Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 13. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.08.2012 | |
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Aktenzeichen | 13 Sa 87/12, 13 Sa 839/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 626 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 266 Abs 1 Alt 2 StGB |
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28.10.2011 – 5 Ca 18070/09 und 5 Ca 21753/09 – wird zurückgewiesen.
II. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird festgestellt, dass die Verpflichtung des Klägers zur streitgegenständlichen Leistung des Schadensersatzes auf einer vorsätzlichen, unerlaubten Handlung beruht.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und Anschlussberufungsverfahrens bei einem Streitwert von 217.965,00 Euro in der 2. Instanz.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses wegen einer behaupteten veruntreuenden Unterschlagung. Widerklagend verlangt die Beklagte Schadensersatz der unterschlagenden Summe sowie in II. Instanz im Wege der Anschlussberufung die Feststellung, dass die Verpflichtung des Klägers zum Schadensersatz auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht.
Die Beklagte wirft dem bei ihr aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages vom 14.11.2007 seit dem 19.11.2007 zunächst als Kassenmitarbeiter, ab dem 01.04.2008 als Kassenerster beschäftigten Kläger vor, im Zeitraum von Dezember 2008 bis August 2009 in 25 Fällen Kassen aktiviert zu haben, die ansonsten bei seiner Abwesenheit von keinem anderen Mitarbeiter benutzt wurden, und daraus Geld in Höhe von insgesamt 202.409,02 Euro entnommen zu haben, ohne dies in so genannten Abschöpfprotokollen vermerkt zu haben, während er die entnommenen Beträge als solche (so genannte „zusätzliche Zahlungsmittel“) abends wieder in die Kassenabrechnungen eingab, damit seine Unterschlagungen nicht auffielen.
Das Amtgericht Tiergarten hat nach einer Beweisaufnahme, in der lediglich die Zeugin F., eine Sicherheitsmitarbeiterin der Beklagten, die die Vorgänge in der betreffenden Filiale nach dem Fehlen des Geldes überprüfte, vernommen wurde, den Kläger freigesprochen mit der Begründung, dass fast sämtliche Vorsichtsmaßnahmen und Anweisungen hinsichtlich des Umgangs mit Bargeld nicht eingehalten worden seien, und dass nicht mehr festgestellt werden konnte, wann, wie, in wie vielen Abschnitten und vom wem das Geld an sich genommen wurde (vgl. die Beweisaufnahme Bl. 104 ff. der Strafakte 34 Js 4582/09, insbesondere Bl. 106 ff., sowie die Urteilsbegründung Bl. 115 der Strafakte 34 Js 4582/09).
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 28.10.2011 das am 12.03.2010 gegen den Kläger verkündete Versäumnisurteil insoweit aufrechterhalten als die Kündigungsschutzklage abgewiesen und der Kläger zur Zahlung von 192.150,00 Euro nebst Zinsen verurteilt wurde, im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen.
Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung mit sofortiger Wirkung beendet worden sei. Es liege ein zum Nachteil des Arbeitsgebers begangenes Eigentums- oder Vermögensdelikt vor, da sich aus dem gesamten Sachvortrag ergäbe, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zumindest 192.150,00 Euro aus den Kassen der Beklagten an sich genommen habe. Dies folge daraus, dass die für den streitgegenständlichen Zeitraum geführten Abschöpfungsprotokolle die vom Kläger als zusätzliche Zahlungsmittel in die Kasse eingegebenen Summen nicht auswiesen. Als zusätzliche Zahlungsmittel habe der Kläger diese Summen in die Kasse aber nur dann eingeben können, wenn er sie durch Entnahme aus den Geldbomben vorher erfasst hätte. Der Kläger lege in keiner Weise näher da, wie er ansonsten die von ihm manuell jeweils vor Schließen der Kassen eingegebenen zusätzlichen Zahlungsmittel erfasst haben wolle. Der Kläger weise selbst zutreffend darauf hin, dass sich das zusätzlich einzugebende Zahlmittel im Laufe der Woche erhöhe. Damit er dies aber fehlerfrei in die Kasse eingeben könne, müsse er zuvor die der Kasse durch die Abschöpfung zuvor entnommenen Barmittel feststellen. Dies könne er nur durch Zählung der mit der „Bombe“ ihm als Kassenersten zugesandten der Kasse entnommenen Barbeträge. Da diese Abschöpfung für mehrere Kassen mehrmals am Tag erfolge, sei es zur Eingabe des zusätzlichen Zahlungsmittels erforderlich, diese Summen zu notieren, was mittels der Abschöpfungsprotokolle erfolge. Soweit der Kläger zu den Abschöpfungsprotokollen behaupte, diese seien erst unmittelbar vor Abholung des Bargeldbestandes aus dem Tresor gefertigt worden, bleibe unerfindlich, wie er dann tagtäglich das zusätzliche Zahlmittel berechnet haben wolle. Sollten die Abschöpfungsprotokolle entsprechend dem Vortrag des Klägers lediglich der Erfassung der den Geldtransporteur übergebenen Summen dienen, hätte es nicht, wie geschehen, der Erfassung verschiedener Beträge für eine Kasse und die Erfassung der verschiedenen Beträge für die verschiedenen Kassen bedurft.
