Gericht | OLG Brandenburg Vergabesenat | Entscheidungsdatum | 30.01.2014 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | Verg W 2/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 19. Dezember 2013 – VK 25/13 – bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragstellerin wird Einsicht in die Akten der Vergabekammer mit Ausnahme der mit einem Sperrvermerk versehenen Aktenbestandteile gewährt. Der Antrag der Antragstellerin auf Einsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers wird zurückgewiesen.
3. Der Senat beabsichtigt, die drei Unternehmen zum Verfahren entsprechend § 109 Abs. 1 GWB beizuladen, deren Interessen durch die Entscheidung des Vergabesenates schwerwiegend berührt werden können.
Um die beizuladenden Unternehmen über das Verfahren zu informieren wird der Antragstellerin und dem Antragsgegner aufgegeben, bis zum 5. Februar 2014 je drei Abschriften ihrer jeweils im Verfahren vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze in einer für die Übersendung an die Beigeladenen unter Berücksichtigung ihrer Geheimhaltungsinteressen geeigneten Form (geschwärzt) einzureichen.
4. Die Antragstellerin wird gebeten, bis zum 5. Februar 2014 mitzuteilen, ob die sofortige Beschwerde aufrecht erhalten wird.
I.
Der Auftraggeber beabsichtigt, die Anlagen des Digitalfunks „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS)“ in Brandenburg mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen auf Basis der Brennstoffzellentechnologie auszustatten. Am 15. März 2013 schrieb der Auftraggeber die Errichtung von 117 Netzersatzanlagen an den BOS-Standorten des Landes Brandenburg als Bauauftrag in Form einer beschränkten Ausschreibung nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb durch nationale Bekanntmachung im Bundesanzeiger aus. Der Auftrag ist in drei Lose aufgeteilt (Los 1: 52 Anlagen +1 Zusatzanlage; Los 2: 39 Anlagen; Los 3: 25 Anlagen).
Mit seiner Schätzung vom 16. September 2011 ermittelte der Auftraggeber eine Auftragssumme von 4.489.200 € netto. In Vermerken vom 15. und 19. Februar 2013 bezeichnete er diesen Wert als nach Überprüfung unverändert gültig.
Im Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs erhielten die Antragstellerin und weitere Bewerber die Möglichkeit zur Abgabe eines Angebots. Der Auftraggeber stellte den Bietern ein als „Vergabeunterlage“ bezeichnetes Konvolut sowie „Verfahrensbedingungen“ zur Verfügung.
Ziffer 1 der Vergabeunterlage „Kontext der Beschaffung/Gesamtprojektbeschreibung“ informiert die Bieter darüber, dass sie auf alle drei Lose bieten dürften, allerdings je Bieter nur ein Los vergeben werde.
Nach Ziffer 7 „Bewertung der Angebote“ wird zwischen Ausschluss- und Bewertungskriterien (A- und B-Kriterien) unterschieden: Sofern A-Kriterien (Eignung) nicht positiv gewertet werden, soll dies zu einem Ausschluss des Angebotes führen; bei B-Kriterien soll eine Bewertung nach gewichteten Punkten erfolgen. Eine Bewertungsmatrix ist beigefügt. Zu den sog. „B-Kriterien“ gehört u.a. der Gesamtwirkungsgrad des Brennstoffzellensystems.
Die „Leistungsbeschreibung“ unter Ziffer 8 der Vergabeunterlage enthält als Vorbemerkung den Hinweis, die Ausschreibung erlaube unterschiedliche technische Lösungsmöglichkeiten für die gleiche Funktionalität anzubieten. Dies ergebe bei der Brennstoffversorgung zwei Alternativen (gasförmigen oder flüssigen Brennstoff) mit unterschiedlichen Forderungen und Komponenten. Die Leistungsbeschreibung könne Positionen beinhalten, deren Funktion bereits konzeptionell in anderen Positionen enthalten oder die nicht erforderlich seien, in diesen Fällen sei beim Gesamtbetrag „nicht relevant“ einzutragen.
Zu Position 1.1.3 der Leistungsbeschreibung „DC/AC-Wandler“ führt der Auftraggeber u.a. aus: „Es wird ein Wirkungsgrad von > 90 % gefordert.“ Der Wirkungsgrad in „%“ war im Angebot (Tabelle zum Leistungsverzeichnis) einzutragen.
