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Abgaben nach dem Abwasserabgabengesetz


Metadaten

Gericht VG Potsdam 8. Kammer Entscheidungsdatum 14.03.2012
Aktenzeichen 8 K 3131/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 9 Abs 5 AbwAG, Anh 1 Teil C Abs 1 S 1 AbwV, Anh 1 Teil C Abs 1 S 4 AbwV, § 7a WHG

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Ermäßigung des Abgabesatzes der Abwasserabgaben für nachfolgende drei Einleitstellen:

- Auslauf des Klärwerks ... ,

- Auslauf des Klärwerks ... und

- Auslauf des Klärwerks ... (Einleitstelle Südableitung Rudower Graben).

1. Die Klägerin betreibt das Klärwerk ..., eine Abwasserbehandlungsanlage der Größenklasse 5 nach der Abwasserverordnung - AbwV -, auf Grund einer wasserrechtlichen Erlaubnis vom 1. Dezember 1993. In dem Erlaubnisbescheid wurde unter Punkt 3.1 der Überwachungswert für den Schadstoffparameter Stickstoff anorganisch gesamt (Nges) am Ablauf des Klärwerks für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 auf 18 mg/l festgesetzt; eine Alternative in Form einer Schadstoffeliminationsvorgabe sah die Erlaubnis nicht vor. Der Grenzwert für Nges wurde für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 auf 36 mg/l festgesetzt.

Erläuternd führt der Erlaubnisbescheid zu allen Schadstoffparametern aus, dass die Schadstoffkonzentration aus homogenisierten Gesamtproben nach den in der Anlage zur Rahmenabwasserverwaltungsvorschrift enthaltenen Analysen- und Messverfahren zu bestimmen sind (Punkt 3.2). Nach Punkt 3.3 sind die Überwachungswerte einzuhalten. Sie gelten auch als eingehalten, wenn die Ergebnisse der letzten fünf im Rahmen der staatlichen Gewässeraufsicht durchgeführten Überprüfungen in vier Fällen diesen Wert nicht überschritten und kein Ergebnis den Grenzwert übersteige („4-von-5-Regel“). Überprüfungen, die länger als drei Jahre zurücklägen, dürften dabei nicht berücksichtigt werden.

Der Überwachungswert für Nges wurde durch die nachfolgenden drei Nachträge bis zum 31. Dezember 2003 nicht geändert. Im Rahmen des 2. Nachtrags vom 4. Dezember 1997 wurde u. a. zur Bestimmung der Schadstoffkonzentrationen auf die Analysen- und Messverfahren nach Anlage zu § 4 der Abwasserverordnung (AbwV) vom 21. März 1997 abgestellt. Diese Bestimmung wurde durch den 3. Nachtrag vom 13. März 2001 aktualisiert und zugleich unter Punkt 3.3 die „4-aus-5-Regel“ zur Einhaltung des Überwachungswertes an die seit 1. Juni 2000 geltende Fassung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV angepasst.

Mit Bescheid vom 11. November 2004 zog der Beklagte die Klägerin für die Einleitungsstelle ... für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2003 zu einer Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 1.255.030,05 € heran. Neben der wasserrechtlichen Erlaubnis und ihren Nachträgen legte der Beklagte der Veranlagung die Ergebnisse von neun amtlichen Überprüfungen des abgeleiteten Abwassers aus den Jahren 2002 und 2003 zu Grunde. Für den Schadstoffparameter Nges waren hierbei am 22. Januar 2003 25,9 mg/l, am 5. März 2003 27,1 mg/l und am 18. November 2003 31,6 mg/l gemessen worden. Die Abwasserabgabe für den Schadstoffparameter Nges wurde auf insgesamt 576.791,64 € festgesetzt. Ausdrücklich enthält der Bescheid die Feststellung, dass eine Ermäßigung für diesen Teil der Abwasserabgabe um 50 vom Hundert für den Schadstoff Nges nicht gewährt werde, da die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG nicht vorlägen.

2. Die Klägerin betreibt die Kläranlage ..., ebenfalls eine Abwasserbehandlungsanlage der Größenklasse 5, auf Grund der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 1. Dezember 1993. Die Kläranlage verfügt über zwei Ablaufstellen zum Teltowkanal.

