Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 14.01.2015 | |
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Aktenzeichen | 11 U 112/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 25. Juni 2013 verkündete Teilurteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 10 O 458/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
III. Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.
IV. Die Revision wird zugelassen.
I.
Der im Jahre 1971 geborene Kläger, von Beruf Baumaschinist, fordert von der Beklagten, einem Lebensversicherer, primär in der Hauptsache die Rückgewähr seiner Prämien, die er – bis zu der Beitragsfreistellung ab 01. Januar 2009 – auf eine im Rahmen des sogenannten Policenmodells nach § 5a VVG a.F. per 01. Dezember 1999 zu den Allgemeinen Bedingungen für die Kapitalbildende Lebensversicherung (ABKL) (Kopie in den Anlagenkonvoluten B1a/GA I 147 ff. sowie B2a/164 ff.) abgeschlossene Kapital-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) entrichtet hat, sowie die Herausgabe gezogener Nutzungen in Gestalt von Zinsen für das überlassene Kapital (€ 7.034,51 [Berechnung in Anlage K4/GA I 28 ff.]), vermindert um auf den Rückkaufswert bereits vorgerichtlich gezahlte € 9.152,36. Die Berufungsgegnerin wendet zu Letzterem ein, unter Berücksichtigung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag, die an das Finanzamt abgeführt worden seien, schon € 9.656,77 entrichtet zu haben (GA III 569, 585). Auch die Höhe der geleisteten Versicherungsbeiträge ist zwischen den Prozessparteien streitig. Der Anspruchsteller behauptet, er habe insgesamt € 11.169,00 gezahlt (GA II 250, 251); die Anspruchsgegnerin räumt lediglich den Erhalt von € 11.163,60 ein (GA I 103, 105 und III 569, 585).
Den Abschluss des Versicherungsgeschäftes hatte der Kläger ursprünglich mit seinem Antrag vom 20. November 1999 (Kopie Anlage B1/GA I 141) begehrt, woraufhin ihm die Anspruchsgegnerin die Police vom 18. Januar 2000 (Kopie Anlage B1a/GA I 143 ff.) übersandte. Sein Antrag auf Höherversicherung und Tarifänderung vom 06. März 2000 (Kopie Anlage B2/GA I 158) führte zu einer Neupolicierung gemäß Versicherungsschein vom 28. März 2000 (Kopie Anlagen K1/GA I 24 f. und B2a/GA I 160 ff.). Beide Policen, die jeweils vier Seiten umfassen, enthalten auf ihrer Seite 3 – direkt über der Firmenangabe der Beklagten und zwei faksimilierten Unterschriften – eine Widerspruchsbelehrung im Fettdruck mit folgendem Wortlaut (GA I 145 sowie 25 und 162):
„Dem Abschluss dieses Vertrags können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
Der Anspruchsteller beruft sich in erster Linie darauf, dass seine Geldleistung rechtsgrundlos erfolgt sei, da er dem Zustandekommen des Versicherungsgeschäftes durch vorgerichtliche Anwaltsschreiben vom 15. Oktober 2009 (Kopie Anlage K2/GA I 26) und 06. März 2012 (Kopie Anlage K3/GA I 27) rechtswirksam widersprochen habe. Für den Fall, dass der Vertrag doch durch die subsidiär erklärte Kündigung beendet worden sei, verlangt er hilfsweise Auskünfte zur Berechnung des Rückkaufswertes sowie die Zahlung eines sich hieraus ergebenden – später noch zu beziffernden – Spitzenbetrages. Zur näheren Darstellung des Sachverhaltes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen (LGU 2 ff.).
Vom Landgericht Potsdam, das in der Vorinstanz durch Teilurteil entschieden hat, ist die Klage betreffend die Hauptanträge sowie die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung abgewiesen worden. Begründend hat die Zivilkammer ausgeführt: Ein bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsanspruch bestehe nicht; Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen sei der abgeschlossene Versicherungsvertrag. Dessen Zustandekommen habe der Kläger weder wirksam widersprochen noch gebe es einen rechtsgültigen Widerruf oder bestünden Schadensersatzansprüche wegen vertraglichen Pflichtverletzungen. Ein etwaiges Widerspruchsrecht sei zumindest verwirkt; Zeit- und Umstandsmoment hierfür lägen vor. Ein Widerrufsrecht habe nicht bestanden, da es sich bei unterjährigen Prämienzahlungen mit Ratenzuschlag nicht um eine Kreditgewährung in Gestalt eines entgeltlichen Zahlungsaufschubes handle. Eventuelle Fehler in der Widerspruchsbelehrung seien unter den im Streitfall gegebenen Umständen jedenfalls nicht schadenskausal geworden. Einen Anspruch auf Auskunft, Vorlage von Unterlagen und eidesstattliche Versicherung habe der Kläger nicht, weil seine berechtigten Interessen anderweitig hinreichend gesichert seien, insbesondere durch die öffentlich-rechtliche Rechts- und Finanzaufsicht über den Geschäftsbetrieb der Versicherungsunternehmen sowie durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach jedenfalls die Auskehr eines Mindestrückkaufswertes sichergestellt sei. Habe der jeweilige Anspruchsteller wie hier der Kläger schon mehr als die Hälfte der eingezahlten Prämien als Rückkaufswert erhalten, bestehe kein weiterer Auskunftsanspruch. Demgemäß könne er auch keine Rechenschaftslegung verlangen. Wegen der weiteren Details wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (LGU 5 ff.).
Letzteres ist dem Kläger – zu Händen seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – gemäß deren Empfangsbekenntnis am 01. Juli 2013 (GA II 366) zugestellt worden. Er hat am 24. Juli 2013 (GA II 372) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 02. September 2013, einem Montag, vorab per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA II 381 ff.).
Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil – im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung seiner bisherigen Darlegungen – in vollem Umfange seiner Beschwer an. Dazu trägt er insbesondere Folgendes vor, wobei er sich speziell durch höchstrichterliche, obergerichtliche und erstinstanzliche Judikatur in seiner Rechtsauffassung bestätigt sieht:
Die Entscheidung der Zivilkammer verletze materielles Recht. Eine Verwirkung komme im Streitfall schon deshalb nicht in Betracht, weil er – der Anspruchsteller – erst nach einschlägiger Beratung von seinem Widerspruchsrecht und dem Rückzahlungsanspruch erfahren habe; anschließend sei er keineswegs – wie zur Erfüllung des sogenannten Zeitmoments erforderlich – längere Zeit untätig geblieben. Seine vorherige Unkenntnis beruhe nicht auf grober Fahrlässigkeit. Im Übrigen unterlägen zeitlich unbegrenzte Widerspruchs- und Widerrufsrechte nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Judikatur keiner Verwirkung, Sie seien unabdingbar. Es bestehe eine Rechtspflicht und nicht nur eine Obliegenheit des Versicherers zur Widerspruchsbelehrung. Verstoße er dagegen und verhindere somit die Rechtsausübung durch den Versicherungsnehmer, könne er sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, zumal die Belehrung jederzeit mit heilender Wirkung nachholbar sei. Auf die vermeintliche Teilhabe der Kunden an einer Risikogemeinschaft müsse in diesem Zusammenhang keine Rücksicht genommen werden, weil es hier nicht um ein Assekuranzgeschäft im klassischen Sinne, sondern um ein kapitalbildendes Produkt gehe, bei dem sich allenfalls die wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Vertragspartner gegenüber stünden; zu beachten seien vielmehr der überragende Wissensvorsprung und die besondere wirtschaftliche Stärke des Versicherers.
