Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.09.2014 | |
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Aktenzeichen | VG 6 K 831/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 122 Abs 1 Nr 1 AO, § 53 KomVerf BB, § 54 KomVerf BB, § 57 KomVerf BB, § 60 VwGO, § 70 VwGO, § 73 VwGO |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in der Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Friedhofsgebühren.
Am 27. März 2012 verstarb die Mutter des Klägers, Frau Roswitha A.. Mit Gebührenbescheid vom 30. November 2012 zog der Beklagte den Kläger für die Beisetzung der o. g. Person zu Friedhofsgebühren in Höhe von insgesamt 604,00 Euro heran. Ausweislich des auf dem genannten Bescheid befindlichen Stempels der Poststelle der Stadt G. wurde der Bescheid am 3. Dezember 2012 einem Kurier(dienst) zum Versand übergeben.
Unter dem 12. April 2013, beim Beklagten eingegangen am 15. April 2013, sandte ein Herr C. ein als „Widerspruch“ bezeichnetes Schreiben an den Beklagten. Im Betreff des genannten Widerspruchs hieß es (u.a.) „Betreuungsverfahren Herr A., geb. 06.08.1977;…Gebührenbescheid Kassenzeichen 75204570“. Zur Begründung wurde ausgeführt. Es werde an das Schreiben vom 5. Dezember 2012 mit Nachweisen erinnert und darum gebeten, sich nicht mehr an Herrn A. zu wenden. Als Anlage war dem genannten Schreiben vom 12. April 2013 ein Widerspruchsschreiben vom 5. Dezember 2012 mit gleichem Betreff beigefügt, ferner die Kopie eines bis zum 20. Februar 2009 gültigen, auf Herrn C. für den Kläger ausgestellten Betreuerausweises und die Kopie eines Beschlusses des Amtsgerichts Karlsruhe (Betreuungsgericht) vom 19. Juni 2012, mit dem Herrn C. die betreuungsrechtliche Genehmigung zur Erbschaftsausschlagung auf Ableben der Frau Roswitha A. erteilt wurde. Wegen der Einzelheiten der Widerspruchsschreiben vom 5. Dezember 2012 und vom 12. April 1013 wird auf diese Bezug genommen.
Den Widerspruch vom 12. April 2013 wies der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 15. August 2013, dem o. g. Herrn C. per Postzustellungsurkunde zugestellt am 20. August 2013, als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus. Der Widerspruch sei nicht fristgerecht bei der Stadt G. eingegangen und daher bereits unzulässig. Der Bescheid der Stadt G. vom 30. November 2012 sei am 3. Dezember 2012 zur Post gegeben worden. Damit gelte dieser Bescheid vom 30. November 2012 mit dem 6. Dezember 2012 als bekanntgegeben. Die Widerspruchsfrist von einem Monat sei somit am 7. Januar 2013, einem Montag, abgelaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ein Widerspruch bei der Stadt G. nicht eingegangen. Der Widerspruch vom 5. Dezember 2012 sei erst am 15. April 2013 zusammen mit dem weiteren Schreiben vom 12. April 2013 bei der Stadt G. eingegangen. Ein Eingang des Widerspruchsschreibens vom 5. Dezember bereits im Dezember 2012 bzw. Januar 2013 sei nicht feststellbar.
