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Schülerbeförderung


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 07.01.2014
Aktenzeichen VG 1 K 41/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 112 Abs 1 SchulG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die am 11. April 2000 geborene Klägerin begehrt die Bereitstellung eines Schülerausweises für ihren Schulweg im Schuljahr 2012/2013. Sie wohnt mit ihrer Mutter im D-Ring in E. und besuchte in diesem Schuljahr die Oberschule, Karl-Marx-Straße 108 in E. in der 7. Jahrgangsstufe.

Mit Formular vom 6. Juni 2012, beim Beklagten am 11. Juni 2012 eingegangen, bestellte die Klägerin für die Fahrstrecke von der Haltestelle Fliederweg zur Karl-Marx-Straße 108 einen Schülerfahrausweis (Abonnementskarte für Schüler) vom 6. August 2012 bis 31. August 2013.

Mit Bescheid vom 6. Juli 2012 erklärte der Beklagte, dass der Bestellung eines Schülerfahrausweises nicht entsprochen werden könne. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schülerbeförderungssatzung seien nur Schüler anspruchsberechtigt, die einen Schulweg von mindestens 2 km hätten. Die Entfernung zwischen der Wohnung und der im Schuljahr 2012/2013 besuchten Oberschule betrage jedoch laut Routenplaner google.maps 1,9 km.

Mit Schreiben ihrer Mutter vom 26. Juli 2012 erhob die Klägerin Widerspruch. Nach der Berechnung von Google ergebe sich eine Strecke von 2,0 km. Mit dem Fahrrad sei der Weg von der Schule nach Hause schwer zurückzulegen, da es bergauf gehe. Als Empfängerin von ALG-II-Leistungen sei der Kauf einer Monatskarte für 32,- € nicht möglich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2012 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach § 1 der Schülerbeförderungssatzung sei der Landkreis Träger der Schülerbeförderung für Schüler, die in seinem Gebiet ihre Wohnung hätten. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schülerbeförderungssatzung seien nur Schüler anspruchsberechtigt, die einen Schulweg von mindestens 2 km hätten. Gemäß § 2 Abs. 5 der Schülerbeförderungssatzung sei der Schulweg die kürzeste verkehrsübliche Verbindung (u.a. Fußweg, Radweg) zwischen der Wohnung und der besuchten Schule. Der kürzeste verkehrsübliche Weg vom Wohnort D.-Ring führe entlang von Freiheitsstraße, Schillerallee, Röntgenstraße, Westhangtreppe, Bahnhofstraße durch den Bahnhof sowie entlang der Karl-Marx-Straße zur Oberschule in der Karl-Marx-Straße 108. Die Länge dieses Weges betrage nach erneuter Überprüfung durch Streckenmessung im geografischen Informationssystem des Landkreises auf der Grundlage von Flurkarten und Luftbildern 1.836 m. Der Hinweis im Widerspruch auf die finanzielle Lage führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Der Widerspruchsbescheid wurde mit Einschreiben mit Rückschein versandt und am 17. Dezember 2012 zur Post gegeben.

Die Klägerin hat am 14. Januar 2013 Klage erhoben. Im Rahmen der Begründung ihrer Klage führt sie aus, dass der im Widerspruchsbescheid beschriebene Weg zwar kürzer sei als 2 km, jedoch für sie aus Sicherheitsgründen nicht nutzbar sei. Denn sie müsse zwischen der Röntgenstraße über die Westhangtreppe zur Bahnhofstraße einen mehrere hundert Meter langen, parkähnlichen Abschnitt passieren. In diesem unübersichtlichen Bereich sei im Jahr 2012 ein Kind in ihrem Alter sexuell missbraucht worden. Der Weg führe zudem über das frühere Industriegelände des Schwermaschinenbau, das heute vielen Firmen als Lager diene und entsprechend unübersichtlich sei. Der vom Beklagten benannte Weg könne somit nicht als die verkehrsübliche Verbindung betrachtet werden. Auch sei die Westhangtreppe mit 105 Stufen und 8 Podesten für ein Kind mit einem Fahrrad nicht zu bewältigen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 6. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2012 zu verpflichten, der Klägerin einen Schülerfahrausweis zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zum Erreichen der Oberschule in E. zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt die Ausführungen des Widerspruchsbescheides und führt ergänzend aus, der beschriebene Schulweg entspreche den Vorgaben des § 2 Abs. 5 der Schülerbeförderungssatzung, die weiterführende Bestimmungen in Bezug auf Gefährlichkeit von Schulwegen nicht umfasse. Es handele sich um öffentliche, gut beleuchtete Straßen und Wege. Dies gelte auch für die Bahnhofstraße zwischen der Westhangtreppe und dem S-Bahnhof. Bei einer Vorortbesichtigung sei festgestellt worden, dass der Fuß- und Radweg von der Röntgenstraße bis zur Westhangtreppe teilweise am Schwimmhallengebäude und einem Garagenkomplex vorbei führe. Trotz des vorhandenen Baum- und Buschbestandes stelle sich dieser Teil als sehr übersichtlich dar, denn der Weg sei sehr gut beleuchtet und werde auch während der Wintermonate beräumt. Auf der Westhangtreppe befinde sich eine Doppelspur in der Breite eines Kinderwagens, auf dem ein Fahrrad geschoben werden könne, was einer Schülerin der 7. Klasse zumutbar sei.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29. August 2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Das Gericht hat Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Inaugenscheinnahme erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Ortstermins vom 10. Dezember 2013 verwiesen.

