Gericht | OLG Brandenburg Vergabesenat | Entscheidungsdatum | 28.09.2010 | |
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Aktenzeichen | Verg W 7/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 29. April 2010 (VK 10/10) wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.200.000 € festgesetzt.
I.
Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 19.12.2009 die Durchführung des Rettungsdienstes im Landkreis … gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 - 3 BbgRettG im Offenen Verfahren europaweit aus. Er schätzte den Gesamtauftragswert auf rund 21 Mio. € netto (Nr. II.2.1 der Bekanntmachung). Der Auftrag soll vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2015 durchgeführt werden mit einer Verlängerungsoption für weitere fünf Jahre.
Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Verdingungs-/Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung bzw. in der Beschreibung zum wettbewerblichen Dialog aufgeführt sind, erteilt werden (Nr. IV.2.1 der Bekanntmachung).
Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 19.3.2010 (Nr. IV.3.4 der Bekanntmachung). Die Antragstellerin hat kein Angebot eingereicht.
In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wies der Auftraggeber darauf hin, dass der Vertragsschluss mit dem Bieter erfolge, der sich nach seinen dem Gebot beigefügten Unterlagen aus der Gesamtbeurteilung der Qualität und der Bedarfsdeckung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als der Geeignetste ergibt und benannte als Zuschlagskriterien die Kosten (40 %), die Qualität (30 %) und das Personalkonzept (30 %).
Vom Bieter waren mit dem Angebot u.a. Nachweise über die Besetzung von Positionen wie Geschäftsführer, Buchhaltung, Leiter Rettungsdienst usw. im Zeitpunkt der Angebotsabgabe einzureichen. Nach der Auswertung der Angebote und für den Fall der Zuschlagserteilung bis spätestens zum 1.12.2010 sind u.a. vollständige Ausbildungsnachweise aller übrigen Mitarbeiter, vollständige Fortbildungsnachweise, Nachweise der gesundheitlichen Eignung aller Mitarbeiter, eine vollständige Auskunft über Einträge im Verkehrszentralregister Flensburg oder aus einem vergleichbaren Register im Herkunftsland des Bieters aller am aktiven Rettungsdienst teilnehmenden Mitarbeiter vorzulegen.
Die Personalbedarfsberechnung war auf der Grundlage exemplarischer Personaleckdaten zu erstellen - unter Anwendung des Urteils des EuGH vom 9.9.2003, Rs C-151/02 (Wochenarbeitszeit 48 h) und unter Zugrundelegung entsprechender Personalangaben (Alter 35 Jahre, verheiratet, 1 Kind) gemäß Nr. 4.3 der Leistungsbeschreibung.
Gemäß § 3 Nr. 2 des Vertrages zur Übertragung des Rettungsdienstes teilt der Leistungserbringer dem Träger des Rettungsdienstes auf dessen Verlangen die Personalkostenstruktur mit und erklärt sich mit einer möglichen Veröffentlichung dieser Daten einverstanden. Der Jahresabschluss des Leistungserbringers ist spätestens zum 31. März des Folgejahres beim Träger des Rettungsdienstes einzureichen, § 3 Nr. 15 des Vertrages. Der Träger des Rettungsdienstes vergütet dem Leistungserbringer die tatsächlichen Kosten der von ihm erbrachten Einsatzleistung im Rettungsdienst und Krankentransport auf der Grundlage eines vom Träger des Rettungsdienstes vorgegebenen Kosten- und Leistungsnachweises, höchstens bis zur Höhe der Selbstkosten, die dem Träger des Rettungsdienstes bei vergleichbaren Einsatzleistungen nach Maßgabe der Anlage 3 (Verteilung der im Landkreis … vorhandenen Rettungswachen) entstanden wären, § 5 Nr. 2 des Vertrages.
Gemäß § 3 Nr. 17 Satz 1 des Vertrages verpflichtet sich der Leistungserbringer zum Zusammenwirken mit den Kräften des Katastrophenschutzes bei Ereignissen mit mehr als drei Verletzten unterhalb der Katastrophenschutzschwelle gemäß den rechtlichen Vorgaben. Hier wurde u.a. auf § 13 BbgRettG hingewiesen. Danach sind von den Trägern des bodengebundenen Rettungsdienstes Maßnahmen zur Koordinierung eines Massenanfalles von Verletzten oder Erkrankten zu planen und vorzubereiten (Absatz 1). So erstellt der Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes u.a. einen Maßnahmeplan für den Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten, regelt dabei insbesondere den koordinierten überörtlichen Einsatz von Hilfeleistungspotenzialen nach einheitlichen Grundsätzen (Absatz 2 Nr. 1), bildet für die organisatorische Führung Organisatorische Leiterinnen und Leiter des Rettungsdienstes aus (Absatz 2 Nr. 2) und stellt die Einsatzbereitschaft des rettungsdienstlichen Personals sicher (Absatz 2 Nr. 3).