In den Verfahrensbedingungen traf der Auftraggeber in Ziffer 2.10 Festlegungen für die Vergabe von Unteraufträgen. Dort heißt es u.a.: „Die Eignung des Unterauftragnehmers ist nachzuweisen. Die entsprechenden Nachweise und Erklärungen des ggf. neuen Leistungserbringers/ Unterauftragnehmers sind hierzu rechtzeitig beim Auftraggeber einzureichen.“
Nach Ziffer 2.17 sollen Angebote ggf. geforderte Nachweise und Eigenerklärungen enthalten (lit. e). Kapitel 4 enthält dazu auszufüllende Formblätter, von denen die Anlage 03 eine Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen betrifft, auf der vermerkt ist: „Diese Erklärung ist von dem Unterauftragnehmer auszufüllen“, gefolgt von dem Text der Erklärung und der Zeile „Ort, Datum, Unterschrift“.
Ziffer 2.19 bestimmt betreffend die Prüfung und Bewertung der Angebote: „Es gelangen nur diejenigen Angebote in die Prüfung und Wertung, die sämtliche formalen Anforderungen nach diesen Vergabeunterlagen erfüllen. Bei der Prüfung und Wertung der Angebote wird gemäß § 16 VOB/A vorgegangen“.
Die Antragstellerin reichte fristgerecht ein Angebot für alle 3 Lose ein. Zu Position 1.1.3 der Leistungsbeschreibung „DC/AC-Wandler“ bot sie ein Produkt des Herstellers „F. e…“ an. In der Zeile „Wirkungsgrad in %“ trug die Antragstellerin „90 %“ ein. Mit der Anlage 05 gab die Antragstellerin an, Leistungen an Unterauftragnehmer zu übertragen. Sie benannte als Unterauftragnehmer die Fa. K… GmbH in Z…, die mit „Elektroarbeiten, Arbeiten am Container, Außenanlagen, Fundamenten, Befüllung Hz“ in einem Umfang von 30 % der Gesamtleistung beauftragt werden solle. Bestandteil des Angebots war eine von der Firma K… GmbH ausgefüllte und unterzeichnete Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen (Anlage 03), auf der zwischen dem Erklärungstext und der Unterschrift handschriftlich der Vermerk „Nicht relevant" hinzugefügt war.
Nach formeller Prüfung der Angebote teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 mit, dass er sie bei der Angebotswertung nicht berücksichtigen könne, weil mit ihrem Angebot unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden seien. So sei mit dem handschriftlichen Zusatz „Nicht relevant“ seitens des Nachunternehmers auf dessen Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen die geforderte Erklärung geändert worden. Dieser Änderung sei auch inhaltliche Relevanz beizumessen, denn Gegenstand der Erklärung sei die Bestätigung des Vorhandenseins von Zulassungen bzw. die Erfüllung gesetzlicher Voraussetzungen zum Umgang mit Gefahrstoffen. Durch die Ergänzung mit den Worten „Nicht relevant“ werde der Erklärung der Erklärungsinhalt genommen. Zu Position 1.1.3 des Leistungsverzeichnisses sei ein DC/AC-Wandler mit einem Wirkungsgrad von genau 90 % und damit entgegen der Vorgabe nicht mit dem geforderten Wirkungsgrad von größer als 90 % angeboten worden. Dies stelle eine unzulässige Änderung des Leistungsverzeichnisses dar.
Die Antragstellerin rügte mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 ihren Ausschluss als ungerechtfertigt. Dem Vermerk des Nachunternehmers K… GmbH auf der Eigenerklärung sei keine Erklärungswirkung beizumessen; er ändere zudem das Angebot nicht inhaltlich. Der handschriftliche Zusatz sei lediglich ein interner Erinnerungsposten ihres Nachunternehmers gewesen und habe keine Rechtsbindungswirkung im Außenverhältnis. Die K… GmbH habe durch die Unterschrift des Formulars dokumentiert, dass sie die verlangten Anforderungen erfülle. Zudem werde die Antragstellerin die Mitarbeiter der K… GmbH schulen; sie gewährleiste bereits jetzt, dass im Auftragsfalle die entsprechende Eignung zum Umgang mit Gefahrstoffen gegeben sei. Insgesamt habe sie die Anforderungen im Zusammenhang mit der geforderten Erklärung auch so verstanden, dass diese Voraussetzungen erst bei Beginn der Vertragsdurchführung vorliegen müssten. Daher sei - auch durch ihr Unternehmen - gewährleistet, dass die geforderten Qualifikationen vollumfänglich erfüllt seien. Beim Wirkungsgrad der DC/AC-Wandler handele es sich um ein Wertungs- und nicht um ein Ausschlusskriterium. Der dem Verfahren zugrunde gelegte Wertungsmaßstab führe abschließend Ausschlusskriterien auf. Hier werde an keiner Stelle ein Wirkungsgrad von mehr als 90 % für den DC/AC-Wandler verlangt. Widersprüchliche und unklare Angaben in Vergabeunterlagen könnten nicht zu Lasten der Bieter gehen.