In dem ursprünglichen Erlaubnisbescheid wurde unter Punkt 3.1 der Überwachungswert für den Schadstoffparameter Stickstoff anorganisch gesamt (Nges) am Ablauf des Klärwerks für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 auf 18 mg/l festgesetzt; eine Alternative in Form einer Schadstoffeliminationsvorgabe sah die Erlaubnis nicht vor. Der Grenzwert für Nges wurde für die Zeit ab dem 1. Januar 2000 auf 36 mg/l festgesetzt. Ergänzend bestimmte der Erlaubnisbescheid, dass die Schadstoffkonzentration aus homogenisierten Gesamtproben nach der in der Anlage zur Rahmenabwasserverwaltungsvorschrift enthaltenen Analysen- und Messverfahren zu bestimmen waren (Punkt 3.2). Nach Punkt 3.3 waren die Überwachungswerte einzuhalten. Sie galten auch als eingehalten, wenn die Ergebnisse der letzten fünf im Rahmen der staatlichen Gewässeraufsicht durchgeführten Überprüfungen in vier Fällen diesen Wert nicht überschritten und kein Ergebnis den Grenzwert übersteige („4-von-5-Regel“). Überprüfungen, die länger als drei Jahre zurücklägen, dürften dabei nicht berücksichtigt werden.

Der Überwachungswert für Nges wurde durch die nachfolgenden drei Nachträge bis zum 31. Dezember 2003 nicht geändert. Im Rahmen des 2. Nachtrags vom 4. Dezember 1997 wurde zur Bestimmung der Schadstoffkonzentrationen auf die Analysen- und Messverfahren nach Anlage zu § 4 der Abwasserverordnung (AbwV) vom 21. März 1997 abgestellt. Diese Bestimmung wurde durch den 3. Nachtrag vom 13. März 2001 aktualisiert und zugleich unter Punkt 3.3 die „4-von-5-Regel“ zur Einhaltung des Überwachungswertes an die seit 1. Juni 2000 geltende Fassung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV angepasst.

Mit Bescheid vom 11. November 2004 zog der Beklagte die Klägerin für die Einleitungsstelle ... für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2003 zu einer Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 1.401.769,04 € heran. Neben der wasserrechtlichen Erlaubnis und ihren Nachträgen legte der Beklagte die Ergebnisse von sechs amtlichen Überprüfungen des abgeleiteten Abwassers aus dem Jahr 2003 seiner Veranlagung zu Grunde. Für den Schadstoffparameter Nges waren hierbei am 28. Januar 2003 13,8 mg/l und am 25. Februar 2003 17,5 mg/l gemessen worden. Die Abwasserabgabe für den Schadstoffparameter Nges wurde auf 644.220,- € festgesetzt. Ausdrücklich enthält der Bescheid die Feststellung, dass eine Ermäßigung für diesen Teil der Abwasserabgabe um 50 vom Hundert für den Schadstoff Nges nicht gewährt werde, da die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG nicht vorlägen.

3. Die Klägerin betreibt ferner die Kläranlage mit der Einleitungsstelle Südableitung Rudower Graben, eine weitere Abwasserbehandlungsanlage der Größenklasse 5. Grundlage des Betriebs ist der wasserrechtliche Erlaubnis- und Zulassungsbescheid vom 21. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Oktober 1999.

In diesem Bescheid wurde unter Punkt 3.1.4.2 der einzuhaltende Überwachungswert für den Schadstoffparameter Stickstoff anorganisch gesamt (Nges) am Ablauf des Klärwerks für die Zeit ab dem 1. Januar 1999 auf 15 mg/l festgesetzt; eine Alternative in Form einer Schadstoffeliminationsvorgabe sah die Erlaubnis nicht vor. Ergänzend bestimmt der Bescheid, dass die Schadstoffkonzentration aus homogenisierten Gesamtproben nach den in der Anlage zu § 4 AbwV vom 21. März 1997 benannten Analysen- und Messverfahren zu bestimmen ist. Die Überwachungswerte gelten auch als eingehalten, wenn die Ergebnisse der letzten fünf im Rahmen der staatlichen Gewässeraufsicht durchgeführten Überprüfungen in vier Fällen diesen Wert nicht überschreiten und kein Ergebnis den Grenzwert übersteige („4-von-5-Regel“). Überprüfungen, die länger als drei Jahre zurücklägen, dürften dabei nicht berücksichtigt werden.

Der Überwachungswert für Nges wurde durch die nachfolgenden Nachträge (insgesamt sechs) bis zum 31. Dezember 2003 nicht geändert. Im Rahmen des 1. Nachtrags vom 14. Juni 2001 wurde u. a. lediglich die Vorgabe zur Bestimmung der Schadstoffkonzentrationen bezüglich des Analysen- und Messverfahrens nach Anlage zu § 4 AbwV aktualisiert.

