Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Der Senat | Entscheidungsdatum | 16.08.2012 | |
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Aktenzeichen | L 3 R 608/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 74 SGB 6, § 256a Abs 3a SGB 6, Anl 1 FRG, Anl 2 FRG, Anl 3 FRG, Anl 4 FRG, Anl 5 FRG, Anl 6 FRG, Art 3 GG |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Höhe der der Klägerin gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die 1948 geborene Klägerin ist seit dem 10. April 2008 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Sie war vom 10. August 1964 (Beginn der Ausbildung) bis zum 30. Juni 1990 bei der Deutschen Reichsbahn (DR) in Berlin beschäftigt und entrichtete Beiträge zur Sozialversicherung der DDR, hatte aber ihren Wohnsitz in Berlin (West). Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete sie nicht.
Auf ihren im November 2008 gestellten Rentenantrag bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 17. Dezember 2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen für die Zeit ab 01. Januar 2009 auf der Grundlage von 29,8674 persönlichen Entgeltpunkten (EP) sowie 19,4583 EP (Ost). Dabei legte sie den Pflichtbeitragszeiten vom 01. April 1966 bis zum 31. August 1966 und vom 04. August 1969 bis zum 31. Dezember 1969 die Werte der Leistungsgruppe 4 der Anlage 11 zum Fremdrentengesetz (FRG), den anschließenden Zeiten die Werte der Leistungsgruppe 3 derselben Anlage zugrunde.
Mit ihrem Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die fehlende Berücksichtigung der Krankheitszeiten Februar 1985 und November 1989 mit 80 v. H. des Gesamtleistungswertes. § 74 Satz 4 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) finde keine Anwendung, da sie nicht die Möglichkeit einer Beitragsentrichtung gehabt habe. Die Bewertung der Beschäftigungszeiten von August 1964 bis Juni 1990 mit den pauschalen Tabellenentgelten der Anlagen zum FRG verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2008 sei es nicht mehr gerechtfertigt, unterschiedliche Tabellenwerte für Männer und Frau anzusetzen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. Mai 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vorschrift des § 74 SGB VI sei durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004 mit Wirkung vom 01. Januar 2005 neu gefasst worden und begrenze die nach der Gesamtleistungsbewertung ermittelten Werte für bestimmte beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten. Danach würden Krankheitszeiten nach dem 31. Dezember 1983, für die keine Beiträge gezahlt worden seien, nicht bewertet. Somit könnten gemäß § 74 Satz 4 Nr. 2 SGB VI für die als Anrechnungszeiten wegen Krankheit nach § 58 Abs. 1 Satz 1a SGB VI anerkannten Zeiten ohne Beitragszahlung vom 01. Februar 1985 bis zum 28. Februar 1985 sowie vom 01. November 1989 bis zum 30. November 1989 keine EP ermittelt werden. Diese Zeiten seien auch nicht nach der Übergangsvorschrift des § 263 SGB VI zu bewerten. Bei einem Rentenbeginn nach dem 01. Januar 2001 seien keine Übergangswerte für den begrenzten Gesamtleistungswert zu berücksichtigen. Die Berechnung der Zeit von August 1964 bis zum 30. Juni 1990 sei auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des SGB VI erfolgt. § 256a Abs. 3a SGB VI gelte vornehmlich für ehemalige Beschäftigte der DR mit Wohnsitz in Berlin (West). Diese hätten in der ehemaligen DDR ein Arbeitsentgelt in DM erhalten, das netto dem Arbeitsentgelt von vergleichbaren Beschäftigten bei der Deutschen Bundesbahn im alten Bundesgebiet entsprochen habe, wegen der niedrigeren Steuern und Sozialversicherungsbeiträge der DDR jedoch brutto um circa 20% niedriger gewesen sei als die Arbeitsentgelte vergleichbarer Beschäftigter im Bundesgebiet. Die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt seien an die Sozialversicherung der DDR gezahlt worden, die Versicherten hätten jedoch von dort keine Leistungen aus diesen Beiträgen erhalten. Aufgrund Artikel 23 des § 5 Gesetz zum Ersten Staatsvertrag (BGBl. II 1990, 518) seien die EP für diese Zeiten bei Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1995 nach den Tabellen des FRG zu ermitteln. Die bisherige Regelung in Artikel 23 § 5 Gesetz zum Ersten Staatsvertrag sei als Übergangsregelung zugunsten von Personen ausgestaltet gewesen, die am 18. Mai 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt und von einem DDR-Unternehmen Entgelt in DM erhalten hätten. An sich seien in diesen Fällen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 FRG in der ab dem 01. Juli 1990 geltenden Fassung anstelle der Leistungsgruppenwerte die tatsächlichen DM-Entgelte für die Bildung der Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Mit Rücksicht auf die Westberliner Reichsbahner sei auf diese Regelung verzichtet worden. Die für ehemals Beschäftigte der DR mit Wohnsitz in Berlin (West) geltenden Sonderregelungen gingen bereits auf Festlegungen der Alliierten zurück und folgten den heute noch geltenden Grundsätzen der Ein- und Ausstrahlung.