Nach Zurückweisung ihrer Rügen durch Schreiben des Auftraggebers vom 21. Oktober 2013 hat die Antragstellerin am 1. November 2013 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht und diesen mit ihren zuvor dem Auftraggeber gegenüber erhobenen Rügen begründet.
Sie hat geltend gemacht, der Rechtsweg nach §§ 102ff. GWB sei eröffnet, denn der maßgebende Schwellenwert von 5 Mio. € sei erreicht. Der Auftraggeber habe Fördermittel für ein Auftragsvolumen von mindestens 6,6 Mio. € beantragt, also bereits zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vergabeverfahrens mit diesem Mindestauftragswert gerechnet. Die eingereichten Angebote lägen alle deutlich über dem Schwellenwert. Mit vertiefendem Vorbringen hat die Antragstellerin ausgeführt, ihr Ausschluss sei vergaberechtswidrig, da weder mit dem Vermerk des Unterauftragnehmers auf der Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen noch mit der Spezifizierung des Wirkungsgrades des angebotenen DC/AC-Wandlers in Ziffer 1.1.3 der Leistungsbeschreibung mit „90 %“ eine Änderung der Vergabeunterlagen erfolgt sei.
Die Antragstellerin hat in der Sache beantragt,
den Auftraggeber zu verpflichten, ihren Ausschluss aufzuheben, ihr Angebot wieder in das Verfahren aufzunehmen und das Verfahren nur unter Berücksichtigung ihres Angebots fortzusetzen.
Der Auftraggeber hat beantragt,
den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Er hat gemeint, das Vergabenachprüfungsverfahren sei nicht eröffnet. Der Auftragswert liege unterhalb des maßgeblichen Schwellenwerts von 5 Mio. €. Auf der Grundlage seiner ordnungsgemäßen Kostenschätzung ergebe sich ein Gesamtauftragswert von 4.489.200 € netto. Seiner Kostenschätzung sei eine Markterkundung vorausgegangen, die Aktualität seiner Kostenschätzung habe er zeitnah vor Absendung der Bekanntmachung nochmals geprüft. Der Fördermittelantrag beinhalte Kostenpositionen, die nicht zum Auftragswert gehörten.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 19. Dezember 2013 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Eine abschließende Klärung der Frage, ob der Auftragswert den gemäß § 2 Abs. 1 VgV i. V. m. Art. 2 Nr. 1 lit. c) der Verordnung (EU) Nr. 1251/2011 der Kommission vom 30. November 2011 auf 5 Mio. € festgesetzten Schwellenwert erreiche und damit das Vergabenachprüfungsverfahren nach dem 4. Teil des GWB überhaupt eröffnet sei (§ 100 Abs. 1 GWB), sei nicht erforderlich, denn der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls offensichtlich unbegründet.
Die Antragstellerin sei nicht in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt, weil ihr Angebot aus mehreren Gründen zwingend von der weiteren Wertung auszuschließen gewesen sei.
Zum Einen sei das Angebot der Antragstellerin wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) VOB/A-EG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG von der Wertung auszuschließen gewesen. Der Begriff der Vergabeunterlagen sei in § 8 VOB/A legal definiert und umfasse auch die Leistungsbeschreibung. Indem die Antragstellerin in ihrem Angebot DC/AC-Wandler mit einem Wirkungsgrad von genau 90 % angeboten habe, sei sie von dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung abgewichen, in der ein Wirkungsgrad von > 90 % gefordert worden sei. Der Wortlaut sei eindeutig und lasse keinen Spielraum für eine abweichende Auslegung. Die Antragstellerin habe etwas anderes angeboten, als vom Auftraggeber nachgefragt worden sei. Allein der Auftraggeber entscheide, wie er die geforderte Leistung im Einzelnen definiere.
Der Auftraggeber habe das Angebot nicht als ein solches mit abweichenden technischen Spezifikationen behandeln müssen. Es fehle bereits an den formalen Voraussetzungen dafür. Die Antragstellerin habe die Abweichung im Angebot nicht eindeutig bezeichnet, weil sie den abweichenden Wirkungsgrad in der Leistungsbeschreibung kommentarlos angegeben habe.
Auch die Umdeutung in ein Nebenangebot komme nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nicht kenntlich gemacht habe, ein solches abgeben zu wollen.