Mit Bescheid vom 11. November 2004 zog der Beklagte die Klägerin für diese Einleitungsstelle für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2003 zu einer Abwasserabgabe in Höhe von insgesamt 890.974,16 € heran. Neben der wasserrechtlichen Erlaubnis und ihren Nachträgen legte der Beklagte die Ergebnisse von sechs amtlichen Überprüfungen des abgeleiteten Abwassers aus dem Jahr 2003 seiner Veranlagung zu Grunde. Für den Schadstoffparameter Nges waren hierbei am 28. Januar 2003 13,7 mg/l und am 25. November 2003 13,9 mg/l gemessen worden. Die Abwasserabgabe für den Schadstoffparameter Nges wurde auf 433.452,69 € festgesetzt. Ausdrücklich enthält der Bescheid die Feststellung, dass eine Ermäßigung für diesen Teil der Abwasserabgabe um 50 vom Hundert für den Schadstoff Nges nicht gewährt werde, da die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG nicht vorlägen.

4. Gegen die Abwasserabgabenbescheide vom 11. November 2004 legte die Klägerin am 6. Dezember 2004 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf ihren Antrag vom 25. Juni 2002, durch den die wasserrechtlichen Erlaubnisse an die Vorgaben der 5. Verordnung zur Änderung der Abwasserverordnung vom 2. Juli 2002 angepasst werden sollten. Nach der neugefassten Vorschrift des Anhangs 1 Teil C Abs. 1 AbwV reiche der Nachweis aus, dass die Gesamtstickstofffracht um mindestens 70 % vermindert werde.

Noch im Februar 2005 zahlte die Klägerin auf die Festsetzungen der auf Nges entfallenden Abwasserabgaben jeweils den hälftigen Teilbetrag.

5. Für alle drei Kläranlagen wurden mit weiteren wasserrechtlichen Nachträgen vom 30. Dezember 2003 (für die Kläranlagen ... und ... ) und vom 13. Februar 2004 (für die Kläranlage ... ) den Anträgen der Klägerin auf Anpassung der wasserrechtlichen Erlaubnisse an die Anforderungen der Fünften Verordnung zur Änderung der Abwasserverordnung vom 2. Juli 2002 unter nachfolgenden Bedingungen stattgegeben:

Es müsse bis zum 20. Februar 2004 (für die KA ... und ... ) bzw. bis zum 25. März 2004 (für die KA ... ) nachgewiesen werden, dass die Verminderung der Gesamtstickstofffracht mindestens 70 % betrage und die zur Erfüllung der in Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 AbwV an Stickstoff gesamt gestellte Anforderung von 13,0 mg/l erforderlichen Anpassungsmaßnahmen unverhältnismäßig seien. Bis zu diesen Zeitpunkten gelte der bisherige Überwachungswert von 15 mg/l (KA ... ) bzw. 18 mg/l (KA ... und ... ) weiter. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 17. Februar 2004 für die KA ... und ... und mit Schreiben vom 16. März 2004 für die KA ... entsprechende Berechnungen zu den Schadstoffminderungen vor. Ferner teilte sie mit, dass für das Klärwerk ... Aufwendungen in Höhe von ca. 36 Mio. Euro erforderlich seien, um den niedrigeren Überwachungswert für Nges einzuhalten. Die Höhe der erforderlichen Investitionen für das Klärwerk ... wurde auf 12,7 bis 14,1 Mio. Euro und für das Klärwerk ... auf 7,8 bis 10,2 Mio. Euro beziffert.

Mit weiteren Nachträgen vom 4. August 2005 zu den jeweiligen wasserrechtlichen Erlaubnissen wurde der einzuhaltende Überwachungswert Nges für alle Anlagen einheitlich auf 13 mg/l festgesetzt und zugleich der Antrag auf Anerkennung des Nachweises der Verminderung der Gesamtstickstofffracht um mehr als 70 % abgelehnt. Hiergegen legte die Klägerin bezüglich der KA ... erneut Widerspruch ein, den der Beklagte zurückwies. Die anschließende Klage wies das VG Cottbus mit rechtskräftigem Urteil vom 7. Juni 2010 - VG 7 K 155/08 - ab.