Die Berücksichtigung der tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste bei der Rentenberechnung nach dem SGB VI hätte für die Westberliner Reichsbahner zu Nachteilen bei der Rentenhöhe gegenüber vergleichbar Beschäftigten der Bundesrepublik und Berlin (West) geführt. Eine Hochwertung der in der DDR versicherten Arbeitsentgelte nach § 256a Abs. 1 SGBVI sei ausgeschieden, weil dies für Zeiten vor März 1971 (Zeiten vor Einführung der FZR) zu nicht sachgerechten Besserstellungen gegenüber Vergleichspersonen geführt hätte, während sich für die Zeit nach Einführung der FZR wegen der Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark eine nicht sachgerechte Schlechterstellung ergeben hätte. Die Beschäftigten der DR mit Wohnsitz in Berlin (West) hätten kein Motiv gehabt, Beiträge zur FZR zu zahlen, da Renten der Sozialversicherung einschließlich der FZR nach DDR-Recht grundsätzlich nur an Berechtigte mit Wohnsitz in der DDR gezahlt worden seien. Selbst bei einer Entscheidung für die Beitragszahlung wäre eine Inanspruchnahme entsprechender Renten nur bei einem Umzug in die DDR möglich gewesen. Der persönliche Entscheidungsspielraum der Westberliner Reichsbahner für ihre sozialversicherungsrechtliche Absicherung sei insofern eng begrenzt gewesen. Deshalb habe der Gesetzgeber entschieden, diese Beschäftigungszeiten endgültig als Zeiten nach dem FRG bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Die Berechnungsgrundlagen im § 256a Abs. 3a Satz 1 SGB VI sähen ebenfalls vor, dass als Verdienst vor dem 01. Juli 1990 die Werte der Anlagen 1 bis 16 FRG zu berücksichtigen seien. Die Regelung bewirke, dass für diese Zeiten Werte zugrunde gelegt würden, die der Einkommensentwicklung in den alten Bundesländern zu dem jeweiligen Zeitpunkt entsprächen. Damit sei auch eine Differenzierung nach Versicherungszweig und Geschlecht und die Einordnung in FRG-Leistungsgruppen vorzunehmen. Die Ansicht, bei einem Rentenbeginn in 2008 sei es nicht mehr sachlich gerechtfertigt, unterschiedlich hohe Tabellenentgelte für Männer und Frauen zugrunde zu legen, sei aus ihrer – der Beklagten – Sicht nicht nachvollziehbar, da zum damaligen Zeitpunkt sehr wohl noch erhebliche Unterschiede bestanden hätten. Die Bewertung erfolge durch Zuordnung in eine Leistungsgruppe nach Anlagen 1 bis 16 FRG in der Fassung vor den Rentenreformgesetz (RRG) 1992. Die zum 01. Juli 1990 mit dem RRG 1992 eingefügte Branchenzuordnung (Anl. 17 FRG) sei nicht vorzunehmen. Da die Leistungsgruppen für die drei Versicherungszweige verschieden seien, sei vor einer Einstufung der Versicherungszweig unter Anwendung des § 126 i. V. m. § 248 Abs. 4 SGB VI zu bestimmen.
Mit der hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie hat allein für das Jahr 1988 eine Differenz von 0,8692 EP bei einer Berechnung nach § 256a Abs. 1 bis 3 SGB VI gegenüber der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung nach § 256a Abs. 3a SGB VI geltend gemacht. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, § 256a Abs. 3a SGB VI verstoße gegen Art. 3 GG.
Das SG hat die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 08. Juni 2010 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig, soweit die Klägerin sich gegen sie mit dem Begehren einer Neuberechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung der Monate Februar 1985 und November 1989 mit 80% des Gesamtleistungswertes und der geltend gemachten Beitragswerte wende.