Im Punkt der Eigenerklärung der Firma K… GmbH zum Umgang mit Gefahrstoffen entspreche das Angebot der Antragstellerin nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A-EG. Der Auftraggeber habe Festlegungen zum Aufbau und Inhalt des Angebots getroffen und Eignungsnachweise verlangt. Weitere Zusätze auf der Eigenerklärung bis auf Ort, Datum und Unterschrift habe der Auftraggeber nicht zugelassen. Den von der Nachauftragnehmerin auf die Eigenerklärung gesetzten Zusatz „Nicht relevant“ habe der Auftraggeber nur bezogen auf auszufüllende Positionen der Leistungsbeschreibung zugelassen, deren Funktion bereits konzeptionell in anderen Positionen enthalten gewesen sei. Die Eigenerklärung habe durch den Zusatz eine veränderte inhaltliche Ausrichtung erhalten, jedenfalls sei die Antragstellerin ihrer Verpflichtung, geforderte Angaben vollständig und widerspruchsfrei vorzunehmen, nicht nachgekommen. Der Auftraggeber habe diesen Widerspruch nicht nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 VOB/A-EG zum Gegenstand einer Aufklärung machen müssen, denn diese Pflicht betreffe einzig die formale Vervollständigung geforderter Belege. Hier gehe es allerdings um eine inhaltliche Überprüfung.
Gegen den ihr am 27. Dezember 2013 zugestellten Beschluss der Vergabekammer hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10. Januar 2014, am selben Tag eingegangen bei Gericht, sofortige Beschwerde erhoben.
Am 15. Januar 2014 hat sie beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel zu verlängern.
Zur Begründung ihrer Beschwerde wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihr Vorbringen vor der Vergabekammer.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 hat die Antragstellerin einen Verstoß gegen § 101a GWB gerügt, da der Auftraggeber sie nicht über den beabsichtigten Zuschlag an die G… GmbH informiert habe.
Der Aufraggeber ist der sofortigen Beschwerde und dem Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung entgegengetreten. Er meint, das Nachprüfungsverfahren sei wegen Nichterreichens des Schwellenwertes unzulässig. Die Kostenschätzung sei ordnungsgemäß erfolgt, den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum habe er nicht überschritten. Der Ausschluss der Antragstellerin sei zu Recht erfolgt. Sie habe die Vorgaben aus der Leistungsbeschreibung hinsichtlich der Anforderungen an den DC/AC-Wandler unzulässig abgeändert und die zu den Bewerbungsbedingungen zählende Eigenerklärung 03 durch handschriftliche Einfügungen abgeändert. Im Übrigen sei der Ausschluss der Antragstellerin noch aus anderen Gründen gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe für zwei Positionen des Leistungsverzeichnisses eine Preisangabe unterlassen. In ihrem Angebot für Los 1 habe die Antragstellerin die vorgegebene Mengenangabe (52 Stück Brennstoffzellensystem anstatt 52 + 1 Stück Brennstoffzellensystem) verändert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer und die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Der nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zulässige Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde ist unbegründet, weil die sofortige Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat und deshalb ein schutzwürdiges Interesse an der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung nicht besteht, § 118 Abs. 2 GWB.
Ein Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ist abzulehnen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen der Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen, § 118 Abs. 2 Satz 1 GWB. Dabei sind die Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde und die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Zuschlag zu erhalten, zu berücksichtigen, § 118 Abs. 2 Satz 3 GWB.
Diese Prüfung führt im Streitfall dazu, dass der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist. Die gemäß §§ 116, 117 GWB form- und fristgerecht erhobene und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache ohne Erfolgsaussicht, denn die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin ist durch ihren Ausschluss nicht in ihren Bieterrechten verletzt.
1) Der Vergabekammer folgend kann offen bleiben, ob der Wert des zu vergebenden Bauauftrages den Schwellenwert von 5 Mio. € gemäß § 100 Abs. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 3 VgV in der ab dem 22. März 2012 geltenden Fassung überschreitet und damit das Vergabenachprüfungsverfahren nach dem 4. Teil des GWB eröffnet ist. Dies kann zugunsten der Antragstellerin unterstellt werden.
2) Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB antragsbefugt. Ihr Interesse am Auftrag hat sie mit ihrem Angebot dokumentiert. Mit ihren Rügen gegen ihren Ausschluss macht sie die Verletzung eigener Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB geltend. Ferner legt sie dar, dass ihr als Bieterin mit dem preislich günstigsten Angebot ein Schaden drohe, weil sie ohne den von ihr als vergaberechtswidrig beanstandeten Ausschluss aus dem Verfahren eine realistische Chance auf Erteilung des Zuschlags habe.
Soweit die Antragstellerin allerdings beanstandet, das Verfahren sei wettbewerbsbeschränkend durchgeführt worden, weil von elf Bietern die überwiegende Zahl wegen „vermeintlicher Formfehler“ ausgeschlossen worden sei, ist eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB nicht ersichtlich. Der Umstand, dass andere Bewerber unberücksichtigt geblieben sind, beeinträchtigt die Antragstellerin nicht.
