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Entscheidung 10 UF 62/16


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 26.09.2016
Aktenzeichen 10 UF 62/16 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenhüttenstadt vom 30. Mai 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin und der Antragsteller haben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Aus der Verbindung ist der gemeinsame Sohn F…, geboren am ….5.2007, hervorgegangen. Die Trennung der Eltern erfolgte im Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge.

Durch Beschluss vom 23.4.2014 (3 F 221/13) stellte das Amtsgericht auf Antrag des Vaters die gemeinsame elterliche Sorge her (Bl. 87). In dem durch Rechtsmittel der Mutter eingeleiteten Beschwerdeverfahren nahm der Vater im Senatstermin vom 29.7.2014 seinen Antrag, soweit es das Aufenthaltsbestimmungsrecht betrifft, zurück, wobei die Mutter Zustimmung zur teilweisen Antragsrücknahme erklärte. Darauf wurde durch Senatsbeschluss in jenem Termin festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 23.4.2014, soweit es das Aufenthaltsbestimmungsrecht betrifft, wirkungslos sei, mithin die elterliche Sorge für F… mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts beiden Eltern gemeinsam zustehe, während das Aufenthaltsbestimmungsrecht die Mutter allein innehabe (Bl. 94).

Das vorliegende Verfahren hat der Vater unter dem 13.3.2015 mit dem Ziel, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für F… allein zu übertragen, eingeleitet und dabei insbesondere auf erhebliche Fehlzeiten des Kindes in der Schule und die Gefahr, dass F… die zweite Klasse wiederholen müsse, hingewiesen. Das Amtsgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 30.5.2016 hat das Amtsgericht unter Abänderung des Senatsbeschlusses vom 29.7.2014 (10 UF 97/14) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für F… auf den Vater allein übertragen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf jenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 242 ff.).

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Mutter mit der Beschwerde. Sie trägt vor:

Zu Unrecht sei das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sie nur in sehr eingeschränktem Maße erziehungsfähig sei. Auf den Wunsch des Kindes und die Kontinuität habe das Amtsgericht keine Rücksicht genommen.

Ihre Persönlichkeitsstruktur habe keinen Krankheitswert. Soweit sie häufig Termine etwa mit der Sachverständigen und dem Verfahrensbeistand nicht eingehalten oder sich nicht kooperationsbereit gezeigt habe, sei das darauf zurückzuführen, dass sie kein Vertrauen darauf habe, dass ihre Schilderungen entsprechend gewürdigt würden. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass beispielsweise das Jugendamt in der Unterhaltsfrage nicht sehr behilflich gewesen sei und die Übernahme einer Beistandschaft abgelehnt habe. Obwohl sie mehrfach Termine abgesagt habe, weil F… krank gewesen sei, sei sie von der Sachverständigen wiederholt aufgefordert worden, sich dazu zu erklären; gleichzeitig seien ihr Probleme unterstellt worden, die sie offensichtlich nicht habe.

Die Fehltage in der Schule hätten aus häufigem Kranksein des Kindes resultiert und seien alle mit ärztlichen Krankschreibungen in der Schule entschuldigt worden. Die unentschuldigten Fehltage seien lediglich entstanden, weil F… es versäumt habe, die ärztlichen Krankschreibungen nach seiner Operation am Zahn in der Schule einzureichen. Die schlechten Schulleistungen des Kindes seien auch dem häufigen Lehrerwechsel zuzuschreiben. Der Förderbedarf sei ihr bekannt. Sie mache mit F… Hausaufgaben und versuche, das Versäumte nachzuholen. F… habe sich in der Schule bereits verbessert und sei derzeit nicht mehr versetzungsgefährdet.

Dem geäußerten Kindeswillen komme tragende Bedeutung zu. F… habe sich im Gespräch mit der Sachverständigen eindeutig dazu geäußert, dass er an seinen gewohnten Lebensumständen festhalten wolle. Auch der Kontinuitätsgrundsatz spreche für sie, die Mutter. Zwar sei ein Schulwechsel nach einem Umzug zum Vater, ca. 4 km von der Schule entfernt, nicht zwingend notwendig, jedoch werde der außerschulische Kontakt zu Freunden des Kindes nicht dauerhaft aufrechterhalten bleiben.

Unverständlich sei die Auffassung, der Vater sei uneingeschränkt erziehungsfähig. Obwohl der Vater F… mehrfach von der Schule abgeholt habe, habe er nicht einmal mit ihm Hausaufgaben oder andere Übungen gemacht. Es spreche auch nicht für die Erziehungsfähigkeit des Vaters, dass er seiner Barunterhaltspflicht nicht in dem gebotenen Maße nachgekommen sei.

Sie, die Mutter, höre im Gegensatz zum Vater, keine Musik von AC/DC. Der Vater habe F… sogar einmal während eines Umgangs mit zu einem Tätowierer genommen, dieser habe ihn sogar tätowieren dürfen. Bei einem Gartenfest habe der Vater das Kind unabgesprochen abholen wollen. Die Situation sei derart eskaliert, dass im Beisein des Kindes mehrere Personen vom Vater geschlagen worden seien, darunter auch sie, die Mutter.

Der Vater habe es bisher versäumt, ein Kinderzimmer für F… einzurichten. Bei den vergangenen Umgängen habe F… im Schlafzimmer des Vaters schlafen müssen, während dieser selbst auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen habe.

Die Mutter beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag des Antragstellers auf Abänderung des Beschlusses des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29.7.2014 (10 UF 97/14) abzuweisen.

Der Vater beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Er habe den Abänderungsantrag nicht leichtfertig gestellt. Dies sei erst geschehen, nachdem er über viele Monate hinweg keine Veränderung des Verhaltens der Mutter habe erreichen können. Diese habe auch seinen Umgang mit dem Kind blockiert. Insbesondere habe die Mutter die Schulpflicht und einen regelmäßigen Schulbesuch nicht ernstgenommen. Letztlich hätten sich neben der Sachverständigen auch der Verfahrensbeistand und das Jugendamt für einen Obhutswechsel von F… ausgesprochen.

Am 12.6.2016 sei F… in seinen Haushalt gewechselt. Dort habe das Kind selbstverständlich eingerichtete Räume, sogar eine eigene Etage mit einem Zimmer, in dem es schlafe, sowie einem weiteren Spielzimmer. Er, der Vater, habe dem Jungen zuvor bereits ein neues Bett gekauft gehabt. Die Gestaltung der Räume sei seit 2013 unverändert. Insofern sei es nicht nachvollziehbar, warum die Mutter diesbezüglich Unwahrheiten verbreite.

Am 8.6.2016, als der Beschluss des Amtsgerichts mehr als eine Woche vorgelegen habe, sei er zur Mutter gefahren und habe versucht, ein Gespräch mit ihr zu führen. Dieses Gespräch sei ergebnislos verlaufen. Als er dann F… am nächsten Tag aus der Schule habe abholen wollen, habe er erfahren müssen, dass der Junge dort gar nicht erschienen sei. Da F… weder in der Schule noch am Wohnsitz der Mutter anzutreffen gewesen sei, habe er, der Vater, die Polizei informiert. Auch am 10.6.2016 seien Mutter und Kind noch unauffindbar gewesen. Verständlicherweise habe er sich Sorgen um sein Kind gemacht, da er kindeswohlgefährdende Verhaltensweisen der Mutter befürchtet habe. Aus diesem Grund habe er auch sofort die Polizei eingeschaltet. In allen Medien, insbesondere den örtlichen Zeitungen, Onlineportalen usw. sei veröffentlich worden, dass F… vermisst werde.

