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Entscheidung 12 U 22/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 23.06.2011
Aktenzeichen 12 U 22/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 11.01.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 12 O 388/10, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht Architektenhonorar geltend, wobei die Parteien im Wesentlichen über das Zustandekommen eines Architektenvertrages streiten.

Der Kläger war seit dem Jahre 2005 als Architekt für den Radweg „Tour B…“ planerisch tätig. Er schloss im Jahre 2005 mit verschiedenen Gemeinden bzw. Ämtern entsprechende, schriftlich niedergelegte Ingenieurverträge. Ende des Jahres 2005 übernahm der Beklagte Planung und Ausführung des Radweges, und teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 23.12.2005 mit. Unter dem 01.12.2008 legte der Kläger gegenüber dem Beklagten Schlussrechnung. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.

Das Landgericht hat der Klage, die auf Zahlung von 99.482,58 € gerichtet ist, vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung wird ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 631 Abs. 1 BGB zu, weil ein wirksamer Architektenvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei. Bereits aus den beiden Schreiben vom 23.12.2005 und 20.02.2006 ergäbe sich ein entsprechender Bindungswille des Beklagten, wonach der Kläger darauf habe schließen dürfen, dass der Beklagte das Vertragsverhältnis, das der Kläger schon mit dem Amt S… und der Stadt S… eingegangen war, sofort fortsetzen wollte, nachdem diese beiden Gemeinden sich zurückgezogen hatten, und der Beklagte die Planung und Errichtung des Radweges „Tour B…“ übernommen hatte. Zudem habe der Beklagte schon mit Schreiben vom 20.02.2006, aber auch mit weiterem Schreiben vom 20.03.2006 zu Konkretisierungen und Änderungen in der Planung aufgefordert, so dass letztlich durch schlüssiges Handeln ein Architektenvertrag zustande gekommen sei. Auch habe der Kläger entsprechend der Aufforderung des Beklagten die Verträge gegenüber der Stadt S… und dem Amt S… aufgehoben.

Der Vertrag sei auch nicht nach § 56 Abs. 2 der LKrO Brandenburg vom 15.10.1993 wegen Nichteinhaltung der Schriftform unwirksam, weil hier ein Geschäft laufender Verwaltung entsprechend § 56 Abs. 3 LKrO vorliege. Die Beauftragung eines Architekten mit einem Auftragsvolumen von knapp 100.000,00 € für die Planung eines Weges zur Mehrfachnutzung sei ein Geschäft der laufenden Verwaltung, zumal es in § 12 der Hauptsatzung des Beklagten vom 19.02.2004 heiße, dass zu den Geschäften der laufenden Verwaltung i.S.v. § 52 Abs. 1 e LKrO nur solche zählen würden, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und von sachlich und finanziell weniger erheblicher Bedeutung seien. Finanziell erheblich sei dabei ein Geschäft, wenn es einen Gesamtwert von 250.000,00 € überschreite. Eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgericht vom 14.03.2004 (12 U 130/03), in der es um Vorschriften der Gemeindeordnung ging, werde dabei nicht übersehen; im Rahmen des Geltungsbereiches der Gemeindeordnung gälten jedoch andere Größenordnungen, als bei der Beurteilung, was zur laufenden Verwaltung eines Landkreises zähle. Jedenfalls aber könne sich der Beklagte nach Treu und Glauben nicht auf § 52 Abs. 1 und 2 LKrO berufen.

Die Forderungen des Klägers seien im Übrigen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt; Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit der vorgenommenen Berechnungen seien nicht erhoben worden. Geltend gemachte Mängel stünden der Fälligkeit der Forderung nicht entgegen, weil dem Kläger keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben worden sei. Zwar würden in dem Schreiben vom 23.08.2006 einige wesentliche Mängel des Architektenwerkes gerügt, zugleich werde aber auch erklärt, dass eine Nacharbeit für bisher angebotene Leistungen abgelehnt werde. Dies bedeute im Ergebnis, dass Mängel dem Honoraranspruch nicht entgegengehalten werden könnten. Damit bleibe im Ergebnis unerheblich, ob der Beklagte die entsprechenden Leistungen des Klägers verwertet habe.