3) Die Antragstellerin hat die geltend gemachten Verstöße gegen das Vergaberecht auch rechtzeitig gerügt, § 107 Abs. 3 GWB.
4) In der Sache sind die Rügen der Antragstellerin aber unbegründet, denn der Auftraggeber hat das Angebot der Antragstellerin auch unter Zugrundelegung der Vergabebestimmungen im Bereich des EU-Vergaberechts (VOB/A-EG) ohne Verstoß gegen Vergabevorschriften ausgeschlossen.
4.1) Zu Recht hat der Auftraggeber einen Ausschlussgrund gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A-EG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG darin gesehen, dass die Antragstellerin mit dem Angebot der DC/AC-Wandler mit einem Wirkungsgrad von 90 % eine unzulässige Änderung der Leistungsbeschreibung und damit der Vergabeunterlagen vorgenommen hat.
Die Antragstellerin hat eine Leistung angeboten, die den Vorgaben der Leistungsbeschreibung nicht entspricht, das hat den Anschluss des Angebots zu Folge.
a) Dass das Erfordernis eines Wandlers mit dem geforderten Wirkungsgrad von > 90 % nicht in den Vergabeunterlagen als Ausschlusskriterium (A-Kriterium) benannt worden ist, ist ohne Belang, weil es sich bei dem Ausschlusstatbestand des § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A-EG um einen zwingenden gesetzlichen Ausschlussgrund handelt.
b) Die Anforderung „Es wird ein Wirkungsgrad von > 90 % gefordert“ ist eindeutig und unmissverständlich als zwingende Vorgabe beschrieben.
c) Indem die Antragstellerin DC/AC-Wandler mit dem Wirkungsgrad von 90 %, also nicht mit einen solchen von mehr als 90 % angeboten hat, hat sie den Ausschreibungsbedingungen nicht genügt.
Nicht zu folgen ist der Ansicht der Antragstellerin, die von ihr angebotene Leistung widerspreche der Leistungsbeschreibung deshalb nicht, weil auch bei Einsatz des von ihr angebotenen Wandlers eine Gesamtleistung erzielt werde, die der geforderten genüge. Es steht im Ermessen des Auftraggebers, welche Anforderungen er an die von ihm ausgeschriebene und gewünschte Leistung auch im Hinblick auf Teilkomponenten stellt. Er hat das Recht, die Einzelheiten der Auftragsdurchführung zu bestimmen und ist in der Auswahl der von ihm zu beschaffenden Leistungen frei. Er ist auch nicht verpflichtet, in der Ausschreibung eine weitergehende Vielfalt von technischen Lösungen zuzulassen (vgl. OLG München, VergabeR 2008, 965, zitiert nach juris.de). Auch die funktionale Ausgestaltung der Ausschreibung, die nach der Vorbemerkung in der Leistungsbeschreibung das Angebot unterschiedlicher technischer Lösungsmöglichkeiten für die gleiche Funktionalität erlaubt, lässt das Angebot von DC/AC-Wandlern mit einem geringeren Wirkungsgrad als dem geforderten nicht zu. Mit der funktionalen Ausschreibung soll den Bietern die Möglichkeit eröffnet werden, von der Leistungsbeschreibung abweichende technische Lösungsansätze zu verfolgen, nach denen bestimmte, in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Komponenten entbehrlich sein können. Ob die Funktionalität, wie der Auftraggeber vorträgt, auf die Auswahl des Brennstoffes beschränkt ist, kann dabei dahinstehen. Der Einsatz eines DC/AC-Wandlers ist nicht aufgrund eines bestimmten technischen Lösungsansatzes entbehrlich, sondern in jedem Fall technisch erforderlich. Die Anforderung, DC/AC-Wandler mit dem Wirkungsgrad von mehr als 90 % anzubieten, ist also nicht zu beanstanden.
d) Der von der Antragstellerin im Angebot bezeichnete DC/AC-Wandler bleibt hinter den geforderten Anforderungen zurück und stellt nicht eine nach § 13 Abs. 2 VOB/A-EG zulässige Abweichung von einer technischen Spezifikation dar.
aa) Wie die Antragstellerin einräumt, ergibt sich beim Einsatz eines DC/AC-Wandlers mit einem Wirkungsgrad von jedenfalls 90,1 % bei einer Leistung der Gesamtanlage von 3 bzw. 3,5 Kw ein um 0,1 % bzw. 0,3 % höherer Gesamtwirkungsgrad. Dass es dabei um eine minimale Abweichung, nahezu im Rundungsbereich, geht, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht (vgl. OLG München, VergabeR 2009, 816, zitiert nach juris.de).