Am 11.6.2016 habe er dann den Kontakt zum Lebensgefährten der Mutter gesucht und diesen zum Verbleib von Kind und Mutter befragt. Der Lebensgefährte habe ihn zu einem Freund in einem Garten geführt, wobei ein Gartenfest dort nicht gefeiert worden sei. In dem Garten hätten sich neben einem weiteren Freund auch F… und die Mutter befunden. Als er, der Vater, sich Zutritt zum Garten verschafft habe, sei er vom Besitzer des Gartens angegriffen worden und habe diesen Angriff abgewehrt. Als er festgestellt habe, dass F… um die Ecke zum Gartenhaus unter einem Pavillon gesessen habe, habe er die Polizei gerufen. Alle zusammen seien dann gemeinsam auf die Wache gefahren und es sei das Jugendamt hinzugezogen worden. Auf Wunsch des Jungen sei entschieden worden, dass dieser eine Nacht bei der Großmutter väterlicherseits verbringe. Einvernehmlich sei er, der Vater, dann mit F… am Sonntag in seine eigene Wohnung nach E… gefahren. Dass es dem Jungen jetzt gut gehe, zeigten die letzten 17 Tage.

Nicht nur die frühere Grundschule, sondern auch die aktuelle Grundschule bestätige erhebliche unentschuldigte Fehlzeiten des Kindes. Insbesondere an den Umgangstagen, an denen er, der Vater, F… aus der Schule hätte abholen sollen, sei das Kind regelmäßig nicht mehr in der Schule gewesen. Wenn es Umgang gegeben habe, habe die Mutter keinerlei Sachen, insbesondere keine Schulsachen, mitgegeben. Vielmehr habe sie ihm, dem Vater, sogar vorgeworfen, er würde das Hausaufgabenheft abfotografieren. Auch aktuell habe die Mutter keine Schulsachen herausgegeben. Es habe für den Jungen alles neu gekauft werden müssen, auch die Kleidung. Beim letzten Umgang am 20.6.2016 habe die Mutter dann endlich einige Schulsachen mitgegeben.

Dass die Mutter in der Vergangenheit den Umgang nicht durchgängig gewährt habe, mache auch ein Beschluss des Amtsgerichts vom 17.4.2015 deutlich, durch den ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt worden sei (Bl. 96).

F… gehe es aktuell gut. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Junge aufgrund des Obhutswechsels zusätzlichen psychischen Belastungen ausgesetzt gewesen sei. Dies gelte ungeachtet des von der Mutter vorgelegten kurzepikritischen Berichts des Dipl.-Med. R… N… vom 24.5.2016 (Bl. 269).

Die Antragsgegnerin habe drei Jahre lang Gelegenheit gehabt, die Erziehungsdefizite und auch ihr Verhalten in den Griff zu bekommen. Schon 2013 seien Fehlzeiten in der Schule aufgefallen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Eltern, das Kind und den Verfahrensbeistand angehört. Insoweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 18.8.2016 verwiesen (Bl. 326 ff.).

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 29.7.2014 (10 UF 97/14) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn der Beteiligten, F…, auf den Vater allein übertragen.

1.

Auch wenn der Senatsbeschluss vom 29.7.2014 auf eine Einigung der Eltern zurückzuführen ist, stellt er dennoch eine gerichtliche Entscheidung zum Sorgerecht dar, so dass eine Abänderung gemäß § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann möglich ist, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Da - wie noch auszuführen ist - der Vater eher als die Mutter die Gewähr dafür bietet, dass F… zukünftig die Schule regelmäßig besuchen wird, ist dieser Aspekt allein schon geeignet, eine Abänderung nach § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB herbeizuführen.

2.

Grundsätzlich sind die Kindeswohlkriterien, wie sie bei einem Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach § 1671 BGB von Bedeutung sind, auch hier zu prüfen. Dies führt, weil hier triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen, dazu, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater allein zu übertragen.

Gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind

-der Kontinuitätsgrundsatz, der auf die Einheitlichkeit, Gleichmäßigkeit und Stabilität der Erziehungsverhältnisse abstellt,
-der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist und das Kind nach Alter und Reife zu einer Willensbildung im natürlichen Sinne in der Lage ist,
-die Bindung des Kindes an beide Elternteile und etwa vorhandene Geschwister sowie
-der Förderungsgrundsatz, nämlich die Eignung, Bereitschaft und Möglichkeit der Eltern zur Übernahme der für das Kindeswohl maßgeblichen Erziehung und Betreuung

(vgl. zum Ganzen Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1671 Rn. 27 ff., 38 ff., 40, 41; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 6. Aufl., § 1671 BGB Rn. 52 ff., 64 ff., 68 ff., 78 ff.).

Die einzelnen Kriterien stehen allerdings nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BGH, FamRZ 2016, 1439, 1441 Rn. 20; BGH, FamRZ 2011, 796; FamRZ 2010, 1060). Die Beurteilung des Kindeswohls anhand der genannten Gesichtspunkte und deren Gewichtung ist Aufgabe des Senats. Das führt hier dazu, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem Vater allein zu übertragen ist.

a)

Unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes besteht ein eindeutiger Vorrang des Vaters.

aa)

Die Wohnverhältnisse entsprechen allerdings bei beiden Eltern dem Kindeswohl. Nach den Angaben der Eltern im Senatstermin (Bl. 326, 329) hat F… bei beiden ein eigenes Zimmer mit Bett, Schreibtisch und Regalen.

bb)

Ein Vorrang der Mutter im Hinblick auf die zeitlichen Möglichkeiten zur Kinderbetreuung besteht nicht.

Allerdings ist die Mutter nach eigenen Angaben seit der Trennung, seit etwa drei Jahren, arbeitslos (Bl. 326), so dass sie derzeit keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und entsprechend viel Zeit für die Betreuung des Sohnes zur Verfügung hat. Der Vater hingegen ist berufstätig. Es besteht aber kein grundsätzlicher Vorrang des weniger oder überhaupt nicht berufstätigen Elternteils gegenüber dem anderen Elternteil (Senat, Beschluss vom 6.8.2012 – 10 UF 139/11, BeckRS 2012, 18808; Beschluss vom 9.3.2009 – 10 UF 204/08, BeckRS 2009, 09543; OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 29.7.2013 – 3 UF 47/13, BeckRS 2013, 19107; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671 BGB Rn. 56). Hier kommt hinzu, dass der Vater nach seinen Angaben vor dem Senat im Hinblick auf den Wechsel des Sohnes in seinen Haushalt seit 1.7. in einem Normalschichtsystem arbeitet (Bl. 329) und darüber hinaus nachvollziehbar erklärt hat, wie er auch unter Inanspruchnahme des Hortes die Betreuung des Kindes sicherstellen kann (Bl. 329).

cc)

Beide Eltern sind grundsätzlich in der Lage, sich in der Freizeit anregend mit F… zu beschäftigen.