Die Forderung des Klägers sei auch nicht verjährt. Die Einrede der Verjährung sei lediglich hinsichtlich außervertraglicher Ansprüche nach GOA und/oder ungerechtfertigter Bereicherung erhoben worden; Vergütungsansprüche des Architekten gem. § 8 HOAI, hier nach Schlussrechnung vom 01.12.2008, seien indes rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist gerichtlich geltend gemacht worden.

Gegen das dem Beklagten am 13.01.2011 zugestellte Urteilt hat er mit einem am 24.01.2011 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am Montag, dem 14.03.2011 eingegangen Schriftsatz begründet hat.

Der Beklagte rügt, dass das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft vom Bestehen eines wirksam konkludent geschlossenen Architektenvertrages ausgehe. Das seitens des Beklagten am 23.12.2005 unterbreitete Angebot habe der Kläger nicht angenommen. Auch im Schreiben des Beklagten vom 20.02.2006 und vom 20.03.2006 sei keine Beauftragung des Klägers mit den Leistungsphasen 1 - 6 erkennbar. Vielmehr habe der Beklagte vom Kläger nur Unterlagen angefordert, die typischerweise im Vorfeld einer Auftragserteilung im Rahmen der Akquise verlangt würden. Zudem ginge das erstinstanzliche Gericht rechtsfehlerhaft von den Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 56 Abs. 3 LKrO aus. Die Herstellung oder Unterhaltung von Straßen und Wegen sei kein Kerngeschäft des Beklagten. § 12 der Hauptsatzung des Beklagten vom 19.02.2004 könne nicht herangezogen werden, weil die insoweit vorgenommene Legaldefinition von Geschäften der laufenden Verwaltung ausdrücklich Geschäfte der laufenden Verwaltung i.S.d. § 52 Abs. 1 e LKrO betreffe. Ungeachtet dessen habe das landgerichtliche Urteil auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Planung und der Bau eines Radweges in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr im Geschäftsanfall des beklagten Landkreises vorkomme, wie es § 12 Nr. 1 der Hauptsatzung des Landkreises voraussetze. Dass es sich „im Grunde genommen um ein alltägliches Geschäft handelt“, sei eine Wertung des Erstrichters, die mit Tatsachen nicht unterlegt und außerdem sachlich unzutreffend sei. Schließlich habe der Beklagte beim Kläger auch keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, und § 242 BGB könne nur Anwendung finden, wenn nicht beide Parteien von der Formbedürftigkeit des Rechtsgeschäftes wüssten. Der Kläger sei aber bereits mehrfach für öffentlich-rechtliche Körperschaften als Auftragnehmer tätig geworden. Schließlich würde die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Architektenvertrages für den Kläger nicht zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen. Die hilfsweise erhobene Einrede der Verjährung bleibe aufrechterhalten.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 11.01.2011, Az.: 12 O 388/10, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt im Wesentlichen aus, dass dem wirksamen Vertragsschluss die nach Schreiben des Beklagten vom 20.02.2006 allein nur noch offene Frage der Vergütungshöhe nicht entgegengestanden habe. Denn die Vergütungspflicht sei lediglich Rechtsfolge, nicht aber Tatbestandsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages. Die Aufforderung am 20.02.2006, diverse Nachweise vorzulegen, sei nach Vorstellung der Parteien eine „bloße Formalie“ gewesen. Im Übrigen habe der Kläger die entsprechenden Nachweise auch tatsächlich vorgelegt.

