Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.02.2011 | |
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Aktenzeichen | VG 1 K 617/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 195 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 204 Abs 1 Nr 1 BGB, § 212 Abs 1 Nr 1 BGB, § 55 HSchulG BB |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Klägerin begehrt die Vergütung ihrer im Rahmen eines Lehrauftrags erbrachten Tätigkeit.
Unter dem 7. April 2003 erteilte die Beklagte der Klägerin "auf der Grundlage des § 55 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes … einen Lehrauftrag" für das Sommersemester 2003 für das Lehrgebiet "…" im Studiengang Informatik. Als Veranstaltungsart wurden Vorlesung und Seminar angegeben. Der Zeitumfang sollte 4,0 insgesamt 60 Stunden betragen. Weiter führte die Beklagte aus:
"Der Lehrauftrag begründet ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art zur Fachhochschule X; er begründet kein Dienstverhältnis.
Die Vergütung beträgt für jede tatsächlich geleistete Einzelstunde 25,56 Euro. …
Bedingungen des Lehrauftrags: Der Lehrauftrag schließt die Verpflichtung ein, nach Maßgabe der Studien- und Prüfungsordnungen an Prüfungen teilzunehmen. Mit der Lehrtätigkeit zusammenhängende Korrekturen und sonstige Tätigkeiten wie Vor- und Nachbereitung für die Lehrveranstaltung und die Teilnahme an Besprechungen sowie die Aufsicht bei Prüfungsarbeiten sind mit der Vergütung abgegolten. …
Zur Anweisung der Lehrauftragsvergütung bitte ich innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Semesters die vom zuständigen Dekan bestätigte Honorarrechnung über die Durchführung des Lehrauftrags in einfacher Ausführung einzureichen …"
Der Dekan des Fachbereichs Informatik/Elektrotechnik/Maschinenbau der Beklagten wandte sich mit Schreiben vom 25. November 2004 an die Klägerin und bat um kurzfristige Übersendung der Honorarabrechnung.
Mit Fax-Schreiben vom 9. Dezember 2004 erklärte die Klägerin, dass sie einen Teil der korrigierten Klausuren übersende. Die restlichen korrigierten Klausuren erhalte die Beklagte bis zum 12. Dezember 2004. Dem Fax beigefügt war eine "Notenverbuchungsliste" für die Prüfung "LN Medienrecht".
Mit Fax-Schreiben vom 16. Dezember 2004 erklärte die Klägerin, dass sie in der Anlage die Noten für zwei Studenten übersende. Die Klausuren habe sie mit heutiger Post übersandt. Dem Fax beigefügt war eine "Notenverbuchungsliste" für die Prüfung "LN Medienrecht".
Der Kanzler der Beklagten forderte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Mai 2003 unter dem Betreff "Korrektur der Leistungsnachweise im Fach DV-Recht/Datensicherheit" auf, in Erfüllung des Lehrauftrags vom 7. April 2003 nunmehr die Leistungsnachweise für das genannte Fach vorzunehmen und die Ergebnisse dem Prüfungsamt mitzuteilen. Die angeblich mit dem Schreiben vom 16. Dezember 2004 per Post übersandten Klausuren seien nicht eingegangen.
Unter dem 7. Juni 2005 reichte die Klägerin per Fax bei der Beklagten die Ergebnisse des Fachs DV-Recht/Datensicherheit ein und erklärte, dass die Originalklausuren in den nächsten Tagen eingehen würden.