Soweit die einzelnen Kassenabrechnungen unter dem Namen anderer Mitarbeiter erfolgten, stehe dies der Annahme nicht entgegen, dass der Kläger die Abrechnung getätigt und das zusätzliche Zahlmittel eingegeben habe. Diese Mitarbeiter seien zur Zeit der Abrechnung ganz überwiegend ausweislich der Lohnjournale nicht mehr im Markt gewesen, so dass sie mithin die Abrechnung nicht hätten tätigen können. Der Kläger habe im Übrigen auch unstreitig gestellt, dass er gelegentlich die Kassenabrechnung auch unter Anmeldung einer anderen Mitarbeiterin getätigt habe. Bei dieser vom Kläger praktizierten Vorgehensweise komme es auch nicht darauf an, ob womöglich Dritte Zugangsmöglichkeiten zum Tresor hatten, denn um das Geld an sich zu nehmen, habe der Kläger die den „Bomben“ entnommenen und von ihm nicht im Abschöpfungsprotokoll erfassten Beträge nicht in den Tresor verbringen müssen.
Dass bei der Höhe des vom Kläger systematisch verursachten Schadens und der Dauer der fortgesetzten Vermögensschädigung die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers ausfalle, bedürfe keiner weiteren Begründung.
Die Beklagte habe gegen den Kläger aus § 823 BGB i. V. m. § 266 Abs. 1 StGB auch Anspruch auf Zahlung der vom Kläger unterschlagenden Bargeldbestände in Höhe des tenorierten Umfangs. Als Kassenerster sei der Kläger für erhebliche Geldbeträge verantwortlich gewesen und habe unter anderem eigenverantwortlich die Tagesabrechnungen zu erstellen gehabt. Die ihm damit obliegende Vermögensbetreuungspflicht habe der Kläger verletzt, indem er einen Teil der Barbeträge, wie oben dargelegt, für seinen eigenen Bedarf an sich genommen habe.
Wegen der konkreten weiteren Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags I. Instanz wird auf das Urteil vom 28.10.2011 (Bl. 610-623 d. A.) sowie die eingereichten Kopien der Abschöpfungsprotokolle und Kassenabrechnungen, Anlagen B 1.3 bis B 2.66 (Bl. 83-151 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 14.12.2011 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 13.01.2012 per Fax eingegangene, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.03.2012 am 14.03.2012 begründete und der Beklagten am 19.03.2012 zugestellte Berufung des Klägers.
Der Kläger bestreitet eine veruntreuende Unterschlagung der noch streitgegenständlichen 192.150,00 Euro. Er behauptet, dass die eingereichten Abschöpfungsprotokolle nicht die aus den Geldbomben entnommenen Beträge der abgeschöpften Kassen wiedergäben, sondern die Beträge, die aus dem Tresor entnommen worden und dem geldentsorgenden Sicherheits- und Werttransportunternehmen übergeben worden wären. Es gäbe noch andere Listen, in welche die aus den Geldbomben entnommenen Beträge der Kassen eingegeben worden wären. Er habe sämtliche Barmittel, welche über das Rohrpostsystem in den Kassenraum gelangten, gezählt, in die Liste eingetragen und in den Tresor gelegt. Der Kläger führt dies für sämtliche Tage, an denen er Bargeld unterschlagen haben soll, im Einzelnen aus und weist darauf hin, dass die Abschöpfungsprotokolle nur teilweise von ihm stammten, teilweise von anderen Mitarbeitern unterschrieben worden seien.
Die auf ein Konto von ihm eingezahlten Barbeträge, die lediglich am 14.05., 10.06., 19.06. 25.06. und 29.06.2010 eingezahlt worden wären, stammten von seiner Mutter, die sich bereit gefunden hatte, Teile seiner Altschulden, insbesondere für ausstehende Mietzinsen, zu übernehmen, sowie aus Ebay-Verkäufen für Freunde.
