Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 06.10.2017 | |
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Aktenzeichen | VG 6 L 585/17 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2017:1006.6L585.17.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Der Antrag des Antragstellers,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Grundstück des Antragstellers vorläufig über den 6. Oktober 2017 hinaus mit Trinkwasser zu versorgen, indem die bisherige Verbindung zur öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage unter Verwendung des über das Flurstück 202/3 verlaufenden Hausanschlusses beibehalten, erforderlichenfalls wieder hergestellt wird,
hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, also eine besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) sind von ihm glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung.
Hier hat der Antragsteller schon das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Soweit er diesbezüglich einzig geltend gemacht hat, dass es ihm nicht zumutbar sei, den Bedarf an hygienisch unbedenklichem Trinkwasser anderweitig zu decken, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn der Antragsgegner hat – insoweit handelt es sich vorliegend um eine andere Sachlage als diejenige, die dem von dem Antragsteller zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 16. September 2016 – VG 4 L 453/16 – zugrunde lag – nicht angekündigt, die Wasserversorgung des Grundstückes des Antragstellers vollständig einzustellen. Den vorgelegten Schreiben vom 10. August 2017 und vom 19. September 2017 lässt sich eine derartige Aussage nicht entnehmen, vielmehr geht aus diesen lediglich hervor, dass die Wasserversorgung nunmehr über den neuen Trinkwassergrundstücksanschluss erfolgen soll, insoweit aber auch erfolgen kann und wird. Dessen einstweilige Inanspruchnahme durch den Antragsteller erscheint auch im Hinblick auf die dafür erforderlichen baulichen Maßnahmen zumutbar; eine besondere Eilbedürftigkeit hinsichtlich einer Trinkwasserversorgung ausschließlich über den bisherigen Anschluss ist nicht erkennbar.
Ebenso wenig ist ein Anordnungsanspruch gegeben. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Beibehaltung der Trinkwasserversorgung über seinen bisherigen Hausanschluss.
Nach § 9 WVS wird der Hausanschluss von dem Zweckverband hergestellt, erneuert, verändert, beseitigt und unterhalten (Abs. 1). Der Zweckverband bestimmt Anzahl, Nennweite und Führung des Hausanschlusses und bestimmt, wo und wann an welche Versorgungsleitung anzuschließen ist (Abs. 2). Dabei können begründete Wünsche des Grundstückseigentümers unter Beachtung der technischen und örtlichen Gegebenheiten und unter Abwägung der Belange des Zweckverbandes und des Grundstückseigentümers berücksichtigt werden.
Hieraus kann der Antragsteller keinen Anspruch auf Beibehaltung seines bisherigen Trinkwasseranschlusses herleiten.
Der Antragsgegner hat sachliche Gründe vorgetragen, die die gegenüber dem Antragsteller ergangene Aufforderung, sich an die neue Versorgungsleitung anzuschließen, hinreichend rechtfertigt. Er hat nachvollziehbar und unter Vorlage entsprechender Planzeichnungen dargelegt, dass die Verlegung einer neuen Versorgungsleitung durch den aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses vom 10. Februar 2016, Az. 51125/101-511ppa/039-3276, derzeit erfolgenden Streckenausbau der Deutschen Bahn AG im Hinblick auf die Kreuzung der Bahnlinie mit der Versorgungsleitung erforderlich und zudem deshalb geboten war, weil es sich bei der bisherigen, 1975 verlegten Versorgungsleitung um eine dem Stand der Technik nicht mehr entsprechende Asbestzementleitung handelt. Mittlerweile sind sämtliche bisher an die alte Versorgungsleitung angeschlossenen Grundstücke an die neue Leitung umgebunden worden, mit Ausnahme des Antragstellers, der derzeit noch mittels einer sog. Stichleitung über die alte Versorgungsleitung mit Trinkwasser versorgt wird. Diesbezüglich hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass zum einen auch die Stichleitung durch die Baumaßnahmen stark angegriffen ist und dass die alte Versorgungsleitung vor der ab dem 9. Oktober 2017 seitens der … erfolgenden Asphaltierung der …straße, unter der die Trennstelle der alten Leitung verläuft, nunmehr gänzlich außer Betrieb genommen werden muss. Zum anderen besteht nach dem Vortrag des Antragstellers aufgrund des Umstandes, dass über die alte Leitung nur noch der Antragsteller versorgt wird, mangels des erforderlichen Durchflusses die Gefahr, dass die Trinkwasserqualität nicht mehr aufrecht erhalten bleiben kann, und dass es durch Rückflüsse in das öffentliche Versorgungsnetz auch dort zu hygienischen Beeinträchtigungen (Verkeimung) kommt.