Nach Satz 2 der o.g. Vertragsregelung verpflichtet sich der Leistungserbringer insbesondere zur Sicherstellung des Systems „Organisatorischer Leiter Rettungsdienst“.
Die Antragstellerin hat die Verdingungsunterlagen am 14.1.2010 erhalten.
Mit Schreiben vom 18.1.2010 rügte die Antragstellerin, die Vorgabe, jedenfalls bis zum 1.12.2010 Qualifikationsnachweise vorzulegen, obwohl der Auftraggeber gegebenenfalls erst am 1.12.2010 den Zuschlag erteile, sei nicht zu erfüllen. Die Zuschlagskriterien seien sämtlich unklar, insbesondere, was unter Kosten zu verstehen sei, die Gewichtung der Preisangebote untereinander, das Kriterium „Qualität“ und dessen Bewertung. Es sei nicht ersichtlich, wie von den Bietern ein Personalkonzept erarbeitet werden solle, wenn ein solches ohnehin auf Grund des Betriebsüberganges nicht frei von Bindungen sei, die der jetzige Leistungserbringer mit seinen Mitarbeitern eingegangen sei und die den übrigen Bietern unbekannt seien, erarbeitet werden könne. Um die Kosten für den Betriebsübergang ordnungsgemäß kalkulieren zu können, benötige sie bestimmte (im Einzelnen aufgelistete) Angaben und Informationen zu denjenigen Mitarbeitern, die auf den neuen Leistungserbringer übergehen. Die Antragstellerin hat außerdem eine Verständnisfrage zu den der Personalbedarfsberechnung zugrundezulegenden vorgegebenen Eckdaten gestellt und darauf hingewiesen, dass sie sich mit einer möglichen nicht notwendigen Veröffentlichung ihrer Personalkostenstruktur nicht einverstanden erkläre, da es sich um Geschäftsgeheimnisse handele. Die Vorgabe, bis Ende März eines jeden Jahres einen Jahresabschluss aufzustellen und zu prüfen, beanstandete sie als unrealistisch. Außerdem beanstandete sie die Regelung in § 3 Nr. 17 des Vertrages, weil der ausgeschriebene Auftrag mit dem Katastrophenschutz nichts gemein habe. Selbst wenn dies zulässig wäre, müsse der Auftraggeber klarstellen, welche inhaltlichen Anforderungen er an eine solche Aufgabenerfüllung stelle.
Der Auftraggeber reagierte auf das Rügeschreiben mit einem am 11.2.2010 bei der Antragstellerin eingegangenen Bieterrundschreiben. Er wies darauf hin, dass die bis spätestens zum 1.12.2010 einzureichenden Nachweise erst nach Zuschlagserteilung vorzulegen seien. Im Übrigen erläuterte er die im Rügeschreiben angesprochenen Punkte.
Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 24.2.2010 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellt. Mit diesem hat sie zum einen geltend gemacht, es sei mit dem Transparenzgebot und dem Diskriminierungsverbot nicht vereinbar, dass sich der Auftraggeber weigere, allen Bietern einheitlich bekannt zu geben, nach welchen Kriterien und wie er konkret die Auswertung der Angebote auf der Grundlage der Personalkosten eines „Durchschnittsmitarbeiters“ vornehmen werde. Außerdem habe der Auftraggeber es vergaberechtswidrig abgelehnt, den Bietern die für die Kalkulation des Betriebsüberganges erforderlichen Personaldaten zur Verfügung zu stellen, während er ihnen gleichzeitig jegliches Risiko aus dem Betriebsübergang aufbürde. Es sei unklar, auf welcher Grundlage der Auftraggeber die Angebote auswerten wolle. Die Antragstellerin hat außerdem die Auflage zur Vorlage von Qualifikationsnachweisen für die im Auftragsfall zum Einsatz kommenden Mitarbeiter, von Jahresabschlüssen innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres und die Auflage zur Offenlegung der Personalkostenstruktur moniert.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. gegen den Auftraggeber das Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 107 ff. GWB einzuleiten,
2. durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Vergabe von Rettungsdienstleistungen im Gebiet des Auftraggebers für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 gemäß der Bekanntmachung im EU-Amtsblatt vom 19. Dezember 2009 - 2009/S245-351469 - nur im Wege eines transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erfolgt,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt ist,
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
Der Auftraggeber hat beantragt,
1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,
2. die Beauftragung eines externen Verfahrensbevollmächtigten für den Auftraggeber für notwendig zu erklären.