bb) Eine Abweichung von einer technischen Spezifikation liegt nicht vor. Technische Spezifikationen sind technische Regelwerte, Normen oder allgemeine Eigenschafts- oder Funktionsbeschreibungen (vgl. Ziffer 1 der Anlage TS zur VOB/A-EG), nicht jedoch die individuell auf das konkrete Bauvorhaben bezogenen technischen Angaben (vgl. OLG München, NZBau 2008, 794, zitiert nach juris.de; OLG Düsseldorf, VergabeR 2005, 188, zitiert nach juris.de). Die Zulassung von Abweichungen in technischen Spezifikationen dient insbesondere der Gewährleistung der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU in den Bereichen, in denen gemeinsame europäische Normen und gemeinsame technische Spezifikationen nicht definiert sind (vgl. Vavra in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 2. Aufl., § 13 VOB/A Rdnr. 17). Nach übereinstimmenden Vorbringen von Antragstellerin und Auftraggeber sind DC/AC-Wandler mit unterschiedlichen Wirkungsgraden auf dem Markt, ohne dass insoweit eine technische Norm besteht. Es handelt sich also ausschließlich um eine vom Auftraggeber geforderte Qualifikation des Geräts, nicht jedoch um eine technische Spezifikation im Sinne des § 13 Abs. 2 VOB/A.
e) Zudem ist das Angebot der Antragstellerin infolge der Abweichung kalkulatorisch nicht vergleichbar. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin verursacht ein AC/DC-Wandler mit einem Wirkungsgrad von > 90 % höhere Kosten, als ein solcher mit einem Wirkungsgrad von genau 90 %. Bei einer Zulassung eines Angebots mit AC/DC-Wandlern, die den Wirkungsgrad von > 90 % nicht erreichen, wäre nicht gewährleistet, dass der Auftraggeber tatsächlich das wirtschaftlichste Angebot auswählt.
f) Das Angebot einer Leistung, die nicht der nach den Vergabeunterlagen geforderten Leistung entspricht, stellt eine Änderung der Vergabeunterlagen dar, was nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. b VOB/A-EG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG zwingend einen Ausschluss zu Folge hat (vgl. OLG Düsseldorf, IBR 2013, 368, zitiert nach juris.de; Senat, Beschluss v. 14.09.2004, Verg W 5/04, zitiert nach juris.de).
g) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann ihr Angebot auch nicht als Nebenangebot gewertet werden. Dabei kommt es nicht einmal entscheidend darauf an, dass die nach § 13 Abs. 3 Satz 2 VOB/A-EG geforderte Form der Einreichung auf besonderer Anlage und deutlicher Kennzeichnung als Nebenangebot fehlt (vgl. dazu OLG Koblenz, IBR 2013, 764, zitiert nach juris.de. Rdnr. 13).
Die Annahme eines Nebenangebotes setzt begriffsnotwendig voraus, dass der Bieter eine eigenständige Lösung erarbeitet hat. Daran fehlt es, denn die Änderung in der Leistungsposition „DC/AC-Wandler“ beruht - wie ausgeführt - nicht auf einem von der Leistungsbeschreibung abweichenden technischen Lösungsansatz. Eine solche Änderung der Verdingungsunterlagen muss bei einem Nebenangebot - nicht anders als bei einem Hauptangebot - zum Angebotsausschluss führen (vgl. Senat, Beschluss v. 17.05.2011, Verg W 16/19, VergabeR 2012, 124, zitiert nach juris.de).
4.2) Auch der Ausschluss des Angebots der Antragstellerinaufgrund des von ihrem Nachunternehmer auf der Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen eingefügten Zusatzes „Nicht relevant“ ist nicht zu beanstanden.
Insoweit hat die Antragstellerin ein entgegen § 13 Abs. 1 Ziffer 4 VOB/A-EG unvollständiges Angebot abgegeben, weil sie eine für die Unterauftragnehmer geforderte Eigenerklärung nicht mit dem geforderten Inhalt, sondern mit einem anderen Inhalt abgegeben hat. Das hat den Ausschluss entsprechend § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A-EG zur Folge.