Schon das sogenannte Policenmodell an sich, das in § 5a VVG a.F. geregelt sei, verstoße gegen Unionsrecht, da eine rechtzeitige und umfassende Information des Versicherungsnehmers vor dem Vertragsabschluss hierdurch nicht gewährleistet werde. Der Versicherer müsse bei unzulänglicher Verbraucherinformation maximal mit einer einjährigen schwebenden Unwirksamkeit des Versicherungsgeschäftes rechnen, was ihn nicht hinreichend zur Erfüllung seiner Informationsverpflichtungen veranlasse. § 5a VVG a.F. stehe in direktem Widerspruch zu § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG und zu den Bestimmungen der einschlägigen EU-Richtlinien. Rechtsgültige Verträge könnten deshalb auf seiner Grundlage gar nicht abgeschlossen werden. Jedenfalls seien seine – des Berufungsführers – Widerspruchserklärungen wirksam, insbesondere nicht verspätet. Die zweiwöchige Widerspruchsfrist habe – mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung – nie zu laufen begonnen. In formeller Hinsicht fehle es der Belehrung an einer hinreichenden drucktechnischen Hervorhebung und inhaltlich mangele es am notwendigen Hinweis auf die Schriftlichkeit des Widerspruches. Die in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. geregelt Jahresfrist stehe hier einem rechtzeitigen Widerspruch nicht entgegen, weil die Vorschrift durch teleologische Reduktion – richtlinienkonform – dahin auszulegen sei, dass sie bei Belehrungs- und Informationsdefiziten im Hinblick auf die Lebensversicherungsrichtlinie keine Anwendung finde.
Zumindest hätte die Vorinstanz seinen – des Klägers – Hilfsanträgen stattgeben müssen. Das Auskunftsbegehren diene dazu, den Zahlungsanspruch auf der letzten Stufe zu beziffern, was ohne die geforderten Informationen nicht möglich sei. Von der Höhe des – nicht um die Aufwendungen für den Vertragsabschluss geminderten – Deckungskapitals habe allein die Berufungsgegnerin Kenntnis. Storno- und gezillmerte Abschlusskosten dürften nicht abgezogen werden, weil die entsprechenden Klauseln in den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen nach der ständigen höchstrichterlichen Judikatur unwirksam seien. Mit ihnen werde der Vertragszweck, der neben der Risikoabsicherung in der Bildung von Vermögenswerten bestehe, vereitelt. Sie dürften daher keine Anwendung finden. Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum sogenannten Mindestrückkaufswert könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Denn für eine ergänzende Vertragsauslegung bleibe im Streitfall schon wegen des langen Zeitablaufes, den die Rechtsmittelgegnerin nicht zur Anpassung ihrer Versicherungsbedingungen an die höchstrichterliche Rechtsprechung genutzt habe, keinerlei Raum mehr. Im Übrigen stehe eine solche Auslegung nicht im Einklang mit der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). Schließlich handele es sich bei dem Mindestrückkaufswert lediglich um die verfassungsrechtlich zulässige Anspruchsuntergrenze. Ihre Auskunftspflicht habe die Beklagte bisher nicht erfüllt.
Der Kläger beantragt in der Sache selbst,
unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils die Beklagte zu verurteilen, ihm – dem Kläger –
a) zu zahlen
aa) € 8.871,71 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 21.03.2012,
ab) € 878,70 Rechtsanwaltskosten für außergerichtliche Tätigkeit nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit;
b) hilfsweise
ba) betreffend den Vertrag mit der Versicherungsnummer L 300 471 140 022 Auskunft zu erteilen über
(1) das zum Zeitpunkt der Kündigung am 01.12.2009 vorhandenen Deckungskapital ohne Verrechnung von Abschlusskosten,
(2) die Höhe der abgezogenen Stornokosten sowie
(3) die ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären;
bb) die erteilten Auskünfte durch Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen und gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern.
Die Beklagte beantragt in der Sache selbst,
die klägerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt – im Kern ihre bisherigen Darlegungen ebenfalls wiederholend und vertiefend – die ihr günstige Entscheidung des Landgerichts. Hilfsweise erklärt sie im Umfang von € 1.112,24 die Aufrechnung betreffend den Wert des geleisteten Risikoversicherungsschutzes und erhebt hinsichtlich der Kostenbeitragsanteile, speziell wegen einer dem Versicherungsvermittler gezahlten Abschlussprovision in Höhe von € 1.160,24 (GA III 547 und 586), und hinsichtlich angeblich gezogener Nutzungen die Einrede der Entreicherung (GA III 515, 517 f. und 569, 586 f.). Sie trägt dazu insbesondere Folgendes vor, wobei sie sich speziell durch neuere höchstrichterliche, obergerichtliche und erstinstanzliche Rechtsprechung in ihrer Auffassung bestätigt sieht:
Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels, weil sich dessen Begründung nicht konkret mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetze, sondern – ebenso wie in zahlreichen Parallelverfahren – lediglich aus wiederverwendeten Textbausteinen bestehe. Warum sie – die Beklagte – nicht davon habe ausgehen dürfen, dass kein Widerspruchsrecht mehr ausgeübt werde, obwohl die Ansprüche aus der Lebensversicherung durch den Kläger zweimal zur Absicherung von Darlehen an Banken abgetreten worden seien, lasse die Begründungsschrift offen. Jedenfalls habe die Zivilkammer deshalb zutreffend die Verwirkung bejaht. Zur Erfüllung des sogenannten Zeitmoments bedürfe es nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung keiner Kenntnis des Betreffenden von den anspruchsbegründenen Tatsachen oder gar von der Berechtigung an sich. Sie – die Berufungsgegnerin – habe nicht gewusst, dass dem Berufungsführer sein Widerspruchsrecht unbekannt gewesen sei; selbst wenn die Belehrung unrichtig wäre, was nicht zutreffe, habe sie ihn über das Widerspruchrecht als solches informiert. Auf eine richtige rechtliche Bewertung der bekannten Tatsachen in der Laiensphäre komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Im Übrigen habe der hiesige Rechtsmittelführer sogar über ausreichende Rechtskenntnis verfügt, als er der p… AG, die mit dem Bestehen eines ewigen Widerspruchsrechts werbe und in Fällen der vorliegenden Art für die anwaltliche Vertretung der Versicherungsnehmer sorge, einen sogenannten Geld-zurück-Auftrag erteilt habe. Ihre – der Beklagten – Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß. Die formellen Bedenken des Klägers griffen nicht durch. In inhaltlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass der Versicherer nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit seinen Kunden einräumen könne, den Widerspruch in jeder Form zu erklären, bei der eine Absendung stattfinde. Das Hilfsbegehren müsse erfolglos bleiben, weil das in Rede stehende Versicherungsgeschäft schon unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgerechnet worden sei. Der Rechtsmittelführer habe weit mehr als den sogenannten Mindestrückkaufswert erhalten. Die durch das Landgericht vertretene Rechtsauffassung sei mittlerweile in neueren BGH-Entscheidungen bestätigt worden.