6. Mit Bescheid vom 24. November 2009 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Abgabenbescheide vom 11. November 2004 zurück. Rechtsgrundlage seien die Vorschriften der §§ 1, 3, 4, 6, 9 und 10 AbwAG sowie die Anlage zu § 3 AbwAG. Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG ermäßige sich für den jeweiligen Schadstoffparameter der reguläre Abgabesatz nach Abs. 4 um die Hälfte der Schadeinheiten, die nicht vermieden würden, obwohl der Inhalt des Bescheides nach § 4 Abs. 1 AbwAG mindestens den von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegten Anforderungen nach § 7a WHG entspreche und die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegten Anforderung nach § 7a WHG im Veranlagungszeitraum eingehalten würden. Diese Voraussetzungen lägen für die benannten Einleitungsstellen nicht vor. Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 AbwV, der einen Schwellenwert von 13 mg/l für Nges bestimme, stehe in keinem Alternativverhältnis zu Satz 4 dieser Regelung. Vielmehr handele es sich um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Der Zulassungsbehörde obliege eine Ermessensentscheidung im jeweiligen Einzelfall, ob eine Ausnahme von der Regel vorgenommen werden könne. Es bestehe nicht schon deshalb eine Ermessensbindung zu Gunsten des Anlagenbetreibers, weil er Investitionen zur Einhaltung des Überwachungswertes erbringen müsse. Eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin bei Zugrundelegung des Überwachungswertes von 13 mg/l liege im Ergebnis nicht vor. Zur weiteren Begründung nahm der Widerspruchsbescheid auf den Vortrag des Beklagten zum Verfahren 7 L 94/08 und 7 K 155/08 beim Verwaltungsgericht Cottbus Bezug.

Die Klägerin hat am 22. Dezember 2009 Klage erhoben.

Sie trägt zur Begründung vor, sie habe einen Anspruch auf hälftige Ermäßigung des Abgabebetrages nach § 9 Abs. 5 AbwAG für den Schadstoffparameter Nges. Die Versagung der Halbierung der Abgabe sei rechtswidrig. Maßgeblich für die Berechnung der Schadeinheiten sei der Inhalt des Bescheides, der den Überwachungswert festgelegt habe. Dies sei im Falle der Kläranlage ... und ... ein Wert von 18 mg/l, im Falle der Kläranlage ... ein Wert von 15 mg/l für Nges gewesen bei gleichzeitigem Nachweis einer Gesamtstickstofffrachtminderung von mindestens 70 %. Alle Klärwerke hätten in dem Veranlagungsjahr 2003 eine Stickstofffrachtminderung von über 80 % erzielt und lägen somit um ca. 10 % über der geforderten Mindestreinigungsleistung. Damit seien die Anforderungen der wasserbehördlichen Erlaubnis sowie die Anforderung nach § 3 AbwV und nach dem Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 AbwV erfüllt. Die im Anhang aufgeführten Alternativen „Einhaltung eines Überwachungswertes von 13 mg/l Nges“ oder „Einhaltung eines Überwachungswertes bis 25 mg/l Nges bei Verminderung der Gesamtstickstofffracht um mindestens 70 %“ spiegelten gleichermaßen den Stand der Technik hinsichtlich der allgemeinen Anforderungen im Sinne von § 7a WHG (a.F.) wider. Die Reinigungsleistung einer Kläranlage werde durch die abgebauten und zurückgehaltenen Schadstofffrachten ausgedrückt und nicht durch punktuelle (meist nur sechsmalige) behördliche Beprobungen. Dies entspreche dem Standard in der Europäischen Union bei der Evaluierung der gewässerpolitischen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. In einem ähnlich gelagerten Fall habe das Oberverwaltungsgericht Münster die Meinung vertreten, dass die Behörde bei der Festsetzung eines Erlaubniswertes eine Ermessensentscheidung zu treffen habe, unabhängig davon, ob zwischen den beiden Alternativen von Anhang 1 Teil C Abs. 1 AbwV ein Regel-Ausnahme-Verhältnis bestehe oder nicht. Diese Prüfung habe jedoch bei der Erteilung der wasserbehördlichen Erlaubnis stattzufinden und nicht bei der Berechnung der Abwasserabgabe, bei der die wasserbehördliche Erlaubnis lediglich die Berechnungsgrundlage darstelle. Wenn, wie im vorliegenden Fall, in der wasserbehördlichen Erlaubnis ein höherer Überwachungswert festgesetzt worden sei, der wegen der erreichten Gesamtstickstoffminderung gleichwohl dem Stand der Technik entspreche, dann sei dieser Wert auch die Berechnungsbasis für die Abwasserabgabe. Insofern seien die Ausführungen der Beteiligten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Cottbus zur wasserbehördlichen Erlaubnis für die Kläranlage ... nicht von Belang, denn in jenem Verfahren sei es nur um die Festsetzung eines Überwachungswertes von 13 mg/l Nges in einem Nachtrag zur wasserbehördlichen Erlaubnis gegangen, nicht aber um die Abwasserabgabenfestsetzung selbst. Im Übrigen sei es keineswegs unstreitig, dass die Einhaltung eines Überwachungswertes von 13 mg/l Nges bereits im Veranlagungsjahr 2003 verhältnismäßig gewesen sei. Richtig sei nur, dass es ihr in einigen Veranlagungsjahren gelungen sei, den Überwachungswert von 13 mg/l Nges in der amtlichen Überwachung einzuhalten. Hieraus könne nicht der Schluss gezogen werden, dieser Wert könne immer ohne zusätzliche bauliche und technische Veränderungen eingehalten werden; schließlich sei die Anlage ursprünglich auf einen Wert von 18 mg/l Nges ausgelegt gewesen und entsprechend gebaut worden.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Abwasserabgabenbescheide des Landesumweltamtes Brandenburg zur Festsetzung der Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr 2003 für die Einleitstelle der Kläranlage ... zum Geschäftszeichen: Ö6/AW/ot/1901/04, der Kläranlage ... zum Geschäftszeichen: Ö6/AW/ot/1902/04 und der Kläranlage ... zum Geschäftszeichen: Ö6/AW/ot/1903/04 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2009 insoweit aufzuheben, als der Klägerin die Halbierung der Abwasserabgabe gemäß § 9 Abs. 5 AbwAG nicht gewährt wurde. Die Abwasserabgabenforderung für das Veranlagungsjahr 2003 ist für die Kläranlage ... um 288.395,82 €, für die Kläranlage ... um 322.110,- € und für die Kläranlage ... um 216.726,35 € zu reduzieren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, Satz 1 und Satz 4 der Anlage 1 Teil C Abs. 1 AbwV stünden in einem Stufenverhältnis zueinander. Nur wenn im Einzelfall die Einhaltung der Vorgaben des Satzes 1 unverhältnismäßig sei, sei Satz 4 anwendbar. Nur dann entsprächen dessen Vorgaben im Einzelfall dem Stand der Technik. Werde Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 und 4 AbwV als Ermessensregelung aufgefasst, sei das Ermessen für die Anwendung von Satz 4 gleichsam durch das Erfordernis der Unverhältnismäßigkeit der Anwendung des Satzes 1 begrenzt.