Der Auftraggeber hat gemeint, mit seinem Hinweis auf die Möglichkeit eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB habe er seine Pflichten im Rahmen eines Vergabeverfahrens erfüllt. Bietern sei es auf der Grundlage der Angaben in den Verdingungsunterlagen möglich, die im Wege eines (möglichen) Betriebsüberganges anfallenden Personalkosten in ausreichendem Umfang zu errechnen. Konkrete Gehaltsstrukturen müsse er nicht kennen. Auf der Grundlage der mitgeteilten Daten zur personellen Besetzung der Rettungswachen sowie deren Auslastung in der Vergangenheit sei es Bietern auch möglich, die jeweils erforderlichen Qualifikationen auch in den zu kalkulierenden Gehaltsstrukturen - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von bei den Bietern bestehenden tariflichen Strukturen - angemessen auf der Grundlage eines „Durchschnittsmitarbeiters“ abzubilden. Unter Hinweis auf § 613a Abs. 5 BGB hat der Auftraggeber gemeint, dem Bieter sei es auf diesem Wege möglich, Qualifikationsnachweise für im Auftragsfall zum Einsatz kommende Mitarbeiter zu erhalten. Mit der Bietermitteilung vom 10.2.2010 habe er die Bewertungskriterien detailliert erläutert. Er gehe davon aus, dass nicht sämtliche Schritte zur Ausfüllung der Bewertungskriterien vorgegeben werden müssten, da anderenfalls kaum noch eine Unterscheidung der Angebote als möglich erscheine. Die Forderung zur Vorlage des Jahresabschlusses gehe nicht über die Vorgaben in § 264 Abs. 1 S. 3 HGB hinaus. Über die Regelung zur Zustimmung zu einer Veröffentlichung der Kostenstruktur solle gerade die Möglichkeit geschaffen werden, in künftigen Vergabeverfahren diejenigen Informationen zugänglich zu machen, an deren Offenlegung der Auftraggeber im hiesigen Verfahren gehindert sei und deren Offenlegung die Antragstellerin hier vehement begehre.
Mit Verfügung vom 30.3.2010 hat der Vorsitzende der Vergabekammer die Entscheidungsfrist bis zum 7.5.2010 verlängert.
In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 28.4.2010 hat die Antragstellerin auch ihre Rüge bezüglich des Katastrophenschutzes im Hinblick auf § 3 Nr. 17 des Vertrages wiederholt.
Die Vergabekammer hat durch die angefochtene Entscheidung den Nachprüfungsantrag teilweise als unzulässig, im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt:
Der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie die Offenlegung der Personalkostenstruktur durch den künftigen Auftragnehmer und deren Veröffentlichung (§ 3 Nr. 2 Abs. 3 des Vertragstextes) beanstande. Sie verhalte sich widersprüchlich, so dass ihr nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, die Unzulässigkeit der Vertragsklausel in diesem Nachprüfungsverfahren geltend zu machen. Einerseits verlange die Antragstellerin die Offenlegung der im Zusammenhang mit einem möglichen Betriebsübergang relevanten Personaldaten, andererseits verweigere sie als potentieller Auftragnehmer die Offenlegung und Veröffentlichung ihrer Personalkostenstruktur.
Soweit die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag die Personalbedarfsberechnung auf der Grundlage exemplarischer Personaleckdaten - den so genannten „Durchschnittsmitarbeiter“ beanstande, erfülle ihr Schreiben vom 18.1.2010 die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge nicht. Sie stelle nur pauschal eine Frage („Was ist hier gemeint?“), ohne dass aus ihr erkennbar werde, dass und aus welchen Gründen - wie nunmehr im Rahmen des Nachprüfungsantrages - die Antragstellerin die Wahl dieser Angabe durch den Auftraggeber beanstande. Insoweit sei die Antragstellerin mit ihrer Rüge präkludiert.
Dem mit der Beanstandung der Antragstellerin wegen des Katastrophenschutzes im Hinblick auf § 3 Nr. 17 des Vertrages zum Ausdruck gebrachten Anliegen sei der Auftraggeber mit dem Bieterrundschreiben durch den Hinweis auf §§ 2 Abs. 1, 13 Abs. 2 BbgRettG nachgekommen.
Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet.
Den Bietern werde kein ungewöhnliches Wagnis i.S.d. § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A wegen Fehlens kalkulationserheblicher Informationen aufgebürdet, auch nicht, weil die Leistung nicht eindeutig und erschöpfend gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A beschrieben sei. Der Auftraggeber habe die Angaben gemacht, die ihm mit Stand 31.12.2008 möglich gewesen seien. Ihm könnten keine Obliegenheiten in Bezug auf Inhalt und Ausgestaltung der Ausschreibungsunterlagen auferlegt werden, die er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erfüllen könne. Er habe seiner Pflicht zur eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung dadurch genügt, dass er auf die Möglichkeit eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB hingewiesen habe. Unwägbarkeiten könnten die Bieter bei der Kalkulation ihrer Angebotspreise durch einen nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlag auf die Kalkulation berücksichtigen. Die Personalbedarfsberechnung habe - zur Herbeiführung der Vergleichbarkeit der Angebote - auf der Grundlage des so genannten „Durchschnittsmitarbeiters“ zu erfolgen. Auf dieser Basis ergäben sich die erstattungsfähigen Kosten. Dass der aktuelle Dienstleister darüber hinaus aus seiner Erfahrung regelmäßig einen Informationsvorsprung gegenüber den Mitbewerbern habe, liege in der Natur der Sache. Nicht zu den zwingend auszugleichenden Informationsvorsprüngen gehörten unternehmensspezifische Daten wie die sämtlicher Mitarbeiter des derzeitigen Dienstleisters und die Offenlegung ihrer Arbeitsrechtsverhältnisse nebst Vergütungsstruktur.