Die Sachverständige hat etwa beschrieben, das Zimmer des Jungen bei der Mutter habe durch phantasievolle Gestaltung beeindruckt, die F… durch das Dekorieren mit vielen Gruselelementen und anderen Stilelementen der jugendlichen Subkultur gelungen sei (Bl. 187). Hieraus hat die Sachverständige eine ausgeprägte Gemeinsamkeit von Mutter und Sohn hinsichtlich der Bedeutung der individuellen Ausgestaltung der Wohnung abgeleitet, die auch im Zusammenhang zu einem in etwa gemeinsamen Lebensstil im Rahmen einer eher jugendlichen Subkultur zu sehen sei (Bl. 193). Allerdings findet sich nach Einschätzung der Sachverständigen eine solche Gemeinsamkeit auch bezüglich des Lebensstils des Vaters, wie in den Äußerungen des Jungen zum Berufswunsch zu erkennen sei (Bl. 193). Der Vater hat auch davon berichtet, mit F… Freizeitaktivitäten zu unternehmen, wie Baden oder Fahrradtouren (Bl. 329).

dd)

Entscheidend für den Vater spricht, dass er wesentlich besser als die Mutter in der Lage ist, einen regelmäßigen Schulbesuch von F… sicherzustellen. Wie die Sachverständige E… in ihrem sorgfältig abgefassten, folgerichtig und ohne innere Widersprüche entwickelten Gutachten ausführt, ist die Mutter ihrer Pflicht, den regelmäßigen Schulbesuch des Jungen sicherzustellen, nicht hinreichend nachgekommen.

(1)

Dass F… ohne hinreichenden Anlass zu häufig in der Schule gefehlt hat, steht zur Überzeugung des Senats fest.

Das Schulzeugnis vom 9.7.2014 weist allerdings nur vier Tage Versäumnis und noch keine unentschuldigten Fehlzeiten aus (Bl. 36 R). Seitens der Schule wurden aber am 21.1.2015 21 Tage und drei Stunden entschuldigtes Fehlen sowie zwei Tage unentschuldigtes Fehlen bis zum 8.1.2015 festgestellt (Bl. 19 a). In einem Gesprächsprotokoll vom 1.12.2015 (Bl. 204) ist von langen Fehlzeiten und davon, dass erst nach einem Brief durch die Schule reagiert wurde, die Rede. Im Zeugnis vom 29.1.2016 sind 19 versäumte Tage, davon zwei unentschuldigte, vermerkt (Bl. 228).

Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten Gespräche mit der ehemaligen und der aktuellen Klassenlehrerin des Jungen wiedergegeben (Bl. 191 f.). Beide haben gegenüber der Sachverständigen ausdrücklich erklärt, dass F… aufgrund des diskontinuierlichen Schulbesuchs weit hinter seinen möglichen Leistungen zurückbleibe und deshalb möglicherweise das Klassenziel nicht erreichen könne (Bl. 191). Von fachlicher Seite sind also insbesondere die Fehlzeiten als Ursache für die schlechten schulischen Leistungen angesehen worden. Die Lehrerinnen haben auch darauf hingewiesen, dass Schulkameraden schon über das Fehlen von F… sprechen würden, weil er an den Tagen, an denen er vormittags den Unterricht versäumt habe, draußen beim Spielen angetroffen werde (Bl. 192).

(2)

Allerdings stellt die Mutter in Abrede, dass es ein Problem der nicht hinreichenden Beschulung des Jungen gegeben habe. Dies ist jedoch nicht überzeugend geschehen.

Die Mutter hat vor dem Senat angegeben, es habe in der Schule bei F… nicht so viele unentschuldigte Fehlzeiten gegeben wie behauptet; wenn F… krank gewesen sei, sei er krank gewesen (Bl. 326). Die Mutter hat ferner erklärt, es habe nur zwei Tage unentschuldigte Fehlzeiten gegeben, die darauf zurückzuführen gewesen seien, dass F… vergessen habe, die Entschuldigungen in der Schule abzugeben (Bl. 329). F…habe dann in der Schule gefehlt, wenn er krank gewesen sei; es habe unterschiedliche Krankheiten wie Magen-Darm-Infekt, Bronchitis und Läuse gegeben (Bl. 329).

Auch gegenüber der Sachverständigen hat die Mutter erklärt, F… sei einfach häufig krank und für beinahe alle Tage entschuldigt. Nach dem Einwand der Sachverständigen, F… habe weder schwere noch chronische Krankheiten durchgemacht, so dass überdurchschnittliches Fernbleiben vom Unterricht aus Krankheitsgründen nicht überzeugen könne, hat die Mutter lediglich erklärt, man glaube ihr eben nicht und damit hätten weitere Gespräche keinen Sinn (Bl. 185). Auch in diesem Zusammenhang hat sie nicht konkret angegeben, welcher Art die (länger andauernden) Erkrankungen des Jungen gewesen sein sollen.

(3)

Auch angesichts der Äußerungen des Kindes kann nicht davon ausgegangen werden, dass die langen Fehlzeiten ihre Berechtigung hatten.

Gegenüber der Sachverständigen hat F… lediglich erklärt, er versäume den Unterricht nur, wenn er krank sei, und er sei eben oft krank (Bl. 189). Vor dem Senat ist F… der Problematik der Schulfehlzeiten ersichtlich ausgewichen. Er hat nicht nur erklärt, er habe keine Ahnung, wie oft er krank gewesen sei, was noch nachvollziehbar gewesen wäre, sondern hat zugleich geäußert, er wisse nicht, was für Krankheiten er gehabt habe, das sei lange her; er müsse sich so viel merken, das lasse sich nicht so in Worte fassen (Bl. 332). Er hat sogar davon gesprochen, dass er, weil er sich viel merken müsse, ein bisschen überfordert sei (Bl. 332). Diese Reaktion des Jungen macht deutlich, dass er selbst zumindest Zweifel daran hat, dass er an den Tagen, an denen er in der Schule gefehlt hat, tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, dem Unterricht zu folgen. Auch die Einlassung der Mutter, zu den unentschuldigten Fehlzeiten sei es nur gekommen, weil F… vergessen habe, die Entschuldigungen an den Lehrer weiterzugeben, hat F… nicht eindeutig bestätigt, indem er vor dem Senat erklärt hat: „Ja, vielleicht auch.“ (Bl. 333).

(4)

Die Fehlzeiten in der Schule deuten auf eine Kindeswohlgefährdung hin und begründen in jedem Fall einen deutlichen Vorrang des Vaters unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes.

Dass durch die Fehlzeiten die Versetzung des Jungen gefährdet war, steht angesichts der geschilderten Äußerungen der Lehrerinnen außer Frage. Die Mutter hat in der Beschwerdeschrift zwar auch auf häufige Lehrerwechsel in der Schule und eine damit einhergehende Verunsicherung der Kinder hingewiesen (Bl. 265 f.). Wenn die Mutter aber daraus die Schlussfolgerung zieht, das Lerndefizit bei F… sei daher nicht nur in den Fehlstunden begründet (Bl. 266), gibt sie dadurch immerhin indirekt zu, dass die Fehlstunden zu dem Lerndefizit zumindest mit beigetragen haben. Die Sachverständige ist insoweit auch zu einer differenzierten Einschätzung gelangt, wenn sie ausführt, abgesehen von den langen Fehlzeiten in der Schule seien vermutlich die typischen Folgeerscheinungen der erlebten Elterntrennung nach wie vor mitverantwortlich für die geringe Leistungsfähigkeit des Kindes (Bl. 198).