Am 20. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Die Klage sei zulässig. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sei der Widerspruch fristgerecht eingelegt worden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger durch seinen gesetzlichen Betreuer, Herrn C., bereits mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 gegen den Gebührenbescheid der Stadt G. vom 30. November 2012 Widerspruch eingelegt habe. Das Widerspruchsschreiben sei dem Beklagten auch zugesandt worden, und zwar vorab per Fax und dann per Post. Eine Zugangsfiktion in Bezug auf den angefochtenen Gebührenbescheid gemäß § 41 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) greife nicht, weil es nach den eigenen Angaben der Stadt Guben an der Übergabe des Schriftstückes an die Post fehle. Das Schreiben sei lediglich einem Kurier übergeben worden, angeblich dem Kurierdienst RPV. Wann und wie wiederum der Kurierdienst RPV, der selbst ausschließlich im Gebiet Brandenburg zustelle, eine Briefzustellung in Baden-Württemberg bewirkt haben wolle, sei nicht ersichtlich bzw. dargelegt. Die Firma RPV möge insoweit eine bundesweite Lizenz besitzen. Zustellungen in Baden- Württemberg, insbesondere in Karlsruhe und Pforzheim würden von ihr aber nicht vorgenommen. Es entziehe sich seiner Kenntnis, ob die RPV überhaupt in der Lage sei, entsprechende Zustellungen zu bewirken oder aber, was ein gängiger Weg kleinerer Zustellungsunternehmen sei, die Verteilung von Drittfirmen, z.B. die Deutsche Post AG, vornehmen lasse. Jedenfalls sei die Drei-Tages-Fiktion ein Relikt aus Zeiten, als es noch das Postmonopol gegeben habe. Wenn man die Norm des § 41 Abs. 2 VwVfG nun nach dem Wegfall des Postmonopols auch auf Drittanbieter anwenden wolle, müssten diese die gleichen Serviceanforderungen erfüllen wie die Deutsche Post zum Zeitpunkt des Monopols. Die Zustellungsmöglichkeit im ganzen Bundesgebiet müsse also tatsächlich und nicht nur – wegen einer Lizenz der Bundesnetzagentur – rechtlich bestehen. Diese Anforderungen erfülle die RPV nicht. Aber selbst wenn das Widerspruchsschreiben dem Beklagten erst mit Schreiben vom 12. April 2013 zugegangen sei, so sei die Widerspruchsfrist entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten doch nicht abgelaufen gewesen. Es gelte nämlich die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Entgegen den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO sei in der Rechtsmittelbelehrung nämlich nicht die Behörde genannt gewesen, bei der der Widerspruch einzulegen sei. Eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erfordere insoweit, dass die zuständige Behörde, nämlich hier der „Bürgermeister der Stadt G.“, konkret bezeichnet werde. Zulässig wäre es möglicherweise gewesen, innerhalb der Behörde eine untergeordnete Abteilung derselben zu nennen, bei der der Widerspruch zweckmäßigerweise eingereicht werden könne. Die Bezeichnung lediglich der Stadt G. als Rechtsträger genüge indes nicht der Formvorschrift des § 58 Abs. 1 VwGO. Die Stadt G. sei keine Behörde. Dieser unzureichenden Bezeichnung sei offensichtlich auch der Umstand zuzuschreiben, dass das ursprüngliche Widerspruchsschreiben des Klägers nicht auffindbar gewesen sei. Darüber hinaus sei die Klage auch begründet. Er – der Kläger – beziehe seit 10 Jahren Grundsicherung und habe am 4. Januar 2012 die eidesstattliche Versicherung abgeben. Er sei daher nicht leistungsfähig. Darüber hinaus habe er das Erbe ausgeschlagen. Demgegenüber hätten seine Geschwister, Herr Martin A. und Frau Maria A., das Erbe angetreten. Insoweit sei zu berücksichtigten, dass nach § 1958 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Erben die Kosten der Bestattung zu tragen hätten.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Bescheid vom 30. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2013 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Die Klage sei bereits unzulässig, da das Widerspruchsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, nämlich die Widerspruchsfrist nicht eingehalten worden sei. Gemäß § 41 Abs. 2 VwVfG gelte ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt werde, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben Vorliegend sei der Bescheid vom 30. November 2012 am 3. Dezember 2012 dem Kurierdienst RPV übergeben worden. Mit dem Postausgangsstempel auf der Kopie des Schriftstückes werde durch die Mitarbeiter der Poststelle das Datum und die Versandart, also Kurierdienst, Deutsche Post oder „persönlich übergeben“, dokumentiert. Der Bescheid sei an den genannten Kurierdienst übergeben worden, so wie sonst eine Übergabe an die Deutsche Post erfolge. Diese Übergabe sei von den Mitarbeiterinnen der Poststelle der Stadt G. auf dem Postausgangsstempel auf der Kopie des Schriftstückes dokumentiert worden. Aufgrund der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen durch die Postreform sei davon auszugehen, dass auch private Dienstleiter neben der Post AG als „Post“ im Sinne des § 41 Abs. 2 VwVfG angesehen werden könnten, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen. Damit stünden der Inanspruchnahme eines privaten Dienstleisters auch im Falle der Bekanntgabe von Verwaltungsakten keine Hinderungsgründe entgegen. Die Firma RPV verfüge auch über eine bundesweite Lizenz der Bundesnetzagentur und stelle bundesweit zu. Auch die Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Bescheid sei ordnungsgemäß erfolgt. Mit der Angabe „Stadt G.“ sei die Behörde i.S.d. § 58 Abs. 1 VwGO hinreichend bezeichnet worden. Die Widerspruchsfrist von einem Monat sei somit am 7. Januar 2013, einem Montag, abgelaufen. Ein Eingang des Widerspruchsschreibens vom 5. Dezember 2012 bereits im Dezember 2012 bzw. Januar 2013 sei bei ihm weder per Post noch per Fax feststellbar gewesen. Nachweise für den fristgerechten Zugang des Widerspruchsschreibens habe der Kläger nicht vorgelegt. Das Datum eines Widerspruchsschreibens allein sei kein Beweis für einen fristgerechten Zugang.
Die Kammer konnte gemäß § 87 a Abse. 2 und 3, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch den Vorsitzenden als Berichterstatter im Wege des schriftlichen Verfahrens entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.
Die statthafte Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) ist bereits unzulässig, weil der Kläger nicht innerhalb der von § 70 Abs. 1 VwGO vorgesehenen Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Gebührenbescheides vom 30. November 2012 gegen diesen Widerspruch eingelegt hat und der Gebührenbescheid daher in Bestandskraft erwachsen ist.
Der Gebührenbescheid wurde ausweislich des auf diesem angebrachten Poststempels (vgl. zur Bedeutung eines Absendevermerks der Poststelle vgl. BFH, Urteil vom 19. 12. 1984 – I R 7/82 -, zit. nach juris; Urteil vom 3. Mai 2001 – III R 56/98 -, zit. nach juris; Urteil vom 22. Mai 2002 – VIII R 53/00 -, zit. nach juris; Beschluss vom 28. Mai 2002 – XI B 176/01 -, zit. nach juris; Beschluss vom 26. Juni 2006 – II B 99/05 -, zit. nach juris; Urteil vom 9. Dezember 2009 – II R 52/07 -, zit. nach juris) am 3. Dezember 2012, einem Montag, einem Kurierdienst, nach den vom Kläger insoweit nicht bestrittenen Angaben des Beklagten der Regio Print- Vertriebs GmbH (RPV) – so wie im Falle einer Übergabe an die Deutsche Post AG (vgl. dazu noch unten) - übergeben und dies – nach den vom Kläger gleichfalls in diesem Punkt unbestrittenen Angaben des Beklagten - durch Unterschrift einer Mitarbeiterin der Poststelle der Stadt G. bestätigt, so dass der Bescheid aufgrund der Fiktionsregelung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) Kommunalabgabengesetz (KAG) als am 6. Dezember 2012, einem Donnerstag, bekannt gegeben gilt.