Nach § 74 Satz 4 SGB VI würden u. a. Kalendermonate, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten seien, weil Krankheit nach dem 31. Dezember 1983 vorgelegen habe und keine Beiträge gezahlt worden seien, nicht bewertet. Hintergrund sei, dass seit dem 01. Januar 1984 für den Bezug von Krankengeld Beiträge zu zahlen gewesen seien (§§ 1385 b Reichsversicherungsordnung <RVO> bzw. 112 b Angestelltenversicherungsgesetz <AVG>), so dass diese Zeiten heute Beitragszeiten (§ 247 Abs. 1 SGB VI) seien. Von dieser Regelung könne die Klägerin nicht profitieren, weil für sie keine Beiträge gezahlt worden seien. Insoweit bestehe eine Gleichbehandlung mit Arbeitsausfalltagen wegen Krankheit im Beitrittsgebiet, die ebenfalls nicht mit EP zu bewerten seien, weil für diese nach § 17 SVO-DDR keine Beitragspflicht bestanden habe.
Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestünden nicht. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) räume dem Gesetzgeber bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme in ständiger Rechtsprechung einen großen Gestaltungsspielraum ein. Dieser Gestaltungsspielraum sei besonders weit, wenn von der Rechtsänderung Zeiten betroffen seien, deren rentenrechtlicher Berücksichtigung keine Beitragsleistung des Versicherten zugrunde liege.
Soweit sich die Klägerin gegen die Bewertung der Zeiten von August 1964 bis zum Juni 1990 mit den Werten der Anlage 11 des FRG wende, sei die Klage ebenfalls unbegründet. Rechtsgrundlage hierfür sei § 256a Abs. 3a SGB VI. Danach sei die Beitragsbemessungsgrundlage für Zeiten vor dem 01. Juni 1990, in denen Versicherte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt und Beträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt hätten, aus den Werten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG zu ermitteln. Die Hintergründe hierfür habe die Beklagte ausführlich in ihrem Widerspruchsbescheid dargelegt, insoweit folge die Kammer der Begründung des Widerspruchsbescheides und nehme auf sie gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass der tatsächliche Bruttoverdienst der Klägerin schon deswegen nicht zu berücksichtigen sei, weil die Klägerin nicht der FZR beigetreten sei, so dass ab dem 01. März 1971 – unterlasse man die Anwendung des Abs. 3 a - ihr Entgelt nur bis 600 DM monatlich als Verdienst in die Berechnung eingestellt werden könnte (§ 256a Abs. 3 SGB VI).
Soweit die Klägerin die Benachteiligung beispielhaft für 1988 berechne, könne dem nicht gefolgt werden. Die von ihr zugrunde gelegte Berechnung nach § 256a Abs. 1 bis 3 SGB VI werde dem von ihr tatsächlich erzielten Entgelt nicht gerecht, weil eine Multiplikation mit dem Wert der Anlage 10 unberücksichtigt lasse, dass ihr Nettoentgelt den vergleichbaren Gehältern in der Bundesrepublik entsprochen habe und sich die Differenz im Bruttogehalt lediglich durch die niedrigeren Abzüge ergeben habe. Diese rechtfertigten in keiner Weise eine Multiplikation mit einem Wert von 3,2330. Auch die von ihr vorgenommene Berechnung nach Maßgabe des § 256c Abs. 3 SGB VI berücksichtige nicht den vollen Umfang dieser Vorschrift, soweit es § 256c Abs. 3 SGB VI betreffe. Auch insoweit enthalte Abs. 3 der Vorschrift eine einschränkende Regelung für den Fall, dass der Betreffende der FZR nicht beigetreten sei. Dann sei nämlich nach § 256c Abs. 3 Satz 3 SGB VI nur ein um ein Fünftel erhöhter Verdienst nach Anlage 16 zu berücksichtigen. Dieser würde für 1988 mit 23.314,28 unter dem von der Beklagten zugrunde gelegten Entgelt liegen. Die Bewertung der Zeiten nach Maßgabe der Anlage 11 zum FRG erscheine auch deshalb systemimmanent zutreffend, weil auf diese Werte auch in § 256 Abs. 1 Satz 9 SGB VI für den Fall einer glaubhaft gemachten Pflichtbeitragszeit – dann allerdings mit einem Abschlag von 20% - abgestellt werde. Vor diesem Hintergrund habe die Kammer keine Veranlassung gesehen, den Rechtsstreit auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertrete, § 256a Abs. 3a SGB VI verstoße insoweit gegen Art. 3 des GG, als die Anlagen 1 bis 16 zum FRG unterschiedliche Werte für Männer und Frauen bestimmten, könne sich die Kammer dem nicht anschließen, zumal das BVerfG sich bereits dahingehend positioniert habe, dass ein solcher Verstoß nicht gegeben sei (vgl. den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 04. April 1989 – 1 BvR 262/88 -).