Da die Verpflichtung zur Vorlage der Nachweise gemäß Nr. 4.2.2 der Leistungsbeschreibung/Bewerbungsbedingungen erst nach Zuschlagserteilung aktuell werde und § 613a Abs. 5 BGB Unterrichtungspflichten für den bisherigen Arbeitgeber und den neuen Auftragnehmer vorsehe, sei es dem künftigen Auftragnehmer auch möglich, die erforderlichen Informationen zu erlangen.
Der Auftraggeber habe den Interessenten vor Angebotsabgabe gewichtete Zuschlagskriterien sowie gewichtete Unterkriterien in Form einer Punktematrix mitgeteilt. Das Unterkriterium „Personalkosten“ sei nicht intransparent. Die Vorgaben des Auftraggebers seien eindeutig den Verdingungsunterlagen zu entnehmen. Auch hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „Personalkonzept“ sei der Auftraggeber nicht zu einer weitergehenden Konkretisierung verpflichtet, welche Angaben und Ausführungen ein solches enthalten müsse.
Ein möglicher Betriebsübergang mache die Erstellung einer Personalentwicklungsstrategie für die Bieter nicht unmöglich. Vor einer willkürlichen Bewertung der einzelnen Zuschlagskriterien seien die Bieter durch das an den Auftraggeber gerichtete Gebot, die Wertung nachvollziehbar und überprüfbar zu begründen und zu dokumentieren, geschützt. Die Einhaltung der Grenzen des Beurteilungsspielraumes unterliege einer Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen.
Der zum 31.3. des Folgejahres festgesetzte Zeitpunkt zur Vorlage des Jahresabschlusses liege im Einflussbereich des Auftragnehmers und mithin in seiner leistungstypischen Risikosphäre. Die Vorgabe gelte auch für alle Bieter gleichermaßen, so dass sie nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoße.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.
Die Antragstellerin meint, ihr fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie die Offenlegung der Personalkostenstruktur durch den künftigen Auftragnehmer und deren Veröffentlichung beanstande. Sie, die Antragstellerin habe sich allein gegen die Veröffentlichung der Personalkosten gewehrt, nicht gegen die Offenlegung (gegenüber ihrem Vertragspartner). Für eine Veröffentlichung der Personalkostenstrukturen des Bieters als dessen Geschäftsgeheimnis gebe es erkennbar kein schützenswertes Interesse des Auftraggebers. Es sei auch nicht treuwidrig, dass die Antragstellerin sich gegen die Veröffentlichung der Kostenstrukturen wehre, weil sie selbst von dem Auftraggeber Personaldaten angefordert habe. Die angeforderten Personaldaten hätten mit der Personalkostenstruktur eines Unternehmens nichts gemein und ließen auch keine verwertbaren Rückschlüsse auf die Kostenstrukturen zu.
Sie, die Antragstellerin sei auch nicht mit der Geltendmachung eines Vergabefehlers wegen der Abstellung des Wertungskriteriums „Preis“ auf den „Durchschnittsmitarbeiter“ präkludiert. Sie habe dies ordnungsgemäß gerügt.
Den Bietern werde mit der Vorgabe des Auftraggebers, schon zum 1.12.2010 die Eignungsnachweise vorzulegen, eine unmögliche, jedenfalls von der Antragstellerin nicht beeinflussbare Leistung abverlangt. Der Auftraggeber ignoriere mit der Gestaltung seiner Ausschreibung die Besonderheiten des Betriebsüberganges und die damit für die Bieter zwangsläufig verbundenen Beschränkungen, denen nur die jetzigen Leistungserbringer nicht ausgesetzt seien. § 613a Abs. 5 BGB gebe den Bietern keinen Anspruch darauf, dass die Mitarbeiter des bisherigen Leistungserbringers und der bisherige Leistungserbringer selbst bei der Beschaffung der Eignungsnachweise so mitwirkten, dass sichergestellt sei, dass die Bieter diese Vorgabe des Auftraggebers zum 1.12.2010 erfüllen könnten. Aus Informationspflichten vor einem Betriebsübergang ergäbe sich kein Anspruch eines Dritten gegen die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Herausgabe von Urkunden und Dokumenten.
