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Entscheidung 31 O 49/17


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 31. Zivilkammer Entscheidungsdatum 23.11.2017
Aktenzeichen 31 O 49/17 ECLI ECLI:DE:LGNEURU:2017:1229.31O49.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr aus dem Flurstück 5 der Flur 30 genutzte Landfläche von 317m² und Wasserfläche von 1.806m² der Gemarkung…, wie in dem als Anlage zum Urteil beigefügtem Lageplan (K8) in rot und blau gekennzeichnet, an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 20.740,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der im Grundbuch von… im Blatt 1394 eingetragenen Grundstücke, zu denen das Flurstück 5 der Flur 30 (Unland, Wasserfläche Großer…) gehört. Die Beklagte ist Eigentümerin der Flurstücke 71/1 und 71/2 der Flur 14. Die Grundstücke der Parteien grenzen aneinander. Hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten wird auf die Anlage K8 (Bl. 45 d.A.) Bezug genommen.

Mit Teilbescheid B vom 15.09.1999 wurde die Flur Nr. 30 (Großer…) der Klägerin als Vermögen nach dem Vermögenszuordnungsgesetz zugewiesen. In diesem heißt es ausdrücklich, dass die Vermögenszuordnung „vorbehaltlich privater Rechte Dritter“ erfolgt und dass „das Vermögensgesetz sowie bestehende oder einzuräumende Geh-, Fahr- und Leitungsrechte sowie das Eigentum an damit im Zusammenhang stehenden Anlagen Trafohäuser und Leitungen) und Einrichtungen […] von diesem Bescheid unberührt (§ 7 Abs. 1 VZOG)“ bleiben.

Auf Grundlage des Nutzungsvertrages vom 30.05./19.08.2004 räumte die Klägerin der Beklagten die Nutzung von Teilen des an das Grundstück der Beklagten grenzenden Flurstücks 5 der Flur 30 ein. Diese umfasste u.a. die Steg- und Slipanlagen, die Bootsliegeflächen sowie Wasser- und Landflächen im Zusammenhang mit dem Betreiben einer Marina. Wegen der Einzelheiten wird auf den Nutzungsvertrag vom 30.05./19.08.2004 Bezug genommen (Anlage K 3, Bl. 22-29. d.A.).

Der Vermessungsingenieur Dipl.-Ing. vermaß die Grenzen der Grundstücke der Parteien zum Grenztermin am 25.05.2016. Hinsichtlich dessen konkreter Feststellungen wird auf die Grenzniederschrift vom 2. Juni 2016 nebst deren Anlagen verwiesen (Anlage K5, Bl. 30-34 d.A.).

Die Klägerin kündigte den mit der Beklagten geschlossenen Nutzungsvertrag mit Schreiben vom 31. März 2011 (K 16, Bl. 171 d.A.). Der Aufforderung, einen neuen Nutzungsvertrag zu schließen oder die streitgegenständlichen Grundstücksteile herauszugeben, kam die Beklagte nicht nach.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2017 (Anlage B 14, Bl. 354-357 d.A.) traf der Landkreis Uckermark eine wasserrechtliche Entscheidung zum Verlauf der Uferlinie.

Die Klägerin meint, die in der Anlage K 8 mit 114m² blau ausgewiesene Wasserfläche befinde sich gemäß § 3 WaStrG kraft Gesetzes in ihrem Eigentum.

Sie sei zudem Eigentümerin der im Lageplan K 8 rot gezeichneten Fläche von 317m². Bei den katastermäßig ausgewiesenen Grenzen des betroffenen Grundstücks handele es sich um festgestellte Grenzen, die durch die Vermessung des Herrn Dipl.-Ing. lediglich wieder hergestellt worden und in die Örtlichkeit übertragen worden seien. Bereits seit 1921 haben die auch heute noch vorhandenen Landflächen in denselben Dimensionen bestanden. Der Grenzverlauf sei auch in den zeitlich daran anschließenden Vermessungsrissen der Jahre 1936 und 1950, beigefügte als K4, Bl. 35-38 d.A., erkennbar.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die von ihr aus dem Flurstück 5 der Flur 30 genutzte Landfläche von 317m² und Wasserfläche von 1.806m² der Gemarkung… gemäß als Anlage beigefügtem Lageplan K8 an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

und erhebt Widerklage mit dem Antrag,

die Klägerin zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs und des Katasters betreffend die Grenze zwischen den Flurstücken 71/1 sowie 71/2 zum Flurstück 30 auf den tatsächlichen Uferverlauf zu erteilen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt für die Klägerin vertretungsberechtigt ist.

