklagten angelastet werden, wenn es dem Kläger nunmehr nicht mehr möglich sein sollte, die Gebühren im Wege der Betriebskostenabrechnung gegenüber seinen Mietern geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird zugelassen, weil dem Rechtsstreit hinsichtlich der Frage der Schätzungsbefugnis des Zweckverbandes grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Beschluss:
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 3 912 € festgesetzt.