Die Antragstellerin meint unverändert, dass der Auftraggeber im Falle eines Betriebsüberganges nicht allein darauf verweisen darf, die mit dem Betriebsübergang verbundenen wirtschaftlichen Risiken bei der Angebotskalkulation durch einen nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlag auf die Kalkulation zu berücksichtigen. So könnten bereits durch besondere in der Person eines Mitarbeiters des bisherigen Leistungserbringers liegende Gegebenheiten wie Altersteilzeitregelungen, Betriebsrenten, übertarifliche Regelungen etc. nicht nach Erfahrungswerten kalkuliert werden. Zudem müsse ein Mindestmaß an kalkulationsrelevanten Daten auch im Falle eines Betriebsüberganges den Bietern mitgeteilt werden.
Die Antragstellerin ist unverändert der Auffassung, dass nicht nur das Wertungskriterium „Preis“, sondern auch die übrigen Kriterien, vor allem noch das Kriterium „Personalkonzept“, unklar seien.
Die Antragstellerin hält außerdem die Kostenentscheidung der Vergabekammer für falsch, jedenfalls soweit die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber als notwendig festgestellt worden ist.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die Entscheidung der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 29.4.2010 abzuändern und dem Auftraggeber aufzugeben, dass die Vergabe von Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransports für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2015 im Gebiet des Auftraggebers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates nur im Wege eines transparenten und diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens vergeben werden,
2. hilfsweise, festzustellen, dass die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt ist,
Der Auftraggeber beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Auftraggeber verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II.
Die gemäß §§ 116, 117 GWB zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
1. Die Rüge, die von dem Auftraggeber benannten Zuschlagskriterien seien intransparent, als hinsichtlich des Wertungskriteriums „Preis“ auf einen „Durchschnittsmitarbeiter“ abgestellt werde, ist unbegründet.
a) Allerdings hat die Antragstellerin hinreichend gerügt, dass das Abstellen der Personalbedarfsberechnung auf einen sogenannten Durchschnittsmitarbeiter vergaberechtswidrig sei. Diese Rüge ist als solche ausdrücklich im u.a. mit „Verfahrensrüge gemäß § 107 Abs. 3 GWB“ überschriebenen Schreiben der Antragstellerin vom 18.1.2010 ausgeführt. Die Rüge genügt auch inhaltlich den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge. Aus der Frage „Was ist hiermit gemeint?“ geht hervor, dass die Antragstellerin meinte, diesem Begriff könne kein eindeutiger Inhalt beigemessen werden; sie kenne damit nicht den Inhalt einer wesentlichen Kalkulationsgröße.
b) Das Abstellen auf einen „Durchschnittsmitarbeiter“ mit vorgegebenen Eckdaten für die Kostenkalkulation ist für einen sachkundigen Bieter nicht unklar.
In der Leistungsbeschreibung / den Bewerbungsbedingungen heißt es dazu:
„Die Personalbedarfsberechnung hat nachfolgenden Kriterien Rechnung zu tragen und hat auf der Grundlage folgender exemplarischer Personaleckdaten zu erfolgen:
- Anwendung des Urteils des EuGH vom 09.09.2003 - Rs C-151/02 (Wochenarbeitszeit 48 h)
- Personalangaben (Alter 35 Jahre, verheiratet, 1 Kind)“
Die einschlägigen Fragen der Bieter hat der Auftraggeber in seiner Mitteilung gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A wie folgt beantwortet:
„5. Frage
Antwort
„Kosten“ und „Personalkonzept“
Zur Herbeiführung der Vergleichbarkeit der Angebote wurde das Konzept des „Durchschnittsmitarbeiters“ erstellt. Auf dieser Grundlage ergeben sich die erstattungsfähigen Ist-Kosten. Die beiden Zeiträume 2011 und 2012 wurden aufgenommen, um zu berücksichtigen, dass für das Jahr 2011 möglicherweise wegen eines Betriebsüberganges weniger Gestaltungsspielraum besteht. Hinsichtlich des verbleibenden Zeitraumes soll (durchgehend, damit keine Kostenverlagerung in die Folgejahre erfolgen kann) mit dem „Durchschnittsmitarbeiter“ kalkuliert werden.“
„10. Frage
Antwort
Zwischen dem Träger des Rettungsdienstes und den Kostenträgern (Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen im Land Brandenburg) wird eine jährliche Kostenkalkulation vereinbart, die als Grundlage für die Ermittlung der Benutzungsgebührensätze dient. Nach Abschluss der Verhandlungen und dem erforderlichen Kreistagsbeschluss ist diese Gebührensatzung für das kommende Wirtschaftsjahr bindend. Dem Leistungserbringer wird vom Träger des Rettungsdienstes ein Budget im Sinne einer monatlichen Abschlagszahlung übermittelt, welches dann monatlich in einer Ist-Kostenabrechnung nachzuweisen ist. Das Budget ist der geplante Handlungsspielraum für das jeweilige Wirtschaftsjahr, welches einzuhalten ist.“