Es handle sich bei der Beauftragung des Klägers um ein Geschäft der laufenden Verwaltung i.S.d. § 56 Abs. 3 LKrO Brandenburg. Die Definition in § 12 der Hauptsatzung des Beklagten sei einschlägig, da die Vorschrift des § 52 Abs. 1 e LKrO Brandenburg die Zuständigkeit des Landkreises von den Zuständigkeiten der übrigen Organe des Landkreises abgrenze. Die das Formerfordernis beinhaltende Vorschrift des § 56 LKrO sei daher lediglich Ausfluss dieser Zuständigkeitsregelung in § 52 Abs. 1 e LKrO. Daher sei der Begriff in beiden Vorschriften synonym verwendet. Die Planung eines Radweges sei für einen Landkreis, der gem. § 9 a Abs. 1 S. 2 BrbStrG immerhin die Straßenbaulast für sämtliche Kreisstraßen trage, von sachlich weniger erheblicher Bedeutung.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet, denn dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung eines Architektenhonorars in Höhe von 99.482,58 € aus § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. § 8 Abs. 1 HOAI zu. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Architektenvertrag gem. § 631 Abs. 1 BGB zustande gekommen.

Für den Zeitraum, in dem der hier maßgebliche Vertragsschluss anzusiedeln ist, galt die HOAI in der Fassung, die seit dem 01.01.1996 in Kraft war und erst zum 18.08.2009 durch die 6. ÄnderungsVO novelliert worden ist. Gegenstand des Vertrages waren Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 - 6 nach § 55 HOAI.

Zwar ist der Architektenvertrag nicht schriftlich geschlossen worden, denn der Kläger vermochte nicht unter Beweis zu stellen, dass er das schriftliche Vertragsangebot des Beklagten vom 23.12.2005 durch gegengezeichnete Rücksendung der Unterlagen angenommen hatte. Die Parteien haben den Architektenvertrag aber konkludent geschlossen. Nach §§ 133, 157 BGB ist maßgeblich für die Auslegung der verschiedenen Erklärungen des Beklagten, wie der Kläger die einzelnen Schreiben des Beklagten und dessen Verhalten ihm gegenüber nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Dabei ist die objektive Erklärungsbedeutung des Gesamtverhaltens maßgeblich zu berücksichtigen (BGH NJW 2006, 3777). Erklärungsbewusstsein ist hingegen kein notwendiger Bestandteil der Willenserklärung; vielmehr kann schlüssiges Verhalten auch schon dann als Willenserklärung gewertet werden, wenn der Handelnde nur an die Möglichkeit einer solchen Wertung lediglich nicht gedacht hat, hingegen bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und der andere Teil es tatsächlich auch so verstanden hat (Palandt, BGB, 70. Aufl., § 133, 11 m.w.N. sowie BGH a.a.O.).

Gemessen an diesen Grundsätzen und aufgrund des Umstandes, dass der Kläger bereits mit der Stadt S… und dem Amt S… vertraglich verbunden gewesen war, und fortlaufend weitere Leistungen auch dem Beklagten gegenüber erbracht hat, ergibt sich, dass der Kläger für den Beklagten erkennbar seine Arbeiten nicht vergütungsfrei bzw. nicht lediglich werbend für einen späteren Vertragsschluss (Akquise) einbringen und weiterführen wollte, sondern von einem vertraglichen Bindungswillen des Beklagten ihm gegenüber ausgehen durfte.

Aus dem Schreiben des Beklagten vom 20.02.2006 ergibt sich, dass der Kläger aufgrund des vorangegangenen Schreibens vom 23.12.2005 für den Beklagten tätig geworden ist. Denn der Beklagte bestätigt hier den Eingang zweier vom Kläger erstellter Planungsordner zum 07.02.2006. Neben der Anforderung einiger Referenzunterlagen, was der Beklagte als „Standard bei Bewerbungen um öffentliche Aufträge“ bezeichnet, bittet er den Kläger um inhaltliche Abstimmung zu verschiedenen Fragen. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 20.03.2006 geht hervor, dass der Kläger die Genehmigungsplanung vorgelegt hatte, denn es werden noch ergänzende Unterlagen zu derselben angefordert. Außerdem werden konkrete Punkte genannt, die noch in das Leistungsverzeichnis zwecks Ausschreibung vom Kläger aufzunehmen sind. So heißt es, dass diese Punkte „zu ändern“ sind, mithin entsprechende Arbeiten dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt (20.03.2006) bereits vorlagen. Weiterhin fordert der beklagte Landkreis, ihm bis zum 27.03.2006 die komplette Ausschreibungsunterlage mit dem geänderten Leistungsverzeichnis zur Prüfung vorzulegen. Wird schließlich berücksichtigt, dass ausweislich der Empfangsbestätigung vom 28.04.2006 der Kläger dem Beklagten die Ausführungsplanung übergeben hatte, kann insgesamt nur der Schluss gezogen werden, dass aufgrund der durch Schreiben vom 23.12.2005 seitens des Beklagten eingeleiteten Korrespondenz die Parteien in den folgenden Wochen und Monaten sich konkludent auf den Abschluss eines Architektenvertrages, der die Leistungsphasen 1 - 6 gemäß der damals gültigen HOAI umfasste, geeinigt hatten.

