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Grundsicherung für Arbeitsuchende, Vermittlungsvergütung, Vermittlungsgutschein


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 21.09.2010
Aktenzeichen L 5 AS 349/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 16 Abs 1 S 2 SGB 2, § 421g Abs 1 S 4 SGB 3, § 296 Abs 2 S 1 SGB 3

Leitsatz

Aus dem Wortlaut des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III ("in ... vermittelt") sowie aus § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III, wonach der Arbeitsuchende zur Zahlung der Vermittlungsvergütung nur verpflichtet ist, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zu Stande gekommen ist, ergibt sich, dass die Vermittlung in einen Arbeitsvertrag münden muss, der den Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer mindestens fünfzehn Wo-chenstunden zu beschäftigen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Soziagerichts Berlin vom 28. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, die als gewerbsmäßige Arbeitsvermittlerin tätig ist, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung aus einem Vermittlungsgutschein.

Der Beigeladene, der seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bezog, schloss mit der Klägerin am 31. Januar 2007 einen Vermittlungsvertrag über die Vermittlung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses ab. Der Beklagte stellte dem Beigeladenen am 3. Mai 2007 einen Vermittlungsgutschein aus, dessen Gültigkeit vom 3. Mai 2007 bis zum 2. August 2007 reichte. Der Beigeladene wurde zu einem Beratungsgespräch bei der Klägerin eingeladen, wo er den Gutschein und seine Bewerbungsunterlagen aushändigte. Auf Veranlassung der Klägerin nahm ein in den Niederlanden ansässiges Zeitarbeitsunternehmen mit dem Beigeladenen zunächst telefonisch Kontakt auf und schloss mit ihm anschließend am 7. Mai 2007 einen schriftlichen Arbeitsvertrag ab. Der Vertrag enthält unter anderem die Regelungen, dass der Beigeladene ab dem 7. Mai 2007 als Zimmermann beschäftigt wird, dass die Laufzeit maximal sechsundzwanzig Wochen beträgt, dass „keine Arbeit auch kein Lohn ergibt“ und dass dem Vertrag eine vierzigstündige Arbeitswoche zugrunde liegt, wobei die Arbeitszeit gleichmäßig auf fünf Arbeitstage verteilt ist. Aufgrund des Arbeitsvertrages arbeitete der Beigeladene tatsächlich in der Zeit vom 7. Mai 2007 bis zum 31. August 2007, wobei die wöchentliche Arbeitszeit zwischen 24 und 52 Stunden schwankte.

Das Zeitarbeitsunternehmen stellte am 18. Juni 2007 eine Vermittlungsbestätigung aus. Darin heißt es, dass auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen für die Zeit vom 7. Mai 2007 bis zum 7. November 2007 ein bisher ununterbrochenes sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Umfang von mindestens fünfzehn Wochenstunden eingegangen worden sei. Mit Schreiben vom 19. Juni 2007 beantragte die Klägerin beim Beklagten unter Beifügung des Vermittlungsgutscheines, einer Ablichtung des Vermittlungsvertrages und des Arbeitsvertrages sowie der Vermittlungsbestätigung die Auszahlung der Vermittlungsvergütung in Höhe von zunächst 1.000,- EUR aus dem Vermittlungsgutschein. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 29. Juni 2007 ab und gab zur Begründung an, wegen der Vertragsklausel, dass keine Arbeit auch keinen Lohn ergebe, könne nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob der Beigeladene tatsächlich von vornherein für mindestens drei Monate wöchentlich mindestens fünfzehn Stunden beschäftigt sei. Den mit Schreiben vom 10. Juni 2007 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2007 zurück, wobei er wiederum darauf verwies, dass es keine vertragliche Vereinbarung gebe, den Arbeitnehmer im Umfang einer Mindeststundensumme zu beschäftigen.

Hiergegen hat die Klägerin am 22. Oktober 2007 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die vom Beklagten beanstandete Vertragsklausel habe lediglich dem Zweck gedient, bei vorübergehender Verhinderung des Arbeitnehmers eine Lohnzahlung auszuschließen, wobei eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ausdrücklich vorgesehen gewesen sei. Das Sozialgericht hat den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2008 angehört und anschließend die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen, und zwar ebenfalls mit der Begründung, der Arbeitgeber habe sich nicht in rechtlich verbindlicher Weise verpflichtet, den Beigeladenen für mindestens fünfzehn Wochenstunden zu beschäftigen.