Der Kläger bestreitet die Aktivlegitimation der Beklagten für die Widerklage, da unstreitig während des Arbeitsgerichtsprozesses die Beklagte gesellschaftsrechtlich gespalten wurde (vgl. den Spaltungsvertrag Anlage BB 1, Bl. 765-824 d. A.), die Beklagte nun nicht mehr Inhaberin der behaupteten Forderung sei, einer Rubrumsänderung oder Klageänderung aber nicht zugestimmt werde. Eine später eingereichte Abtretungserklärung vom 17.07./06.08.2012 (vgl. das Original der Abtretungsurkunde Bl. 971 d. A.) sei zumindest deswegen unwirksam, weil es sich um ein unzulässiges In-Sich-Geschäft gehandelt habe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 28.10.2011 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Berlin – 5 Ca 18070/09 und 5 Ca 21753/09 – sowie unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 12.03.2010
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.09.2009 nicht aufgelöst wurde,
2. die Widerklage insgesamt abzuweisen sowie
3. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie im Wege der Anschlussberufung festzustellen, dass die Verpflichtung des Klägers zur streitgegenständlichen Leistung des Schadensersatzes auf einer vorsätzlichen, unerlaubten Handlung beruht.
Die Beklagte hält sich jedenfalls nach der Abtretungserklärung vom 17.07./06.08.2012 für aktivlegitimiert, die Widerklage weiterzuführen und führt dies im Einzelnen unter konkreten Bestreiten der klägerischen Behauptungen aus, wann der Kläger welche Beträge aus welchen Kassen unterschlagen bzw. veruntreut haben soll.
Wegen des weiteren konkreten Parteivortrags in der II. Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 06.02.2012 (Bl. 687 ff. d. A.), 11.06.2012 (Bl. 871 ff. d. A.) und 09.08.2012 (Bl. 960 ff. d. A.) sowie der Beklagten vom 04.05.2012 (Bl. 749 ff. d. A.), 07.05.2012 (Bl. 836 ff. d. A.), 13.07.2012 (Bl. 920 ff. d. A.) und 07.08.2012 (Bl. 938 ff. d. A.) verwiesen.
Das Gericht hat in einer über dreistündigen Verhandlung am 10.08.2012 die Kassenabschöpfungssituation auf dem Richtertisch nachgestellt und die Parteien bzw. Parteivertreter dazu befragt. Insofern wird auf das Protokoll (Bl. 968-970 d. A.) verwiesen.
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b und Buchst. c, Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 1 und S. 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. ZPO zulässige Berufung des Klägers ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen und auf die Widerklage der Beklagten den Kläger verurteilt, an diesen 192.150,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg folgt dem Arbeitsgericht Berlin und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Nur im Hinblick auf den zweitinstanzlichen Vortrag der Parteien und die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2012 wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht Berlin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeführt, dass bei einer vom Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber begangenen Straftat, insbesondere bei einem Diebstahl oder sonstigen Eigentums- oder Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers in der Regel eine außerordentliche Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist. Erschwerend wirkt, wenn es bei dem Vermögensdelikt um dem Arbeitnehmer anvertraute Gegenstände oder Gelder geht (vgl. BAG 12.08.1999 – 2 AZR 923/98 - EzA § 626 BGB Verdacht strafbare Handlung Nr. 8).
Ist wegen der Unehrlichkeit des Arbeitnehmers mit weiteren Diebstählen oder anderen Vermögensdelikten zu rechnen, kann der Arbeitgeber nicht darauf verwiesen werden, strengere, aufwendigere Kontrollen einzuführen (vgl. BAG 02.04.1987 – 2 AZR 204/86 – RzK I.6.d)Nr. 7).
Dabei ist das Ergebnis eines Strafprozesses für den Arbeitsgerichtsprozess nicht bindend. Dies kann allenfalls dann der Fall sein, wenn ein Freispruch „wegen erwiesener Unschuld“ erfolgt und eine Verdachtskündigung ausgesprochen worden ist (vgl. etwa BAG 19.09.1991 – 2 ABR 14/91 – RzK II.3.Nr. 20; KR-Fischermeier, 9. Aufl., § 626 BGB Rz. 213).