Mit Schreiben vom 14. November 2005 bat der Dekan des Fachbereichs Informatik/Elektrotechnik/Maschinenbau die Klägerin erneut um Übersendung der ausgefüllten Honorarabrechnung für die Abrechnung des Lehrauftrags im Sommersemester 2003.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 31. Dezember 2008, den sie nach eigenem Bekunden am selben Tag per Fax übersandt hat und der am 7. Januar 2009 im Original einging, Klage beim Amtsgericht Senftenberg erhoben, das die Klageschrift der Beklagten am 9. März 2009 zugestellt hat. Das Amtsgericht hat sich mit Beschluss vom 3. Juli 2009 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass sie die Vorlesungen entsprechend dem Lehrauftrag vom 7. April 2003 gehalten und die Klausuren gestellt, korrigiert und benotet an den Auftraggeber zurückgegeben habe. Mit der Abrechnung vom 29. Dezember 2006 habe sie den Auftrag abgerechnet. Eine Verjährung liege nicht vor. Die Beklagte habe die Forderung anerkannt, indem sie sie mit Schreiben vom 3. Dezember 2003 zur Abrechnung aufgefordert habe. Zudem sei mit der Übersendung der Klage die Honorarrechnung fristwahrend übersandt worden und dadurch die Verjährung unterbrochen worden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur verurteilen, an sie einen Betrag von 1.334,88 € nebst 8 % Zinsen jährlich über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass bei ihr weder der ausgefüllte Vordruck der Honorarabrechnung noch die Abrechnung der Klägerin vom 29. Dezember 2006 eingegangen seien. Der Bescheid vom 7. April 2003 enthalte in der Sache zwei Lehraufträge für das Sommersemester 2003 zum einen für das Fach Medienrecht und zum anderen für das Fach DV-Recht/Datensicherheit. Der erste Lehrauftrag sei von der Klägerin mit der vollständigen Übersendung der Prüfungsergebnisse am 16. Dezember 2004 erfüllt worden. Der zweite Lehrauftrag sei von der Klägerin mit der vollständigen Übersendung der Prüfungsergebnisse am 7. Juni 2005 erfüllt worden. Die Ansprüche der Klägerin auf Vergütung der Lehraufträge seien unter Umständen mit der vollständigen Erfüllung der Lehraufträge am 16. Dezember 2004 und 7. Juni 2005 entstanden. Entsprechend der regelmäßigen Verjährungsfrist sei der Anspruch auf Vergütung des ersten Lehrauftrags am 1. Januar 2008 und der des zweiten Lehrauftrags am 1. Januar 2009 verjährt. Die Rechnung zu den Lehraufträgen sei ihr (der Beklagten) am 9. März 2009 zugegangen. Die Klage beim Amtsgericht sei am 7. Januar 2009 erhoben worden. Die Vergütung aus den Lehraufträgen könne nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakte I) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 1.334,88 € als Vergütung ihrer Tätigkeit als Lehrbeauftragte im Sommersemester 2003.
Der Vergütungsanspruch der Klägerin aus dem ihr am 7. April 2003 erteilten Lehrauftrag ist verjährt. Die Verjährung des Vergütungsanspruches eines Lehrbeauftragten gemäß § 55 Abs. 4 des im Zeitraum des Lehrauftrags geltenden Gesetzes über die Hochschulen des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Hochschulgesetz - BbgHG) vom 20. Mai 1999 (GVBl. I S. 130), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. März 2003 (GVBl. I S. 42), regelt sich in entsprechender Anwendung der Bestimmungen der §§ 194 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Zwar handelt es sich bei diesem Vergütungsanspruch, der synallagmatisch verknüpft ist mit der Verpflichtung des Lehrbeauftragten, die ihm übertragene Lehraufgabe selbständig wahrzunehmen (vgl. Waldeyer in Hailbronner/Geis, HRG, § 55 Rn. 41; Peine in Knopp/Peine, BbgHG, 2010, § 56 Rn. 21), vor dem Hintergrund der Regelung des § 55 Abs. 3 S. 1 BbgHG, nach der der Lehrauftrag ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art zur Hochschule und kein Dienstverhältnis begründet (die Beklagte hat dementsprechend im Lehrauftrag vom 7. April 2003 ausdrücklich erklärt, dass der Lehrauftrag ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art zur Fachhochschule X begründe), um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch (Waldeyer in Hailbronner/Geis, HRG, § 55 Rn. 41; Peine in Knopp/Peine, BbgHG, 2010, § 56 Rn. 21). Da aber in § 55 BbgHG Einzelheiten des Vergütungsanspruchs gesetzlich nicht geregelt sind, insbesondere spezielle Bestimmungen zur Verjährung darin ebenso wie in anderen öffentlich-rechtlichen Regelungen fehlen, finden die Verjährungsregeln des Bürgerlichen Rechts auch hier Anwendung (vgl. BVerwG, Urt. v. 17. August 1995 - 3 C 17.94 -, juris [Rn. 29], BVerwGE, 99, 109; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30. Oktober 2007 - 6 A 2100/06 -, juris [Rn. 10]; Gurlit in Erichsen/Ehlert, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 34 Rn. 3; Geis, "Die Schuldrechtsreform und das Verwaltungsrecht", NVwZ 2002, 385 [390]).