Die verheerende Wirkung, die die nicht hinreichende Beschulung des Kindes gehabt hat, ist von der Sachverständigen aber deutlich beschrieben worden. So hat die Sachverständige die Erziehungsfähigkeit der Mutter als eingeschränkt eingestuft, nämlich hinsichtlich der zuverlässigen zeitlichen Strukturierung des Alltags eines schulpflichtigen Kindes (Bl. 196). Weiter hat die Sachverständige plausibel geschlussfolgert, dass die weitgehende Isolation, in die die Mutter sich mit dem Kind geflüchtet habe, deutlich zur Überforderung der Mutter geführt und die Einflussmöglichkeiten der anderen Familienmitglieder vermindert habe (Bl. 198).

Die Sachverständige ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass dieser Situation entsprechend die Verantwortung für die kontinuierliche Beschulung des Jungen und die Kontrolle des gesamten Leistungsbereichs umgehend vom Vater übernommen werden müsse (Bl. 196).

ee)

Auch die weiteren, mit dem Schulbesuch zusammenhängenden Umstände sprechen nicht dafür, die tatsächliche Verantwortung für den Schulbesuch des Kindes bei der Mutter zu belassen.

Allerdings hat die Mutter in der Vergangenheit durchaus Verantwortung für den schulischen Bereich übernommen. So haben die Lehrerinnen gegenüber der Sachverständigen erklärt, dass die Mutter durchaus die Fähigkeit habe, sich in den Schulalltag einzubringen, indem sie beispielsweise den Schwimmunterricht der Klasse begleite (Bl. 192). Dies hat die Mutter ihrerseits vor dem Senat auch bestätigt (Bl. 327).

Soweit die Mutter jedoch in der Beschwerdeschrift hervorhebt, der Vater habe in der Vergangenheit kein Interesse an den Schulheften des Kindes gezeigt und mit F… keine Hausaufgaben oder andere Übungen gemacht (Bl. 264), rechtfertigt dies nicht den Schluss, dass die Mutter eher als der Vater in der Lage sei, die schulische Entwicklung des Kindes zu begleiten. So wie sich in der Vergangenheit die Mutter als Obhutselternteil vorrangig um die schulischen Belange des Jungen gekümmert hat, tut dies nun nach dem Obhutswechsel der Vater. Für den Vater spricht aber, dass er im Gegensatz zur Mutter auch den regelmäßigen Schulbesuch des Jungen dauerhaft sicherstellen kann.

Beide Eltern scheinen grundsätzlich gleichermaßen in der Lage, F… geistig zu fördern und ihm auch bei Erledigung von Hausaufgaben Hilfestellung zu geben. F… hat vor dem Senat allerdings den Eindruck zu vermitteln versucht, von der Mutter mehr als vom Vater Hilfen erhalten zu haben (Bl. 333). Der Vater hat aber glaubhaft erklärt, nach dem Wechsel des Jungen in seinem Haushalt mit der Deutschlehrerin spezielle Aufgaben vereinbart zu haben mit dem Ziel, die Versetzung sicherzustellen (Bl. 334). Da F… nach den übereinstimmenden Angaben der Eltern und des Kindes versetzt worden ist (Bl. 328, 330, 332), haben die Bemühungen des Vaters offensichtlich Früchte getragen.

Die widersprüchlichen Angaben der Eltern zu Einträgen im Hausaufgabenheft (Bl. 334) bedürfen keiner näheren Aufklärung. Dass grundsätzlich beide Eltern bemüht sind, ihren Beitrag dazu zu leisten, dass F… in der Schule gute Leistungen erzielt, ist unzweifelhaft. Im vorliegenden Fall steht vielmehr im Vordergrund, dass die Mutter den regelmäßigen Schulbesuch des Jungen nicht sichergestellt und dadurch dazu (mit) beigetragen hat, dass die Versetzung des Jungen gefährdet war.

ff)

Die Mutter ist nicht nur, soweit es den Schulbesuch des Kindes betrifft, unzuverlässig. Dies gilt auch für die Einhaltung von Terminen im Übrigen.

Die Mitarbeiter des Jugendamtes haben gegenüber der Sachverständigen erklärt, eine Zusammenarbeit mit der Mutter sei durch Nichteinhalten von Terminen nur sehr eingeschränkt möglich gewesen (Bl. 191). Dass der Sachverständigen und den beiden Mitarbeiterinnen des Jugendamtes die Wohnungstür nicht geöffnet worden sei, wurde von den Jugendamtsmitarbeiterinnen als typisch angesehen (Bl. 191).

Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten auf die mangelnde Kooperation durch die Mutter (Bl. 177) und darauf hingewiesen, dass Termine zum Gespräch, die von professioneller Seite angeboten würden, in willkürlicher Weise teils angenommen, dann wieder ohne irgendeine Reaktion unbeachtet gelassen würden (Bl. 195). Wenn ihr die Sachverständige die mangelnde Kooperation im Verfahren bei der Begutachtung vorgehalten habe, habe die Mutter insoweit eine nachvollziehbare Erklärung nicht abgeben können. In einem Fall habe sie angefangen zu weinen (Bl. 183). In dem anderen Fall habe sie „mit Schweigen geantwortet“ (Bl. 184). Im Senatstermin darauf angesprochen, warum die Kontaktaufnahmen mit der Sachverständigen so schwierig gewesen seien, hat die Mutter ebenfalls um eine Antwort gerungen, letztlich aber erklärt, sie wisse es nicht (Bl. 328).

Soweit die Mutter in der Beschwerdeschrift das Nichteinhalten von Terminen und die fehlende Kooperationsbereitschaft damit begründet hat, sie habe kein Vertrauen darauf, dass ihre Schilderungen entsprechend gewürdigt würden (Bl. 264), ist dies nicht nachvollziehbar. Als Grund für das Misstrauen gibt sie allein an, das Jugendamt sei in der Unterhaltsfrage nicht sehr behilflich gewesen (Bl. 264).

Die Mutter hat der Sachverständigen gegenüber Bereitschaft zur Selbstkritik jedenfalls verbal nicht gezeigt. Sie hat nämlich im Rahmen der Begutachtung erklärt, die Probleme würden allein daraus entstehen, dass der Vater durch seine andauernde Kritik an ihrem Verhalten dafür sorge, dass sie Probleme bekomme (Bl. 183).

Das sozial unangemessene Verhalten der Mutter hat nach Einschätzung der Sachverständigen weitreichende Konsequenzen nach sich gezogen. So habe von professioneller Seite (Schule, Jugendamt und schließlich Sachverständige) her seit der Elterntrennung und der Einschulung von F… keine unterstützende Beziehung zu Mutter und Kind aufgebaut werden können (Bl. 195). Die Hintergründe des diskontinuierlichen Unterrichtsbesuchs seien nach wie vor unbekannt und vor allem unter den bestehenden Verhältnissen nicht zu beeinflussen (Bl. 195).

gg)

Die Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht kann getroffen werden, ohne dass es näherer Feststellungen zur gesundheitlichen Situation der Mutter bedarf.