Im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz wurde die Sach- und Rechtslage bei persönlicher Anwesenheit des Klägers mit den Prozessbevollmächtigten beider Seiten eingehend erörtert; dabei hat der Senat – im Rahmen von § 139 ZPO – auf alle entscheidungserheblichen Aspekte hingewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die anwaltlichen Schriftsätze der beiden Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
A. Das klägerische Rechtsmittel ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; es wurde speziell form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Dass die Begründungsschrift offenbar mithilfe von Textbausteinen erstellt worden ist und Ausführungen enthält, die ersichtlich nicht zum Streitfall passen, weil die Zivilkammer hier ausdrücklich offen gelassen hat, ob das für den Vertragsabschluss gewählte Policenmodell des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. oder die Ausschlussfrist gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. europarechtlichen Vorgaben widersprechen und ob die seitens der Beklagten erteilte Widerspruchsbelehrung mit Blick auf den § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. ordnungsgemäß ist (LGU 5), erweist sich letztlich als unschädlich. Zwar muss – worauf die Beklagte völlig zutreffend aufmerksam macht (GA II 455, 457) – jede Berufungsbegründung, um die gesetzlichen Anforderungen des § 520 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 ZPO zu erfüllen, gemäß der ganz herrschenden Ansicht, die der Senat in ständiger Judikatur teilt, auf den jeweiligen Streitfall zugeschnittene Erörterungen enthalten, die verdeutlichen, aus welchen tatsächlichen beziehungsweise rechtlichen Gründen die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des betreffenden Rechtsmittelklägers keinen Bestand haben kann (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 520 Rdn. 34 f., m.w.N.). Bei einem einheitlichen Streitgegenstand genügt es aber, wenn lediglich eine den gesamten Anspruch erfassende Rüge ausreichend begründet wurde (vgl. aaO Rdn. 37, m.w.N.). So verhält es sich hier. Für die Zulässigkeit der Berufung betreffend das Hauptbegehren reicht es aus, dass der Anspruchsteller geltend macht, er habe ein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht, das nach der höchstrichterlichen Judikatur keinerlei Verwirkung unterliege (GA II 406, 410). Denn sollte dies zutreffen, wäre dem landgerichtlichen Urteil die Grundlage entzogen. Ähnlich verhält es sich mit Blick auf das Hilfsbegehren, wo gerügt wird, der Kläger könne mehr als lediglich den Mindestrückkaufswert fordern und benötige dazu die verlangten Auskünfte. Ob die jeweiligen Rechtsmittelangriffe in sich schlüssig sind, ob sie vertretbar erscheinen oder ob sie sogar neben der Sache liegen, spielt keine Rolle, wenn es – wie hier – zunächst um die Wahrung der Förmlichkeiten einer zulässigen Berufung geht (so aaO Rdn. 34, m.w.N.).
B. In der Sache selbst bleibt die Berufung allerdings erfolglos. Denn der Senat kommt ebenso wie die Zivilkammer – wenn auch zum Teil aus anderen rechtlichen Erwägungen – zu dem Ergebnis, dass die Klage, soweit darüber mit dem angefochtenen Teilurteil befunden wurde, abzuweisen ist. In der – nach dessen Verkündung ergangenen – Entscheidung des BGH, Urt. v. 07.05.2014 - IV ZR 76/ 11, Rdn. 39 f. (WM 2014, 1030 = VersR 2014, 817), die eine Konstellation betraf, in der es an einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung fehlte, wird – unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. insb. EuGH, Urt. v. 19.12.2013 - C-209/12, Endress v. Allianz, juris = BeckRS 2013, 82372) – zwar bereits das für jede Verwirkung erforderliche Umstandsmoment mit der Begründung verneint, ein Versicherer könne schon deshalb schutzwürdiges Vertrauen nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er die gegebene Situation durch mangelhafte Belehrung selbst herbeigeführt habe. Anders verhält es sich aber dann, wenn der Versicherungsnehmer korrekt über sein Widerspruchsrecht belehrt wurde (so BGH, Urt. v. 16.07.2014 - IV ZR 73/13, LS, juris = BeckRS 2014, 15662). Letzteres trifft, wie unten noch näher ausführen sein wird, auch im Streitfall zu. Daher scheiden zugleich – unabhängig von der durch die Eingangsinstanz völlig zutreffend verneinten Kausalität (LGU 10; vgl. hierzu ferner BGH, Urt. v. 19.09.2006 - XI ZR 204/04, Rdn. 43, juris = BeckRS 2006, 13865) – Schadensersatzansprüche aus. Auf die EU-richtlinienkonforme telelogische Reduktion des sachlichen Anwendungsbereiches von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG i.d.F. v. 21. Juli 1994, die der Bundesgerichtshof im Anschluss an die oben zitierte EuGH-Entscheidung bejaht hat, kommt es für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht an. Denn der Kläger hat unabhängig davon gegen die Beklagten weder einen Anspruch auf Rückabwicklung des Versicherungsgeschäftes nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen noch stehen ihm die nachrangig geltend gemachten Forderungen zu. Rechtsgrund für seine Zahlungen ist der – im sogenannten Policenmodell, bei dem es kein Widerrufsrecht gemäß § 8 Abs. 5 VVG a.F. gab (§ 8 Abs. 6 VVG a.F.) – zwischen den Prozessparteien wirksam zustande gekommene kapitalbildende Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeitszusatzschutz, der infolge Kündigung sein Ende fand. Ebenso wenig bestehen weitergehende Hilfsansprüche betreffend den Rückkaufswert. Für die vom Berufungsführer angeregte Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über eine Verfassungsbeschwerde, die – nicht von ihm selbst – gegen die grundlegende Entscheidung des BGH, Urt. v. 16. 