Die Kläranlagen der Klägerin seien bereits im Jahr 2003 in der Lage gewesen, die Überwachungswerte von 13 mg/l Nges einzuhalten. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin auf etwaige Probleme durch betriebsorganisatorische Maßnahmen/Optimierungen, beispielsweise die Nutzung von Rückhaltebecken oder die Zuleitung von Abwasser an andere Kläranlagen, so hätte reagieren könne, dass im Sinne des § 6 Abs. 1 AbwV von fünf Überwachungswerten vier unterhalb des Grenzwertes gelegen hätten. Selbst bei unterstelltem Investitionsbedarf sei nicht ersichtlich, dass der Bedarf als unzumutbar eingestuft werden müsse. Für den zu erwartenden Investitionsbedarf hätte schon damals Vorsorge getroffen werden können. Vergleichbare andere Kläranlagen im Land Brandenburg hätten keine relevanten Probleme gehabt, den Überwachungswert von 13 mg/l für Nges einzuhalten. Der Umstand, dass die Einleiterlaubnisse im Veranlagungsjahr 2003 einen höheren Überwachungswert für Nges enthalten hätten, stehe dem nicht entgegen. Die Überwachungswerte seien damals noch nicht an die Vorgaben der 5. Änderung der Abwasserverordnung angepasst worden und spiegelten deshalb nicht den damals maßgeblichen Stand der Technik in Gestalt des Überwachungswertes von 13 mg/l für Nges wider. Ferner sei nach einem Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 24. Juli 2006 die Grundanforderung an die Abwasserreinigung bei Stickstoffeinleitungen dem Tabellenwert nach Satz 1 des Anhangs 1 Teil C Abs. 1 AbwV zu entnehmen.

Am 26. Oktober 2011 ist die Sache zusammen mit dem Verfahren VG 8 K 3130/09 vor der Kammer verhandelt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Sach- und Streitstand verwiesen, wie er sich aus der Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgängen (5 Hefte und 1 Aktenordner) ergibt.

Entscheidungsgründe

Die Kammer kann ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2011 hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide vom 11. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Bescheide vom 11. November 2004 sind nur insoweit angefochten worden, als der Beklagte zu dem Schadstoffparameter Nges keine Ermäßigung der Abwasserabgabe um die Hälfte vorgenommen hat. Die Versagung begegnet keinen Bedenken, denn die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Abwasserabgabe nach § 9 Abs. 5 Satz 1 des Abwasserabgabengesetzes - AbwAG - in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Umstellung der umweltrechtlichen Vorschriften auf den Euro vom 9. September 2002 (BGBl. I, 2331) sind nicht erfüllt gewesen.

Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG ermäßigt sich der Abgabesatz nach Absatz 4 um die Hälfte für die Schadeinheiten, die nicht vermieden werden, obwohl der Inhalt des Bescheides nach § 4 Abs. 1 AbwAG, also der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Betriebszulassung für die Kläranlage, oder die Erklärung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwAG mindestens den von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegten Anforderungen nach § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes entspricht (1.) und die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegten Anforderungen nach § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes im Veranlagungszeitraum eingehalten werden (2.).

1. Vorliegend entsprach der für die Klärwerke ... und ... durch die wasserrechtlichen Erlaubnisse vom 1. Dezember 1993 in der Fassung des dritten Nachtrags festgelegte Nges-Wert von 18 mg/l für den Veranlagungszeitraum 2003 nicht den damals von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegten Anforderungen nach § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG -. Gleiches gilt für den im wasserrechtlichen Erlaubnis- und Zulassungsbescheid vom 21. Dezember 1998 in der Fassung des sechsten Nachtrags für das Klärwerk ... festgelegten Überwachungswert von 15 mg/l für Nges.

Nach § 7a WHG in der damals geltenden Neufassung vom 19. August 2002 (BGBl. I, 3245) darf eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser nur dann erteilt werden, wenn die Schadstofffracht des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist. Die Bundesregierung legt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen fest, die dem Stand der Technik entsprechen (§ 7a Abs. 1 Satz 3 WHG). Diese Verordnung war für den Veranlagungszeitraum des Jahres 2003 die Abwasserverordnung in der Fassung der 5. Änderungsverordnung (BGBl. I 2002, 4057). In Anhang I unter C bestimmt sie diejenigen Anforderungen, die nach dem Stand der Technik an das Abwasser für die Einleitstellen je nach Größenklasse der Abwasserbehandlungsanlage und Schadstoffparameter zu erfüllen sind. Nach Satz 1 wird an das Abwasser für die Einleitungsstellen von Klärwerken der Größenordnung 5 (BSB5 – roh > 6000 kg/Tag) als Anforderung zum Parameter Nges gestellt, dass 13 mg/l nicht überschritten werden. Nach Satz 4 kann in der wasserrechtlichen Zulassung für Nges eine höhere Konzentration bis zu 25 mg/l zugelassen werden, wenn die Verminderung der Gesamtstickstofffracht mindestens 70 Prozent beträgt.

Daran gemessen, lässt sich feststellen, dass die jeweiligen wasserrechtlichen Erlaubnisse entgegen dem Vortrag der Klägerin weder einen Überwachungswert von 13 mg/l noch eine Verminderung der Gesamtstickstofffracht von mindestens 70 Prozent festgelegt hatten. Wie sich aus den nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten vollständigen Fassungen der Erlaubnisbescheide bzw. des Betriebszulassungs- und Erlaubnisbescheids ergibt, wurde für Nges allein auf die Einhaltung eines Überwachungswertes von 18 bzw. 15 mg/l abgestellt. Insofern entsprachen die damals gültigen wasserrechtlichen Erlaubnisse weder den für das Jahr 2003 geltenden Anforderungen der Technik nach Satz 1 noch nach Satz 4 des Anhangs I Teil C Absatz 1 AbwV.

2. Die Kläranlagen haben aber auch nicht die durch § 7a WHG in Verbindung mit der Abwasserverordnung für Nges geltenden Anforderungen im Veranlagungsjahr 2003 eingehalten. Im Jahr 2003 wurden nämlich für alle Kläranlagen in mindestens zwei von sechs amtlichen Beprobungen der Einleitungsstellen Werte von über 13,0 mg/l für Nges gemessen. Nach der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 AbwV gilt der nach der AbwV festgesetzte Wert aber nur dann als eingehalten, wenn die Ergebnisse der fünf letzten amtlichen Abwasseruntersuchungen in mindestens vier Fällen diesen Wert nicht überschritten haben. So liegt es hier gerade nicht, wie die Abgabenbescheide vom 11. November 2004 unter II. 2. tabellarisch und von der Klägerin unwidersprochen verdeutlichen. In diesem Zusammenhang kann der Umstand, dass die damals gültigen wasserrechtlichen Erlaubnisse noch höhere Überwachungswerte für Nges vorsahen, nicht dahin umgedeutet werden, dass hierdurch zugleich der Stand der Technik für den Ermäßigungstatbestand nach § 9 Abs. 5 AbwAG festgelegt worden wäre. Gedanklich ist auf den Unterschied zwischen der wasserrechtlichen Zulassung einerseits und den abwasserabgabenrechtlichen Folgen andererseits zu verweisen. Die wasserrechtliche Erlaubnis betrifft zunächst allein die Rechtmäßigkeit der Einleitung von Abwässern und hat sodann tatbestandliche Wirkung für die Ermittlung der Schädlichkeit des Abwassers nach § 4 Abs. 1 AbwAG. Die Ermäßigung einer Abgabe knüpft hingegen daran an, dass der Inhalt dieser Erlaubnis seinerseits den Anforderungen der Abwasserverordnung entspricht. Dies war aber im Veranlagungsjahr bezüglich des Überwachungswertes zu Nges von 13 mg/l gerade nicht der Fall. Wie der Beklagte ausführt, war der Überwachungswert noch nicht an die verschärften Anforderungen der am 1. August 2002 in Kraft getretenen 5. Änderungsverordnung angepasst worden.