Die Sachverständige hat die Mutter in deutlichem Widerstand gegen sämtliche Versuche erlebt, die Notwendigkeit von Veränderungen und Kooperationen anzuerkennen (Bl. 195). Die Mutter habe dabei auch realitätsfern gewirkt, so dass Hinweise auf das Bestehen einer psychischen Störung gegeben seien (Bl. 195). Die Sachverständige hat insoweit Anzeichen auf eine Persönlichkeitsstörung gesehen, aber ausdrücklich erklärt, eine entsprechende Diagnose müsse im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung erfolgen (Bl. 195 f.).

Gegenüber der Sachverständigen hat die Mutter angegeben, sie habe keine Probleme, es gehe ihr gut und sie benötige insbesondere keine psychotherapeutische Unterstützung, wie von der Sachverständigen vorgeschlagen, da sie sich ausreichend, unter anderem innerhalb ihrer Partnerschaft, unterstützt sehe (Bl. 184). Vor dem Senat hat die Mutter allerdings angegeben, dass die Partnerschaft nicht mehr besteht (Bl. 326).

Bei der Frage, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen ist, kommt es – gerade was den Förderungsgrundsatz angeht – vor allem auf die tatsächlichen Handlungen und Unterlassungen der Eltern und deren Auswirkungen auf das Kindeswohl und nicht so sehr auf die Ursachen an. Die vom Amtsgericht angesprochene Frage, ob das ambivalent wirkende Verhalten der Mutter als Beteiligte im hiesigen Verfahren Ausdruck von psychischen Auffälligkeiten mit Krankheitswert sein könne (Bl. 248), kann daher offen bleiben. Auch bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vom erkennenden Richter am Amtsgericht unter Bezugnahme auf seine Erfahrungen in Unterbringungssachen nach BbgPsychKG und in Betreuungssachen für möglich gehaltene Diagnose tatsächlich zutrifft.

hh)

Unter dem Gesichtspunkt der Bindungstoleranz ergibt sich jedenfalls kein Vorteil auf Seiten der Mutter.

Die Mutter hat vor dem Senat allerdings angegeben, der Vater habe sich an die Umgangsregelungen nicht immer gehalten. Zur Begründung hat sie angeführt, dass, wenn sie etwa per SMS mitgeteilt habe, F… solle bei ihr abgeholt werden, der Vater dennoch zur Schule gefahren sei, um F… dort abzuholen (Bl. 326). Dies betrifft aber noch die Situation, als F… im Haushalt der Mutter lebte und der Vater Umgang mit dem Jungen hatte. Mögen die Absprachen zwischen den Eltern bezüglich einer kurzfristig veränderten Handhabung des Umgangs nicht optimal gewesen sein, so ergibt sich daraus jedenfalls kein Hinweis auf eine beim Vater eingeschränkte Bindungstoleranz.

Etwas anderes gilt auch nicht für die Zeit, seit F… beim Vater lebt. Die Mutter hat letztlich eingeräumt, dass sie F… schon eine Woche später hat wiedersehen können, als der Vater mit F… unangekündigt vor der Tür gestanden und ihr angeboten habe, F… für den Nachmittag und den Abend zu sich zu nehmen, was sie dann auch gemacht habe (Bl. 327). Im Senatstermin hat die Mutter zudem bestätigt, dass man bei Gesprächen mit dem Jugendamt für sie einen Umgang spiegelbildlich zu dem Umgang, den der Vater früher mit F… gehabt habe, vereinbart habe (Bl. 327 f.). Von einer fehlenden Bereitschaft des Vaters, der Mutter Umgang mit dem Sohn zu gewähren, kann auch unter Berücksichtigung der Situation während der Sommerferien nicht ausgegangen werden.

Die Mutter hat vor dem Senat erklärt, sie habe sich vorgestellt, mit F… die letzten zwei Wochen der Sommerferien verbringen zu können, nun aber anlässlich des Senatstermins von F… erfahren, dass er in dieser Zeit wegfahren wolle (Bl. 328). Die Absprachen hinsichtlich des Umgangs während der Sommerferien hat der Vater abweichend von der Mutter dargestellt. Er hat vor dem Senat darauf hingewiesen, es bestehe insoweit eine besondere Regelung; der Umgangsberechtigte könne sich aussuchen, ob er in den ersten oder in den letzten drei Wochen zwei Wochen mit F… verbringen möchte. Die Mutter habe sich nicht gemeldet (Bl. 330).

Die Mutter hat auch eingeräumt, dass es zunächst Umgang, wie vereinbart, gegeben hat (Bl. 328). Nach Angaben der Mutter vor dem Senat wollte der Vater F… bei dem Umgang nach dem letzten Schultag schon am Samstag wieder abholen, damit F… am Montag zur Klassenreise fahren kann. Beim Abholen am Samstag habe sie F… zum letzten Mal gesehen. Die Mutter hat ferner beklagt, der Vater gehe nicht ans Telefon, wenn sie ihn anrufe. Sie habe F… vor der Klassenfahrt ein Handy gegeben. Auf der Klassenfahrt habe es ein kurzes Telefonat gegeben. Danach habe sie nicht versucht, F… noch einmal anzurufen, F… habe auch nicht bei ihr angerufen (Bl. 328).

Schon diese Angaben der Mutter legen nahe, dass sie sich seit Ferienbeginn nicht nachhaltig darum bemüht hat, Umgang mit F… zu haben. Im weiteren Verlauf des Senatstermins hat die Mutter dann zwar nochmals ausdrücklich erklärt, es sei beim Jugendamt abgesprochen gewesen, dass F… die beiden letzten Ferienwochen bei ihr verbringe. Dass es sich insoweit aber tatsächlich um eine auch konkret auf die bevorstehenden Sommerferien bezogene Regelung handelt, erscheint angesichts der gegenteiligen Angaben des Vaters zweifelhaft. Dies gilt umso mehr, als die Mutter, während sie versucht hat, den Ablauf hinsichtlich der Absprachen im Einzelnen darzustellen, selbst Korrekturen anbringen musste (Bl. 333). Der Vater hat zum Ende des Senatstermins dann noch einmal darauf hingewiesen, dass es nach dem letzten Umgang Ende Juli keine Kontaktaufnahme durch die Mutter gegeben habe; er sei nur über das Handy erreichbar, seine Handynummer existiere schon seit ganzer langer Zeit (Bl. 334).

Der Vater hat ferner angegeben, dass F… anfangs noch sehr oft nach der Mutter gefragt habe, weshalb er, der Vater, auch an einem Montag mit F… bei ihr gewesen sei, damit er dort Zeit verbringen könne (Bl. 331). In der letzten Zeit habe F… gar nicht mehr nach der Mutter gefragt. Er, der Vater, merke aber, dass die Situation für F… belastend sei, insbesondere abends beim Zu-Bett-bringen (Bl. 331). Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass der Vater grundsätzlich einen geregelten Umgang wünscht. Er erkennt offensichtlich, dass F… beide Elternteile braucht.

