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Kurialzulage - "Ost-West-Ausgleich" - Arbeitslosengeld - Bemessungsentgelt - beitragspflichtiges Arbeitsentgelt - Trinkgeld


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 14. Senat Entscheidungsdatum 12.01.2012
Aktenzeichen L 14 AL 305/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 117 SGB 3, § 129 Nr 1 SGB 3, § 130 Abs 1 SGB 3, § 132 Abs 1 SGB 3, § 134 Abs 1 S 1 SGB 3, § 342 SGB 3, § 14 Abs 1 S 1 SGB 4, § 14 Abs 1 S 3 SGB 4, § 3 Nr 12 EStG, § 3 Nr 26 EStG, § 3 Nr 51 EStG, § 32 Abs 1 EStG, § 32 Abs 3 EStG, § 32 Abs 4 EStG, § 32 Abs 5 EStG, § 1 ArEV, § 2 ArEV, § 3 ArEV

Leitsatz

Eine Kurialzulage und ein "Ost-West-Ausgleich" sind beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und deswegen bei der Bemessung von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Juli 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, ihren Bescheid vom 2. oder 3. September 2004 zu ändern und dem Kläger höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines um die Kurialzulage und den „Ost-West-Ausgleich“ erhöhten Bemessungsentgelts zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger beansprucht – im Zugunstenverfahren – höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer „Kurialzulage“ und eines „Ost-West-Ausgleichs“.

Der am 1964 geborene, verheiratete Kläger, der Vater mehrerer zwischen 1990 und 2003 geborener Kinder ist, war vom 1. August 2001 bis zum 31. Juli 2004 aufgrund eines am 1. August 2001 zwischen ihm und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung, dieser vertreten durch den Leiter des Katholischen Militärbischofsamtes, geschlossenen – zunächst bis zum 15. November 2003 und später bis zum 31. Juli 2004 befristeten – Arbeitsvertrages als Sachbearbeiter beim Katholischen Militärbischofsamt in B beschäftigt. Er erhielt eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe IVb der Vergütungsordnung (Anlage 1a) zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O). Vom 1. August 2003 bis 31. Juli 2004 erzielte er eine – ihm durch die Wehrbereichsverwaltung Ost gezahlte – Vergütung in Höhe von insgesamt 39.311,71 Euro; die Vergütung für November 2003 betrug (einschließlich eines „Weihnachtsgeldes“) 5.037,80 Euro. Von dieser Vergütung wurden Lohnsteuer (berechnet nach der Steuerklasse III), Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag sowie Arbeitnehmeranteile der Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung (einschließlich zur Beklagten) einbehalten. Daneben zahlte ihm die Katholische Soldatenseelsorge (Anstalt des öffentlichen Rechts) in diesem Zeitraum eine „Kurialzulage“ in Höhe von 181,45 Euro monatlich sowie einen „Ost-West-Ausgleich“ in Höhe von 288,80 Euro monatlich für die Monate August bis Oktober 2003 und in Höhe von 291,88 Euro für die Monate November 2003 bis Juli 2004. Davon zog die Katholische Soldatenseelsorge (nach der Steuerklasse VI berechnete) Lohn- sowie Kirchensteuer ab. Des Weiteren führte sie pauschal berechnete Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung (ohne Arbeitnehmeranteil) ab.

Nach einer im Berufungsverfahren erteilten Auskunft der Katholischen Soldatenseelsorge seien diese Zahlungen „freiwillige Leistungen“. Im Haushaltsvoranschlag für 1975 des Haushalts des Katholischen Militärbischofs sei die (dort „Stellenzulage“ benannte) Kurialzulage mit folgenden Worten festhalten worden:

„Den Bediensteten des Generalvikariats des Katholischen Militärbischofs und des Katholischen Militärbischofsamtes wird in Angleichung an die Bundesministerien im Raume Bonn eine 12,5%ige Stellenzulage gezahlt.“

Im Jahre 1977 sei diese Erläuterung in folgender Weise ergänzt worden:

„Die Kurialzulage wird für alle Mitarbeiter (…) der Kurie als einer obersten kirchlichen Dienststelle u. a. deswegen gewährt, weil durch die Zusammenarbeit kirchlicher Bediensteter und Bundesbediensteter erhöhte Anforderungen durch die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Kenntnis des jeweils anderen Gebietes gestellt werden. Rechnerischer Anhaltspunkt für die Festsetzung der Kurialzulage ist die Regelung betreffend Stellenzulagen der obersten Bundesbehörden.“

Die Leistung des Ausgleichs zwischen der Vergütung Ost und West beruhe auf einem Beschluss der Referentensitzung der Kurie vom 4. Dezember 2000. Dort sei festgehalten, dass Mitarbeiter, die die Vergütung nach dem Tarif Ost erhielten, grundsätzlich wie die übrigen Mitarbeiter der Katholischen Soldatenseelsorge behandelt werden sollten. Auch diese Leistung sei freiwillig und jederzeit widerruflich.

Nachdem sich der Kläger am 27. Juli 2004 (mit Wirkung zum 1. August 2004) arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte und gewährte die Beklagte ihm Arbeitslosengeld ab dem 1. August 2004 bis zum 26. Juli 2005 (Bescheid vom 2. oder 3. September 2004). Der Bemessung legte sie ein Arbeitsentgelt in Höhe von 38.523,91 Euro zugrunde (wobei sie für November 2003 ein Arbeitsentgelt bis zur Höhe von 4.250 Euro berücksichtigte). Daraus errechnete sie ein wöchentliches Arbeitsentgelt in Höhe von 738,01 Euro bzw. ein (gerundetes) Bemessungsentgelt in Höhe von 740 Euro.

Am 19. Oktober 2004 beanstandete der Kläger (augenscheinlich fernmündlich), dass der Leistungssatz zu niedrig sei. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2004 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bewilligungsbescheides vom „02.09.04“ nach § 44 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) ab, da weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Den vom Kläger am 26. November 2004 erhobenen Widerspruch, mit dem dieser geltend machte, dass bei der Bemessung die Kurialzulage und der Ost-West-Ausgleich nicht berücksichtigt worden seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2005 zurück. Für die von der Katholischen Soldatenseelsorge gezahlten Leistungen seien keine Beiträge für die Arbeitslosenversicherung entrichtet worden. Sie könnten deshalb bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes nicht berücksichtigt werden. Der Widerspruchsbescheid ging dem Kläger am 2. August 2005 zu.

Die daraufhin am 2. September 2005 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger geltend gemacht hat, dass sämtliche Zahlungen – auch die der Katholischen Soldatenseelsorge – auf einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis beim Katholischen Militärbischofsamt beruhten, hat das Sozialgericht Potsdam durch Urteil vom 23. Juli 2008 abgewiesen und zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2005 verwiesen.

Mit seiner am 8. September 2008 (Montag) eingelegten Berufung gegen das ihm am 6. August 2008 zugestellte Urteil verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er führt aus, dass er aufgrund eines Arbeitsvertrages beim Katholischen Militärbischofsamt gearbeitet habe. Die „zweigeteilte“ Abrechnung könne nicht zu seinen Lasten gehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 2. oder 3. September 2004 zu ändern und ihm höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der ihm gezahlten Kurialzulage und des Ost-West-Ausgleichs zu gewähren.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung anerkannt, dass dem Kläger höheres Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 753,10 Euro bzw. eines (gerundeten) Bemessungsentgelts in Höhe von 755 Euro zu gewähren sei, und beantragt im Übrigen,

die Berufung zurückzuweisen,

die – soweit sie über das von ihr abgegebene Anerkenntnis hinausgehe – unbegründet sei. Die von der Katholischen Soldatenseelsorge gezahlten Leistungen, auf die der Kläger einen Rechts-anspruch nicht gehabt habe, seien nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen.