Schließlich ergibt sich der Vertragsschluss der Parteien auch aus dem Umstand, dass der Kläger bereits vor Fortführung des Projekts „Tour B…“ durch den Beklagten Planungsleistungen für diesen Radweg erbracht hatte. Neben der - unangefochtenen - Feststellung im landgerichtlichen Urteil, ergibt sich dies aus dem insoweit unbestrittenen klägerischen Vorbringen in der Anspruchsbegründung vom 13.09.2010 sowie aus dem Schreiben des Beklagten vom 24.11.2005. Außerdem machte der Beklagte im Schreiben vom 23.12.2005 deutlich, dass „bisher erbrachte Leistungen“ im Rahmen des nunmehr mit ihm abzuschließenden Vertrages angerechnet werden sollten. Außerdem forderte der Beklagte den Kläger auf, die bisher geschlossenen Honorarverträge zwischen dem Kläger und den Gemeinden „schadenersatzfrei“ aufzuheben. Diesem Anliegen, die Verträge mit den bisherigen Planungsträgern aufzuheben, kam der Kläger auch mit den entsprechenden Schreiben vom 16.03.2006 gegenüber seinen vorherigen Auftraggebern nach.

Der Kläger, der sich durch den Beklagten dementsprechend angewiesen bzw. angeleitet fühlen musste, durfte davon ausgehen, dass trotz der fehlenden Gegenzeichnung der schriftlichen Vertragunterlagen seinerseits der Beklagte mit ihm einen Architektenvertrag schließen wollte. Für den Beklagten wiederum musste klar sein, dass der Kläger all die von ihm beim Kläger angeforderten Leistungen von diesem nicht ohne Vergütungsanspruch erbringen würden.

Die Arbeiten des Klägers stellen nicht lediglich eine Akquisetätigkeit dar. Aus dem Schreiben des Beklagten vom 23.08.2006 geht (neben zahlreichen Mängelrügen) hervor, dass der Kläger (auch nach Auffassung des Beklagten) die Phasen 1 - 6, die in § 15 HOAI a. F. definiert sind, durchaus zugunsten des Beklagten bearbeitet hatte. Denn im Zuge des Angebotes, geringere Vergütungssätze für diese einzelnen Leistungsphasen zu vereinbaren, zeigt der Beklagte auf, dass der Kläger zu jeden einzelnen Punkt dieser Leistungsphasen tätig geworden ist, wenn auch nicht zur Zufriedenheit des Beklagten. Dem im Schreiben vom 23.08.2006 offenbarten Rechtsverständnis, die vorgelegten Planungsleistungen seien geprüft worden, „um einen Vertrag abschließen zu können“, kann nicht gefolgt werden. Ist der Architekt zwar zur Vorleistung verpflichtet, indem er in der Regel erst nach Erbringung seiner Leistungen die vereinbarte oder üblicherweise geschuldete Vergütung verlangen kann, so bedeutet dies doch nicht, dass der Auftraggeber erst dann entscheiden kann, ob er mit dem Architekten überhaupt einen Vertrag schließt, nachdem der Architekt seine Planungsleistungen bereits erbracht hat.