Nach alledem ist der Vater grundsätzlich bereit, der Mutter regelmäßigen Umgang mit dem Kind einzuräumen. Der Verfahrensbeistand hat zudem eingeschätzt, dass der Vater zu einer von ihm, dem Verfahrensbeistand, befürworteten Ausweitung des Umgangs bereit ist (Bl. 333). Diese Einschätzung teilt der Senat. F… hat im Übrigen auch konkrete Vorstellungen geäußert, wie oft er die Mutter sehen wolle. Er hat vor dem Senat erklärt, jede Woche mit der Mutter zweimal Umgang haben zu wollen (Bl. 332). F… hat auch abstrakt den Wunsch geäußert, auch die Mutter mal zu sehen. Zugleich hat er erklärt, der Vater versuche, das möglich zu machen (Bl. 331). Offensichtlich hat also auch F… nicht den Eindruck, dass der Vater ihm Kontakte mit der Mutter vorenthalten möchte.

Die Mutter hat, als F… noch bei ihr gelebt hat, den Umgang mit dem Vater grundsätzlich auch gewährleistet, was für eine ausreichend ausgeprägte Bindungstoleranz spricht. Gegenüber der Sachverständigen hat die Mutter allerdings eine Unterstützung in der Betreuung durch den Vater in Form einer Erweiterung des bestehenden Umgangs abgelehnt (Bl. 184 f.). Zur Begründung hat sie auf Erfahrungen aus der Vergangenheit verwiesen. Damit bestehen zumindest Zweifel daran, ob es der Mutter uneingeschränkt möglich ist, Eltern- und Paarebene deutlich voneinander zu trennen. Im Interesse ihres Jungen hätte sie bereit sein müssen, sich über unterstützende Hilfen Gedanken zu machen.

ii)

Die Geschehnisse im Juni 2016, die von den Eltern im Übrigen unterschiedlich dargestellt werden, lassen Rückschlüsse auf die Erziehungsfähigkeit der Eltern nicht zu.

Die Auseinandersetzungen, die es zwischen den Eltern im Juni 2016 hinsichtlich des Obhutswechsels des Kindes gegeben hat, dürfen nicht überbewertet werden. Im Senatstermin ist deutlich geworden, dass hier jeder Elternteil seine eigene Sichtweise hat. Die Mutter hat angegeben, dem Vater, als dieser F… habe mitnehmen wollen, erklärt zu haben, dass es so nicht funktioniere; daraufhin sei er aggressiv geworden, habe erklärt, er habe ein Recht und diskutiere nicht. Sie habe erklärt, mit F… darüber reden zu wollen; der Vater habe seinen Besuch vorher nicht angekündigt (Bl. 326). Der Vater hat demgegenüber geschildert, dass die Mutter erklärt habe, F… werde nicht mitkommen (Bl. 330).

Der Vater hat vor dem Senat versichert, er habe die Mutter, bevor er sie aufgesucht habe, um F… abzuholen, häufiger telefonisch zu erreichen versucht (Bl. 330). Die Mutter hingegen hat in Abrede gestellt, dass der Vater Schwierigkeiten gehabt hätte, sie zu erreichen; er habe ihre Handynummer gehabt und es vor dem 11.6. dennoch nicht telefonisch probiert, mit ihr Kontakt wegen F… aufzunehmen. Man kommuniziere meistens per SMS (Bl. 328).

Ebenfalls nicht überbewertet werden darf die Auseinandersetzung auf dem Gartengrundstück. Den schriftsätzlich erhobenen Vorwurf, der Vater habe in dieser Situation im Beisein des Kindes mehrere Personen geschlagen, hat die Mutter im Senatstermin nicht wiederholt (Bl. 327). Der Vater hat hinsichtlich des Vorfalls auf dem Gartengrundstück vor dem Senat angegeben, er habe die Polizei hinzugeholt (Bl. 330). Das nach Einschaltung der Polizei und des Jugendamtes schließlich gefundene Ergebnis, nämlich F… zunächst in die Obhut der Großmutter zu geben und ihn erst nach einigen Tagen in den Haushalt des Vaters wechseln zu lassen, ist von beiden Eltern letztlich mitgetragen worden.

jj)

Der Vater gewährleistet zurzeit eher als die Mutter eine ruhige Entwicklung des Jungen. Die Mutter ist jedenfalls nicht frei davon, auf F… ungünstig einzuwirken.

Die Mutter bagatellisiert offensichtlich ihre Versuche, auf F… noch nach dem Wechsel in den Haushalt des Vaters Einfluss zu nehmen. Vor dem Senat hat sie dazu angegeben, sie sei wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung angezeigt worden, weil sie F… angeblich in der Schule bedrängt habe. Sie habe aber nur Sachen und Schulbücher gebracht und zehn Minuten mit F… und seinem Kumpel geredet; F… habe sich gefreut (Bl. 327). Die Mutter hat weiter angegeben, dass sie auch mal mit dem Hund an der Schule, die gleich bei ihr gegenüberliege, vorbeigelaufen sei und F… gesehen habe, als er draußen Sportunterricht gehabt habe (Bl. 327). Der Vater hat Wert auf die Feststellung gelegt, dass er ebenso wie die Mutter als Sorgeberechtigter wegen einer Kindeswohlgefährdung nur im Zusammenhang mit dem Schulbesuch der Mutter angeschrieben worden sei (Bl. 330).

Das Jugendamt hat in seinem Bericht vom 14.7.2016 (Bl. 303) darauf hingewiesen, dass es am 27.6.2016 von der Grundschule eine Meldung zu einer vermuteten Kindeswohlgefährdung erhalten habe. Die Mutter habe sich am 21. und 22.6.2016 auf dem Schulhof befunden und versucht, verbal auf F… einzuwirken; F… habe geweint. Die Leiterin des Hortes habe die Mutter gebeten zu gehen. Die Mutter habe dafür keine Notwendigkeit gesehen, obwohl F… geweint habe, und sei negativ auf den Vater eingegangen. Erst nach mehrmaligen Aufforderungen habe sie den Hort verlassen.

In der Beschwerdeschrift hat der Vater angegeben, bei dem Umgang am Montag habe es sich um denjenigen am 20.6.2016 gehandelt (Bl. 278). Demnach hat die Mutter an den beiden Folgetagen, am 21. und 22.6.2016 F… in der Schule aufgesucht. Die Behauptung, sie habe nur Sachen und Schulbücher gebracht (Bl. 327), erscheint vor diesem Hintergrund umso unglaubwürdiger. Wenn F… am 20.6. bei ihr war, hätte die Mutter die Sachen ohne weiteres schon an diesem Tag an den Jungen herausgeben können. Im Übrigen würde allein eine Übergabe von Sachen nicht erklären, warum die Mitarbeiterin des Hortes die Mutter (zunächst vergeblich) aufgefordert hat, den Schulhof zu verlassen. Der Vater hat im Übrigen in der Beschwerdeerwiderung angegeben, die Mutter habe schon am 20.6.2016 einige Schulsachen mitgegeben (Bl. 281).