Der Kläger hat das von der Beklagten ausgesprochene (Teil-)Anerkenntnis angenommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die dem Senat von der Katholischen Soldatenseelsorge erteilten Auskünfte sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) und auch im Übrigen zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers erweist sich, soweit der Senat nach dem der Regelung in § 23a Abs. 3 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Rechnung tragenden und vom Kläger angenommenen (Teil-)Anerkenntnis der Beklagten (durch das sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat – § 101 Abs. 2 SGG) darüber noch zu befinden hat, als begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2005 ist aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bewilligungsbescheid vom (2. oder 3.) September 2004 (teilweise) aufzuheben bzw. zu ändern und dem Kläger höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung der ihm gezahlten Kurialzulage und des „Ost-West-Ausgleichs“ zu gewähren, da die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom (2. oder 3.) September 2004 von einem sich als unrichtig erweisenden Sachverhalt ausgegangen ist bzw. das Recht unrichtig angewandt hat und dem Kläger deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht hat (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Sie hat bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die dem Kläger von der Katholischen Soldatenseelsorge erbrachten Zahlungen zu Unrecht nicht berücksichtigt und ihm deshalb ein zu niedriges Arbeitslosengeld gewährt.

Der Kläger hat(te) ab dem 1. August 2004 Anspruch auf Arbeitslosengeld, da er ab diesem Tag arbeitslos war, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatte (§ 117 Abs. 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB III]). Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Hinweise darauf, dass eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt sein könnte, ergeben sich weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch aus anderen Umständen.

Die Höhe des dem Kläger, der mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat(te), zustehenden Arbeitslosengeldes beträgt 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelts), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt) ; § 129 Nr. 1 SGB III. Bemessungsentgelt ist das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Entgelt. Der Bemessungszeitraum umfasst die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren (§ 130 Abs. 1 SGB III). Entgelt, von dem Beiträge nicht zu erheben sind, bleibt außer Betracht (§ 132 Abs. 1 SGB III). Für Zeiten in einer Beschäftigung ist als Entgelt (nur) das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, das der Arbeitslose erzielt hat (§ 134 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Beitragspflichtige Einnahme ist bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt (§ 342 SGB III). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr. 26 EStG genannten steuerfreien Einnahmen (aus bestimmten nebenberuflichen Tätigkeiten) gelten nicht als Arbeitsentgelt (§ 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Ferner sind nach § 1 der auf § 17 SGB IV beruhenden, bis zum 31. Dezember 2006 geltenden und hier noch maßgeblichen Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV nichts Abweichendes ergibt. Außerdem sind bestimmte, in § 2 ArEV genannte Zahlungen nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Unerheblich ist, ob Zahlungen vom Arbeitgeber oder von einem Dritten erbracht werden, sofern sie der Arbeitnehmer vernünftigerweise als Frucht seiner Leistung für den Arbeitgeber ansehen muss (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 17. Februar 2011 – B 10 EG 17/09 R – unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).

Demgemäß sind aber (auch) die dem Kläger im vom 3. August 2003 bis 31. Juli 2004 (52 Wochen) dauernden Bemessungszeitraum erbrachte Kurialzulage und der „Ost-West-Ausgleich“ als – beitragspflichtiges – Arbeitsentgelt anzusehen. Diese Zahlungen sind ihm – wenn auch nicht vom Arbeitgeber (der Bundesrepublik Deutschland), sondern von einer der „Beschäftigungsdienststelle“ des Klägers (dem Katholischen Militärbischofsamt) nahestehenden Anstalt – gerade im Hinblick auf sein Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis erbracht worden, so dass er sie vernünftigerweise als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung ansehen durfte bzw. musste. Dies ist auch der Auskunft der Katholischen Soldatenseelsorge vom 25. November 2008 zu entnehmen, die darin diese Zahlungen – vielleicht unbewusst, aber gerade deshalb treffend – als „Vergütungsbestandteile“ bezeichnet hat. Im Übrigen ist unerfindlich, wofür, wenn nicht für die Arbeitsleistung des Klägers, diese Zahlungen geleistet worden sein sollen. Ob darauf möglicherweise kein Rechtsanspruch bestand (wie die Katholische Soldatenseelsorge betont, was aber füglich bezweifelt werden mag), ist schon nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV („gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht“) unerheblich und deshalb hier nicht weiter zu klären.