Sie behauptet unter Verweis auf die in der Anlage B2 (Anlagenband Beklagte) beigereichten Dokumente, dass im Jahre 1970 Baumaßnahmen in Form von Uferbefestigung (Larsenwand), Errichtung einer Slipanlage und eines Bootshauses vorgenommen worden seien, die zu einem Landgewinn geführt haben. In der Folge sei es zur Abweichung des tatsächlichen Uferverlaufs von der damals vorhandenen Uferlinie gekommen. Mangels Vorlage eines entsprechenden Antrags auf Grundbucheintragung und eines dem zugrunde liegenden Vermögenszuordnungsbescheids sei die Berechtigung des Grundbucheintrags der Klägerin nicht nachgewiesen. Vorliegend gebe es deshalb keine Übereinstimmung zwischen Grundbuch und Kataster, obwohl die Klägerin als Behörde gemäß §§ 19, 22 GBO zu deren Herstellung verpflichtet sei.

Die Beklagte meint, sie sei die Eigentümerin der im Lageplan K 8 rot gezeichneten Fläche von eigentlich 318m². Die hier streitgegenständliche Slipanlage, die Larsenwand und die Aufschüttungen einschließlich Befestigungen seien vom Teilbescheid B vom 15.09.1999, der ohnehin rechtswidrig ergangen sei, unberührt geblieben. Aufgrund der gemäß § 2 Abs. 3 VZOG angeordneten inter-partes-Wirkung des Teilbescheids B könne das Eigentum zugunsten der Klägerin nicht rechtsverbindlich festgestellt worden sein und sich die Klägerin gegenüber der Beklagten nicht auf den Gutglaubensschutz des Grundbuchs berufen, jedenfalls hätten die im Teilbescheid B genannten Einschränkungen ins Grundbruch eingetragen werden müssen.

Die Vermessung des Dipl.-Ing…. am 25. Mai 2016 und der daraus resultierende Grenzniederschrift vom 2. Juni 2016 sei formell und materiell rechtswidrig. Wegen des einzelnen Vortrags wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 20.11.2017 (Bl. 365 - 393 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Landgeländeflächen, jedenfalls diesbezügliche Nutzungsrechte, von ihren Rechtsvorgängern gutgläubig erworben. Bereits die VEB Wasserwirtschaft Neubrandenburg habe ein Nutzungsrecht gehabt, welches durch notariellen Umwandlungsvertrag am 11.05.1990 erst von der… mit den Grundstücken als betriebsnotwendiges Vermögen, dann mit Treuhandvertrag vom 17.06.1990 von der Treuhandanstalt übernommen worden sei. Am 18.09.1992 habe die Baustoffzentrum… die Grundstücke 71/1 und 71/2 inklusive aller Nutzungsrechte unter Investitionsvorbehalt erworben. Spätestens mit dem Erwerb der Grundstücke 71/1 und 71/2 durch den Rechtsvorgänger der Beklagten, die…, sei ein gutgläubiger Erwerb der Nutzungsrechte erfolgt. Auf den Inhalt der einzelnen Verträge (Anlagen B 8 und B9, Anlagenband Beklagte) wird verwiesen.

Die 318m² seien als Überbau von der Baustoffzentrum… mit erworben worden, wobei zu diesem Zeitpunkt bereits § 912 BGB gegolten habe, der nicht nur Gebäude, sondern auch große Anlagen erfasse. Entscheidend sei, dass der Überbau zu einem Stammgrundstück gehöre, das hier in dem jeweiligen Ufergrundstück zu sehen ist, dessen Eigentümer die Beklagte geworden ist.

Die 318m² könnten darüber hinaus Grenzanlagen i.S.d. § 921 BGB betrachtet werden, so dass entlang der Grenze lotrecht geteiltes Eigentum beider Parteien bestünde.