Dass F… von solchen Einflussnahmen nicht unbeeindruckt ist, machen Äußerungen des Jungen gegenüber der Sachverständige deutlich. So hat F… angegeben, er wisse, dass die Eltern immer wieder streiten würden; es sei aber jetzt nicht mehr so schlimm wie früher (Bl. 188). Dass F… unter der Trennung leidet, hat er auch dadurch deutlich gemacht, dass er gegenüber der Sachverständigen erklärt hat, er denke manchmal, die Mutter und der Vater kämen wieder zusammen (Bl. 189).

kk)

Der Umstand, dass der Vater F… mit zu einem Tätowierer genommen hat, stellt eine Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht dar. Das gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass F… den Vater, wie Vater und Sohn vor dem Senat übereinstimmend bekundet haben, hat tätowieren dürfen (Bl. 331, 332). Dass der Vater F… mit zu einem Tätowierer genommen hat, ist angesichts des derzeitigen Berufswunsches des neun Jahre alten Jungen nachvollziehbar (Bl. 332). Schon gegenüber der Sachverständigen hatte F… erklärt, er wolle Tätowierer werden, wie ein Freund des Vaters (Bl. 189).

ll)

Die Mutter hat erklärt, sich um alles, was F… betreffe, gekümmert zu haben; der Vater habe nicht einmal den Kinderarzt gekannt. Dies berührt die Erziehungs- und Fördermöglichkeiten der Eltern aber nicht. Es ist der gewöhnliche Lauf der Dinge, dass der Elternteil, bei dem das Kind lebt, mit dem Kind zum Arzt geht. Solange es nur um U-Untersuchungen, Impfungen oder leichtere Erkrankungen geht, besteht für den Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, auch keine Veranlassung, von sich aus Kontakt mit dem Kinderarzt aufzunehmen.

mm)

Die Umstände, die die Mutter in der Beschwerdeschrift hinsichtlich der möglicherweise eingeschränkten Erziehungsfähigkeit des Vaters anführt (Bl. 264 f.), greifen nicht durch. Die Frage, ob der Vater ausreichend Barunterhalt zahlt, betrifft die finanzielle Situation des Kindes, nicht aber den Förderungsgrundsatz. Auf die Frage, von welchem Elternteil der Musikgeschmack des Kindes mehr geprägt ist (vgl. Bl. 265, 218), kommt es nicht an. Soweit es die tätliche Auseinandersetzung auf dem Gartengrundstück angeht (Bl. 265, 279), wurde bereits ausgeführt, dass dieses einmalige Geschehen, das von den Eltern im Übrigen unterschiedlich dargestellt wird, nicht überbewertet werden darf. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich das Geschehnis im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bestreben des Vaters den verschwundenen Sohn in seinen Haushalt zu überführen, abgespielt hat. Jedenfalls hat der Vater unwidersprochen dargelegt, dass F… nach dem vergeblichen Versuch am 11.6.2016, das Kind abzuholen, am darauffolgenden Tag nicht in der Schule war. Vor diesem Hintergrund ist es zumindest nachvollziehbar, dass der Vater eine Vermisstenanzeige erstattet hat (Bl. 330) und er wohl ebenso wie die Mutter bei der Begegnung auf dem Gartengrundstück stark emotional berührt war.

nn)

Nach alledem ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Förderungsgrundsatzes ein eindeutiger Vorrang des Vaters schon im Hinblick darauf, dass eine regelmäßige Beschulung sicherzustellen ist.

b)

Der Wille des Kindes spielt hier keine ausschlaggebende Rolle.

Die Mutter hat zur Begründung dafür, warum F… wieder zu ihr kommen solle, angegeben, dass F… dies selbst wolle; er wolle nicht beim Vater bleiben, weil er so nicht glücklich sei. Mit F… habe sie darüber gesprochen, als sie ihn das letzte Mal gesehen habe, am Samstag, dem 23.7. (Bl. 328).

Die Sachverständige ist zu der Einschätzung gelangt, dass F… zweifellos an seinen gewohnten Lebensumständen festhalten wolle, auch an seinem Lebensmittelpunkt bei der Mutter, die besonders seit der Trennung seine vorrangige Bezugsperson darstelle. Doch auch die Beziehung zum Vater erlebe er als sicher und kontinuierlich und sei über eine weitere bedeutende Bindungsfigur, die Großmutter, in einem umfassenden familiären Zusammenhang eingebettet, der Zugehörigkeits- und Geborgenheitsgefühle biete (Bl. 197).

F… hat seinen Willen, soweit es den Aufenthalt betrifft, vor dem Senat nicht eindeutig geäußert. Auf die Frage, ob er wisse, warum er heute hier sei, hat F… zunächst erklärt, er glaube, es gehe darum, wo er wohne. Als nächsten Satz hat er gleich angeschlossen: „Ich fand es bei Mama auch toll“ (Bl. 331). Diese Formulierung weist darauf hin, dass es F… grundsätzlich bei beiden Eltern gefallen hat. Erst im Anschluss an diese spontane Äußerung hat F… Sätze nachgeschoben, die eher eine Tendenz zugunsten der Mutter erkennen lassen. Er hat erklärt, es sei sehr ungewohnt, beim Vater zu wohnen, bei der Mutter habe es ihm irgendwie besser gefallen, bei Papa sei es langweilig (Bl. 331). Auch hat er die Einschätzung wiedergegeben, wonach er mit der Mutter mehr als mit dem Vater unternommen habe (Bl. 331).

Auch die Antwort des Jungen auf die Frage, wie es weitergehen soll, lässt erkennen, dass bei ihm nicht der eindeutige Wille vorhanden ist, unbedingt bei der Mutter leben zu wollen. Denn auf diese Frage hat er zunächst geantwortet, dass er öfter Umgang mit der Mutter haben wolle (Bl. 332). Erst im Anschluss hieran hat er den Satz nachgeschoben: „Ich würde mir aber auch schon wünschen, dass ich wieder zu Mama gehen kann“ (Bl. 332).

Die neue Partnerin des Vaters ist für F… offensichtlich kein Problem. Wenn er insoweit erklärt, sie sei meistens nett, manchmal aber auch nicht (Bl. 331), stellt das für einen Jungen in seinem Alter eine normale Einschätzung dar. Denn wenn ein Erwachsener etwa einmal Anlass hat, etwas strenger zu reagieren, wird er von dem Kind naturgemäß nicht als nett empfunden.

Wenn F… es bei seinem Vater deshalb als langweilig empfindet, weil dieser oft auf der Couch einschlafe (Bl. 331), ist dies nichts, was auf einen nachhaltigen Willen des Kindes dahin schließen könnte, nicht beim Vater leben zu wollen. Falls die Beobachtung des Kindes zutreffen sollte, ließe sich diese angesichts der vom Vater dargestellten Arbeitszeiten (Bl. 329) ohne weiteres erklären. Ein Junge in dem Alter von F… ist grundsätzlich auch in der Lage, die Belastungen der Eltern, die durch eine Erwerbstätigkeit hervorgerufen werden, einzuschätzen.

Die Sachverständige hat ein Gespräch mit Mutter und Kind dahin wiedergegeben, dass F… gefragt hat, ob er nicht an den Gesprächen mit seinen Eltern und der Sachverständigen teilnehmen könne, worauf die Mutter gemeint habe, F… wolle der Sachverständigen wohl sagen, dass er bei der Mutter wohnen bleiben wolle. Von der Sachverständigen befragt, ob das so sei, habe F… zustimmend mit dem Kopf genickt und die Sachverständige erwartungsvoll angeschaut (Bl. 188). Dieser Vorgang deutet darauf hin, dass F… von seiner Mutter (jedenfalls indirekt) beeinflusst ist.