Zu einem der gesetzlichen Regelung entsprechenden Verständnis kommt der Beklagte schließlich in seinem Schreiben vom 17.01.2007 zurück, indem er dort darauf hinweist, dass der Beklagte mehrfach zur Beseitigung von Mängeln bzw. zur Vervollständigung der von ihm erarbeiteten Planungsunterlagen aufgefordert worden sei. Weiter heißt es, dass die geschuldete, sach- und fachgerechte Leistungserbringung jedoch ausgeblieben sei. So kann letztlich das Schreiben des Beklagten vom 23.08.2006 nur als Versuch verstanden werden, den Vergütungsanspruch des Klägers zu reduzieren. Zu diesem Zeitpunkt war der Architektenvertrag zwischen den Parteien jedoch bereits geschlossen, so dass die vom Landgericht erörterte Frage, ob der Kläger ggf. verpflichtet gewesen sein könnte, auf die neu angebotenen Vertragsbedingungen einzugehen, dahinstehen kann.

Das Angebot auf Herabsetzung der Vergütung kann auch nicht als Geltendmachung eines (bestehenden) Anspruchs auf Minderung und/oder Schadenersatz verstanden werden. Denn bevor der Beklagte Minderung der vereinbarten Vergütung oder Schadenersatz verlangen kann, ist er gehalten, den Auftragnehmer zur Nachbesserung aufzufordern, §§ 323 Abs. 1, 636, 638 Abs. 1 BGB. Das ist unterblieben, bevor der Beklagte im Schreiben vom 23.08.2006 schließlich mitteilte: „Eine Nacharbeit für bisher angebotene Leistungen lehne ich ab“.

Wegen dieser Ablehnung von Nacherfüllung bzw. Nachbesserung geht das Landgericht zutreffend, und von der Berufung auch nicht angegriffen, davon aus, dass die Honorarforderung fällig ist, weil geltend gemachten Mängel nicht entgegen stehen. Gelegenheit zur Nachbesserung zu bieten, war auch nicht entbehrlich. Zwar kann Gelegenheit zur Nachbesserung vor Kürzung des Honoraranspruches nur dann verlangt werden, wenn die bisher unterbliebenen Teilleistungen noch nachgeholt werden können (Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 789c Mitte) oder als mangelhaft gerügte Teilleistungen noch nachgebessert werden können. So muss keine Mängelrüge erhoben oder Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden, wenn sich der Mangel der Architektenleistung bereits in dem Bauwerk verkörpert hat (BGH vom 11.10.2007 zu VII ZR 65/06, zit. nach Juris, Rn. 15; BGH vom 22.07.2010 zu VII ZR 77/08, zit. nach Juris, Rn. 20). Etwaige Mängel in der Planungsleistung des Klägers hatten sich aber noch nicht niedergeschlagen, weil der Radweg noch nicht gebaut worden war. Dass etwaige Mängel sich bereits anderweitig niedergeschlagen haben und deswegen eine Nachbesserung nicht mehr möglich war, trägt der Beklagte nicht vor. Entsprechender Vortrag wird vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, nachdem er spätestens durch die landgerichtliche Entscheidung auf seine Bedeutung aufmerksam gemacht wurde, auch in der Berufungsbegründung nicht unterbreitet. Solcher Vortrag wird auch nicht dadurch ersetzt, dass der Beklagte im vorgerichtlichen Schreiben vom 17.01.2007 Nachbesserungsaufforderungen behauptet. Lediglich mit Schreiben vom 23.08.2006 wird aufgezeigt, was der Beklagte im Einzelnen bemängelt. Dort lehnt die Beklagte aber weitere Leistung des Klägers ab, mithin auch die Nachbesserung, die ein fortgeleiteter Erfüllungsanspruch ist.