Diese Leistungen gelten auch nicht aufgrund einer Bestimmung der Arbeitsentgeltverordnung nicht als Arbeitsentgelt. Weder die Kurialzulage noch der „Ost-West-Ausgleich“ sind als Bezug, Einnahme, Zuwendung oder sonstige Leistung nach § 2 ArEV anzusehen. Sie waren nicht nach den in § 2 Abs. 1 ArEV in Bezug genommenen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes pauschal zu versteuern und sind auch tatsächlich nicht pauschal, sondern individuell (nach der Steuerklasse VI) versteuert worden. Ebenso wenig sind sie zu den in § 2 Abs. 2 ArEV genannten Bezügen, Zuschüssen, Zuwendungen oder sonstigen Zahlungen zu rechnen. Sie sind auch nicht nach § 1 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Dies setzte voraus, dass sie „lohnsteuerfrei“ gewesen wären. Dies ist aber gleichfalls nicht der Fall. Insbesondere sind diese Leistungen nicht als „Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist“ (§ 3 Nr. 51 EStG), anzusehen. Selbst falls diese Zahlungen – wie die Katholische Soldatenseelsorge meint – freiwillig geleistet worden sein sollten, lassen sie sich nicht als „Trinkgelder“ verstehen. Auch wenn Trinkgelder nicht ausschließlich Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe, Friseuren, (Kraft-)Droschkenkutschern, Garderobenfrauen oder Boten, sondern auch anderen Erwerbstätigen gegeben werden sollten, so ist ihnen doch eigentümlich, dass sie vom Empfänger der jeweiligen Arbeits- oder Dienstleistung (Gast, Kunde, Fahrgast) deren Erbringer als materieller Ausdruck einer Anerkennung in beliebiger Höhe („willkürlich“) zugewendet werden. Abgesehen davon, dass eine solche Form der Anerkennung für eine Dienst- oder Arbeitsleistung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Deutschland nicht nur unzulässig sein dürfte, sondern auch unüblich ist, ist die Katholische Soldatenseelsorge nicht Empfänger irgendeiner ihr „persönlich“ vom Kläger erbrachten Leistung, für die sie sich mit einem „Trinkgeld“ hätte bedanken wollen. Zudem werden die fraglichen Zahlungen (auch wenn sie freiwillig sein sollten) durchaus nicht „willkürlich“ und schon gar nicht in beliebiger Höhe, sondern nach festgelegten Regelungen geleistet. Freilich macht diese Bestimmung deutlich, dass regelmäßig auch „anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne Rechtsanspruch gegebene“ Zuwendungen (auch) steuerrechtlich Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (Arbeitsentgelt) sind. Es besteht kein Grund, dies sozial(versicherungs)rechtlich anders zu sehen.

Schließlich sind diese Leistungen nicht als nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfreie, im Haushaltsplan (der Katholischen Soldatenseelsorge) als solche ausgewiesene „Aufwandsentschädigung“ anzusehen. In Betracht käme dies ohnehin allenfalls für die Kurialzulage. Aus der Auskunft der Katholischen Soldatenseelsorge vom 23. Juli 2009 ergibt sich aber, dass diese Anstalt selbst diese Zulage keineswegs als steuerfrei ansieht und vor allem, dass sie nicht zum Ausgleich eines erhöhten Aufwandes gewährt wird, sondern wegen der (vermeintlich) erhöhten Anforderungen an die in der Kurie tätigen Mitarbeiter. Dass und wodurch diesen ein erhöhter Aufwand entstehen würde, ist nicht ersichtlich.

Nach alledem sind sowohl die Kurialzulage wie auch der „Ost-West-Ausgleich“ als – beitragspflichtiges – Arbeitsentgelt anzusehen und dementsprechend auch bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen, was die Beklagte zu Unrecht unterlassen hat. Darauf, ob für diese Bestandteile des Arbeitsentgelts Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt worden sind, kommt es nicht an (Gegenschluss aus § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III: „Entgelt, von dem Beiträge nicht zu erheben sind, bleibt außer Betracht.“).

Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Berufung des Klägers Erfolg hat.

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), um der Beklagten, die sich einer unzutreffenden, wenn auch möglicherweise mit der Einzugstelle abgestimmten Vorstellung einer Anstalt des öffentlichen Rechts über die Beitragspflicht von ihr erbrachter Zahlungen anschließt, eine Klärung durch das oberste Bundesgericht zu ermöglichen.