Nach alledem hat F… seinen Willen allenfalls mittelbar geäußert; auch kann von einer autonomen Willensbildung unbeeinflusst von den Eltern nicht ausgegangen werden. Ohnehin bietet der Kindeswille regelmäßig erst bei einem Alter der Kinder ab etwa 12 Jahren eine einigermaßen zuverlässige Entscheidungsgrundlage (vgl. Senat, FamRZ 2003, 1951, 1954; Beschluss vom 25.11.2010 – 10 UF 135/10, BeckRS 2010, 30458; OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, FamRZ 2008, 1472, 1474; OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, Beschluss vom 29.7.2013 – 3 UF 47/13, BeckRS 2013, 19107; s.a. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1671 BGB Rn. 81).

c)

Der Kontinuitätsgrundsatz spricht noch leicht für die Mutter.

Nach der Trennung der Eltern hat F… zunächst bei der Mutter gelebt. Insoweit hat eine Erziehungskontinuität bestanden, die erst ihr Ende gefunden hat, als F… infolge des Erlasses des angefochtenen Beschlusses in den Haushalt des Vaters gewechselt ist.

Grundsätzlich hat sich F… im Haushalt der Mutter offensichtlich gut aufgehoben gefühlt. Gegenüber dem Senat hat er angegeben, sein Hobby seien Malen bzw. Zeichnen (Bl. 332). Auch für die Sachverständige hat F… ein Bild gezeichnet (Bl. 189).

Hinsichtlich der Umgebungskontinuität besteht kein Vorrang eines Elternteils. Die Mutter wohnt zwar direkt gegenüber der Schule, die F… besucht. Angesichts einer Entfernung von vier Kilometern zur Schule ist aber auch der Vater in der Lage, den Besuch des Jungen in der Schule weiter sicherzustellen. Einer Umschulung bedurfte es nicht. F… hat zwar vor dem Senat angegeben, seine Freunde wohnten alle im Umkreis der Schule, so dass er nicht nur bei der Oma in B…, sondern auch beim Vater keine Freunde habe (Bl. 332). Angesichts einer Entfernung von vier Kilometern zur Schule ist es F… aber auch beim Vater durchaus möglich, die bisherigen Kontakte zu halten. Das kann etwa geschehen, indem er sich gleich nach der Schule mit Freunden in der näheren Umgebung verabredet oder auch, indem man sich, nachdem man etwa die Hausaufgaben erledigt hat, später am Tag noch trifft. Auch Treffen am Wochenende sind möglich.

d)

Unter dem Gesichtspunkt der Bindungen besteht kein Vorrang eines Elternteils. F… ist offensichtlich an beide Elternteile gut angebunden.

Die Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass im Hinblick darauf, dass es keine Hinweise auf Störungen des Beziehungsaufbaus innerhalb der ersten drei Jahre gebe, vom Entstehen einer sicheren Bindung des Kindes an beide Elternteile auszugehen sei (Bl. 193).

Dass die Bindung zwischen Mutter und Kind gut ist, lässt sich an der Einschätzung der Sachverständigen erkennen, dass die Kommunikation zwischen beiden sich unkompliziert und flüssig gezeigt habe und F… Vorschläge seiner Mutter gut angenommen und entsprechend entgegenkommend beantwortet habe (Bl. 188). Entsprechend hat die Sachverständige die Beziehung von Mutter und Sohn als emotional sehr nah, aber nicht als unabgegrenzt bezeichnet (Bl. 193).

Dass zwischen F… und seinem Vater eine gute Bindung besteht, ist auch bei der Interaktionsbeobachtung der Sachverständigen deutlich geworden. Diese hat insoweit ausgeführt, dem Vater sei es sehr gut gelungen, F… immer neu in das Kuchenbacken mit einzubeziehen (Bl. 186 f.). F… habe die Angebote des Vaters gut angenommen, indem er ab und zu Fragen gestellt habe (Bl. 187). Die Sachverständige hat weiter beobachtet, dass F…, als er mit der Mutter aus dem Schulgebäude gekommen sei, zu seinem Vater gelaufen sei und sich zur Begrüßung an ihn geschmiegt habe (Bl. 188). Hieraus hat die Sachverständigeplausibel abgeleitet, dass sich zwischen F… und seinem Vater eine sehr selbstverständlich und geübt wirkende Kommunikation und insbesondere auch die Möglichkeit der spontanen liebevollen Annäherung des Kindes an den Vater im Beisein der Mutter gezeigt habe (Bl. 193).

e)

Da Bindungen und Willen des Kindes hier die Entscheidung nicht beeinflussen können und der Kontinuitätsgrundsatz nur leicht für die Mutter spricht, gibt der deutliche Vorsprung des Vaters im Rahmen des Förderungsgrundsatzes den Ausschlag. Schon im Hinblick auf die Sicherstellung einer regelmäßigen Beschulung liegt ein triftiger Grund für die Abänderung der bestehenden Entscheidung zum Sorgerecht vor. Mithin ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater allein zu übertragen.

Die Sachverständige ist in ihrem Gutachten auch zu dem Ergebnis gelangt, dass, weil es nicht gelungen sei, die Mutter auf konstruktive Weise in die Begutachtung mit einzubeziehen, die notwendigen Veränderungen dadurch in die Wege geleitet werden müssten, dass der Vater die Organisation des Schulalltags übernehme (Bl. 198).

Die Sachverständige ist aber in der damaligen Situation noch davon ausgegangen, dass F… zunächst weiter bei der Mutter wohnen bleiben, der Haushalt des Vaters aber im Verlauf einer Übergangszeit für einen späteren Wechsel vorbereitet werden solle (Bl. 198). Falls sich aber durch die vorgeschlagenen Änderungen der regelmäßige Schulbesuch des Jungen nicht herstellen lassen sollte, müsse (spätestens mit dem nächsten Schuljahr) der Wechsel des Lebensmittelpunktes in den Haushalt des Vaters erfolgen (Bl. 199). Die Sachverständige hat schließlich festgestellt, dass trotz der bekannten Umgangsschwierigkeiten der letzten Jahre eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Vater und Sohn bestehe, die eine gute Voraussetzung für eine schrittweise Verlagerung des Lebensmittelpunktes von F… in den väterlichen Haushalt darstelle (Bl. 197).

An diesem abgestuften Verfahren braucht sie sich angesichts der tatsächlichen Entwicklung nicht festhalten zu lassen. F… ist inzwischen vollständig in den Haushalt des Vaters gewechselt. Dabei kann es im Interesse der Stabilität für den Jungen bleiben.

f)

Die Sachverständige hat gegenüber den Eltern erklärt, dass in Zukunft Elterngespräche in der Erziehungsberatungsstelle unverzichtbar seien; diesem Vorschlag ist nicht widersprochen worden (Bl. 186). Diesen Ratschlag werden die Eltern weiter befolgen müssen. Schon die unterschiedliche Wahrnehmung der Absprachen zum Umgang in den Sommerferien lassen erkennen, dass es weiterhin der fachkundigen Anleitung zu Elterngesprächen bedarf.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Umstände, die ein Abweichen von dieser Soll-Vorschrift trotz Unterliegens der Mutter in der Beschwerdeinstanz rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 FamGKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.