Gegen das am 21. Juni 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. Juni 2010 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin, mit welcher sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Sie legt ihre Sozialversicherungsausweise (SVA) vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2010 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2009 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Rente unter Berücksichtigung der Monate Februar 1985 und November 1989 mit 80 v. H. des Gesamtleistungswertes und der Beitragszeiten vom 10. August 1964 bis zum 30. Juni 1990 mit den um 20 v. H. erhöhten Werten der Anlagen 13 und 14 zum SGB VI zu bewerten und den Rentenhöchstwert neu festzustellen,
hilfsweise,
das Verfahren hinsichtlich der Bewertung der Beitragszeiten auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 GG mit folgenden Fragen vorzulegen:
1. Verstößt § 256a Abs. 3a SGB VI gegen Art. 3 des GG, soweit die Entgelte für Versicherte nicht gem. §§ 256a Abs. 1 bis 3 SGB VI oder § 256c SGB VI zu bestimmen sind, sondern lediglich mit den Werten der Anlagen 1 bis 16 des FRG abgegolten werden?
2. Verstößt § 256a Abs. 3a SGB VI gegen Art. 3 des GG, soweit die Anlagen 1 bis 16 zum FRG unterschiedliche Werte für Männer und Frau bestimmen?
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat einen Auszug aus dem „Gender Datenreport“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 22. November 2005 in den Rechtsstreit eingeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Die frist- und formgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des SG vom 08. Juni 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Mai 2009 sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersrente.
Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf Berücksichtigung der Monate Februar 1985 und November 1980 mit 80% des Gesamtleistungswertes im Rahmen der Berechnung ihrer Rente. Zutreffend hat das SG auf § 74 Satz 4 SGB VI als Rechtsgrundlage hingewiesen, demgemäß u. a. Kalendermonate, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil Krankheit nach dem 31. Dezember 1983 vorgelegen hat und keine Beiträge gezahlt worden sind, nicht bewertet werden. Beiträge sind für die Klägerin in diesen Zeitabschnitten aufgrund der Vorschrift des § 17 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 - SVO-DDR – nicht zu entrichten gewesen. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen hat der Senat – ebenso wie das SG - nicht. Diesbezüglich schließt sich der Senat den überzeugenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 08. Juni 2010 an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Auch soweit die Klägerin sich gegen die Bewertung der Zeiten vom 01. August 1964 bis zum 30. Juni 1990 mit den Werten der Anlage 11 des FRG wendet, kann sie mit diesem Begehren nicht durchdringen. Rechtsgrundlage hierfür ist § 256a Abs. 3a SGB VI, wonach die Beitragsbemessungsgrundlage für Zeiten vor dem 01. Juni 1990, in denen Versicherte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt und Beträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt haben, aus den Werten der Anlagen 1 bis 16 zum FRG in der Fassung vor Inkrafttreten des RRG 1992 zu ermitteln ist. Zu den Hintergründen dieser Regelung wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08. Mai 2009 Bezug genommen (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG).
Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 256a Abs. 3a SGB VI überzeugt (Art. 100 Abs. 1 GG).
Insbesondere ist kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ersichtlich, soweit im Rahmen dieser Regelung die Entgelte für Versicherte nicht gemäß §§ 256a Abs. 1 bis 3 SGB VI oder § 256c SGB VI zu bestimmen sind, sondern mit den Werten der Anlagen 1 bis 16 des FRG abgegolten werden.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 87, 1 <36>; 92, 53 <68 f.>; 95, 143 <153 f.>; 96, 315 <325>; stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (vgl. BVerfGE 84, 133 <158>; 98, 365 <385>). Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Allerdings setzt eine zulässige Typisierung voraus, dass diese Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BVerfGE 84, 348 <360>; 87, 234 <255 f.>; stRspr), lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 63, 119 <128>; 84, 348 <360>).