Hilfsweise macht die Beklagte einen Fall der Grenzverwirrung i.S.d. § 920 BGB geltend.

Wegen der Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Der Antrag des Beklagten auf Teilaufhebung des Zuordnungsbescheids B ist vom Bundesamt für Zentrale Dienste mit Bescheid vom 27. Juli 2017 (Bl. 203 d.A.) abgelehnt worden. Die Beklagte führt gegen die Ablehnung ein verwaltungsgerichtliches Verfahren. Die Kammer hat den Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens bis zur verwaltungsrechtlichen Entscheidung über ihren Antrag auf Teilaufhebung des Zuordnungsbescheids B mit Beschluss vom 26. Juli 2017 zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten hat das OLG Brandenburg ebenfalls zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg. Die Widerklage bleibt ohne Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

Der Zivilrechtsweg ist eröffnet. Es liegt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Die Beklagte ist kein berechtigter Teilnehmer eines öffentlich-rechtlichen Zuordnungsverfahrens. Sie ist als privater Dritter zur Geltendmachung ihrer Rechte auf den Zivilgerichtsweg verwiesen. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 1 S. 5 VZOG, wonach die Regelung der Eigentumsverhältnisse durch Zuordnungsbescheid vorbehaltlich privater Rechte Dritter erfolgt, wie es im Teilbescheid B auch ausdrücklich formuliert ist.

Die Klägerin ist auch nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 2 Nr. 2b, § 3 VertrOBVI. ordnungsgemäß durch die Generaldirektion Wasserstraßen- und Schifffahrt vertreten, §§ 50, 51 ZPO.

II. Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Herausgabe der im Tenor genannten Wasser- und Landfläche aus § 985 BGB. Danach ist der Eigentümer berechtigt, vom Besitzer, der kein Recht zum Besitz hat, die Herausgabe seines Eigentums zu verlangen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin der genannten Wasser- und Landfläche.

a) Hinsichtlich der Wasserfläche von 114 m² ergibt sich dies aus § 3 Abs. 1, 2 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG), wonach, wenn Landflächen an einer Bundeswasserstraße zum Gewässer werden und dadurch das Gewässerbett der Bundeswasserstraße für dauernd erweitert wird, dem Bund an der Erweiterung das Eigentum zuwächst. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn der Große… stellt gemäß Nr. 39 der Anlage 1 zum WaStrG eine Bundeswasserstraße dar. Die an dieser Bundeswasserstraße gelegene, 114m² große Landfläche ist dauernd zu einer Wasserfläche geworden. Unabhängig davon, wann die damit verbundene Überflutung der Wasserfläche zeitlich genau erfolgt ist, wächst das Eigentum an der Erweiterung dem Bund auch dann zu, wenn die Überflutung vor dem Inkrafttreten des Bundeswasserstraßengesetzes (10. April 1968) eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 – III ZR 288/88 –, BGHZ 110, 148-155). Einer Grundbucheintragung bedarf es zur Eigentumsbegründung insoweit nicht (vgl. BGH, a.a.O.).

b) Das Eigentum an der streitgegenständlichen Landfläche, unabhängig davon, ob diese 317 m² oder 318 m² beträgt, steht der Klägerin ausweislich des zu ihren Gunsten ergangenen Teilbescheids B und der damit korrespondierenden Grundbucheintragung zu. Das Grundbuch von weist die Klägerin eindeutig als Eigentümerin der im Blatt 1394 eingetragenen Grundstücke aus, zu denen das Flurstück 5 der Flur 30 (Unland, Wasserfläche Großer…) einschließlich der streitgegenständlichen Landfläche gehört.

aa) Der Einwand der Beklagten, dass der Teilbescheid B zu Unrecht ergangen sei, ist dabei vorliegend nicht durch die Kammer zu prüfen, da das Zivilgericht grundsätzlich an die hier unstreitig bestehende Bestandskraft des Teilbescheids B gebunden ist. Dies gilt vorliegend umso mehr, da der Bestandskraft aufgrund des hohen öffentlichen Interesses an der Rechtssicherheit hinsichtlich der Regelung der Eigentumsverhältnisse ein besonderes Gewicht zukommt, was sich u.a. aus der Regelung des § 2 Abs. 5 S. 1 VZOG ergibt, welcher eine Anfechtung in einem eng begrenzten zeitlichen Rahmen vorsieht.