Auch Kosten für die Ersatzvornahme bzw. die Beauftragung eines anderen Architekten kann der Beklagte dem Honoraranspruch des Klägers nicht mit Erfolg entgegen halten. Denn solche behauptet der Beklagte erst für die Arbeiten ab Leistungsphase 7 des § 15 HOAI a. F. Der neue Architekt, der bereits am 05.07.2006 beauftragt worden sei, habe auch die Nacharbeiten in den vorangegangenen Phasen übernommen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger aber in jedem Fall noch nicht zur Nachbesserung bzw. Ergänzung bisher erbrachter Arbeiten aufgefordert worden; vielmehr teilte der Beklagte dem Kläger am 23.08.2006 mit, dass die Prüfung der vom Kläger eingereichten Unterlagen „einige Zeit in Anspruch“ genommen habe. Zuvor waren sie vom Beklagten gegenüber dem Kläger noch nicht bewertet worden.

Der fälligen Honorarforderung steht auch nicht entgegen, dass der zugrundeliegende Architektenvertrag mit dem beklagten Landkreis nicht schriftlich geschlossen wurde.

Grundsätzlich bedürfen Verpflichtungserklärungen des Landkreises nach § 56 Abs. 2 LKrO der Schriftform, die zwischen den Parteien nicht beachtet wurde. Es handelt sich aber um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, so dass nach § 56 Abs. 3 LKrO keine Formbedürftigkeit gegeben ist. Der Begriff des Geschäftes der laufenden Verwaltung wird stark geprägt von den örtlichen Verhältnissen der Gebietskörperschaft, der Art des vorzunehmenden Geschäftes und der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft (Muth in Potsdamer Kommentar-Kommunal-recht in Brandenburg, 212.01, § 67 GO, 8: Muth ebenda, verweist unter 212.04 zu § 56 LKrO, 1 auf die Kommentierung zu § 67 GO). Der Runderlass III Nr. 67/1994 des Landes Brandenburg nimmt zum Begriff der laufenden Verwaltung Bezug auf die von der Rechtsprechung herausgearbeitete Definition: „Nach BGH NJW 1980, 117 fallen (unter die laufende Verwaltung) diejenigen Geschäfte, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und zugleich nach Größe, Umfang der Verwaltungstätigkeit und Finanzkraft der beteiligten Gemeinde von sachlich weniger erheblicher Bedeutung sind. Nach OVG Münster, Eildienst LKT NW 1970, 67, 68, liegt ein Geschäft der laufenden Verwaltung dann vor, wenn die Sache nach Regelmäßigkeit und Häufigkeit zu den üblichen Geschäften gehört, ohne dass bejahendenfalls noch auf Umfang und Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht und auch die finanziellen Auswirkungen abzustellen wäre; wesentliches Merkmal ist die Erledigung nach feststehenden Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen.“ Die Relativität eines Geschäftes der laufenden Verwaltung bezogen auf die Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschaft zeigt sich auch in § 2 Abs. 1 LKrO, wonach der Landkreis in seinem Gebiet in eigener Verantwortung die öffentlichen Aufgaben übernimmt, welche die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden und Ämter übersteigen. Auch VG Cottbus (v. 30.11.2009 zu 4 K 428/05, zit. nach Juris) hält die Finanzkraft der Gemeinde für entscheidend.

Im Streitfall handelte es sich bei der Planung des Radweges „Tour B…“ um ein, gemessen am Ausgaben- und Investitionsvolumen des Beklagten, eher übliches Geschäft von nicht erheblicher Bedeutung. Zwar ist von keiner der Parteien im Einzelnen vorgetragen worden, welche Wirtschafts- bzw. Leistungsdaten der beklagte Landkreis aufweist. Damit ist indes die Berufung des Klägers auf § 56 Abs. 3 LKrO nicht unschlüssig. Denn der Kläger hat vor allem im Schriftsatz vom 30.12.2010, auf den er in der Berufungserwiderung auch Bezug nimmt, behauptet, es handele sich hinsichtlich des Auftragsvolumens von rund 100.000,00 € nicht um ein Geschäft von erheblicher Bedeutung, das nicht in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr im Landkreis vorgenommen werde. Angesichts dieses Vortrages obliegt dem Beklagten eine sekundäre Darlegungslast, weil der Kläger außerhalb der Wirtschaftstätigkeit des Beklagten steht, während der Beklagte über seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse ohne weiters im Einzelnen Auskunft geben könnte (vgl. grundsätzlich m.w.N. Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 138, 8 ff). Zwar wäre es für den Kläger nicht ausgeschlossen, sich entsprechende Daten zu beschaffen, indes liegen die einschlägigen Zahlen für den Beklagten sozusagen „auf der Hand“, so dass im Rahmen der Verteilung der Darlegungslast der Beklagte sich nicht darauf beschränken kann, lediglich pauschal in Abrede zu stellen, es handele sich nicht um ein „Tagesgeschäft“ des Beklagten.