2. Nach diesen Grundsätzen hat das Arbeitsgericht Berlin zutreffend einen Grund für eine außerordentliche Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB angenommen, da der Kläger nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und insbesondere nach den Angaben in den Abschöpfungsprotokollen und der abschließenden Eingabe von „zusätzlichen Zahlungsmitteln“ in die Kasse zur Überzeugung auch der entscheidenden Kammer des Berufungsgerichts in 24 Fällen in Höhe von 192.150,00 Euro zumindest veruntreut i. S. v. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB hat.
a) Das erkennende Gericht ist nach dem oben unter II.1. der Gründe Ausgeführten nicht gehindert, trotz des Freispruchs des Klägers dessen Straftat anzunehmen. Denn der Kläger ist nicht „wegen erwiesener Unschuld“ nach einer Verdachtskündigung freigesprochen worden, sondern weil die Vorwürfe nach der Auffassung von Staatsanwaltschaft und Strafgericht nach Abbruch der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden konnten. Ausweislich der gemäß § 267 Abs. 5 StPO zu belegenden Gründe erfolgte der Freispruch, weil das Gericht nicht feststellen konnte, wann, wie, in wie viel Abschnitten und von wem das Geld an sich genommen wurde. Dabei hat das Strafgericht nicht beachtet, dass der Kläger als Kassenerster und damit (Mit-)Verantwortlicher für die Kontrollpflicht der aus den Kassen entnommenen Bargeldbestände diese Bestände jedenfalls veruntreut i. S. v. § 266 Abs.1 2. Alt. StGB hat, da er durch die Nichteingabe in die Abschöpfungsprotokolle und die anschließende Eingabe dieser Beträge in die abschließenden Kassenprotokolle die Bargeldentnahmen „verschwinden“ ließ, da nach der Papierlage die Kassen aufgrund der Eingabe der „zusätzlichen Zahlungsmittel“ buchhalterisch stimmten, während die Abschöpfungsprotokolle für den entsprechenden Zeitraum keine Beträge für die Kassen aufwiesen. Insofern wird auf die ausführliche Darstellung unter II.3. der Gründe verwiesen.
b) Selbst die bei diesem Verhalten des Klägers und der Höhe des entstandenen Schadens anzustellende Interessenabwägung kann nicht zu Gunsten des Klägers ausfallen. Dieser war zu Beginn des strafrechtlichen Handelns gerade einmal knapp mehr als ein Jahr bei der Beklagten beschäftigt. Die von der Beklagten begangenen erheblichen Nachlässigkeiten bei der Kontrolle ihrer Kassenkräfte und insbesondere der Kontrolle der Kontrolleure können nach den oben unter II.1. ausgeführten Grundsätzen nicht zu Lasten der Beklagten ausfallen. Der Kläger hat mit beachtlicher krimineller Energie gehandelt, die Beklagte hat ihre Kontroll- und Organisationspflichten nur fahrlässig vernachlässigt (vgl. dazu unten zu II.3.e) der Gründe im Hinblick auf das Mitverschulden der Beklagten).
3. Das Arbeitsgericht Berlin hat den Kläger zu Recht verurteilt, an die Beklagte 192.150,00 Euro zu zahlen. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Zahlung dieser Summe zumindest gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 Abs.1 2. Alt. StGB gegen den Kläger.
a) Die Beklagte ist als Widerklägerin aktivlegitimiert. Sie hat diesen Status durch die gesellschaftsrechtliche Abspaltung nicht verloren.
aa) Die Beklagte ist nach wie vor die sich aus dem Rubrum ergebende Firma „S. E. – Handelsgesellschaft mbH Berlin I mit dem Sitz in Berlin, …“. Sie hat durch die nach dem Spaltungsvertrag (Bl. 765 ff. d. A.) erfolgte Abspaltung ihre Rechtspersönlichkeit nicht verloren. Durch den Abspaltungs- und Übernahmevertrag sind auf die M.M. C. TV – Hifi – Elektro GmbH alle Aktiva übertragen worden, die zum Unternehmensteil mit der Etablissementbezeichnung „S. E. Berlin I, M. Zeile“ gehören (vgl. S. 7 des Vertrages, Bl. 771 d. A.). Gemäß VII des Spaltungsvertrages (S. 17 des Vertrages, Bl. 781 ff. d. A.) lautet die Firma der übernehmenden Gesellschaft nunmehr „S. E. – Handelsgesellschaft mbH Berlin M. Zeile“.
bb) Letztere hat durch den Abtretungsvertrag vom 17.07./06.08.2012 (vgl. das Original des Abtretungsvertrages Bl. 917 d. A.) ihre Ansprüche gegen den Kläger an die Beklagte abgetreten.
cc) Dieser Vertrag ist nicht unwirksam, insbesondere nicht gemäß § 181 BGB wegen eines verbotenen In-Sich-Geschäfts.