07.2014 - IV ZR 73/13 (juris = BeckRS 2014, 15662), eingelegt wurde, gibt es weder Grund noch Anlass; der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die dort vom Bundesgerichtshof vertretene Rechtsauffassung mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Das sogenannte einfache Recht auszulegen und anzuwenden, ist allein Aufgabe der jeweiligen Fachgerichte; wie das Bundesverfassungsgericht selbst bereits mehrfach ausgesprochen hat, kommen ihm nicht die Aufgaben einer Superrevisionsinstanz zu (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschl. v. 12.01.2011 - 1 BvR 3132/08, Rdn. 26, juris = BeckRS 2011, 47824; Beschl. v. 13. 06.2013 - 1 BvR 1942/12, Rdn. 9 a.E., juris = BeckRS 2013, 53054). Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Gegen Vertragsabschlüsse im Rahmen des sogenannten Policenmodells sind, anders als der Kläger meint, keine durchgreifenden Bedenken zu erheben. Insbesondere verstößt § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der – hier maßgeblichen – vom 29. Juli 1994 bis zum 31. Juli 2001 geltenden (alten) Fassung nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht in Form der Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung). Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei der Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen, so gilt der Vertrag nach der oben zuerst genannten Vorschrift auf der Grundlage des Versicherungsscheines, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht. Hiergegen ist aus unionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
a) Der Senat verkennt dabei keineswegs, dass – speziell in der Literatur – zur Frage der Europarechtswidrigkeit des sogenannten Policenmodells verschiedene Rechtsauffassungen bestehen. Auch die Generalanwältin beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in ihren Schlussanträgen vom 11. Juli 2013 (juris = BeckRS 2013, 81465) in der Rechtssache C-209/12 betreffend das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofes zur Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. angenommen, dass die Bestimmungen des deutschen Rechts zum Policenmodell europarechtswidrig seien. Durch das Bundesverfassungsgericht wurden in einer Reihe von parallel gelagerten Sachen Rechtsmittelzurückweisungsbeschlüsse von Berufungsgerichten nach § 522 ZPO a.F. (so etwa der Oberlandesgerichte Nürnberg [BVerfG, Beschl. v. 03.03.2014 - 1 BvR 2534/10] und Köln [BVerfG, Beschl. v. 09.05.2014 - 1 BvR 2020/11] und des Landgerichts Dortmund [BVerfG, Beschl. v. 09.05.2014 - 1 BvR 1408 und 1415/11]) aufgehoben und die Rechtsstreitigkeiten zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, weil sie als Instanzgerichte nicht im Wege von § 522 ZPO a.F. abschließend über die Streitfälle hätten befinden dürfen; wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Inhalt der zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die unter anderem in den Datenbanken juris und beck-online nachgewiesen sind, Bezug genommen. Durch Beschluss vom 04. November 2014 - 2 BvR 723 bis 725/12 (Kopie GA III 609 ff. = juris = BeckRS 2014, 59452) hat das Bundesverfassungsgericht mehrere Urteile des 20. Zivilsenates des Oberlandesgerichtes Köln mit der Begründung aufgehoben, durch Letzeres sei die Richtlinienkonformität des § 5a Abs. 1 VVG a.F. zu Unrecht ohne EuGH-Vorlage nach Art. 267 AEUV bejaht worden, weil die Rechtslage keineswegs von vornherein eindeutig sei. Der Bundesgerichtshof und die obergerichtliche Rechtsprechung vertreten demgegenüber die Meinung, das sogenannte Policenmodell sei europarechtskonform (vgl. insb. BGH, Urt. v. 16.07.2014 - IV ZR 73/13; OLG Köln, Urt. v. 16.05.2014 - 20 U 31/14; OLG München, Urt. v 20.06.2013 - 14 U 103/13, alle nachgewiesen bei juris und beck-online). Der Senat hat in seinen Urteilen vom 21.12.2012 - 11 U 40/12, 05.11.2014 - 11 U 18/13 und 26.11.2014 - 11 U 98/13 (abrufbar bei juris und beck-online) ebenfalls angenommen, dass die gegen das Policenmodell erhobenen europarechtlichen Bedenken unbegründet sind. Daran ist festzuhalten.
b) Das Policenmodell erfüllt die Vorgaben der maßgeblichen Richtlinien (RL) 90/619/EWG und 92/96/EWG des Rates (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung). Nach Art. 31 Abs. 1 RL 92/96/EWG sind dem Versicherungsnehmer dort im Anhang genannte Angaben vor Abschluss des Versicherungsvertrages mitzuteilen. Art. 15 Abs. 1 RL 90/619/EWG verhält sich zu Rücktrittsmöglichkeiten eines Versicherungsnehmers binnen einer Frist zwischen 14 und 30 Tagen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Vertrag geschlossen ist. Grundlage der Richtlinie 92/96/EWG ist nach den darin genannten Erwägungsgründen, insbesondere Nr. (23), dass der Verbraucher in die Lage versetzt werden soll, einen seinen Bedürfnissen entsprechenden Vertrag auszuwählen. Weder auf die Bestimmungen der Richtlinien noch auf deren Erwägungsgründe lässt sich indes die Auffassung des Klägers stützen, sowohl die Übergabe aller maßgeblichen Unterlagen als auch die Belehrung über das Widerspruchsrecht müssten erfolgen, noch bevor der Versicherungsnehmer eine – potentiell – bindende Willenserklärung abgibt. Einen solchen vertragsregulierenden Inhalt haben die Richtlinien nicht. Vielmehr sollte nach dem Erwägungsgrund Nr. (5) RL 92/96/EWG eine Harmonisierung zwecks gegenseitiger Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme erzielt werden. Vorgaben für eine Neureglung des materiellen nationalen Privatrechts machen die Richtlinien nicht. Dies bestätigt unter anderem Erwägungsgrund Nr. (19) RL 92/96/EWG, wonach die den Mitgliedsstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsnehmer Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, eine hinreichende Sicherung für die betreffenden Versicherungsnehmer darstellt.