Entgegen der – zuletzt mit Schriftsatz vom 24. September 2014 geäußerten -Auffassung des Klägers bedeutet "Aufgabe zur Post" i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO insoweit nicht lediglich "Übergabe an die Deutsche Post AG". Von der Zugangsvermutung wird vielmehr auch eine Übermittlung des Verwaltungsakts durch einen privaten Postdienstleister erfasst (vgl. BFH, Beschluss vom 18. April 2013 – X B 47/12 -, zit. nach juris, Rn. 17; Beschluss vom 11. August 2008 – III B 141/07 -, BFH/NV 2008, 1646). Hierzu gehört auch der „Kurierdienst“ RPV. Soweit der Kläger – erneut mit Schriftsatz vom 24. September 2014 - vorgetragen hat, Zustellungen in Baden- Württemberg, insbesondere in Karlsruhe und Pforzheim würden von der RPV nicht vorgenommen und es entziehe sich seiner Kenntnis, ob die RPV überhaupt in der Lage sei, entsprechende Zustellungen zu bewirken, handelt es sich um eine offensichtlich ins Blaue hinein aufgestellten Behauptungen bzw. unsubstantiierte Vermutungen. Die RPV stellt für Geschäftskunden wie für Briefmarkenkunden – gerichtsbekannt und ausweislich ihrer Internetdarstellungen – seit dem 1. Mai 2011 mittels Briefmarken des RPV- Briefservices nicht nur regional – in Brandenburg - bundesweit zu. Ob sie sich hierbei – wie der Kläger darlegt - der Verteilung durch Drittfirmen bedient, ist irrelevant.Die Zustellungsmöglichkeit besteht insoweit – entgegen der Auffassung des Klägers – „im ganzen Bundesgebiet tatsächlich und nicht nur – wegen einer Lizenz der Bundesnetzagentur – rechtlich“. Die RPV erfüllt die gleichen Serviceanforderungen wie die Deutsche Post AG bzw. - um mit den Worten des Klägers zu sprechen – „die Deutsche Post zum Zeitpunkt des Monopols“.
Im Streitfall wurde die Aufgabe „zur Post“ und deren Zeitpunkt zur Überzeugung des Gerichts auch bewiesen. Die pauschale Behauptung, eine Briefsendung sei entgegen der Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO erst später als drei Tage nach Aufgabe zur Post zugegangen, genügt auch bei Einschaltung einer privaten Zustellfirma nicht, um die Vermutung zu widerlegen. Auch bei der Übermittlung eines Verwaltungsaktes durch einen privaten Briefdienstleister kann vielmehr auf die Beweislastregel des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AOzurückgegriffen werdenDie Vermutung des § 122 Abs. 2 AO greift zwar dann nicht, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang zu beweisen. Um die Beweislast der Behörde zu begründen, muss der Abgabenpflichtige aber durch substantiierte Erklärungen darlegen, dass er nicht rechtzeitig in den Besitz des Bescheides gekommen ist. Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische -Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post- ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Es genügt danach nicht schon ein einfaches Bestreiten, um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs des Schriftstücks zu entkräften. Es müssen vielmehr Zweifel berechtigt sein, sei es nach den Umständen des Falles, sei es nach dem schlüssigen oder jedenfalls vernünftig begründeten Vorbringen des Abgabenpflichtigen (vgl. BFH Beschlüsse vom 14. Februar 2012 - V S 1/12 (PKH) -, BFH/NV 2012, 979; vom 25. Februar 2010 - IX B 149/09 -, BFH/NV 2010, 1115; vom 11. August 2008 – III B 141/07 -, zit. nach juris; vom 31. März 2008 - III B 151/07 -, BFH/NV 2008, 1335; vom 30. November 2006 - XI B 13/06 -, BFH/NV 2007, 389; Urteile vom 27. November 2002 - X R 17/01 -, BFH/NV 2003, 586; vom 3. Mai 2001 – III R 56/98 -, zit. nach juris; vom 6. September 1989 - II R 233/85 -, BFHE 158, 297; vom 16. September 1986 - IX R 61/81 -, BFHE 148, 104). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat sich darauf beschränkt auszuführen, dass die Zugangsfiktion „nach § 41 Abs. 2 VwVfG“ nicht greife, da es an einer Übergabe des Schriftstückes an die Post fehle, sondern der Bescheid einem Kurier übergeben worden sei. Dies greift indes, wie dargelegt nicht. Dass der Kläger den Gebührenbescheid überhaupt nicht erhalten habe, behauptet hingegen selbst der Klägervertreter nicht ernsthaft. Dies wäre angesichts der Widerspruchsschreiben vom 5. Dezember 2012 und vom 12. April 2013 auch ferngelegen. Vielmehr hat der Kläger – ohne dass dies relevant wäre - offensichtlich den Gebührenbescheid schon vor dem 6. Dezember 2012, nämlich am 5. Dezember 2012 erhalten, da sein (vermeintlicher) Betreuer unter diesem Datum das (erste) Widerspruchsschreiben verfasst haben will, in dem der in Rede stehende Bescheid näher bezeichnet wurde (vgl. hierzu noch unten).