Weiterhin zeigt die angefochtene Entscheidung zutreffend auf, dass maßgeblicher Anhaltspunkt für die Bewertung des Auftrags an den Kläger als Geschäft laufender Verwaltung § 12 der Hauptsatzung des Beklagten vom 19.02.2004 ist. Dort heißt es, dass der Landrat die Geschäfte der laufenden Verwaltung führe. Zu den Geschäften der laufenden Verwaltung i.S.d. § 52 Abs. 1 e LKrO zählten indes nur solche, die in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr vorkommen und von sachlich und finanziell weniger erheblicher Bedeutung sind. Finanziell erheblich sei ein Geschäft, wenn es einen Gesamtwert von 250.000,00 € überschreite (Amts-Blatt für den Landkreis M… v. 26.02.2004). Dem kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass durch die Bezugnahme auf § 52 Abs. 1 e LKrO die Legaldefinition in der Hauptsatzung für die Eingrenzung des Begriffes der laufenden Verwaltung in § 56 Abs. 3 LKrO irrelevant sei. § 52 LKrO bestimmt die Zuständigkeit des Landrates innerhalb der Gebietskörperschaft, wohingegen § 56 LKrO die Vertretung des Landkreises nach außen hin regelt. Dabei ist die organschaftliche Vertretung der Gebietskörperschaft unabhängig davon, ob und inwieweit das Vertretungsorgan intern an die Willensbildung eines anderen Organs gebunden ist. Dies bedeutet, dass rechtsgeschäftliche Erklärungen eines Bürgermeisters als Vertreter einer Gemeinde regelmäßig auch dann für die Gemeinde verbindlich sind, wenn sie der internen Aufgabenverteilung zwischen Gemeindevertretung und Bürgermeister oder der internen Willensbildung widersprechen (BGH v. 17.04.1997 zu III ZR 98/96, zit. nach Juris). Ursprünglich zum Schutze kleinerer Gemeinden und ihrer unerfahrenen Organe gedacht, sollte eine Vorschrift wie § 56 Abs. 2 LKrO des Landes Brandenburg vom 15.10.1993 die Außenvertretung der Gemeinde so begrenzen, dass sie nicht weiter reichen könne, als auch intern Zuständigkeit des handelnden Organs besteht. Daher sieht § 56 Abs. 2 LKrO vor, dass Erklärungen, durch welche der Landkreis verpflichtet werden soll, der Schriftform bedürfen und vom Landrat und dem Vorsitzenden des Kreistages oder einen seiner Vertreter zu unterzeichnen sind. Da Länder aber keine Kompetenzen zum Erlass von Formvorschriften haben, handelt es sich hier um eine Zuständigkeitsregelung, mit der bestimmt wird, wer die Vertretung der Körperschaft nach außen hin übernehmen kann. Wird die Vertretungsmacht nach außen hin letztlich also soweit beschränkt, als das zur Vertretung der Gebietskörperschaft berufende Organ bei Geschäften, die über seine interne Zuständigkeit nach § 52 Abs. 1 e LKrO hinausgehen, auch nach außen hin nicht befugt ist, die Gebietskörperschaft allein zu vertreten, so ist der Gleichklang zwischen innerer Zuständigkeit und der Vertretung der Gebietskörperschaft nach außen hin hergestellt.