c) Die in § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. enthaltene Regelung geht mit dem Wortlaut der Richtlinien und den ihnen zugrundeliegenden Erwägungsgründen konform. Maßgeblich ist dementsprechend, dass der Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrags die erforderlichen Informationen erhält und er von dem Zeitpunkt an, zu dem er von dem Vertragsschluss in Kenntnis gesetzt wird, über die Widerspruchsmöglichkeit belehrt ist. Diese Voraussetzungen waren nach dem damals geltenden und auf den Streitfall anzuwendenden Recht gegeben. Die normierte 14-tägige Frist ermöglichte es dem Versicherungsnehmer, durch Ausübung seines Widerspruchsrechts den Abschluss eines bindenden Vertrages zu verhindern. Vor dem Ablauf der Widerspruchsfrist konnte bei ordnungsgemäßer Belehrung kein gültiges Rechtsgeschäft zustande kommen, weil der Vertrag schwebend unwirksam war und erst dann als abgeschlossen galt, wenn der Versicherungsnehmer von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machte. Die Formulierung „vor Abschluss des Versicherungsvertrags“ im Sinne des Art. 31 Abs. 1 RL 92/96/EWG ist auslegungsbedürftig und –fähig. Die Ansicht, wonach damit gemeint sei, dass im Gefüge des für den Vertragsschluss geltenden materiellen Privatrechts des jeweiligen Mitgliedsstaates Information und Belehrung bereits bei Abgabe der ersten Willenserklärung des Versicherungsnehmers zu erfolgen haben, vermag der Senat nicht zu teilen. Auch den Worten „dass der Vertrag geschlossen ist“ in Art. 15 Abs. 1 RL 90/619/EWG lässt sich lediglich entnehmen, es gehe um die Mitteilung, der Vertrag sei für den Versicherer abgeschlossen, so dass dieser sich nicht mehr einseitig davon lösen kann. Anderenfalls würde die Regelung in Art. 15 RL 90/ 619/EWG für den Versicherungsnehmer ein Widerrufsrecht nach bindendem Abschluss des Rechtsgeschäfts vorsehen. Die Möglichkeit, sich von einem bereits vollgültigen Vertrag zu lösen, entspricht allerdings eher den Rechtsinstituten der Anfechtung beziehungsweise des Rücktritts, die in den Fällen der vorliegenden Art nicht eingreifen und vom nationalen Gesetzgeber in Deutschland für völlig abweichende Konstellationen vorgesehen sind.
d) Der Versicherungsnehmer wurde durch die Bestimmungen des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. weder gänzlich rechtlos gestellt noch überhaupt in seinen Rechten beeinträchtigt, weil er das Zustandekommen des Vertrages durch die Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern konnte. Gewiss wird ihm durch die gesetzlich normierte Widerspruchslösung eine Last auferlegt, tätig zu werden. Eine solche besteht jedoch unabhängig davon, ob das jeweilige Rechtsgeschäft zu dieser Zeit schon verbindlich abgeschlossen oder noch schwebend unwirksam ist. Regelt das Gesetz die Befugnis zu Widerspruch oder Widerruf, um das Zustandekommen eines vollgültigen Vertrages zu verhindern, dann dient dies gerade dem Schutze des Verbrauchers und genügt auch in anderen Konstellationen europarechtlichen Vorgaben oder beruht sogar darauf. Für Fälle der streitgegenständlichen Art ergeben sich aus Art. 15 RL 60/619/EWG keine weitergehenden Anforderungen. Der Versicherungsnehmer wird auch durch die Widerspruchslösung in die Lage versetzt, nach Erhalt sämtlicher Informationen ausgiebig zu prüfen, ob er sich rechtsgeschäftlich binden möchte. Die Notwendigkeit, verneinendenfalls das Widerspruchsrecht auszuüben, stellt eine marginale Obliegenheit dar, die hinter der erforderlichen und zu sichernden Informationsbeschaffung zurücktritt. Die Auffassung, dass sich der jeweilige Versicherungsnehmer nicht ausreichend informieren könne, wenn er die einschlägigen Unterlagen erst mit der Annahmeerklärung des Versicherers erhalte, trifft nicht zu. Denn er hat sehr wohl die Möglichkeit, sich schon im Vorfeld anhand von Broschüren oder im Internet über Inhalte, Konditionen und Voraussetzungen für den Abschluss eines Versicherungsgeschäftes bei verschiedenen Anbietern zu erkundigen, um das für ihn interessanteste Angebot vorläufig auszuwählen. Auch beim Vertragsschluss nach dem Policenmodell ist kein Versicherungsnehmer dazu gezwungen, sogleich den ersten ihm vorgelegten Versicherungsantrag zu unterschreiben, ohne sich zuvor näher über das Angebot auf dem Markt informiert zu haben. Selbst nach Antragstellung hat der Versicherungsnehmer noch die Möglichkeit, zu vergleichen und – eine ordnungsgemäße Belehrung vorausgesetzt – sich für oder gegen einen Widerspruch zu entscheiden.
e) Zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung gelangt der Senat auch nicht unter Berücksichtigung der Argumentation in den Schlussanträgen der Generalanwältin beim EuGH vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12. Darin wird ausgeführt, der Versicherungsnehmer müsse vor der Wahl eines konkreten Versicherers und eines bestimmten Vertrags hinreichend informiert werden, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Die Informationen müssten auch die Modalitäten des Rücktritts vom Versicherungsgeschäft umfassen. Es liege auf der Hand, dass kein Rücktritt von einem Vertrage möglich sei, den man noch nicht abgeschlossen habe, da es weder Angebot noch Annahme gebe, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führten. Nationale Regelungen, die ein Informationserfordernis vor Abschluss des Vertrages und eine Rücktrittsmöglichkeit danach nicht vorsähen, seien gemäß den EU-Richtlinien unzulässig, weil sie den Zweck der Belehrungspflichten verfehlten. Eine im nationalen Recht enthaltene Widerspruchsfrist sei deshalb keine Rücktrittsfrist im Sinne des Art. 15 Abs. 1 RL 92/96/EWG, so dass das darin vorgesehene Recht nicht voll zum Tragen komme. Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Sie wiederholt letztlich den Inhalt der Richtlinien und erörtert daraus zu ziehende Konsequenzen, setzt sich jedoch nicht mit dem nationalen Recht und dem hier vorhandenen Institut des schwebend unwirksamen Vertrages auseinander. Da der Versicherer bereits an seine Willenserklärung gebunden ist, ergeben sich für ihn insoweit dieselben Wirkungen wie bei einem schon vollgültigen Vertrag. Auch für den im Zeitpunkt der Belehrung ausreichend informierten Versicherungsnehmer stellt sich seine rechtliche Position nicht anders dar als bei der von der Generalanwältin für erforderlich gehaltenen Regelung. In beiden Fällen kann sich der Verbraucher, wenn er ordnungsgemäß informiert und belehrt worden ist, von dem Versicherungsvertrag lossagen, ohne diesen zu verletzten, sei er nun bereits bindend abgeschlossenen oder noch schwebend unwirksam.
f) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen oben zitierten Entscheidungen keine abschließende Meinung zu der Richtlinienkonformität des Policenmodells geäußert. Von ihm wurde vielmehr einerseits ausgesprochen, dass bereits wegen der sich voraussichtlich – also keineswegs zwingend – in einem späteren Revisionsverfahren ergebenden Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union der Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO (Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung) vorliege, weshalb Berufungen in Fällen der streitgegenständlichen Art nicht im Beschlusswege nach § 522 ZPO a.F., der kein weiteres Rechtsmittel zuließ, als unbegründet zurückgewiesen werden durften. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, warum es zu der Ansicht gelangt ist, dass sich die Fachgerichte nicht in Anwendung und Auslegung des materiellen Unionsrechts die vertretbare Überzeugung bilden durften, die europarechtliche Lage sei – trotz Unvollständigkeit der dazu ergangenen EuGH-Rechtsprechung – von vornherein eindeutig. Der Bundesgerichtshof, das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, hat indes in einem Revisionsverfahren ausdrücklich bejaht, dass das sogenannte Policenmodell an sich mit den Vorgaben der Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung) vereinbar sei; die richtige Anwendung des europäischen Gemeinschaftsrechts stehe, so heißt es explizit in der betreffenden Entscheidung, bei Berücksichtigung der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union bezogen auf das Policenmodell außer Zweifel, weshalb keine Vorlagepflicht gemäß § 267 Abs. 1 lit. b) und Abs. 3 AEUV bestehe (vgl. BGH, Urt. v 16.07.2014 - IV ZR 73/13, Rdn. 16, juris = BeckRS 2014, 15662). Hier bedarf es einer Vorabentscheidung nach dieser Vorschrift schon deshalb nicht, weil es – wie nachfolgend noch näher auszuführen sein wird – für dessen Entscheidung auf die vom Berufungsführer für klärungsbedürftig erachteten Rechtsfragen (GA II 406, 418 f.) nicht ankommt. Im Übrigen wäre der Senat nicht zur Vorlage verpflichtet, da dem Anspruchsteller – wegen der Revisionszulassung – ein weiteres innerstaatliches Rechtsmittel offen steht.
2. Unabhängig von der europarechtlichen Unbedenklichkeit des so genannten Policenmodells kann der Kläger im Streitfall mit seinem Rückabwicklungsbegehren deshalb nicht durchdringen, weil es ihm – entsprechend dem in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben – verwehrt ist, sich mit Erfolg auf die Unwirksamkeit des Versicherungsvertrages zu berufen, nachdem er zunächst so lange Zeit daran festgehalten hat. Der Senat teilt die in der Entscheidung des BGH, Urt. v 16.07.2014 - IV ZR 73/13, LS und Rdn. 32 ff. (juris = BeckRS 2014, 15662), vertretene Ansicht, wonach sich ein Versicherungsnehmer gemäß Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung nach jahrelanger Durchführung eines Vertrages nicht mehr auf dessen angebliche Unwirksamkeit stützen und daraus Bereicherungsansprüche herleiten kann, sofern er ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt wurde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
a) Die Widerspruchsbelehrung, die sich auf Seite 3 beider Versicherungsscheine befindet (Kopien Anlagen B1a/GA I 143 ff. und B2a/GA I 160 ff.), genügt den formellen wie den inhaltlichen Anforderungen des Gesetzes. Welche dies sind, folgt zunächst aus § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG in der – hier einschlägigen – vom 29. Juli 1994 bis zum 31. Juli 2001 geltenden (alten) Fassung, wonach der Beginn der Widerspruchsfrist unter anderem davon abhängig war, dass der Versicherungsnehmer bei der Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich und in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer unterrichtet wurde; gemäß der höchstrichterlichen Judikatur setzte eine wirksame Belehrung des Verbrauchers über sein Recht ferner voraus, dass auf die gesetzlich vorgeschriebene Form und darauf hingewiesen wird, dass die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung die 14-tägige Frist wahrt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 28.01.2004 - IV ZR 58/ 03, LS und Rdn. 16 f., juris = BeckRS 2004, 03234, m.w.N.). Auf die – seinerzeit in § 10a Abs. 2 VAG a.F. geregelten – Formerfordernisse für die Verbraucherinformation kommt es hingegen in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich an, weil es sich bei § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG um die speziellere Vorschrift handelt. Dass dem Kläger sämtliche Vertragsunterlagen inklusive der Verbraucherinformation zur Verfügung gestanden haben, ist zwischen den Parteien unstreitig (LGU 2; GA II 250, 257).
aa) Eine drucktechnisch deutliche Gestaltung der Widerspruchsbelehrung liegt im Streitfall – entgegen der klägerischen Auffassung – vor. Anders als in der Konstellation, auf der die Entscheidung des BGH, Urt. v. 28.01.2004 - IV ZR 58/03 (Rdn. 18, juris = BeckRS 2004, 03234) fußt, geht die Belehrung hier keineswegs im Konvolut der übersandten Vertragsdokumente nahezu unter. Bei den Versicherungsscheinen, in die sie aufgenommen worden sind, handelt es sich um wichtige Urkunden, deren besondere Bedeutung für die – grundsätzlich auf lange Dauer angelegten – Rechtsgeschäfte der in Rede stehenden Art jedem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres bewusst ist, deren Übersendung er erwartet und die er deshalb regelmäßig auch in Augenschein nimmt. Die Policen bestehen im Streitfall lediglich aus vier Seiten, die übersichtlich gegliederte Angaben zu dem betreffenden Versicherungsverhältnis enthalten. Als gesonderter Absatz in zweizeiligem Fettdruck ist allein jeweils die Widerspruchsbelehrung gestaltet. Bereits hierdurch hebt sie sich klar vom übrigen Text ab. Zudem befindet sie sich direkt über der Firmenangabe der Beklagten und zwei faksimilierten Unterschriften, die zusätzlich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf diesen Teil der Versicherungsscheine lenken. Deshalb fällt der Blick schon bei bloßem Durchblättern der Policen auf die Belehrung, selbst wenn man nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Die verwendete Schriftart ist gut lesbar und ausreichend groß gehalten. Weitergehende formelle Anforderungen ergeben sich aus dem Gesetz nicht. Insbesondere wird keinerlei exklusive Hervorhebung des Belehrungstextes verlangt.
bb) Die an sie zu stellenden inhaltlichen Anforderungen erfüllt die verwendete Widerspruchsbelehrung ebenfalls. Aus ihr folgt für jeden durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres, dass ihm ein Widerspruchsrecht zusteht, in welcher Frist es ausgeübt werden muss und wann diese beginnt. Dass der Zeitpunkt, zu dem sie in Lauf gesetzt wird, mit den Worten „ab Zugang dieser Unterlagen“ beschrieben ist und im Belehrungstext als solchem nicht explizit vom Versicherungsschein, den Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation gesprochen wird, erweist sich als unschädlich, da die in Bezug genommenen Unterlagen – auf derselben Seite wenige Abschnitte oberhalb der Widerspruchsbelehrung – schon unter der Überschrift „Sonstige Vertragsinhalte“ im Einzelnen aufgeführt worden sind (vgl. dazu auch OLG München, Urt. v. 21.08.2012 - 25 U 526/12, Rdn. 19, juris = BeckRS 2012, 18792). Hierdurch wird – speziell für juristische Laien – im Ergebnis weit mehr Klarheit geschaffen als bei bloßer Wiedergabe des Gesetzeswortlautes. Entscheidend ist letztlich, ob der mit der Belehrung verbundene Informationszweck gewahrt wird, wozu sich auch andere Formulierungen als der Gesetzestext eigenen; eine Musterbelehrung existierte seinerzeit nicht, erst recht keine verbindliche.