Soweit der Antragsteller dementgegen darauf verweist, dass die Erneuerung der öffentlichen Versorgungsleitung für sich genommen keinen Grund darstelle, diese nicht an seinen bisherigen Hausanschluss anzulegen, vermag er andererseits aber auch nicht darzulegen, hierauf einen Anspruch zu haben bzw. dass die hier erfolgte Errichtung des neuen Hausanschlusses rechtswidrig ist. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass der Zweckverband nicht verpflichtet ist, im Zuge der Erneuerung der Versorgungsleitung den Hausanschluss des Antragstellers über das Vorderliegergrundstück hinweg bis an die Grenze des Grundstückes des Antragstellers zu verlegen bzw. aufrecht zu erhalten. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 WVS beginnt der Hausanschluss, der aus der Verbindung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung mit der Kundenanlage besteht, an der Abzweigstelle der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung und endet mit der Hauptsperrvorrichtung, die nach Absatz 2 der Regelung die erste Armatur auf dem Grundstück ist, mit der die gesamte nachfolgende Wasserverbrauchsanlage einschließlich Wasserzähleranlage abgesperrt werden kann. Die Kundenanlage beginnt nach Absatz 3 der Regelung hinter der Hauptsperrvorrichtung. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, der sich die Kammer anschließt, gibt es regelmäßig keinen vernünftigen Grund dafür, warum die satzungsmäßig für den „Normalfall“ des unmittelbar an die Straße angrenzenden Grundstückes bestimmte Grenze der Verantwortungsbereiche von Versorger und Grundstückseigentümer im – wie hier vorliegenden – Falle eines Hinterliegergrundstückes weiter vom Kanal und von der Straße entfernt sein sollte. Vielmehr dürfte der Zweckverband nicht gehalten sein, für Hinterliegergrundstücke mehr tun zu müssen als für unmittelbar an die Straße angrenzende Grundstücke, bei denen die Herstellungs- als auch die Unterhaltungs- und Wartungspflichten des Verbandes regelmäßig an der straßenseitigen Grundstücksgrenze enden (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2011 – OVG 9 S 63.10 -, juris Rn. 7; und Beschluss vom 2. Dezember 2014 – OVG 9 N 114.13 -, juris Rn. 6).
Dass vorliegend etwas anderes gilt, hat der Antragsteller nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere kann er sich nicht mit Erfolg darauf stützen, dass hinsichtlich des neu errichteten Trinkwasseranschlussschachtes keine auf Dauer rechtlich und tatsächlich gesicherte Anschlussmöglichkeit bestehe. Entgegen seiner Auffassung ist vorliegend vielmehr davon auszugehen, dass für sein über ein dinglich gesichertes Wegerecht zu Lasten des Vorderliegergrundstückes erschlossenes Wohngrundstück gemäß § 44 des Brandenburger Nachbarrechtsgesetzes auch ein Notleitungsrecht besteht, ohne dass es hierfür angesichts der klaren und weitreichenden, sowohl für die Verlegung einer neuen Leitung als auch für die Duldung einer bereits verlegten Leistung geltenden Regelungen des Abschnitts 10 des Brandenburger Nachbarrechtsgesetzes einer weiteren dinglichen Absicherung bedürfte (vgl. Verwaltungsgericht Cottbus, Urteil vom 20. Dezember 2016 – VG 6 K 1014/13 -, juris Rn. 30 ff., 37). Denn gemäß § 44 Abs. 1 BbgNRG muss der Eigentümer eines Grundstückes dulden, dass der Eigentümer des Nachbargrundstückes durch das Vorderliegergrundstück auf eigene Kosten Versorgungs- und Abwasserleitungen hindurchführt, wenn das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig, der Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz anders nicht möglich und die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich ist.
Das ist hier der Fall, insbesondere besteht für das gefangene Hinterliegergrundstück des Antragstellers keine andere Möglichkeit der Erschließung, wovon nach Sinn und Zweck der Regelung nur dann ausgegangen werden könnte, wenn der Anschluss an das Trinkwassernetz anders als über das Vorderliegergrundstück möglich wäre. Insoweit geht der Hinweis des Antragstellers auf den bisherigen Anschluss fehl, der gerade keine andere Möglichkeit der Erschließung als über das Vorderliegergrundstück darstellt. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die zukünftig an der straßenseitigen Grundstücksgrenze des Vorderliegergrundstückes vorzunehmende Ablesung des Wasserzählers eine erhebliche Beeinträchtigung für die Eigentümerin des Vorderliegergrundstückes darstellen würde. Gleiches gilt, soweit der Antragsgegner darauf verwiesen hat, dass für den erforderlichen Anschluss an die neue Versorgungsleitung die bereits im Vorderliegergrundstück liegende Leitung lediglich um ca. 3 Meter zu verlängern ist. Im Übrigen hat der Antragsteller auch nicht vorgetragen, dass die Eigentümerin des Vorderliegergrundstückes etwa ihre Zustimmung zu der erforderlichen Leitungsverlegung verweigert hätte.
Allein dass der erstmalige Anschluss auf dem das Grundstück des Antragstellers erfolgte, hindert die nunmehr vorgenommene Verlegung des Hausanschlusses an der straßenseitigen Grundstücksgrenze des Vorderliegergrundstückes im Hinblick auf die Ermächtigung in § 9 WVS nicht. Der Antragsteller ist jedenfalls mit Schreiben vom 10. August 2017 hinreichend und in einem angemessenen Zeitrahmen über die Errichtung des neuen Trinkwasseranschlusses und das sich daraus ergebende Erfordernis zum Anschluss seines Grundstückes informiert worden. Es war und ist ihm nach wie vor möglich und zuzumutbar, sein Grundstück dementsprechend an die neue Versorgungsleitung anzuschließen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes, wobei der mangels anderweitiger Anhaltspunkte zu Grunde gelegte Auffangstreitwert im Hinblick auf die Vorläufigkeit der begehrten Entscheidung zu halbieren war.