Unter Ziffer 2.10 der Verfahrensbedingungen hat der Auftraggeber gefordert, die Eignung von Unterauftragnehmern, die Teile der Leistung ausführen sollen, nachzuweisen. Dazu hat der Auftraggeber unter Ziffer 4.2 eine formularmäßig vorbereitete Eigenerklärung zum Umgang mit Gefahrstoffen (Anlage 03) gestellt, die vom Nachunternehmer mit Ort, Datum und Unterschrift zu versehen war. Die Erklärung hat den folgenden Wortlaut:
„Ich/Wir erkläre/n, dass ich/wir über die notwendigen Zulassungen, Erlaubnisse oder sonstige gesetzliche Voraussetzungen und Anforderungen verfüge/n, um im Rahmen der Projektumsetzung mit Gefahrstoffen umzugehen, insbesondere Gefahrstoffe zu transportieren, Gefahrstofflagerbehältnisse zu errichten und in Gefahrstoffe in hierfür geeignete und zugelassene Gefahrstofflagerbehältnisse zu füllen sowie Anlagen zu errichten, zu prüfen und zu warten, die Gefahrstoffen lagern und verarbeiten.“
Durch den Zusatz „Nicht relevant“, der zwischen den Erklärungstext und Unterschrift eingefügt worden ist, ist dieser Text Bestandteil der Erklärung des Nachunternehmers geworden. Die Erklärung hat damit nicht mehr den Inhalt, dass der Unterzeichnete versichert, über die in der vorgefertigten Erklärung bezeichneten Erlaubnisse und Zulassungen zu verfügen, sondern dass er der Auffassung ist, diese Zulassungen und Erlaubnisse seien für ihn nicht relevant.
Von einem internen Vermerk des Nachunternehmers kann entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht ausgegangen werden, denn die Eigenerklärung ist mit dem Zusatz dem Auftraggeber vorgelegt worden. Der Text ist auch von der Unterschrift gedeckt.
Ohne Erfolg bleibt die Antragstellerin mit ihrer Ansicht, der Vermerk “Nicht relevant“ sei durch den Auftraggeber auch im Hinblick auf die Erklärung zur Eignung eines Nachunternehmers ausdrücklich zugelassen. Der Auftraggeber hat diese Möglichkeit für jeden verständigen Bieter ersichtlich ausschließlich im Rahmen der Leistungsbeschreibung eingeräumt, um abweichende technische Lösungsansätze, denen die gleiche Funktionalität wie das von dem Auftraggeber vorgestellte Konzept zukommt, zu ermöglichen. Die geforderten Eignungserklärungen sind davon zweifelsfrei nicht erfasst.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass unter Ziffer 2.17 lit. e) der Verfahrensbedingungen die Aufnahme von Nachweisen und Eigenerklärungen durch ein „ggf.“ relativiert worden ist. Denn durch Ziffer 3 der Verfahrensbedingungen wird insoweit klargestellt, dass in das Angebot, dessen Aufbau und Gliederung Ziffer 2.17 der Verfahrensbedingungen beschreibt, Eigenerklärungen und Nachweise nur dann aufzunehmen sind, wenn sie noch nicht Bestandteil des Teilnahmeantrags waren. Die Antragstellerin hatte im Teilnahmewettbewerb auf die Benennung eines Nachunternehmers noch verzichtet.
Die Abgabe einer Eignungserklärung durch die Nachunternehmerin war auch erforderlich. Dass die Antragstellerin selbst über die erforderlichen Erlaubnisse und Zulassungen verfügte und diese bereits nachgewiesen hatte, reicht nicht aus. Denn ausweislich ihres Angebots sollen dem Nachunternehmer unter anderem „Wartung und Service des Brennstoffzellensystems und der Gasanlage“ übertragen werden. Nach dem Konzept der Antragstellerin sollte also gerade der Nachunternehmer mit Gefahrstoffen umgehen. Dann musste auch er seine Eignung insoweit nachweisen, denn dafür kommt es jeweils auf denjenigen an, der die Leistung ausführt (vgl. OLG Düsseldorf, VergabeR 2012, 505, zitiert nach juris.de). Dass die Antragstellerin zugesagt hat, ihren Nachunternehmer bis zum Beginn der konkreten Arbeiten zu schulen, reicht aus mehren Gründen nicht aus. Einerseits muss die Eignung im Zeitpunkt der Auftragserteilung feststehen. Im Übrigen hat der Auftraggeber mit Grund die Erklärung gefordert, dass die notwendigen Zulassungen, Erlaubnisse oder sonstige gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Schließlich kann die Antragstellerin dem Auftraggeber nicht entgegenhalten, er habe die Erklärung nachfordern müssen, § 16 Abs. 1 Ziffer 3 VOB/A-EG. Eine Nachforderungspflicht besteht, wenn Erklärungen oder Nachweise ganz fehlen oder an formalen Mängeln, wie etwa einer fehlender Unterschrift, leiden (vgl. OLG Düsseldorf, VergabeR 2013, 550, zitiert nach juris.de). Eine Erklärung fehlt nicht, wenn diese - wie hier - mit einem anderen Inhalt als gefordert abgegeben wird und damit materiell unzureichend ist (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG München, IBR 2005, 568, zitiert nach juris.de)
4.3) Ein Verstoß des Auftraggebers gegen die nach § 101a GWB bestehende Pflicht zur Benachrichtigung über die beabsichtigte Auftragsvergabe gegenüber denjenigen Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, ist nicht gegeben. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin, die den Nachprüfungsantrag bereits erhoben hat, wäre damit auch nicht verbunden.