Die Beteiligten haben im Rahmen des Ortstermins vom 10. Dezember 2013 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakte I) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Schülerbeförderung in Form einer Bereitstellung eines Schülerfahrausweises für den Schulweg zwischen der Wohnung im D.-Ring 9 in E. und der Oberschule, Karl-Marx-Straße 108, in E. für das Schuljahr 2012/2013. Der Bescheid des Beklagten vom 6. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 der hier maßgeblichen Satzung des Landkreises Dahme-Spreewald für die Schülerbeförderung (im Folgenden: SBS) vom 31. März 2004, im hier fraglichen Zeitraum zuletzt geändert durch die am 5. September 2012 beschlossene und am 6. September 2012 ausgefertigte Siebente Satzung zur Änderung der Satzung für die Schülerbeförderung (Amtsblatt für den Landkreis Dahme-Spreewald Nr. 24/2012 vom 20. September 2012, S. 3) besteht ein Anspruch auf Schülerbeförderung für Schüler, die am Unterricht der allgemein bildenden Schulen teilnehmen und mindestens 2 km Schulweg haben.

Diese Voraussetzungen sind im Fall der Klägerin nicht erfüllt, denn ihr Schulweg weist nicht die erforderliche Mindestentfernung von 2 km auf. Den hierbei zugrunde zu legenden Schulweg definiert § 2 Abs. 5 SBS als kürzeste verkehrsübliche Verbindung (u. a. Fußweg, Radweg) zwischen der Wohnung und der besuchten Schule. Bei der Ermittlung dieser Mindestentfernung ist der kürzeste Weg zwischen der Haustür des Wohngebäudes, bei eingezäunten Grundstücken der Grundstückseingang und dem Haupteingang der Schule gemäß postalischer Anschrift zugrunde zu legen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig (s. Klageschrift vom 14. Januar 2013), dass die vom Beklagten herangezogene Wegstrecke D.-Ring - Freiheitstraße - Schillerallee - Röntgenstraße - Bahnhofstraße - Karl-Marx-Straße kürzer ist als die erforderliche Entfernung von 2 km.

Der Beklagte ist auch nicht gehindert diese Streckenführung heranzuziehen. Die Einwendungen der Klägerin, der Weg sei für sie aus Sicherheitsgründen nicht nutzbar, bleiben ohne Erfolg. Ob der Argumentation des Beklagten in der Klageerwiderung vom 20. Februar 2013 zu folgen wäre, nach der der Aspekt einer Gefährlichkeit von Schulwegen mangels ausdrücklicher Regelung in der Schülerbeförderungssatzung von vornherein unbeachtlich sei, ist nicht frei von Zweifeln. Denn hiergegen ließe sich zumindest die Überlegung einwenden, ob es mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren ist, einem Schüler eine Wegstrecke zur Schule als unter der Mindestentfernung bleibend entgegenzuhalten, die er aufgrund einer für ihn bestehenden objektiven besonderen Gefährlichkeit tatsächlich nicht nutzen könnte bzw. müsste. Jedoch bedarf dies vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, da im hier zu beurteilenden Fall jedenfalls nicht von einem besonders gefährlichen Schulweg für die Klägerin auf der genannten Strecke auszugehen ist.