„12. Frage
Antwort
... Die Personalbedarfsberechnung hat die geltenden Vorgaben nach Arbeitszeitgesetz (ArbZG und als Rechnungsgröße den definierten „Durchschnittsmitarbeiter“) zu berücksichtigen. Der Bieter hat anzugeben, auf welcher Grundlage die Vergütung des Personals erfolgt (Vergütungsstruktur z. B. Aufgrund (Haus-) Tarifvertrag, Vergütungsstrukturen kirchlicher Träger etc.). Die Personalkostenaufstellung muss dieser Grundlage entsprechend angelegt werden.“
„23. Frage
„Warum sollen Personalkosten fiktiv und unreal mit einem 35-Jährigen, verheirateten und einem Kind habenden Mitarbeiter berechnet werden, wenn die reellen Ist-Personalkosten aufgrund eines eventuell eingeklagten Betriebsüberganges von Mitarbeitern des jetzigen Dienstleisters möglicherweise höher sein werden? ...“
Antwort
Die Angabe fiktiver Personalkosten soll die Vergleichbarkeit der Angebote herstellen. Das Risiko der Mehrkosten im Falle eines Betriebsüberganges trägt der Bieter. Auf die Antwort zu Frage 5 und Frage 10 wird zudem verwiesen.“
Aus der Leistungsbeschreibung sowie den Bewerbungsbedingungen im Zusammenhang mit den Erläuterungen des Auftraggebers auf Grund der Fragen der Bieter ergibt sich danach für einen sachkundigen verständigen Bieter, dass er zum einen seinen Personalbedarf auf der Grundlage einer Wochenarbeitszeit seiner Mitarbeiter von je 48 Stunden zu ermitteln hat. Das ist von der Antragstellerin auch nicht problematisiert worden. Zum anderen ergibt sich daraus auch, dass auf der Grundlage des ermittelten Personalbedarfs die Personalkosten fiktiv zu ermitteln sind, d.h. unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Bieter ausschließlich 35-jährige verheiratete Mitarbeiter beschäftigt, die jeweils ein Kind haben.
Deutlich geht dies aus der Antwort auf die 12. Frage in der Mitteilung des Auftraggebers gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A hervor.
Deutlich ergibt sich dies außerdem aus dem Wortlaut der vom Auftraggeber unter der Nr. 23 wiedergegebenen Frage eines anderen Bieters sowie der entsprechenden Antwort. Denn dort wird danach gefragt, warum die Personalkosten fiktiv ausgehend davon berechnet werden sollen, als wenn man nur 35-jährige verheiratete Mitarbeiter mit einem Kind beschäftige. In der Antwort zu dieser Frage bestätigt der Auftraggeber dementsprechend ausdrücklich, dass fiktive Personalkosten angegeben werden sollen.
Daraus leitet sich wiederum ab, dass die Bieter entsprechend den bei ihnen geltenden Vergütungsregelungen die Personalkosten ausgehend von ihrem (geplanten) tatsächlichen Personal so zu berechnen haben, als wenn alle ihre Mitarbeiter in den verschiedenen Funktionen und jeweiligen Vergütungsgruppen 35 Jahre alt und verheiratet wären sowie ein Kind hätten.
Die so kalkulierten Personalkosten für die Jahre 2011 und 2012 fließen in die Wertung ein.
2. Die Antragstellerin kann auch nicht mit der Rüge durchdringen, vergaberechtsfehlerhaft fordere der Auftraggeber von den Bietern, Studien-, Ausbildungs- und sonstige Nachweise von den bei dem derzeitigen Leistungserbringer beschäftigten Mitarbeitern, die infolge eines Betriebsüberganges gemäß § 613a BGB vom neuen Leistungserbringer weiterbeschäftigt werden müssten, vor dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges bis zum Ende der Zuschlagsfrist am 1.12.2010, 23.59 Uhr vorzulegen; es sei unmöglich, zeitgleich mit der Zuschlagserteilung die zahlreich geforderten Eignungsnachweise vorzulegen, da sie erst noch beschafft werden müssten.
Der Nachprüfungsantrag ist insoweit bereits unzulässig, weil der Antragstellerin durch diesen gerügten Vergaberechtsverstoß kein Schaden in Form der Verschlechterung ihrer Zuschlagschancen droht. Dies gilt schon wegen der den Auftraggeber bindenden Mitteilung gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 2 VOL/A vom 10.2.2010. Der Auftraggeber hat in der Antwort auf die dritte Frage zutreffend darauf hingewiesen, dass zum einen die Vorlage nur für den Fall der Zuschlagserteilung erfolgen soll. Daraus ergibt sich bereits, dass die Unterlagen erst zeitlich nach der Zuschlagserteilung vorgelegt werden sollen. Das hat der Auftraggeber in dieser Antwort im Weiteren auch ausdrücklich so formuliert. Damit hat sich der Auftraggeber unabhängig von der formalen Festlegung des Endes der Zuschlagsfrist entsprechend gebunden. Damit übereinstimmend hat der Auftraggeber schließlich darauf hingewiesen, dass die Auftragsvergabe bereits vor dem Ende der Bindefrist (Mai/Juni 2010) geplant ist und dies in der mündlichen Verhandlung dahin präzisiert, dass nunmehr in Abhängigkeit vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens schnellstmöglich zugeschlagen werden solle, um einen entsprechenden zeitlichen Vorlauf zu schaffen.
3. Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, eine Vergabestelle dürfe die Bieter in den Fällen, in denen ein Betriebsübergang erfolge, nicht allein darauf verweisen, die mit dem Betriebsübergang verbundenen wirtschaftlichen Risiken „bei ihrer Angebotskalkulation durch einen nach Erfahrungswerten vorzunehmenden Zuschlag auf die Kalkulation“ zu berücksichtigen.
Zunächst können dem Auftraggeber jedenfalls keine Obliegenheiten in Bezug auf Inhalt und Gestaltung der Ausschreibungsunterlagen auferlegt werden, die er aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen nicht erfüllen kann. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die von der Antragstellerin geforderten Daten hinsichtlich der Risiken aus Altersteilzeitregelungen, Betriebsrenten, übertariflichen Entgelt- und Arbeitszeitbestimmungen dem Auftraggeber überhaupt bekannt sind. Jedenfalls aber berührt die Weitergabe derartiger Daten hinsichtlich der Vergütungsstruktur des bisherigen Leistungserbringers dessen Interessen; ohne dessen Einverständnis darf sie der Auftraggeber nicht offenbaren. Außerdem kann der Auftraggeber die geforderten Angaben nicht machen, weil er die fachgerichtlich zu treffende Entscheidung nicht vorwegnehmen kann, ob ein Betriebsübergang stattfindet. Zudem steht im Zeitpunkt der Ausschreibung nicht fest, ob der Bieter Personal vom bisherigen Leistungserbringer übernehmen muss und wenn ja, in welchem Umfang. Im Übrigen sieht der Senat den Umstand, dass im Falle der Auftragvergabe wegen der Zuverfügungstellung der sachlichen Betriebsmittel durch den Auftraggeber im arbeitsrechtlichen Sinne eine Teilbetriebsübernahme gemäß § 613a BGB anzunehmen sein könnte (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.9.2008, VII-Verg 50/08) nicht als ungewöhnliches Wagnis im Sinne des § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A an. Das aus der konkreten Fallgestaltung erwachsende Risiko kann die Antragstellerin auch kalkulieren, ggf. durch einen entsprechend erhöhten Risikozuschlag. Schließlich ist die Antragstellerin ein langjährig als Anbieter von Rettungsdienstleistungen tätiges erfahrenes Unternehmen, das auf Grund der in den Verdingungsunterlagen gestellten Anforderungen in Kenntnis der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und Tarifwerke ordentlich kalkulieren kann.
4. Die Wertungskriterien „Preis“ und die übrigen Wertungskriterien, vor allem das Kriterium „Personalkonzept“ sind nicht unklar.
Der Senat hält die Wertungskriterien unter Berücksichtigung der Anlage zum Schreiben des Auftraggebers vom 10.2.2010 für hinreichend klar und mithin die auf deren Grundlage abgegebenen Angebote für vergleichbar.
In der Anlage zu dem Schreiben vom 10.2.2010 hat der Auftraggeber die Wertungskriterien „Preis“, „Qualität“ und „Personalkonzept“ dahin untersetzt, dass er zu jedem Wertungskriterium drei bis vier Unterkriterien mit Gewichtungen mitgeteilt hat. Damit weiß der Bieter, welche Inhalte mit welchem Gewicht eine Rolle spielen. Der Auftraggeber ist vergaberechtlich nicht verpflichtet, die Wertungskriterien bis in eine bestimmte Tiefe zu untergliedern. Der Auftraggeber darf sich vielmehr Ermessensspielräume für die Wertung eröffnen und erhalten.