(1) Gemäß § 181 BGB kann ein Vertreter, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenden mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(2) Schon nach dem Wortlaut des § 181 BGB ist dieser vorliegend nicht anwendbar, da der Vertreter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäft aufgetreten sein muss (vgl. nur Palandt – Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2011 § 181 Rz. 7; MünchKomm – Schramm, BGB, 5. Aufl., § 181 Rz. 11; Staudinger – Schilken; BGB, Neubearbeitung 2009, § 181 Rz. 15). Vorliegend traten auf Seiten der Beklagten die Geschäftsführer R. K. und R. Sch. auf, auf Seiten der Firma S. E. – Handelsgesellschaft mbH Berlin – M. Zeile deren Geschäftsführer T. N. und St. B.. Alle vier Geschäftsführer waren im Termin am 10.08.2012 in der Verhandlung anwesend und haben ihre Unterschriften unter der Originalabtretung durch Zeigen ihrer Unterschrift bestätigt.
(3) § 181 BGB ist aber auch nicht analog auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Ein kollusiver Missbrauch der Vertretungsmacht ist gerade nicht zu ersehen, da selbst dann, wenn einzelne Geschäftsführer der beteiligten Gesellschaften auch noch Geschäftsführer der anderen Gesellschaft gewesen wären, das Rechtsgeschäft gerade nicht durch von diesem abhängigen Vertreter geschlossen worden ist (vgl. dazu auch den von der Beklagten im Termin vom 10.08.2012 zitierten Fall des BGH vom 13.06.1984 – VIII ZR 125/83 – BGHZ 91, 334 ff.). Es kommt damit nicht darauf an, ob Herr T. N. am 06.08.2012 noch Geschäftsführer der Beklagten war und gleichzeitig schon Geschäftsführer der S. E. – Handelsgesellschaft mbH Berlin – M. Zeile.
(4) Im Übrigen ist von einer konkludenten Gestattung des In-Sich-Geschäfts auszugehen, wenn – wie vorliegend – dieselbe Person bewusst zum Vertretungsorgan zweier Gesellschaften mit enger Geschäftsbeziehung bestellt wird (vgl. die Nachweise bei Staudinger – Schilken - a. a. O. Rz. 52 und 53 am Ende).
dd) Der Vertrag ist auch nicht unwirksam, weil der Geschäftsführer auf Seiten der Firma S. E. – Handelsgesellschaft mbH Berlin – M. Zeile Herr St. B. zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 17.07./06.08.2012 noch nicht im Handelsregister eingetragen war. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass dann Herr N. als alleiniger Geschäftsführer ohnehin einzelvertretungsbefugt gewesen wäre (vgl. dazu den Handelsregisterauszug Anlage BB 6, Bl. 946 d. A.).
b) Ist die Beklagte für ihre Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB aktivlegitimiert, kommt es auf eine gesetzliche Prozessstandschaft gemäß § 265 Abs. 2 ZPO nicht mehr an (vgl. dazu nur Semler/Stengel/Kübler, UmwG, 3. Aufl., § 131 Rz. 10 m. w. N. sowie den rechtlichen Hinweis des Gerichts Bl. 923 d. A.).
c) Die Beklagte hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Kläger jedenfalls gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB in Höhe von 192.150,00 Euro.
aa) Das Gericht ist nach dem Sachvortrag und dem Prozessverhalten der Parteien, nach dem Inhalt der Schriftsätze der Parteien und insbesondere ihrer Anlagen (der Abschöpfungsprotokolle und der Kassenabrechnung) sowohl der vorliegenden Akten als auch der Strafakte – 34 Js 4582/09 – im Sinne einer persönlichen Gewissheit (vgl. dazu nur Zöller/Greger, ZPO, § 286 Rz. 9) davon überzeugt, dass der Kläger in den 24 erwähnten Fällen
aus der Kasse 505 an den Tagen
22.12.2008 11.230,00 Euro und
am 27.12.2008 8.730,00 Euro,
an der Kasse 501 an den Tagen
19.06.2009 2.270,00 Euro,
am 22.06.2009 12.070,00 Euro,
am 23.06.2009 8.860,00 Euro,
am 24.06.2009 6.230,00 Euro
und am 27.06.2009 5.130,00 Euro sowie
an der Kasse 503 an den Tagen
06.05.2009 16.965,00 Euro,
am 07.05.2009 4.025,00 Euro,
am 09.05.2009 10.760,00 Euro,
am 20.07.2009 13.100,00 Euro
am 22.07.2009 200,00 Euro,
am 23.07.2009 9.930,00 Euro,
am 25.07.2009 3.890,00 Euro,
am 08.08.2009 13.340,00 Euro,
am 10.08.2009 11.170,00 Euro sowie
am 29.08.2009 250,00 Euro und schließlich
an der Kasse 504 an den Tagen
12.05.2009 16.300,00 Euro,
am 13.05.2009 13.110,00 Euro,
am 14.05.2009 4.450,00 Euro,
am 15.05.2009 2.490,00 Euro,
am 16.05.2009 7.350,00 Euro,
am 05.08.2009 2.340,00 Euro sowie
am 07.08.2009 7.960,00 Euro
zumindest veruntreute.