(1) Vorhanden ist im Streitfall ferner der Hinweis, dass die rechtzeitige Absendung zur Fristwahrung genügt. Daraus konnte der Berufungsführer ohne weiteres zugleich entnehmen, dass seine Erklärung in gegenständlicher Form verkörpert sein musste, weil mündliche Äußerungen gemäß ganz allgemeinem Verständnis nicht abgesendet werden, selbst wenn sie am Telefon erfolgen. Dass in der Belehrung auf das nach der damaligen Fassung von § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. noch bestehende Schriftformerfordernis nicht hingewiesen wird, macht sie – anders als der Rechtsmittelführer meint – keineswegs unwirksam. Gemäß § 15a VVG a.F. gehörten die Bestimmungen des § 5a VVG a.F. zu den sogenannten halbzwingenden Vorschriften, von denen lediglich nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden durfte. Mit ihrer Belehrung hat die Beklagte indes zum Ausdruck gebracht, dass sie bereit ist, Widerspruchserklärungen in jedweder – gegenständlich verkörperten – Form zu akzeptieren, was für ihre Kunden allein von Vorteil war (vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 21.11.2014 - 20 U 8/14, Umdr. S. 13, Kopie Anlage B21/GA III 651, 657; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 06.08.2013 - 11 O 2229/13, Umdr. S. 10, Kopie Anlage B12/GA II 477, 486 = B16/GA III 601, 605 R). Die hohen Anforderungen, die der § 126 BGB an die Wahrung der gesetzlichen Schriftform stellt, hatten sich seinerzeit, als Telefax und E-Mail im Alltagsverkehr längst massenhaft verwendet wurden, für einseitige Willenserklärungen der vorliegenden Art als zu streng erweisen, wie die nur kurze Zeit darauf – zum 01. August 2001 – erfolgte Novellierung der Formvorschriften durch den Gesetzgeber belegt. Dem Angebot der Rechtsmittelgegnerin ist der Anspruchsteller beim Vertragsabschluss nicht entgegengetreten. Eine reale Gefahr, dass der im Streitfall gewählte Belehrungstext einen Versicherungsnehmer davon abhält, sein Widerspruchsrecht auszuüben, bestand zu keiner Zeit.
(2) Über die im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthaltenen Bestimmungen betreffend die Form von Rechtsgeschäften und die Berechnung von Fristen musste die Beklagte den Kläger nicht informieren. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung lässt sich ein solches Erfordernis ableiten; vielmehr ist die Widerspruchsbelehrung auf das Nötige zu beschränken, um sie übersichtlich zu halten, ihre Kenntnisnahme zu fördern und dem Versicherungsnehmer ihr Verständnis zu erleichtern. Analog verhält es sich mit der Benennung des Adressaten der Widerspruchserklärung. Ein verständiger Verbraucher wird diese an den jeweiligen Versicherer als seinen Vertragspartner richten. Aus den Begleitschreiben vom 18. Januar 2000 (Kopie Anlage B1a/ GA I 142) und 28. März 2000 (Kopie Anlage B2a/GA I 159) ergaben sich für den Kläger sowohl die Anschrift der Beklagten als auch die des zuständigen Versicherungsvermittlers; an Letzteren hätte er seine Widerspruchserklärung ebenfalls senden können. Aus dem Umstand, dass § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der heute in Kraft befindlichen (neuen) Fassung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) weitere Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung stellt, lassen sich keinerlei Konsequenzen für die Vergangenheit ziehen; insbesondere scheidet eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift aus. Eine Belehrung über die Widerspruchsfolgen verlangte § 5a VVG a.F. nicht. Ebenso wenig musste der Versicherungsnehmer darüber aufgeklärt werden, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Als unschädlich erweist sich schließlich die Nichterwähnung der Jahresfrist nach § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., deren Rechtmäßigkeit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwar noch nicht angezweifelt wurde, die aber – wie inzwischen höchstrichterlich geklärt ist – in den Fällen der hier streitgegenständlichen Art keine Anwendung findet und die bei einer ordnungsgemäßen Belehrung ohnehin nicht eingreift.
b) Mit der Geltendmachung bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsansprüche nach jahrelanger Vertragsdurchführung verstößt der Kläger – nicht zuletzt unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Streitfalles – gegen das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar kann ihm keineswegs vorgehalten werden, ihm sei beim Vertragsschluss im Jahre 2000 ein – erst in jüngerer Zeit diskutierter – etwaiger Verstoß des sogenannten Policenmodells gegen das Unionsrecht nicht bewusst gewesen; dass er die Widerspruchserklärung nach Kenntniserlangung illoyal hinausgezögert hat, lässt sich nicht feststellen. Hierauf kommt es aber letztendlich auch nicht an, da für die Treuwidrigkeit der Rechtsausübung ein rein objektiver Maßstab gilt. Sie kann bereits dann zu bejahen sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Tun oder Unterlassen mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen; dass einer Seite ein Verschulden zur Last fällt, ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich (vgl. dazu BGH, Urt. v 16.07.2014 - IV ZR 73/13, Rdn. 33 und 37, juris = BeckRS 2014, 15662; ferner Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 242 Rdn. 55, m.w.N.). So liegen die Dinge im Streitfall.
aa) Das Verhalten des Klägers war objektiv widersprüchlich. Er hat den Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeitszusatzschutz in seinem eigenen Interesse initiiert. Die ihm bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er beim Vertragsschluss im Jahre 2000 ungenutzt verstreichen. Bis einschließlich Dezember 2008 hatte er – während eines Zeitraumes von 109 Monaten – insgesamt wenigstens € 11.163,60 an Prämien geleistet. Bereits am 17. März 2000 wurden die Ansprüche aus der Lebensversicherung von ihm erstmals als Sicherheit für ein Darlehen an die …bank AG abgetreten, wovon die Beklagte mit deren Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt (Kopie Anlagen B3 bis B3b/GA I 176 ff.). Eine weitere Abtretung erfolgte im September 2008 an die B… S.A. (Kopie Anlagen B4 bis B4b/GA I 183 ff.). Aufgrund ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung wusste der Anspruchsteller, dass er das Versicherungsgeschäft – ohne Nachteile zu erleiden – nicht hätte zustande kommen lassen müssen und ihm die Beklagte ein Recht zur Loslösung hiervon zugestand. Angesichts dessen konnten seine Beitragszahlungen über einen Zeitraum von etwas mehr als neun Jahren sowie die Benutzung der Ansprüche aus dem Versicherungsgeschäft als Darlehenssicherheit lediglich als Ausdruck seines Willens verstanden werden, den Vertrag tatsächlich durchzuführen. Da die Anspruchsgegnerin die Prämien in Empfang nahm, die Abtretungserklärungen akzeptierte und auch im Übrigen erkennbar von einem bestehenden Vertrag ausging, konnte der Berufungsführer bis zu dessen Beendigung die Gewährung von Versicherungsschutz in Gestalt der Risikoabdeckung erwarten. Dass bei Eintritt des Todes, zu dem es glücklicherweise nicht gekommen ist, die zugesagte Leistung in Anspruch genommen worden wäre, erscheint nach dem von den Prozessparteien unterbreiteten Sachverhalt ganz unzweifelhaft.