5. Mit der Rüge, der Auftraggeber dürfe von der Antragstellerin nicht die Zustimmung zur Veröffentlichung der Kostenstrukturen verlangen, kann die Antragstellerin ebenfalls keinen Erfolg haben. Mit der Vergabekammer hält der Senat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin insoweit schon für unzulässig, als die Antragstellerin sich gegen die Veröffentlichung ihrer Kostenstrukturen wendet, ihrerseits jedoch zur Kalkulation ihres Angebotes die Personaldaten des derzeitigen Leistungserbringers im Hinblick auf einen möglichen Betriebsübergang auf den neuen Leistungserbringer gemäß § 613a BGB anfordert. Die von der Antragstellerin geführte Auseinandersetzung um die in diesem Zusammenhang gebrauchten unterschiedlichen Begriffe „Personalkostenstruktur“, „Personalkosten“ und „Personaldaten“ ist vor dem Hintergrund der Antwort des Auftraggebers auf die 17. Frage unerheblich. Denn mit dieser Antwort hat der Auftraggeber klargestellt, dass er die Begriffe „Personalkostenstruktur“ und „Personalkosten“ synonym gebraucht und unter „Personalkostenstruktur“ die Personalkosten des von der Ausschreibung betroffenen Personals versteht. Ausgehend von der Position der Antragstellerin gehören dazu auch entsprechende „Personaldaten“ wie z. B. Alter und berufliche Qualifikation, Einschränkungen der Arbeitsleistung etwa aufgrund von Altersteilzeit oder Schwerbehinderung. Was darüber hinaus zu den „Personalkostenstrukturen“ gehören sollte, gegen deren Veröffentlichungsrecht sich die Antragstellerin zu Recht gewehrt haben will, hat sie nicht dargelegt.
Außerdem hat insoweit die Antragstellerin nach Vorstehendem einen drohenden Schaden durch zumindest eine Verschlechterung der Zuschlagschancen nicht schlüssig dargelegt. Da sie nicht mit einem Angebot an dem Vergabeverfahren teilgenommen hat, können sich ihre Chancen durch diesen - hier unterstellten - Vergaberechtsfehler auch nicht verschlechtert haben. Die Antragstellerin war wegen dieses gerügten Fehlers auch nicht außerstande, ein Angebot einzureichen. Sie hätte ein Angebot einreichen können, ohne die von ihr geforderte Zustimmung abzugeben bzw. in dem von ihr für zulässig gehaltenen Umfang. Sie wäre dann zwar Gefahr gelaufen, dass ihr Angebot von der Antragstellerin wegen fehlender Erklärungen oder Änderung der Verdingungsunterlagen ausgeschlossen wird, hätte sich dagegen aber im Wege einer Rüge und gegebenenfalls eines Nachprüfungsverfahrens mit dem Einwand verteidigen können, die Zustimmung werde vergaberechtsfehlerhaft von ihr verlangt, mithin ihr Angebot vergaberechtsfehlerhaft ausgeschlossen.
Im Übrigen wäre die Antragstellerin jedenfalls bei Erhalt des Auftrags ohnehin nach Treu und Glauben verpflichtet, dem Auftraggeber die Informationen und die Erlaubnis zu deren Weitergabe bei Neuvergabe des Auftrags zu geben, die sie selbst für erforderlich hält, um ordnungsgemäß kalkulieren zu können.
6. Die Kostenentscheidung der Vergabekammer ist auch insoweit richtig, als die Vergabekammer festgestellt hat, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber notwendig war.
Die Frage, wann die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig ist, kann nicht schematisch beantwortet werden. Es ist eine Entscheidung geboten, die den Umständen des Einzelfalles Rechnung trägt. Entscheidend ist, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, hieraus die für eine sinnvolle Rechtsverteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und entsprechend gegenüber der Vergabekammer vorzutragen (BGH, Beschluss vom 29.6.2006, X ZB 14/06, Rn 61 – zitiert nach juris). Der Senat hat sich ebenfalls bereits auf den Standpunkt gestellt, dass in einem Fall, bei dem sich die Streitpunkte auf auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen einschließlich der dazu gehörenden Vergaberegeln konzentrieren, der öffentliche Auftraggeber die erforderlichen Sach- und Rechtskenntnisse in seinem originären Aufgabenkreis organisieren muss und daher auch im Nachprüfungsverfahren keines anwaltlichen Bevollmächtigten bedarf (Beschluss vom 11.12.2007, Verg W 6/07, Rn. 23 - zitiert nach juris). Das kann jedoch, wie auch in der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 22.2.2010, WVerg 1/10) allenfalls regelmäßig der Fall sein. Hier jedenfalls handelt es sich um ein komplexes Nachprüfungsverfahren. Die Antragstellerin hat eine Vielzahl von Rügen erhoben, die teils ineinander greifen und dadurch zusätzlich die Durchdringung des Sachverhaltes erschweren. Zudem handelt es sich um eine komplizierte Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen, bei denen erst seit der Entscheidung des BGH vom 1.12.2008 (X ZB 31/08) geklärt ist, dass sie dem Vergaberechtsregime des vierten Teils des GWB unterliegen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB.
Den Streitwert hat der Senat gemäß § 50 Abs. 2 GKG auf 5 % des geschätzten Bruttoauftragswertes festgesetzt. Es hat dabei den Anteil umsatzsteuerbelasteter sowie gemäß § 4 Nr. 17 lit. b UStG umsatzsteuerbefreiter Leistungen auf jeweils 50 % des geschätzten Nettoauftragswertes geschätzt.