Ein Schulweg oder Teile davon scheiden nicht bei jeder potentiellen Gefährdung des Schülers als zulässig aus. An das Vorliegen eines besonders gefährlichen Schulweges sind strenge Anforderungen zu stellen, da es sich hier um die Annahme eines Ausnahmefalles handelt. Das qualifizierende Merkmal "besonders gefährlich" umschreibt eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und liegt nur dann vor, wenn zu den allgemeinen Gefahren, den Schüler auf dem Weg zur Schule - insbesondere im modernen Straßenverkehr - ausgesetzt sind, konkrete Umstände hinzutreten, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 1999 - 19 A 4395/96 -, juris Rn. 14; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. September 1997 - 19 A 443/97 -, juris Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. September 2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 26; OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 2 M 187/12 -, juris Rn. 13; so auch Urteile der Kammer vom 14. September 2012 - VG 1 K 647/11 -, vom 10. September 2008 - 1 K 1067/05 - und vom 29. August 2006 - 1 K 1529/04 -); die üblichen Risiken sollen danach fahrtkostenrechtlich unbeachtlich sein (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Juni 1996 - 19 A 5093/95 -, juris Rn. 15; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. April 2008 - 2 LB 7/07 -, juris Rn. 60). Es ist nicht Sinn und Zweck dieser Vorschrift jedes theoretisch noch verbleibende Risiko des Schulweges auszuräumen.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hängt von den Umständen des Einzelfalles, im Regelfall auch von dem individuellen Alter, das der jeweilige Schüler zu Beginn des Bewilligungszeitraumes hatte, ab (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 1999 - 19 A 4395/96 -, juris Rn. 10). Vor Bedeutung kann insoweit sein das Fehlen von Gehwegen oder die Notwendigkeit der Querung höher frequentierter Straßen ohne Schülerlotsen oder Ampelregelung, ebenso die auf einer Straße zugelassene Höchstgeschwindigkeit, Art und Frequenz der Verkehrsbelastung, die Übersichtlichkeit des fraglichen Straßenbereichs sowie die Breite und Beleuchtung der jeweiligen Straße (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Januar 2011 - 2 LB 318/09 -, NdsVBl 2011, 166, juris Rn. 26; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. September 2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 28). Unter dem Aspekt der Straßenverkehrssicherheit ist danach eine besondere Gefährdung auf dem hier fraglichen Weg nicht anzunehmen. Insoweit ist vor allem maßgeblich, dass dieser durchgehend über (überwiegend gepflasterte) Fußwege und eine Straßenbeleuchtung verfügt.

Auch aus dem weiteren, von der Klägerin vorrangig angeführten Aspekt einer Gefahr krimineller Übergriffe kann vorliegend eine besondere Gefährlichkeit nicht angenommen werden. Grundsätzlich können sich Gefährdungen nicht nur durch den motorisierten Straßenverkehr ergeben, sondern auch im Falle der gesteigerten Wahrscheinlichkeit sonstiger Schadensereignisse für die Leib und Leben bestehen, die mit der Benutzung des Schulweges verbunden sein können. Jedoch ist dies hier nicht erkennbar.