bb) Nachdem der Kläger mit seinem vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 15. Oktober 2009 (Kopie Anlage K2/GA I 26) erstmals „den Widerspruch“, „vorsorglich die Anfechtung“ und „hilfsweise die Kündigung“ erklärt hatte, akzeptierte die Beklagte sein Begehren als Kündigung und zahlte ihm einen Nettobetrag im Umfange von € 9.152,36 als Rückkaufswert nebst Überschuss- und Bewertungsreservenanteil aus (GA I 103, 105). Bis die Rechtsmittelführer dann – vertreten durch eine andere Anwaltskanzlei – mit deren Schreiben vom 06. März 2012 (Kopie Anlage K3/GA I 27) erneut „den Widerspruch“ beziehungsweise „den Widerruf nach § 355 BGB“ erklären ließ, vergingen nahezu weitere zweieinhalb Jahre. Dahinstehen kann für die Entscheidung des Streitfalles, ob schon die vorbehaltlose Entgegennahme der Zahlung auf den Rückkaufwert durch den Kläger für sich genommen einer weiteren Widerspruchserklärung entgegenstand. Denn jedenfalls führt die Gesamtbetrachtung in einer Konstellation der hier vorliegenden Art zur Bejahung widersprüchlichen Verhaltens seitens des Anspruchstellers und dazu, dass es sich bei der Anspruchsgegnerin, die selbst gutgläubig war, speziell ihren Informations- und Belehrungsobliegenheiten nachkam, nicht zuletzt unter Berücksichtigung ihrer Funktion als Sachwalterin der Versichertengemeinschaft um die vorrangig schutzwürdige Partei handelt. Eine solche Gemeinschaft besteht – entgegen der Auffassung des Berufungsführers – durchaus auch bei kapitalbildenden Lebensversicherungen. Denn diese sichern das Todesfallrisiko der versicherten Person ab. Im Streitfall kommt hinzu, dass der Kläger zugleich – im Rahmen einer Zusatzversicherung – Schutz wegen Berufsunfähigkeit genossen hat. Ein reines Geldgeschäft, das – ähnlich einem schlichten Sparvertrag – der bloßen Vermögensmehrung dient, bestand zwischen den hiesigen Prozessparteien zu keiner Zeit.
3. Mit seinem Hilfsbegehren dringt der Berufungsführer, soweit darüber im hier angefochtenen Teilurteil befunden wurde, ebenfalls nicht durch. Der Senat folgt – im Anschluss an die höchstrichterliche Judikatur (vgl. dazu insb. BGH, Urt. v. 25.07.2012 - IV ZR 201/10, juris = BeckRS 2012, 17641; Urt. v. 17.10.2012 - IV ZR 202/10, juris = BeckRS 2012, 23754) – der Auffassung, wonach Regelungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die vorsehen, dass die Abschlusskosten gemäß dem sogenannten Zillmerverfahren mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, und Klauseln, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem Rückkaufswert und dem sogenannten Stornoabzug differenzieren, keiner AGB-rechtlichen Kontrolle standhalten. Die sich somit ergebende Regelungslücke ist, wie der Bundesgerichtshof mittlerweile – in Fortführung und Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung – klargestellt hat (vgl. BGH, Urt. v. 11.09.2013 - IV ZR 17/ 13, juris = BeckRS 2013, 16933), durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Danach kann der jeweilige Versicherungsnehmer keineswegs die Rückgewähr aller entrichteten Prämien verlangen; bei vorzeitiger Beendigung der Beitragszahlung schuldet der Versicherer vielmehr jedenfalls die versprochene Leistung, wobei der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswertes jedoch einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf, der bestimmt wird durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation ermittelten ungezillmerten Deckungskapitals. Hier hat der Anspruchsteller bereits vorgerichtlich einen Betrag erhalten, der diesen sogenannten Mindestrückkaufswert übersteigt. Beziffert wurde Letzterer im Streitfall durch die Anspruchsgegnerin schon mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09. April 2013 (GA I 103, 105 und 119) auf insgesamt € 5.407,14, aus dem sich zugleich ergibt, dass kein Stornoabzug vorgenommen wurde. Die Abschlusskosten müssen zwar nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Ermittlung der Mindestleistung gänzlich unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.2013 - IV ZR 39/10, LS, juris = BeckRS 2013, 11764). Ihre Höhe ist aber für sich genommen rechtlich irrelevant. Das gilt erst recht für hypothetische Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären. Ein Anspruch auf deren Offenlegung besteht nicht. Einen überschießenden Betrag könnte der Kläger hier nur dann verlangen, wenn die versprochene Leistung – der Rückkaufswert im Zeitpunkt der Beendigung des Geschäftes unter Zugrundelegung der Bestimmungen des jeweiligen Versicherungsvertrages, so wie er geschlossen worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 07.01.2014 - IV ZR 216/13, Rdn. 9, juris = BeckRS 2014, 05932) – höher wäre. Dafür gibt das Vorbringen des insoweit mit Darlegung und Beweis belasteten Rechtsmittelführers indes nichts her. Sein Auskunftsbegehren, mit dem er sich die Basis für weiteren Vortrag schaffen möchte, kann keinen Erfolg haben, weil die Berufungsgegenerin den Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistung (inklusive Überschussbeteiligung und Bewertungsreservenanteil) bereits in der Klageerwiderung dargestellt hat (GA I 103, 105). Rechnungslegung schuldet der Versicherer dem Versicherungsnehmer nicht. Ebenso wenig ist dieser befugt, die Vorlage von Geschäftsdokumenten oder Einsicht in solche zu fordern.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Demgemäß fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels dem Kläger zur Last, weil er es eingelegt hat.
D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils und des landgerichtlichen Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.
E. Die Revision wird vom Senat – unbeschränkt – zugelassen. Denn von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist – in Abgrenzung zu der Entscheidung des BGH, Urt. v. 28.01.2004 - IV ZR 58/ 03 (juris = BeckRS 2004, 03234, m.w.N.) – schon die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen angesichts des § 15a VVG a.F. eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerspruchsbelehrung auch ohne Hinweis auf das Schriftlichkeitserfordernis gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. möglich ist. Außerdem wurde noch nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen bei Auskunftserteilung durch den Versicherer an eine geordnete Form zu stellen sind, die dabei zu wahren ist.
F. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt zunächst bis 10.000,00, seit dem 18. Dezember 2013 bis € 9.000,00.