bb) Gemäß § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer die ihm kraft Gesetztes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Zwar reicht das bloße Arbeitsverhältnis nicht als Treuepflicht im Sinne des Tatbestandes des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB. Ein Kassierer aber, der nicht nur Geld einkassiert, sondern dies auch verwaltet und kontrolliert und darüber Buch führt und Quittungen erteilt, nimmt fremde Vermögensinteressen wahr (vgl. nur BGH 21.09.1988 – 3 StR 358/88 – MDR 1989, 111; BGHSt 13, 315, 318f.; 18, 312f.). Die Nachteilszuführung im Sinne von § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB stellt auch die konkrete, wirtschaftlich schon zu einer Minderbewertung führende Vermögensgefährdung dar (vgl. nur Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 266 Rz. 45 m. w. N. aus der Rechtsprechung des BGH und des BVerfG).
cc) Der Kläger hat zumindest seine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB gegenüber der Beklagten, die ihm als Kassenerster oblag, dadurch verletzt und der Beklagten Nachteile zugefügt, dass er aus den Kassen 501, 503, 504 und 505, die er bediente und aus denen er Bargeld abschöpfte, dieses Bargeld nicht ins Abschöpfungsprotokoll aufnahm, dafür aber den abgeschöpften Betrag bei der Kassenschlussabrechnung als „zusätzliche Zahlmittel“, damit die Kassenabrechnung stimmte. Damit „verschwanden“ die Gelder, da die Kassen nur buchhalterisch stimmten, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger sie vor dem Abschicken aus der Kasse mit Hilfe der Rohrpostgeldbombe danach im Büro oder später aus dem Tresor entnommen oder ob dies ein Mittäter getan hat.
dd) Dies ergibt sich aus den Abschöpfungsprotokollen der Anlagen B 2.2 bis B 2.66, die der Kläger alle selbst eingetragen, wenn auch größtenteils nicht unterschrieben hat. Davon gibt es nur äußerst selten Abweichungen, etwa in der Anlage B 2.39 (Bl. 192 d. A.), in der für die Kasse 2 und die Kassen 6 und 7 teilweise andere Handschriften existieren. Aus allen Abschöpfungsprotokollen ergibt sich angeblich, dass aus den Kassen des Klägers nie Bargeld abgeschöpft wurde, obwohl gerade die entgegengesetzte Tatsache unstreitig ist, da der Kläger selbst vorträgt, dass er Bargeldentnahmen aufgelistet und in den Tresor gelegt hätte (vgl. etwa den Berufungsbegründungsschriftsatz des Klägers vom 08.02.2012, S. 1 ff., Bl. 687 ff., S. 14 ff., Bl. 700 ff. d. A.), auch wenn er sich nicht mehr erinnern könne, dass er einen entsprechenden Barbetrag abgerechnet hätte.
ee) Diese abgerechneten Beträge und damit die Barbeträge für die einzelnen oben benannten Tage ergeben sich aus den Kassenabrechnungen des Klägers. Dieser ist in den Kassenabrechnungsausdrucken für seine Kassen 501, 503, 504 und 505 mit Namen angegeben, beginnend ab Anlage B 2.1 (Bl. 88 ff. d. A.).
ff) Sofern an einzelnen Tagen nicht der Kläger, sondern andere Mitarbeiter auf den Kassenabrechungen auftauchen, folgt die II. Instanz auch insofern dem Arbeitsgericht Berlin, dass der Kläger die angemeldete Kasse einer Kollegin benutzte. Denn diese Kolleginnen waren in den zwischen den Parteien streitigen Fällen gar nicht mehr anwesend (vgl. dazu die Anwesenheitsprotokolle Anlage B 2.67, Bl. 252 ff. d. A.).
gg) Damit verbleibt es bei der zwischen den Parteien umstrittenen und letztlich entscheidenden Frage, ob es zwei Abschöpfungsprotokolle gegeben hat, also zwei Listen. Denn der Kläger hat zuletzt behauptet, dass es zwei Listen gab, eine, die direkt am Tag für die Abschöpfungen der Kassen geführt wurde und eine an dem Tag, an dem der Geldentsorger kam (vgl. das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2012, S. 2, Bl. 969 d. A.). Die durch die Beklagten eingereichten Abschöpfungsprotokolle seien zum größten Teil vom ihm abgeschrieben worden („nochmals säuberlich eingetragen“). Auch in diesem Punkt ist die Kammer davon im Sinne von § 286 Abs. 1 ZPO überzeugt, dass es nicht zwei voneinander differierende offizielle Listen gab, sondern nur eine.