Das Verfahren des Auftraggebers ist noch nicht so weit fortgeschritten, dass ein Vertragsschluss unmittelbar bevorsteht. Nach Ziffer 6.10 der Vergabeunterlage ist der Zuschlag erst zu erteilen, wenn der Anbieter, der nach der auf Basis der abgegebenen Angebote durchgeführten Wertung den ersten Platz für ein Los einnimmt, auf Aufforderung durch den Auftraggeber innerhalb von acht Wochen eine Musteranlage errichtet hat und diese durch den Auftraggeber abgenommen worden ist. Nachdem die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren eingeleitet hat, ist das Verfahren durch den Auftraggeber während der Errichtung der Musteranlagen angehalten worden.
4.4) Da die sofortige Beschwerde sich demnach als unbegründet darstellt, braucht für die Entscheidung nach § 118 Abs. 1 GWB nicht geprüft werden, ob die vom Auftraggeber im Beschwerdeverfahren geltend gemachten weiteren Ausschlussgründe gegeben sind.
III.
1) Der Antragstellerin ist Einsicht in die Akte der Vergabekammer zu gewähren, §§ 111 Abs. 1, 120 Abs. 2 GWB. Soweit darin Unterlagen enthalten sind, die einen Sperrvermerk tragen, ist dem Geheimhaltungsinteresse des Auftraggebers bzw. der weiteren Bieter der Vorrang einzuräumen.
Die Akten können auf der Geschäftsstelle des Vergabesenats nach telefonischer Terminabstimmung eingesehen werden.
2) Der weitergehende Antrag auf Einsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers ist zurückzuweisen.
Bei der Bestimmung des Umfangs des Akteneinsichtsrechts im Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB ist das Geheimhaltungsinteresse der konkurrierenden Bewerber gegenüber dem Rechtsschutzinteresse des um Akteneinsicht nachsuchenden Beteiligten unter Berücksichtigung des Transparenzgebotes im Vergabeverfahren und des Grundrechts der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) abzuwägen. Diese Abwägung führt dazu, dass Akteneinsicht in dem Umfang gewährt wird, in dem sie zur Durchsetzung der subjektiven Rechte der Beteiligten - beschränkt auf den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens - erforderlich ist und ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse nicht entgegen steht (st. Rechtsprechung des Senats. Beschluss v. 16.10.2006, Verg W 5/06, Beschluss v. 24. April 2012, Verg W 3/12). Das Verfahren wird dadurch nicht intransparent. Es ist Sache der Nachprüfungsinstanzen zu beurteilen, ob ein schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt oder nicht, welches der begehrten Akteneinsicht unter Abwägung der Belange der Verfahrensbeteiligten entgegen steht (EuGH, Urteil v. 14.02.2008, C-450/06, zitiert nach juris.de). Die Vergabekammer hat in Einklang damit Akteneinsicht nicht gewährt, weil sie den Nachprüfungsantrag bereits aufgrund des Vortrages der Antragstellerin für unbegründet gehalten und eine Einsichtnahme in die Unterlagen durch die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Rechte nicht für erforderlich erachtet hat.
Unter Berücksichtigung der ausgeführten Grundsätze bedarf die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren der Einsichtnahme in die Vergabeakten des Auftraggebers nicht. Ihre Rügen betreffen die ihr zugänglich gemachten Vergabeunterlagen und Verfahrensbedingungen und die ihr bekannte Verfahrensgestaltung. Soweit sie die Kostenschätzung des Auftraggebers überprüfen möchte, ist sie zur Durchsetzung ihrer Rechte nicht auf eine Einsichtnahme in die Vergabeakten angewiesen. Ob der Schwellenwert im Sinne des § 100 GWB erreicht und das Vergabenachprüfungsverfahren eröffnet ist, ist vom Senat von Amts wegen zu ermitteln. Einsicht in Unterlagen betreffend die Wertung des Auftraggebers bedarf die Antragstellerin ebenfalls nicht, weil die vom Auftraggeber als Ausschlussgründe herangezogenen Umstände dem von der Antragstellerin eingereichten Angebot zu entnehmen sind.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Sie ergeht zusammen mit der Hauptsacheentscheidung.