Ein Widerspruch des Klägers gegen den Gebührenbescheid vom 30. November 2012 ist ausweislich des Heranziehungsvorgangs erst am 15. April 2013 und damit nach Ablauf der von § 70 Abs. 1 VwGO vorgesehenen Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Gebührenbescheides beim Beklagten eingegangen. Der Kläger ist insoweit für eine frühere Widerspruchseinlegung materiell beweispflichtig. Die bloße Zusendung eines Widerspruchsschreibens – postalisch oder per Fax – genügt für den Nachweis des Zugangs nichts, so dass dem diesbezüglichen Beweisangebot des Klägers nicht nachzugehen war. Auch der Umstand, dass das dem Widerspruchsschreiben vom 12. April 2013 als Anlage beigefügte Widerspruchsschreiben das Datum „05.Dez.2012“ trägt, besagt über dessen Eingang beim Beklagten bereits vor dem 15. April 2013 nichts.
Selbst wenn man davon ausginge, dass vorliegend die Zugangsvermutung des§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht Platz griffe, etwa weil – wie der Klägervertreter meint – eine Übermittlung durch die Post – auch bei einer private Zustelldienste umfassenden erweiternden Anwendung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO - nicht stattfand, wäre der Widerspruch verfristet. Denn der Kläger hat den Gebührenbescheid unter Zugrundelegung seiner eigenen Ausführungen und der von ihm im Klageverfahren eingereichten sowie im Heranziehungsvorgang befindlichen Unterlagen jedenfalls im Dezember 2012 tatsächlich erhalten. Denn unter dem 5. Dezember 2012 hat dessen Betreuer das bereits mehrfach erwähnte „erste“ Widerspruchsschreiben verfasst, in dem der Gebührenbescheid mit Kassenzeichen exakt bezeichnet wurde. Dies setzt voraus, dass der Kläger den Gebührenbescheid zuvor erhalten hat. Eine Widerspruchseinlegung erst im April 2013 ist auch insoweit verspätet.
Dafür, dass die Bekanntgabe des Gebührenbescheides an den Kläger persönlich fehlerhaft gewesen sein könnte, weil der Beklagte schon zu diesem Zeitpunkt um ein (etwaiges) Betreuungsverhältnis wusste, bestehen nach dem Heranziehungsvorgang und unter Zugrundelegung der Ausführungen des Klägers, dessen Betreuer erstmals mit dem Schreiben vom 5. Dezember 2012 auf die Betreuung hingewiesen haben soll, keine Anhaltspunkte, wobei dahinstehen kann, ob eine Bekanntgabe an den Betreuten – ein Betreuungsverhältnis unterstellt - diese überhaupt fehlerhaft machen würde. Abgesehen davon hat der Kläger wie auch dessen Betreuer – wie ausgeführt – den Gebührenbescheid jedenfalls im Dezember 2012 bereits tatsächlich erhalten, so dass auch insoweit der Widerspruch verspätet erhoben worden wäre.