bb) Die Kammer verkennt nicht, dass die tatsächlich vorherrschenden örtlichen Gegebenheiten, gebildet vornehmlich durch die nach dem Vortrag der Beklagten 1970 errichteten Anlagen und Aufschüttungen, von der im Grundbuch und im Liegenschaftskataster bezeichneten Grenze abweicht. Dennoch kann die Beklagte aus diesem Umstand keine Rechte zu ihren Gunsten ableiten. Denn für die Klägerin greift die gesetzliche Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB ein, nach der, wenn im Grundbuch für jemanden ein Recht eingetragen ist, vermutet wird, dass ihm das Recht zustehe. Diese gesetzliche Vermutung bezieht sich auf die Eintragung im Grundbuch als auch auf die Richtigkeit des Liegenschaftskatasters (Staudinger/Roth (2016) BGB § 920, Rn. 2 m.w.N.), wobei hier die im Grundbuch eingetragenen Grenzen mit den im Liegenschaftskataster korrespondieren.

Der Beklagten ist es nicht gelungen, diese Vermutung zu erschüttern.

Allein der Umstand, dass die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten mit der im Grundbuch und Kataster benannten Grenzen nicht übereinstimmen, vermag die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB nicht zu entkräften, denn die Beklagte kann kein Eigentums- oder sonstiges dingliches Recht beanspruchen, welches in das Grundbuch hätte zu ihren Gunsten Eingang finden müssen.

Der bestandskräftige Zuordnungsbescheid steht dieser Rechtsprüfung dabei nicht entgegen, da der Teilbescheid B unter ausdrücklichem Vorbehalt von Rechten Dritter ergangen ist. Er hat das Eigentum der Klägerin im Verhältnis zu der am Vermögenszuordnungsverfahren unstreitig nicht beteiligten Beklagten nicht verbindlich feststellt. Dies ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 3 VZOG, wonach der Bescheid nur für und gegen alle am Verfahren Beteiligten wirkt. Der Bescheid, der zudem gemäß § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG vorbehaltlich des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechte Dritter ergeht, berührt die Beklagte nicht in ihren Rechten. Es liegt hier kein Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu Lasten der Beklagten vor.