(1) Dies ergibt sich bereits aus der Kassenanweisung aus dem Orga-Handbuch, die dem Kläger auch bekannt war (siehe die Empfangsbestätigung des Klägers, Anlage BB 2, Bl. 825 d. A.) und die er auch zunächst bis zu den Veruntreuungen befolgte. Nach der als Anlage B 1.2 (Bl. 81 ff. d. A.) eingereichten Anweisung müssen alle „Bargeldabschöpfungen“ vor der Kassenabrechnung gebucht werden. Nach dem „Sicherheitskonzept“ (Bl. 82 d. A.) muss jede Kassenkraft für das Wechselgeld und die regelmäßige Abschöpfung des Bargelds selbstständig sorgen. Beim Ermitteln des Tresorbestands und Zählen der Abschöpfung muss immer das 4-Augen-Prinzip eingehalten werden. Aus dem Orga-Handbuch ergibt sich ebenfalls, dass der Inhalt der einzelnen Geldbomben auf der Abschöpfungsliste eingetragen wird (vgl. die Anlage B 6, Bl. 498 d. A. „Der Inhalt der einzelnen Geldbomben wird auf der Abschöpfungsliste eingetragen“).
(2) Dem gegenüber ergibt sich die „Aufbereitung des Geldes für die Bank“ dezidiert aus der Anlage B 6, S. 50 (Bl. 498 d. A.), wonach das Geld völlig anders aufbereitet werden muss als die Abschöpfungsprotokolle dies ausweisen. Während die Abschöpfungsprotokolle nach den einzelnen Kassen und den teilweise mehrfachen Abschöpfen des Bargeldbestandes unterscheiden, werden die Zahlungsmittel aus dem Tresor für die Bank nach entsprechenden Sorten gebündelt und in Banderolen zusammengefasst.
(3) Der Kläger hat selbst zunächst nicht von zwei Listen gesprochen, sondern nur von einer, die nach seinen Behauptungen nicht die Abschöpfungen aus den Geldbomben, sondern die Beträge aus dem Tresor erfassten (vgl. S. 7 und 9 des Schriftsatzes vom 10.03.2010, Bl. 338 und 340 d. A.). Ausdrücklich erklärt der Kläger in diesem Schriftsatz, dass er keine Listen geführt, sondern das Geld aus den Kassen in den Tresor gelegt hätte. „Mangels Abschöpfung wurde auch die Abschöpfung nicht protokolliert“ (S. 10 des Schriftsatzes vom 10.03.2010, Bl. 341 d. A.; vgl. auch S. 7, 9 und 10 des Schriftsatzes vom 25.03.2010, Bl. 393, 395 und 396 d. A. sowie S. 11 des Schriftsatzes vom 27.10.2011, Bl. 604 d. A.).
(4) Im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 08.02.2012 wird dieser Sachvortrag I. Instanz zunächst weiter aufrechterhalten, der Kläger trägt für die einzelnen streitgegenständlichen Tage vor, dass es das Geld in den Tresor gelegt und die einzelnen Beträge – größtenteils – in die Kassen als zusätzliches Zahlungsmittel eingetragen habe (vgl. den Schriftsatz vom 08.02.2012, Bl. 687 ff. d. A.). Erst bei der Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Urteil auf S. 35 f. (Bl. 721 f. d. A.) werden nun erstmals Abschöpfungslisten und Abschöpfungsprotokolle voneinander unterschieden und dies dann bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durchgehend behauptet.
(5) Derartige „Abschöpfungslisten“ neben den von der Beklagten eingereichten Abschöpfungsprotokollen existieren nicht. In der gesamten fast 1000-seitigen Akte des Arbeitsgerichtsverfahrens und der 2-bändigen Strafakte mit weiteren 450 Seiten ist an keiner Stelle eine derartige „Abschöpfungsliste“ auch nur als Muster enthalten. Dagegen sind die eingereichten „Abschöpfungsprotokolle“ als Muster genauso gegliedert, wie es dem Orga-Handbuch entspricht, nämlich die Gliederung nach Kassen und nach der Anzahl der Entnahmen. Eine derartige Aufgliederung wäre für die Geldentsorgung durch die Bank völlig unnötig gewesen und entspricht auch nicht dem Orga-Handbuch.