Soweit der Kläger meint, nicht die Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO, sondern die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO sei maßgeblich, da der Gebührenbescheid nicht mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 Abs. 1 VwGO versehen sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Hinsichtlich der Verwaltungsbehörde, bei der ein Widerspruch anzubringen ist, enthält der angefochtene Gebührenbescheid folgende Belehrung:
"Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt G. ….einzulegen."
Obwohl diese Rechtsbehelfsbelehrung die Verwaltungsbehörde, bei welcher der Widerspruch anzubringen ist, mit "Stadt G," statt mit "Bürgermeister der Stadt G." bezeichnet, wurde der Kläger hier entsprechend §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 1 VwGOordnungsgemäß über die Verwaltungsbehörde, bei der der Widerspruch anzubringen ist, belehrt. Nach der Rechtsprechung des OVG Brandenburg (vgl. Beschluss vom 25. März 2004 – 2 B 238/03 -, zit. nach juris; Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 2 B 332/02-, NVwZ-RR 2004, 315), der sich die Kammer anschließt, kommt es für die Frage, ob die in der Belehrung gewählte Bezeichnung der Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist, richtig bezeichnet ist, nicht in jedem Fall auf die formal richtige Bezeichnung der Stelle an, sondern darauf, ob die verwendete Bezeichnung gewährleistet, dass der Rechtsbehelf dort eingelegt wird, wo er rechtlich einzulegen ist. Den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 58 Abs. 1 VwGOan die Bezeichnung der Verwaltungsbehörde kann im Einzelfall auch die alleinige Bezeichnung der Körperschaft genügen, deren Verwaltungsorgan den Bescheid erlassen hat, wenn damit eindeutig und unzweifelhaft die Stelle bezeichnet ist, bei welcher der Rechtsbehelf eingelegt werden muss. Dies ist hier der Fall. Die Stadt G. kann gegenüber dem Bürger nach außen nur durch den Bürgermeister handeln (vgl. § 53, 54 und 57 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg - BbgKVerf); der Bürgermeister erlässt nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO auch den Widerspruchsbescheid. Ist deshalb – wie hier – der Bürgermeister mit seinem Sitz richtig bezeichnet, ist hierdurch zugleich gewährleistet, dass ein Widerspruch ausschließlich zu der Verwaltungsbehörde gelangt, die im Falle der Erhebung zur Niederschrift der Behörde diese Niederschrift aufzunehmen hat und die für die Bearbeitung des Widerspruches zuständig ist. Damit ist die Belehrung ausreichend, um den Beteiligten die erforderliche Kenntnis über den Lauf und die Wahrung der Frist zu vermitteln.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich aus dem Briefkopf des Gebührenbescheides vom 30. November 2012, in dem der Bürgermeister ausdrücklich erwähnt wird, dieser als ausstellende Behörde zweifelsfrei ergibt. Insoweit war der Hinweis, der Widerspruch sei schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt G. ….einzulegen, nicht geeignet, beim Kläger einen Irrtum hervorzurufen oder die Einlegung des Rechtsbehelfs in anderer Weise zu erschweren. Im Zusammenhang mit der Angabe der den Bescheid erlassenden Behörde im Kopf des Bescheides enthält der Wortlaut der Rechtsmittelbelehrung demnach einen ausreichenden und vollständigen Hinweis auf die Behörde, bei der der Widerspruch erhoben werden konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 - 8 C 30.88 -, zit. nach juris; Urteil vom 27. Februar 1986 - IV C 74.74 -, Buchholz Nr. 310 § 58 VwGO Nr. 31; Urteil vom 27. Mai 1981 - 8 C 49.81 -, Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 42; OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 21. August 1985 – 1 A 1931/83 -, RiA 1986, 283; Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 – 9 UE 2200/91 -, zit. nach juris).
Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 70 Abs. 2, 60 VwGO hat der Kläger nicht gestellt. Er wäre fristgerecht auch nicht mehr möglich, zudem sind keine Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).