(1) Die Beklagte hat kein Eigentum an den Landflächen gemäß §§ 912, 95 Abs. 1 S. 2 BGB erworben. Die streitgegenständlichen Anlagen (Spundwand, Slipanlage, Bootshaus, Aufschüttungen) stellen keinen Überbau i.S.d. §§ 912, 95 BGB dar. Die Norm selbst spricht lediglich von „Errichtung eines Gebäudes“. Gebäude im Sinne des § 912 BGB können zwar auch andere größere Bauwerke (z.B. Ufermauern an Bundeswasserstraßen) sein, deren Beseitigung eine dem (Teil-)Abriss eines Gebäudes im engeren Sinne vergleichbare Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeuten würde (BGH, WM 2015, 1776-1781), denn Schutzzweck dieser Regelung ist die Erhaltung wirtschaftlicher Werte. § 912 dient dazu, Härten zu vermeiden und (auch im öffentlichen Interesse) wertvernichtende Zerstörungen von Gebäuden zu verhindern (Staudinger/Roth (2016) BGB § 912, Rn. 1 - juris). Bei Anwendung allgemeiner Grundsätze (§§ 93, 94 Abs 1, 946 BGB) erwürbe der Eigentümer des überbauten Grundstücks anderenfalls stets auch das Eigentum an dem überbauten Teil des Gebäudes. Zudem könnte er nach § 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung des störenden Überbaus verlangen. Dem soll die Regelung des § 912 BGB entgegenwirken. Der Eigentumserwerb am Überbau richtet sich deshalb nach § 95 Abs. 1 S. 2 BGB, der in analoger Anwendung die §§ 94, 946 BGB verdrängt (Staudinger, a.a.O., Rn. 42). Danach gehört ein Werk nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist. Ob diese Regelung einen weiteren Fall einer nur vorübergehenden Verbindung enthält, ist umstritten (Staudinger/Stieper (2017) BGB § 95, Rn. 2 m.w.N.). Ausgehend vom Normzweck des § 912 BGB im Zusammenhang mit den Regelungen des § 95 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB ist jedoch jedenfalls für den vorliegenden Fall eine feste Verbundenheit mit dem Grundstück zu fordern, deren Beseitigung die Zerstörung der verbundenen Anlage und eine damit einher gehende erhebliche Vermögenseinbuße zur Folge hätte. Die Voraussetzunge einer solchen Verbindung der streitgegenständlichen Anlagen mit dem Grundstück der Beklagten liegen jedoch nicht vor. Die streitgegenständlichen Anlagen können ohne Weiteres beseitigt, erweitert oder versetzt werden. Dies gilt für die Larsenwand, welche aus Einzelteilen besteht, für das abbaubare Bootshaus und die Schienenslipanlage sowie die künstlich errichteten Aufschüttungen. Dafür spricht im Übrigen auch der in den Bauunterlagen (Anlage B 2, Erweiterte Vorbereitungsunterlagen, Anlagenband Beklagte) beschriebene Zweck der Bauten: die Uferbefestigung als Bollwerk für die betriebseigenen Arbeitsboote und sonstigen Wasserfahrzeuge, die Slipanlage zum Auf- und Abslippen der Boote, sowie die in diesen Unterlagen beschriebene Art der Konstruktion und des Einbaus der Anlagen, welche u.a. das Einrammen in den Seeboden beinhaltet. In der Folge entfiele der Zweck der errichteten Anlagen, wenn auch das Anlegen und Auf-/Abslippen von Wasserfahrzeugen beispielsweise wegen Aufgabe des Geschäftsbetriebes der Beklagten nicht mehr erforderlich wäre. Die streitgegenständlichen Anlagen könnten dann ohne Weiteres beseitigt werden. Dass die Beseitigung an sich für die Beklagte als Betreiberin einer Marina eine erhebliche Vermögenseinbuße bedeuten kann, vermag jedenfalls die genannten Voraussetzungen des §§ 912, 95 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu erfüllen.

Der Überbau begründet zudem keinen abweichenden Grenzverlauf, sondern lediglich eine Duldungspflicht des Nachbarn bezüglich des überbauten Bauwerks auf seinem Grundstück, für die er nach § 912 Abs. 2 BGB eine Entschädigung erhalten könnte (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.08.2017 – 5 W 57/17, Bl. 222 d.A.).

(2) Das Eigentumsrecht der Klägerin wird nicht durch die Vorschrift des § 921 BGB in Frage gestellt.

Selbst wenn die streitgegenständlichen Anlagen eine Grenzanlage i.S.d. § 921 BGB darstellen würden, könnte dies ein Eigentumsrecht der Beklagten nicht begründen. § 921 regelt die Eigentumslage für die Grenzeinrichtung nicht. Behandelt wird darin nur das Mitbenutzungsrecht. Die damit einhergehende Eigentumsbeschränkung kann nicht im Grundbuch eingetragen werden (Staudinger/Roth (2016) BGB § 921, Rn. 12, 15 m.w.N.).

(3) Die künstlichen Aufschüttungen stellen auch keine Verlandungen i.S.d. § 4 Abs. 5 WHG i.V.m. § 9 BbgWHG dar, die eigentumsmäßig den Ufergrundstücken zuzurechnen wären, da § 9 BbgWHG ausschließlich auf die natürliche Verlandung abstellt.

(4) Die Beklagte hat auch keine Eigentums- oder Nutzungsrechte an den streitgegenständlichen Landflächen gutgläubig erworben. Dem diesbezüglichen Vortrag der Beklagten, dass bereits ihrer Rechtsvorgängerin ein Nutzungsrecht an den streitgegenständlichen Anlagen eingeräumt worden sei, welches sie gutgläubig erworben habe, kann nicht gefolgt werden.