Zwar ist es richtig, dass die Gruppe der von der Regelung des § 256a Abs. 3a SGB VI vornehmlich betroffenen Versicherten mit gewöhnlichem Aufenthalt in Berlin (West), die bei einem DDR-Unternehmen beschäftigt waren und in der DDR ihre Sozialversicherungsbeiträge entrichteten, hinsichtlich der Ermittlung der EP anders behandelt wird einerseits als solche Versicherte, die am 18. Mai 1990 in der DDR ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und dort ihre Beiträge entrichteten und andererseits als solche Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatten und dort ihre Beiträge entrichteten. Zwischen diesen Gruppen bestehen aber insbesondere unter Berücksichtigung der Hintergründe, die die Beklagte bereits in ihrem Widerspruchsbescheid vom 08. Mai 2009 aufgezeigt hat, auf welche hier erneut gem. §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen werden soll, gravierende Unterschiede zum einen hinsichtlich der Frage, in welches System Beiträge gezahlt wurden und zum anderen hinsichtlich der Frage der Höhe des Brutto- sowie des Nettoarbeitsentgeltes, die eine ungleiche Behandlung der Sachverhalte rechtfertigen. Auch soweit die Klägerin eine Gleichbehandlung mit der Gruppe derjenigen Versicherten des Beitrittsgebiets, bei denen Beitragszeiten nachgewiesen sind, jedoch die Beitragsbemessungsgrundlage unbekannt ist (§ 256c Abs. 3 SGB VI), begehrt, ignoriert dies, dass es sich um wesentlich verschiedene Sachverhalte handelt. Denn die Klägerin hat tatsächlich ein Entgelt in DM erhalten, das nur brutto niedriger war als die Westentgelte, aus dem sich aufgrund der geringeren Steuern und Abgaben jedoch ein relativ hohes Nettoentgelt ergab. Im Übrigen handelt es sich bei der Regelung des § 256a Abs. 3a SGB VI nur um eine Fortschreibung einer bereits bestehenden, historisch gewachsenen (schon vor der Wiedervereinigung fand das FRG auf die West-Berliner Reichsbahner Anwendung), staatsvertraglich festgelegten und einen zurückliegenden, abgeschlossenen, historisch einmaligen Zeitraum regelnden Vorschrift.
Ferner ist der Senat auch nicht davon überzeugt, dass § 256a Abs. 3a SGB VI, soweit die danach anzuwendenden Anlagen 1 bis 16 des FRG in der Fassung vor Inkrafttreten des RRG 1992 – hier insbesondere die Anlagen 5 bis 11 - unterschiedliche Werte für Männer und Frauen bestimmen, gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 des GG verstößt, wonach rechtliche Regelungen verboten sind, die allein an den Unterschied der Geschlechter anknüpfen. Angesichts des mit der einmaligen historischen Konstellation für den Gesetzgeber gegebenen Zwangs, bei der Ordnung von Massenerscheinungen zu typisieren, sieht der Senat die Ungleichbehandlung als gerechtfertigt an und bezieht sich hierzu auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 26. Januar 1977 – 1 BvL 17/73 -, zitiert nach juris Rn. 40 ff.) zu § 22 Abs. 1 S. 1 FRG lit. b FRG in der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung, wonach rentenberechtigten Frauen niedrigere Verdienste zugeordnet wurden als Männern. Die vorstehende Regelung hat das BVerfG mit der auf § 256a Abs. 3a SGB VI entsprechend übertragbaren Erwägung für verfassungsgemäß erachtet, dass sie nicht allein und unmittelbar an den Unterschied der Geschlechter anknüpft, sondern in Konsequenz des Prinzips der Eingliederung ihr entscheidender Anknüpfungspunkt vielmehr in den Rechtsverhältnissen derjenigen Versicherten liegt, die ständig im Bundesgebiet oder in Berlin (West) lebten, denen die Rechtsverhältnisse der Vertriebenen und Flüchtlinge gleichgestellt werden sollten. Zu einer derartigen Lösung war der Gesetzgeber jedenfalls deshalb befugt, weil ein außerordentliches Problem zu bewältigen war, das seinen Ursprung in historischen Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung der Bundesrepublik hatte (BVerfG, a.a.O., Rn. 44 ff.).
Eine Vorlage ans BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt deshalb nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.