3. Unabhängig von der Einhaltung des Überwachungswertes von 13 mg/l musste der Beklagte auch nicht alternativ eine Bestimmung des Standes der Technik nach Satz 4 des Anhangs 1 Teil C Abs. 1 AbwV ermessensfehlerfrei in Betracht ziehen, wie die Klägerin meint. Wie oben ausgeführt, hat die wasserrechtliche Erlaubnis tatbestandliche Wirkung als Grundlage der hierauf aufbauenden Festsetzung der nachfolgenden Abwasserabgaben nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AbwAG. Vergleichbar mit der Regelungssystematik des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO spricht Überwiegendes dafür, dass der Beklagte als die Abgaben erhebende Behörde, welche im Land Brandenburg nicht stets für die Erlaubniserteilung für Abwassereinleitungen zuständig ist (vgl. § 126 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BbgWG einerseits, § 10 BbgAbwAG andererseits), an die Festsetzungen der wasserrechtlichen Erlaubnis gebunden ist. Dies schließt es aus, im Rahmen der Abwasserabgabenerhebung Einwänden gegen die Bestimmungen der wasserrechtlichen Erlaubnis nachzugeben und auf diesem Weg die wasserrechtliche Erlaubnis zu unterlaufen. Richtigerweise ist vielmehr gegen die wasserrechtliche Erlaubnis selbst Rechtsschutz zu suchen, wie es die Klägerin im Falle der Kläranlage ... und die darauf bezogene Erlaubnis vom 4. August 2005 auch getan hat.

Aber selbst wenn man im vorliegenden Fall der Ansicht wäre, dass dem Beklagten, der infolge der Größe aller drei Kläranlagen zugleich auch für die wasserrechtlichen Erlaubnisse zuständig war, bezogen auf die Art und Weise, wie der Stand der Technik zu ermitteln ist, Ermessen zugestanden hätte, änderte dies am Ergebnis nichts. Zunächst lässt sich feststellen, dass Wortlaut und die Systematik der Regelungen im Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 und 4 AbwV in der Fassung der 5. Änderungsverordnung nur für ein sehr eingeschränktes Ermessen sprechen. Wie die Formulierung in Satz 4 „kann“ zeigt, darf die Behörde nur im Einzelfall von dem vorgegebenen tabellarischen Überwachungswert für die Anforderungen an Schmutzwasser nach Satz 1 für die wasserrechtliche Zulassung absehen. Damit stellt Satz 1 eine Regelanforderung dar, von der nur aufgrund besonderer Behördenentscheidung im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren und nur unter besonderen Umständen nach Satz 4 abgewichen werden kann (s. OVG Münster, Beschluss vom 12. Juli 2006 - 20 A 315/06 -; zit. nach juris). Dieses Stufenverhältnis wird auch unter Einbeziehung der zugrundeliegenden Regelungen nach § 7a Abs. 5 Satz 2 WHG in Verbindung mit Anhang 2 zu § 7a Abs. 5 WHG deutlich: Danach sind bei der Bestimmung des Standes der Technik die im Anhang aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Hierbei ist insbesondere die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen zu berücksichtigen. Bei der wasserrechtlichen Zulassung kann diese Verhältnismäßigkeit im Rahmen des nach Anhang 1 Teil C Abs. 1 unter Satz 4 AbwV vorgesehenen Ermessens herbeigeführt werden, ohne indes ein weitergehendes Ermessen zu eröffnen (OVG Münster, a. a. O.; ebenso im Anschluss daran VG Cottbus, Urteil vom 2. Juni 2010 - 7 K 155/08 -, S. 10 des E.A.).