Die von der Beklagten vorgelegten Verträge ihrer Rechtsvorgänger erfassen lediglich die Grundstücke 71/1 und 71/2 und die darauf befindlichen Anlagen, enthalten zu den hier streitgegenständlichen Landflächen jedoch keine Aussage. Dies gilt insbesondere für den Vertrag vom 11. Mai 1990 und vom 16. November 2000. Letzterer bezeichnet als Verkaufsgegenstand die Flurstücke 71/1 sowie 71/2 nebst Aufbauten, Rechten und wesentlichen Bestandteilen. Welche dies konkret sind, wird jedoch nicht genannt. Dass ein Nutzungsrecht an den streitgegenständlichen Anlagen bereits durch die Rechtsvorgänger begründet worden ist, wird nicht ausgeführt und ist für die Kammer auch nicht ersichtlich. Dies ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Privatisierungsvertrag vom 18. September 1992. Dieser enthält keine Garantie, dass sich das Grundstück zu dem im Vorhabenplan (Anlage 3 zum Vertrag vom 18. September 1992) genannten Zweck auch nutzen lässt. Es ist vielmehr für den Fall der Nichtnutzbarkeit ein Rücktrittsrecht vereinbart gewesen. Die von der Beklagten behauptete Zusicherung und Eigentumsverschaffungspflicht der Treuhandanstalt ist dem Vertrag nicht zu entnehmen. Die aus dem ehemaligen volkseigenen Betrieb hervorgegangene Kapitalgesellschaft wurde weder nach § 11 Abs. 2 TreuhG noch nach der 5. DVO zum TreuhG Eigentümerin der strittigen Teilfläche, so dass sie die Teilfläche auch nicht an die Beklagte hätte veräußern können. Die von der Beklagten vorgelegten Rechtsträgernachweise sind zudem keine Eigentumsnachweise. Sie dienen vielmehr dazu, den volkseigenen Betrieben volkseigenen Grund und Boden zur Nutzung zu überlassen. Eine Eigentumsverschiebung oder -zuweisung erfolgte dadurch gerade nicht.

(5) Ein Fall der von der Beklagten hilfsweise herangezogenen Grenzverwirrung i.S.d. § 920 BGB scheidet ebenfalls aus. Dieser Rechtsbehelf ist lediglich dann anzuwenden, wenn die wirkliche Grenzlinie durch objektive Kriterien nicht bestimmt werden kann. Der Rechtsbehelf ergänzt die auf § 985 BGB und § 1004 Abs. 1 BGB gestützte Leistungsklage sowie die Eigentumsfeststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO), wenn der Kläger deren tatsächliche Voraussetzungen nicht beweisen kann (Staudinger/Roth (2016) BGB § 920, Rn. 1). Behauptet der (Wider)Kläger aber - wie hier - sein Grundstückseigentum bis zu einer bestimmten Linie, so ist er auf die Eigentumsfeststellungsklage (§ 256 Abs 1 ZPO), die Herausgabeklage (§ 985 BGB) oder die Eigentumsstörungsklage (§ 1004 Abs 1 BGB) angewiesen (KG DFG 37, 188). Ein Bestreiten des Nachbarn führt nicht schon zur Grenzverwirrung i.S.d. § 920 (Staudinger/Roth (2016) BGB § 920, Rn. 3). Darüber hinaus ist eine Grenzverwirrung vorliegend abzulehnen, da hier die Grenze mit den Hilfsmitteln der modernen Vermessungstechnik festgestellt wurde und ohnehin bei einem eingetragenen Grundstück die Vermutung des § 891 für die Richtigkeit der durch das Katasteramt verzeichneten Grenzen nicht ausgeräumt ist. Die im Liegenschaftskataster eingetragenen Grundstücksgrenzen nehmen dabei an der Richtigkeitsvermutung des Grundbuches teil (Staudinger/Roth (2016) BGB § 920, Rn. 2 m.w.N.)