Eine solche Gefährlichkeit wegen der Möglichkeit krimineller Übergriffe wird nach der insoweit einschlägigen Rechtsprechung angenommen, wenn der Schüler (z.B. aufgrund seines Alters oder seines Geschlechts) zu Beginn des streitigen Bewegungszeitraumes zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und sich auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, weil etwa nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. November 2006 - 19 A 4675/04 -, juris Rn. 5; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Januar 2005 - 19 A 5177/04, 19 E 1548/04 -, juris Rn. 5; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 1999 - 19 A 4395/96 -, juris Rn. 14; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 19. Juni 1996 - 13 L 5072/94 -, NdsVBl 1997, 63, juris Rn. 27; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. März 2007 - 7 ZB 06.1874 -, juris Rn. 9). Kriterien der Beurteilung sind insoweit etwa, ob der betreffende Schüler im Falle einer Gefahr seitlich ausweichen und eine etwaige nahe liegende Wohnbebauung erreichen kann, aber auch, ob Anfang und Ende eines Waldstücks gut einzusehen sind und während der dunklen Tageszeiten ausreichende Beleuchtung durch Straßenlaternen gewährleistet ist, sowie ob Unterholz in nennenswerter Ausdehnung vorhanden ist, das potentiellen Gewalttätern ein geeignetes Versteck bieten könnte (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. November 1989 - 16 A 2639/88 -, NVwZ-RR 1990, 197, juris Rn. 19; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Juni 1990 - 16 A 784/88 -, NVwZ-RR 1991, 482, juris Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. April 2008 - 2 LB 7/07 -, juris Rn. 63; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 5. Januar 2011 - 2 LB 318/09 -, NdsVBl 2011, 166, juris Rn. 28). Die Würdigung der besonderen Gefährlichkeit eines Schulwegs erfordert ungeachtet dieser Kriterien eine Gesamtbetrachtung, die sich nicht in der Einschätzung eines einzelnen Aspekts erschöpfen darf. Erforderlich ist vielmehr eine Abweichung des Sachverhalts, die die zu beurteilende Situation von gewöhnlichen oder normalen Gegebenheiten erkennbar unterscheidet (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. September 2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 34). Zwar gehört die Klägerin zu einem risikobelasteten Personenkreis, denn die Altersgruppe der 6- bis unter 14jährigen Schülerinnen ist im Hinblick sowohl auf Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung als auch hinsichtlich allgemeiner Gewaltdelikte als risikobelastet anzusehen. Jedoch ist eine schutzlose Situation im Fall eines Übergriffs auf dem hier fraglichen Teilstück des Schulweges zwischen dem Eingang der Schwimmhalle "E." und der so genannten Westhangtreppe nicht zu erkennen. Denn nach den Feststellungen im Rahmen des Ortstermins handelt sich dabei um ein nur sehr kurzes Stück, dass zwar aufgrund seiner Lage auf der Rückseite der Schwimmhalle und der oberen Kante der Treppe nicht stets (insbesondere von Wohnbebauung aus) einsehbar ist. Allerdings erscheint ungeachtet dessen nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte zu den Zeiten, in denen die Klägerin den Schulweg nutzt (als kritisch zu bewerten sind dabei vor allem die Morgenstunden in den Wintermonaten), nicht ausgeschlossen. Denn zum einen ist mit der Schwimmhalle, die werktags bereits zwischen 6.30 und 7.00 Uhr öffnet, in kurzer Entfernung ein öffentlicher Anlaufpunkt gegeben, der der Klägerin die Möglichkeit eröffnet, Schutz vor Übergriffen zu finden. Zum anderen ist davon auszugehen, dass das fragliche Teilstück aufgrund des Umstands, dass es zum direkten Zugang zur S-Bahn-Station E. für den westlich der Ludwig-Witthöft-Straße gelegenen Bereich der Gemeinde E. gehört, gerade in den Morgenstunden von zahlreichen Pendlern genutzt wird, so dass die Klägerin nicht eine einsame Wegstrecke zu passieren hat. Die hier zu beurteilende Situation ist damit den obergerichtlichen Entscheidungen, in denen eine solche Gefährdungslage bejaht wurde, nicht vergleichbar (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. April 2008 - 2 LB 7/07 -, juris Rn. 64 [Länge 1.350 m, insgesamt nicht beleuchtet, links und rechts ausschließlich Ackerflächen, mit tiefen, wasserführenden Gräben abgegrenzt, Wohnhäuser nicht vorhanden]; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 1999 - 19 A 4395/96 -, juris Rn. 23 [Weg durch einen Wald]; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. November 2006 - 19 A 4675/04 -, juris Rn. 10 [Länge 950/1.350 m, insgesamt nicht beleuchtet, links und rechts ausschließlich Ackerflächen, Wohnhäuser nicht vorhanden, Verkehrsfrequenz sehr gering]; s. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 29. März 2007 - 7 ZB 06.1874 -, juris Rn. 9). Der Hinweis der Klägerin auf den Vorfall, bei dem am Sonntag, den 10. Juni 2012 gegen 16.30 Uhr ein zwölfjähriges Mädchen im hier fraglichen Bereich zwischen der Schwimmhalle und der Westhangtreppe sexuell missbraucht worden war, rechtfertigt schon aufgrund des Umstands keine grundsätzlich andere Bewertung, dass er sich in einem Zeitfenster (an einem Sonntagnachmittag) ereignete, der für die Beurteilung eines Schulweges nicht herangezogen werden kann.

Das Vorbringen der Klägerin, das von ihr zu passierende Gelände des ehemaligen Schwermaschinenbaus zwischen der Westhangtreppe und dem S-Bahnhof E. sei unübersichtlich, kann nach dem im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Eindruck nicht geteilt werden. Bei der Bahnhofstraße handelt es sich um eine gerade, breite und gut ausgebaute sowie beleuchtete Straße, die über die gesamte Strecke gut einzusehen ist.

Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SBS mit der Vorgabe einer Mindestentfernung ist mit höherrangigem Recht vereinbar (so bereits Urteile der Kammer vom 27. Juli 2012 - VG 1 K 966/11 - und vom 27. Dezember 2012 - VG 1 K 34/12 -).