Davon ausgehend überzeugt der klägerische Vortrag nicht, wonach das Festhalten an dem nach Anhang 1 Teil C Abs. 1 Satz 1 AbwV festgelegten Überwachungswert von 13 mg/l für Nges unverhältnismäßig gewesen sei. Nach den plausiblen und detaillierten Feststellungen und Erläuterungen des Beklagten in den Nachträgen zu den wasserrechtlichen Erlaubnissen vom 4. August 2005 sind die bestehenden technischen Vorrichtungen aller drei Kläranlagen bei entsprechender Betriebsführung, insbesondere unter Einsatz einer biologischen Phosphat- und Stickstoffeliminierung mittels Nitrifikation und Denitrifikation in der Lage, den Überwachungswert von 13 mg/l Nges auch ohne weitere Investitionen einzuhalten. Hinzu kommt, dass insbesondere die Kläranlage ... in den Jahren 2001 und 2002 diesen Wert bereits eingehalten hatte und nach den Messungen im Jahr 2003 nicht weit davon entfernt war, den geltenden Wert für Nges durchgängig einzuhalten. Wie das Verwaltungsgericht Cottbus in seinem Urteil vom 2. Juni 2010 ausgeführt hat, waren die amtlich gemessenen Ablaufwerte schon in den Jahren 1996 bis 2000 nahe an dem Grenzwert von 13 mg/l und häufig auch darunter (a. a. O. S., 12 E.A.). Nach Angaben des Beklagten in dem achten Nachtrag zum wasserrechtlichen Erlaubnisbescheid vom 4. August 2005 (S. 6 und 7 des Bescheids) sowie nach der Begründung des Urteils vom Verwaltungsgericht Cottbus vom 2. Juni 2010 (S. 13 des E.A.) hatte tatsächlich die Stilllegung des Klärwerks Falkensee im Februar 2003 und die dadurch erforderliche Aufleitung zusätzlicher Abwässer auf die Kläranlage ... Anteil an den im Jahr 2003 erhöhten Werten für Stickstoff. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Cottbus lässt dies den Schluss zu, dass die Überschreitungen des Grenzwertes betriebsorganisatorisch bedingt waren. Zugleich hielt es der Klägerin vor, dass sie die angebliche Unverhältnismäßigkeit nicht schlüssig dargelegt habe. Die behaupteten erforderlichen Investitionen in Höhe von 36 Mio. Euro beträfen einen zusätzlichen Bedarf, der bei unverändertem Betrieb der Kläranlage infolge der schon erreichten Ausbaustufe III W möglicherweise gar nicht erforderlich geworden wäre.

Diese Ausführungen betreffen der Sache nach nicht nur die Rechtmäßigkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis in der Fassung des 8. Nachtrags vom 4. August 2005, sondern gleichermaßen ihre Rechtmäßigkeit in der Fassung des 5. Nachtrags vom 20. Dezember 2002. Das Argument der Klägerin, die im Jahr 2008 vom Beklagten als unangemessen kurz erkannte Umsetzungsfrist belege die Unverhältnismäßigkeit der für erforderlich gehaltenen Maßnahmen zur Ertüchtigung des Klärwerkes ... bezüglich des Schadstoffparameters Nges, überzeugt nicht. Der Beklagte hat keinen Einfluss auf die Betriebsführung der Kläranlagen der Klägerin im engeren Sinn. Es stand im Jahr 2003 nicht in seiner Macht, die möglicherweise gebotene übergangsweise Weiterführung der Kläranlage Falkensee zu verfügen oder durch andere Verfahren die Einhaltung des Grenzwerts für Nges trotz Übernahme der vordem durch jene Kläranlage geklärten Abwässer zu gewährleisten oder Investitionen zu tätigen. Infolgedessen ist der Grund der Aussetzung der sofortigen Vollziehung im Jahr 2008 vor allem in der Sphäre der Klägerin, nicht aber in der objektiv gegebenen Unangemessenheit der erforderlichen Maßnahmen zu suchen.

Infolgedessen bedarf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, wie hoch der Aufwand zur Ertüchtigung der Klärwerke gewesen wäre, um im Jahr 2003 den Grenzwert für Nges einzuhalten, keiner Antwort, denn zur Überzeugung des Gerichts konnte der Überwachungswert bei entsprechender Betriebsführung, zumindest unter Anwendung der „4-aus-5-Regel“ eingehalten werden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung ist nach § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die zentrale Frage des Rechtsstreits zum Verhältnis von Satz 1 zu Satz 4 des Anhangs I Teil C Absatz 1 AbwV zur Bestimmung des Stands der Technik im Sinne von § 57 Abs. 2 Satz 1 WHG bezüglich des Schadstoffparameters Nges stellt sich auch nach dem geltenden Recht für eine unbestimmte Anzahl von Kläranlagen der Größenklasse 4 und 5.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 827.232,16 € festgesetzt. Dies entspricht der Summe der begehrten Abgabeermäßigungen für die drei Kläranlagen ... , ... und ... für das Jahr 2003 aus den angefochtenen Festsetzungsbescheiden (§ 52 Abs. 3 GKG).