Die regelmäßige Verjährungsfrist, die hier mangels abweichender besonderer Vorschriften gilt, beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt sie mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Vorliegend ist der Vergütungsanspruch spätestens mit dem Abschluss des Sommersemesters 2003 entstanden, so dass der Beginn der Verjährung mit dem 1. Januar 2004 anzusetzen ist. Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, dass der Vergütungsanspruch erst mit der Abgabe der letzten Klausurkorrekturen durch die Klägerin im Dezember 2004 bzw. Juni 2005 entstanden ist. Eine ausdrückliche Regelung zum Zeitpunkt der Entstehung des Vergütungsanspruchs findet sich weder in § 55 BbgHG noch konkret im Lehrauftrag vom 7. April 2003. Der genannte Zeitpunkt lässt sich vorliegend aber im Wege der Auslegung gewinnen. Für eine Anknüpfung an das Ende der Lehrveranstaltung im Sommersemester 2003 spricht, dass der Vergütungsanspruch im Lehrauftrag an die tatsächlich geleisteten Lehrveranstaltungen gebunden wird (vgl. auch § 55 Abs. 4 S. 2 BbgHG), für eine Unterbrechung der Lehrtätigkeit keine Vergütung gezahlt wird und die Klägerin angehalten wird, "zur Anweisung der Lehrauftragsvergütung" innerhalb von 10 Tagen nach Ende des Semesters die Honorarrechnung vorzulegen, was die Entstehung des Anspruchs zu diesem Zeitpunkt voraussetzt. Gegen die Auffassung der Beklagten, die Entstehung des Vergütungsanspruch an die Vorlage der noch ausstehenden Klausurkorrekturen zu knüpfen, spricht vorliegend, dass nach dem Lehrauftrag vom 7. April 2003 die "mit der Lehrtätigkeit zusammenhängenden Korrekturen" mit der Vergütung abgegolten sind und somit keinen Einfluss auf den Vergütungsanspruch haben sollten (ob im Fall, dass noch Korrekturaufgaben aus dem Lehrauftrag ausstehen, ein Zurückbehaltungsrecht der Hochschule hinsichtlich der Vergütung bestehen könnte, bedarf hier keiner Entscheidung).
Eine Hemmung der Verjährung, die vorliegend (mangels anderweitiger hemmender Tatbestände im Sinne der §§ 203 ff. BGB) frühestens gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB an der Erhebung der Klage beim Amtsgericht Senftenberg festgemacht werden kann, ist vor Ablauf der Verjährungsfrist nicht eingetreten. Es bedarf dabei keiner Entscheidung und somit auch keiner weiteren Aufklärung, ob die Klägerin - wie sie geltend macht - die Klage am 31. Dezember 2008 beim Amtsgericht Senftenberg wirksam eingereicht hat oder ob von einer Klageerhebung erst zum 7. Januar 2009 auszugehen ist. Denn auch im erstgenannten Fall vermochte die Klageerhebung eine hemmende Wirkung auf die hier fragliche Verjährung nicht mehr zu entfalten, da sie am 31. Dezember 2008 bereits abgelaufen war. Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Klägerin in den Schreiben vom 3. Dezember 2003, 25. November 2004 und 14. November 2005, mit denen die Beklagte die Klägerin um Übersendung der Honorarabrechnung gebeten hatte, jeweils ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB - das als jedes tatsächliche Verhalten definiert wird, mit dem der Schuldner (nach Beginn der Verjährung) dem Gläubiger gegenüber klar und unzweideutig (ausdrücklich oder konkludent) zum Ausdruck bringt, dass er sich der Existenz der Forderung bewusst ist und diese also nicht in Abrede stellt (Dörner in Schulze u.a., HK-BGB, 6. Aufl. 2009, § 212 Rn. 2; Grothe in Münchener Kommentar BGB, § 199 Rn. 6; Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, 2009, § 212 Rn. 7) - sehen wollte. Da ein Anerkenntnis nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu einer Erneuerung der Verjährung führt und diese unmittelbar danach sofort wieder zu laufen beginnt (Peters/Jacoby in Staudinger, BGB, § 212 Rn. 3; Lakkis in jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 212 Rn. 25), ist bezogen auf das letzte vorliegende Schreiben der Beklagten vom 14. November 2005 - ein darin enthaltenes Anerkenntnis unterstellt - die Verjährung mit Ablauf des 14. November 2008, mithin vor dem 31. Dezember 2008 eingetreten.
Da die Beklagte jedenfalls mit ihrem Schriftsatz vom 10. September 2009 die Einrede der Verjährung hat erhoben, ist sie vorliegend beachtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
BESCHLUSS
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 1.334,88 € festgesetzt.