(6) Die vom Beklagten vorgebrachten Einwände gegen die im Jahre 2016 erfolgte Vermessung der Grundstücksgrenzen, die die im Liegenschaftskataster eingetragenen Grenzen bestätigt hat, sind ebenfalls nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB zu erschüttern. Zwar sind die Einwände der Beklagten trotz der Möglichkeit der Einlegung eines verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfs auch im Zivilprozess zu beachten (Staudinger/Roth (2016) BGB § 919, Rn. 16). Die Kammer vermag vorliegend jedoch keine Fehler zu erkennen, die eine Unrichtigkeit der festgestellten Grundstücksgrenzen zur Folge hätte. Selbst wenn eine formelle Ungenauigkeit bestände, würde dies allein nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führen, da die Erheblichkeitsschwelle des § 44 Abs. 1 VwVfG vorliegend nicht erreicht ist und das Gesetz ohnehin nur in den eng umgrenzten Fällen des § 44 Abs. 2 VwVfG ausnahmsweise von einer Nichtigkeit ausgeht. In der Regel ist die Heilungsmöglichkeit des § 45 VwVfG eröffnet. Dass Herr Dipl.-Ing…. die beim Grenztermin vorgebrachten Einwendungen der Beklagten nicht in die Grenzniederschrift aufgenommen hat, ist ebenso unschädlich, da der Beklagten insoweit jedenfalls die Anhörung nach § 28 VwVfG gewährt wurde. Der anderweitige Vortrag der Beklagten, der insbesondere darin besteht, dass Herr Dipl.-Ing…. die baulichen Gegebenheiten, die Erwerbskette der Grundstücke sowie die einzelnen Gesetzesänderungen außer Acht gelassen habe, ist unerheblich. Denn es ist nicht die Aufgabe eines Vermessungsingenieurs im Rahmen der Grenzvermessung die materielle Rechtslage zu prüfen. Seine Aufgabe ist es, die Grenzen festzustellen und nicht Eigentum zu begründen. Das Eigentumsrecht richtet sich nach der materiellen Rechtslage. Die Grenzen wurden nach Auffassung der Kammer vom Dipl.-Ing…. auch ordnungsgemäß ermittelt. Herr Dipl.-Ing…. legte die Grenzermittlung nachvollziehbar dar, in dem er ausführte dass eine neue Abmarkung der Grenzpunkte 2 und 3 stattgefunden habe. Eine Abmarkung der Grenzpunkte 4 bis 8 sei nicht mehr möglich gewesen, da sie im Gewässer liegen. Die Grenzverläufe 1-9-10 und 11-12-13-14 seien nach Katasterzahlenwerk hergestellt worden, die Grenzpunkte 9, 10, 11 und 13 seien örtlich vorgefunden worden.

Selbst wenn die Grenzvermessung unter einem materiellen Fehler litte, ist zu beachten, dass jedenfalls die Abmarkung den Grenzverlauf nicht ändert. Sie hat keine konstitutive Wirkung (OLG Brandenburg NJW-RR 2009, 1097, 1098; Herold BlGBW 1964, 26). Damit bleiben auch die Eigentumsverhältnisse und die dinglichen Rechte Dritter unverändert. Der wahre Grenzverlauf bleibt bestehen (KG OLGE 15, 351; Staudinger/Roth (2016) BGB § 919, Rn. 16), welcher hier ohnehin in den von der Klägerin in Bezug genommenen Vermessungsrissen der Jahre 1921, 1936 und 1950 (K4, Bl. 35-38 d.A) zu sehen war. Der Dipl.-Ing…. stellte diese ursprünglichen Grenzen in der Grenzniederschrift vom 2. Juni 2016 wieder her.

Die Abweichung der Grundbucheintragung vom Kataster bzw. der örtlichen Gegebenheiten führt nicht zur Grundbuchberichtigung oder einem Eigentumserwerb. Der im Zuordnungsbescheid enthaltene Vorbehalt zugunsten Rechte Dritter ist ebenfalls nicht in das Grundbuch aufzunehmen (vgl. OLG, a.a.O., Bl. 224 d.A.).