(6) Gibt es aber nur eine Liste entgegen den Behauptungen des Klägers, lässt sich auch die genaue Angabe der abgeschöpften Beträge an einzelnen Tagen durch den Kläger nicht erklären, da Abschöpfungsprotokoll und Kasseneingabe differieren.
(7) Unabhängig davon ist der Vortrag des Klägers unglaubhaft. Wenn es tatsächlich zwei Listen gegeben hätte, hätte es dem Kläger, der an 24 Tagen innerhalb eines Zeitraums von mehr als sieben Monaten nach seiner eigenen Behauptung stets die Bargeldabschöpfungen aus seinen Kassen in den Tresor gelegt hat, auffallen müssen, dass von seinen Kassen nie Bargeldabschöpfungen in den Listen auftauchten. Die Kammer bewertet dies daher als bloße Schutzbehauptung des Klägers.
d) Es kommt damit auf die daneben stehenden Indizien zu Lasten des Klägers, wie z. B. die Bareinzahlung von mehr als 10.000,00 Euro innerhalb von fünf Monaten (vgl. dazu die Kontoauszüge über Einzahlungen des Klägers in bar am 10.03.2009, 17.03.2009, 26.05.2009, 10.06.2009, 19.06.2009, 26.06.2009, 29.06.2009, 01.07.2009, 08.07.2009, 14.07.2009 und 06.08.2009, Bl. 73, 74, 82, 84, 86, 87, 88, 91, 94, 95 und 99 der Strafakte) nicht an.
e) Die Beklagte hat den Schadensersatzanspruch gegen den Kläger auch in voller Höhe.
aa) Zwar ist es nach dem Vorbringen des Klägers zutreffend, dass die Beklagte nahezu jede Kontrolle des Klägers unterlassen hat und durch Nichteinhalten und Nichtkontrolle der Orga-Handbuch-Vorschriften an zahlreichen Stellen Sicherheitsmängel in beträchtlicher Zahl zugelassen hat. Der Bundesgerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall ein Mitverschulden einer Bank, welche denjenigen, der die Veruntreuungen begangen hat, zum Prüfer seiner eigenen Unregelmäßigkeiten eingesetzt hat, mit 80 % angenommen (vgl. BGH 03.10.1989 – IX ZR 163/88 - BHGZ 108, 386, 393).
bb) Dennoch kann sich der Kläger auf dieses Mitverschulden der Beklagten nicht berufen, da er vorsätzlich gehandelt und sein Vorsatz die Schädigung mit umfasst hat, während die Beklagte die Sicherheitsvorkehrungen „nur“ fahrlässig außer Acht gelassen hat (vgl. dazu BAG 18.06.1970 – 1 AZR 520/69 – BAGE 22, 375).
f) Die Zinsansprüche der Beklagten gegen den Kläger ergeben sich aus § 849 BGB, Beginn der Zinspflicht ist der Tag der jeweiligen Veruntreuung durch den Kläger als Tag des Eingriffs (vgl. dazu nur Palandt - Sprau, BGB, a. a. O., § 849 Rz. 2).
III.
Auch die Anschlussberufung der Beklagten hat Erfolg.
1. Sie ist gemäß §§ 64 Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 3 ArbGG; §§ 524; 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3; insbesondere § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig, insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsfrist einzulegen. Wird die Berufungsbeantwortungsfrist wie hier nach § 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG verlängert, ist diese Frist maßgeblich (vgl. nur Germelmann/Matthes/Prütting/Müller – Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 64 Rz. 106).
2. Die Anschlussberufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Feststellungsantrag ist im Hinblick auf das pfändbare Einkommen nach § 850f Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. dazu nur LAG Hamm 15.04.2011 – 10 Sa 2274/10 – zitiert nach Juris, zu B.I. der Gründe; LAG Berlin-Brandenburg 27.04.2012 – 13 Sa 2281/11 – zu II.4. der Gründe) und auch in der Sache begründet. Insofern wird auf die Ausführungen unter II.3. der Gründe verwiesen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1; 91 Abs. 1 ZPO. Für die Anschlussberufung hat das Gericht 1/10 der Schadensersatzsumme als Streitwert angesetzt.
V.
Für eine Zulassung der Revision bestand im vorliegenden Einzelfall kein Anlass.