Daraus folgt: Ist nach der Hauptsatzung des Beklagten vom 19.02.2004 für bestimmte Geschäfte allein der Landrat zuständig, so gilt dies auch hinsichtlich seiner Bevollmächtigung für die Außenvertretung hinsichtlich dieser Geschäfte. Nach § 56 Abs. 3 LKrO vermag der Landrat den Landkreis also insoweit wirksam zu verpflichten, als er sich gleichsam im Rahmen seiner inneren Alleinkompetenz bewegt.

Bei der Projektierung des Radweges „Tour B…“ handelt es sich schließlich um ein Geschäft, das auch in mehr oder weniger regelmäßiger Wiederkehr im Landkreis vorkommt. Die Berufung vermag nicht zu überzeugen, wenn in Abrede gestellt wird, dass die Herstellung oder Unterhaltung von Straßen und Wegen eines der Kerngeschäfte des Beklagten sei. Denn der Beklagte trägt nach § 9 a Abs. 1 S. 2 des BrbStrG die Straßenbaulast für sämtliche Kreisstraßen. Daneben gehören zu den Pflichtaufgaben eines Brandenburgischen Landkreises die Landschaftsplanung, der Immissionsschutz und die Trägerschaft von Abfallbeseitigungsanlagen. In dem Bereich freiwilliger Selbstaufgaben sind neben Organisation und Betrieb des öffentlichen Personenverkehrs vor allem die gebietsbezogene Wirtschaftsförderung und die Fremdenverkehrswerbung zu nennen (Beispiele aus Muth a.a.O., 212.01 zu § 2 LKrO, Zif. 3). Unabhängig vom Charakter der Aufgabe können sämtliche Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde auf den Kreis übergehen (sog. Komplementäraufgaben, z.B. Schulen oder Krankenhäuser, Energie- und Wasserversorgung). Das zeigt, dass es sich bei dem Radweg um ein Bauvorhaben handelt, das in das zentrale Aufgabengebiet des Beklagten fällt, verglichen mit anderen Aufgaben, die vom Landkreis wahrgenommen werden können, aber nicht von zentraler oder wirtschaftlich hervorgehobener Bedeutung sind. Sind letztlich für sämtliche Bauvorhaben des Beklagten Architekten zu beauftragen, ist der Planungsauftrag an einen Architekten (und nur um dessen Kosten geht es bei der Frage der Formfreiheit nach § 56 Abs. 3 LKrO, nicht um die Kosten der gesamten Baumassnahme „Tour B…“) mit einem Volumen von rund 100.000,00 € ein Geschäft, das tatsächlich „nach feststehenden Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen“ (vgl. Runderlass III Nr. 67/1994) vergeben und abgewickelt wird.

Die Honorarforderung des Klägers ist auch nicht verjährt. Da durch Mahnbescheidsantragseingang noch zu Jahresende 2009 und alsbaldiger Zustellung des Mahnbescheides im neuen Jahr die Verjährung in noch offener Frist gehemmt wurde, kommt es auf die Frage, ob und inwieweit die Verjährungseinrede, auf welche sich der Beklagte auch in der Berufung (hilfsweise) stützt, auf andere, als vertragliche Anspruchsgründe beschränkt ist, nicht an. Die hier in Rede stehende vertragliche Honorarforderung ist jedenfalls noch nicht im Jahre 2005, sondern erst im Jahre 2006 entstanden, so dass die dreijährige Verjährungsfrist frühestens mit Ablauf des Jahres 2006 zu laufen begann (die fälligkeitsbegründende Schlussrechung wurde sogar erst 2008 gelegt), mithin nicht vor Schluss des Jahres 2009 endete.

Die Nebenentscheidungen ergehen nach den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zuzulassen, liegen nicht vor. Denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die Entscheidung unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ergeht. In grundsätzlichen Rechtsfragen wird nicht von höchst- oder obergerichtlicher Rechtssprechung abgewichen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 99.482,58 € festgesetzt.