2. Die Beklagte ist unstreitig im Besitz der von der Klägerin beanspruchten Grundstückflächen.

3. Die Beklagte hat jedoch kein Recht zum Besitz, § 986 BGB.

a) Das zur Beklagten bestehende Pachtverhältnis ist von der Klägerin wirksam gekündigt worden. Nach § 3 des Pachtvertrages endet das Vertragsverhältnis am 31.12.2015 und verlängert sich um jeweils ein Jahr, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres schriftlich gekündigt wird. Hier ist die Kündigung der Klägerin vom 23.02.2011 zum 31.03.2011 ausgesprochen worden, so dass die ordentliche Kündigung zwar zu diesem Zeitpunkt nicht wirksam erfolgt ist. Durch Ausspruch der Kündigung tat die Klägerin jedoch ausdrücklich ihren Willen kund, das Mietverhältnis nicht weiter fortsetzen zu wollen, so dass das Vertragsverhältnis jedenfalls am 31.12.2015 endete.

b) Die Beklagte hat, wie bereits dargestellt, kein dingliches Nutzungsrecht gutgläubig erworben.

c) Die Beklagte kann auch kein Recht zum Besitz aus § 921 BGB herleiten. Es handelt sich bei den streitgegenständlichen Anlagen schon nicht um Grenzeinrichtungen i.S.d. § 921 BGB, da sich diese zum größten Teil auf dem Grundstück der Klägerin befinden. Der Nachweis, dass sich eine Einrichtung - wie hier - ausschließlich auf einem der beiden benachbarten Grundstücke befindet, es sich also nicht um eine Grenzeinrichtung des § 921 handelt, kann auch (und in erster Linie) durch die Berufung auf § 891 geführt werden (RGZ 73, 125, 129). Der äußere Anschein ist zur Widerlegung der Rechtszustandsvermutung des § 891 nicht geeignet. Die in § 921 genannten „äußeren Merkmale“ beziehen sich nur auf den Fall, dass der Grenzverlauf ungewiss ist (Staudinger/Roth (2016) BGB § 921, Rn. 7 jeweils m.w.N.). Zwar ist zu beachten, dass, wenn ein Gewässerbett – wie hier – ein selbstständiges Grundstück ist, die Eigentumsgrenze zwischen dem Gewässerbett und den Ufergrundstücken durch die Uferlinie bestimmt wird, § 4 Abs. 5 WHG i.V.m. § 6 Abs. 1 BbgWHG und die Bestimmung der Uferlinie mit Bescheid vom 12. Januar 2017 durch den Landkreis entsprechend dem Uferverlauf erfolgte. Diese Bestimmung ist jedoch ausdrücklich eine rein wasserrechtliche Zuordnung. Sie betrifft insoweit nicht die Eigentumsverhältnisse der Parteien. Für diese ist, wie bereits ausgeführt, die Vermutung des § 891 BGB heranzuziehen, die zugunsten der Klägerin wirkt.

Soweit ggf. ein restlicher (und trennbarer) Teil der Spundwand das Grundstück der Beklagten von der Wasserfläche der Klägerin trennt, vermittelt § 921 BGB der Beklagten ebenfalls kein Recht zum Besitz der herausverlangten Flächen, sondern allenfalls ein Recht zur gemeinschaftlichen Benutzung der Grenzeinrichtung.

III. Die nach § 33 ZPO zulässige Widerklage ist unbegründet.

Die Beklagte hat keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB. Danach kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig im Grundbuch eingetragen ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird, wenn der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang steht. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin ist formell als Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks eingetragen. Aus den bereits dargelegten Gründen hat die Beklagte kein Eigentums- oder sonstiges Recht an den streitgegenständlichen Anlagen, welche der Klägerin zuzuordnen sind. Mittels einer Grundbuchberichtigung kann ohnehin nicht die Berichtigung der tatsächlichen Angaben in den Flurkarten erreicht werden (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O., Bl. 225 d.A.).

Die Beklagte hat auch aus keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs, da die Klägerin berechtigte Eigentümerin der streitgegenständlichen Grundstücksflächen ist.

Der nach der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2017 bei Gericht eingegangene und nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 15. Dezember 2017 war nach § 296a ZPO nicht mehr bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Der darin enthaltene Vortrag der Beklagten gab auch keinen Anlass, die am 23. November 2017 geschlossene mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wieder zu eröffnen, da er keine entscheidungserheblichen Gesichtspunkte enthält.

Die Entscheidung über die Kosten gründet auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 ZPO.