Gegen das am 13. Februar 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. Februar 2007 eingelegte Berufung der Klägerin, die zur Begründung darauf hinweist, dass in dem Arbeitsvertrag ausdrücklich eine vierzigstündige Arbeitswoche vereinbart worden sei. Im Übrigen komme es nicht auf den Arbeitsvertrag, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr 1.000,- EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 21. September 2010 erneut angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,- EUR, wobei als Anspruchsgrundlage nur § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 421g Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Betracht kommt.

Nach § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III verpflichtet sich die Agentur für Arbeit mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens fünfzehn Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Gemäß § 421g Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 SGB III wird die Vergütung in Höhe von 1.000,- EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses unmittelbar an den Vermittler gezahlt. Die Regelung des § 421g Abs. 3 SGB III enthält darüber hinaus gesetzliche Ausschlusstatbestände, die vorliegend nicht eingreifen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt der gesetzliche Zahlungsanspruch des Arbeitsvermittlers jedenfalls voraus, dass ein Vermittlungsgutschein ausgestellt wurde, dass ein wirksamer schriftlicher Vermittlungsvertrag nach den §§ 296 Abs. 1 Satz 1, 297 SGB III mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer abgeschlossen wurde und dass der Vermittler den Arbeitnehmer erfolgreich an einen Arbeitgeber in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens fünfzehn Wochenstunden vermittelt hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. Mai 2008, B 7/7a AL 8/07 R).

Die Klägerin hat den Beigeladenen nicht in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens fünfzehn Wochenstunden vermittelt. Zwar handelte es sich hier unstreitig um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, das tatsächlich eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens fünfzehn Stunden umfasste. Bereits aus dem Wortlaut des § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III („in … vermittelt“) sowie aus § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III, wonach der Arbeitsuchende zur Zahlung der Vermittlungsvergütung nur verpflichtet ist, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zu Stande gekommen ist, ergibt sich jedoch, dass die Vermittlung in einen Arbeitsvertrag münden muss, der den Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer mindestens fünfzehn Wochenstunden zu beschäftigen. Auch der Zweck der Vorschrift, der in der Beendigung der Beschäftigungslosigkeit liegt, spricht für dieses Ergebnis, da dieser Zweck nur durch Einräumung eines Anspruches auf Beschäftigung effektiv erfüllt werden kann. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass nicht auf den Arbeitsvertrag, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen sei, hat das Bundessozialgericht zwar entschieden, dass der Vergütungsanspruch des Vermittlers nicht bereits mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern erst mit der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung erworben werde, da im Rahmen des § 421g SGB III der leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses gelte, so dass es auf die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb ankomme, weil die Vorschrift bezwecke, die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Urteil vom 6. Mai 2008, B 7/7a AL 8/07 R). Damit hat das Bundessozialgericht jedoch gerade nicht entschieden, dass der Vergütungsanspruch nicht auch von dem Inhalt des Arbeitsvertrages abhängt.

Aus dem vorliegenden Arbeitsvertrag ergibt sich keine Verpflichtung des Arbeitsgebers, den Beigeladenen im Umfang von mindestens fünfzehn Wochenstunden zu beschäftigen. Zwar regelte der Vertrag ausdrücklich, dass der Beigeladene ab dem 7. Mai 2007 als Zimmermann beschäftigt und dass eine vierzigstündige Arbeitswoche zugrunde gelegt werden sollte. Ein Anspruch des Beigeladenen auf eine Mindestbeschäftigung wurde jedoch durch die Vertragsklausel ausgeschlossen, dass keine Arbeit keinen Lohn ergibt. Damit hing es, sofern der Beigeladene seine Arbeitskraft zur Verfügung stellte, nach dem objektiven Empfängerhorizont allein von der Entscheidung des Arbeitgebers ab, in welchem zeitlichen Umfang tatsächlich gearbeitet wurde. Das ist auch durch den Beigeladenen bestätigt worden, der bereits vor dem Sozialgericht sinngemäß ausgeführt hat, dass er infolge der genannten Vertragsklausel in der dreißigsten Kalenderwoche des Jahres 2007 keinen Lohn erhalten habe, weil in dieser Woche wegen der damaligen Ferien in den Niederlanden nicht gearbeitet worden sei. Er hätte danach auch allgemein keinen Lohn bekommen, wenn der Arbeitgeber keine Arbeit gehabt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es handelt sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren, da ein Arbeitsvermittler kein Leistungsempfänger im Sinne des § 183 SGG ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 6. April 2006, B 7a AL 56/05 R).

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG nicht vorliegen.