§ 112 Abs. 1 BbgSchulG scheidet insoweit als Maßstab aus, da mit Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben vom 4. Juni 2003 (GVBl. I S. 172), insoweit in Kraft getreten am 1. August 2003, die Bestimmungen des Brandenburgischen Schulgesetzes zur Schülerbeförderung grundlegend geändert wurden: nach einer im Wesentlichen durchnormierten Ausformung im Schulgesetz selbst enthält § 112 Abs. 1 BbgSchulG n.F. nur noch eine Aufgabenübertragung (Zuweisung der Trägerschaft) an die Landkreise und kreisfreien Städte. Der Landesgesetzgeber hat sich dabei nach den Ausführungen der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 3/5695) bewusst der Formulierung gesetzlicher Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung der von den Schülerbeförderungsträgern nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BbgSchulG zu erlassenden Satzungen enthalten.

Auch verfassungsrechtlich ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken. Zwar umfasst das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG auch die Wahl zwischen den vom Staat zur Verfügung gestellten oder zugelassenen Schulformen und darf dieses Wahlrecht nicht mehr als notwendig begrenzt werden (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1971 - 1 BvR 230/70, 1 BvR 95/71 -, BVerfGE 34, 165, juris Rn. 85). Im schulorganisatorischen Bereich wird jedoch das Elternrecht durch den staatlichen Erziehungsauftrag beschränkt. Der Staat kann daher auch unter Berücksichtigung des Elternrechts grundsätzlich frei entscheiden, zu welchen Schulen er eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Schülerbeförderung einrichten will, sofern seine Überlegungen durch sachliche gerechtfertigte Gründe getragen sind. Dies umfasst auch die Bestimmung, bis zu welcher Entfernung dem Schüler zuzumuten ist, den Schulweg selbst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen, und ab welcher Distanz ein Transport mit Mitteln der Schülerbeförderung einsetzt. Da die Übernahme der Beförderungskosten verfassungsrechtlich eine freiwillige gesetzliche Leistung des Staates ist, kann dieser auch die Beförderungs- und Kostenerstattungsvoraussetzungen enger festlegen, als dies offensichtlich allen denkbaren Elternwünschen entspricht, ohne damit gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, insbesondere Art. 3 GG zu verstoßen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 10. Januar 1996 - 7 B 94.1847 -, NVwZ-RR 1997, 491 [493]; Bayerischer VGH, Urteil vom 30. November 1984 - 7 B 83 A.681 -, BayVBl 1985, 561 [562]). Das Verfassungsrecht des Bundes und des Landes enthalten keine Vorgaben für die Schülerbeförderung (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juni 2008 - 2 LB 5/07 -, juris Rn. 34; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 24. Mai 2007 - 2 LC 9/07 -, NdsVBl 2007, 336, juris Rn. 35; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Juni 1991 - 9 S 2111/90 -, juris Rn. 41; 35; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Januar 1997 - 9 S 1904/94 -, DVBl 1997, 1184, juris Rn. 17; OVG für das Land Sachen-Anhalt, Urteil vom 19. August 1998 - A 2 S 875/97 -, LKV 1999, 276, juris Rn. 14).

Die vom Landkreis Dahme-Spreewald getroffene Festlegung der Mindestentfernung für Schüler auf 2 km erscheint ebenso frei von Bedenken. Das Brandenburgische Schulgesetz enthält (anders als noch § 112 Abs. 2 Satz 2 BbgSchulG a.F. ["Sie haben dabei die Belastbarkeit der Schüler, die Sicherheit des Schulwegs sowie die örtlichen Verkehrsbedingungen zu berücksichtigen."]) auch insoweit keine Vorgaben. Die ungeachtet dessen vom Schülerbeförderungsträger bei der Festlegung von Mindestentfernungen grundsätzlich zu beachtenden Grenzen der Zumutbarkeit und Belastbarkeit der schulpflichtigen Kinder sind für die Sekundarstufe I bei einer Entfernung von 2.000 m gewahrt. Geht man von 200 m je 3 Minuten Fußweg (vgl. Urteil der Kammer vom 10. September 2008 - 1 K 1067/05 -), ergibt die festgelegte Mindestentfernung eine Dauer des Schulweges von 30 Minuten, die Schülern der Sekundarstufe I ohne weiteres zugemutet werden kann (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. September 2013 - 2 LC 101/11 -, juris Rn. 22) .

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.