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Schmutzwasseranschlussbeitrag


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 16.01.2014
Aktenzeichen VG 6 K 755/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 5 PostG, § 33 PostG, § 58 VwGO, § 60 VwGO, § 70 VwGO, § 75 VwGO, § 178 Abs 1 Nr 2 ZPO, § 180 ZPO, § 182 Abs 2 Nr 4 ZPO, § 182 Abs 1 S 2 ZPO, § 418 ZPO

Leitsatz

1. Der Rechtsschutzsuchende kann Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben, wenn über seinen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Zeit sachlich nicht entschieden worden ist. Hierdurch wird verhindert, dass die Behörde dem Bürger durch Untätigbleiben die Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes nehmen kann. Es ist eine wesentliche Bedingung für die Wirksamkeit des durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleisteten Rechtsschutzes, dass das verwaltungsrechtliche Vorverfahren die Anrufung der Gerichte nicht zeitlich unzumutbar lange hinauszögert und der Rechtsschutzsuchende eine sachliche Entscheidung durch die Gerichte noch zur rechten Zeit erlangen kann. Dies gilt auch bei Unzulässigkeit des Widerspruchs. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheides ist jedoch nur bei besonders gelagerten Fallgestaltungen anzunehmen und in der Regel zu verneinen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kläger ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde hat, etwa weil diese auch nach Zweckmkäßigkeits oder sonstigen Ermesssensgesichtspunkten zu entscheiden hat, die dem Gericht verschlossen sind oder von ihm nur beschränkt auf ihre Fehlerhaftigkeit geprüft werden können. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens , Beurteilungs oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, besteht ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheides demgegenüber nicht.

2. Gemäß § 418 ZPO i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbringt die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich nicht nur auf das Einlegen des Schriftstückes in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, sondern insbesondere auch darauf, dass der Postbedienstete unter der ihm angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat. Dies gilt auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost für Zustellungen der Deutschen Post AG wie auch der privaten Lizenznehmer gemäß § 5 Postgesetz, die gemäß §§ 33 Abs. 1 Satz 1 PostG zur Beurkundung verpflichtet und zu diesem Zweck gemäß §§ 33 Abs. 1 Satz 2 PostG mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind. Der vom Beklagten für die Zustellung des streitigen Bescheides verwendete private Zustelldienst ist als Lizenznehmer daher verpflichtet (und damit auch berechtigt), förmliche Zustellungen nach den Gesetzen, welche die Verwaltungszustellung regeln, vorzunehmen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Kanalanschlussbeitrag.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks B., Flur 76, Flurstück 93 in C., Gemarkung S..

Mit Bescheid vom 4. März 2011 zog der Beklagte den Kläger für die Möglichkeit des Anschlusses des vorgenannten Grundstückes an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung zu einem Kanalanschlussbeitrag in Höhe von 3.352,40 Euro heran. Der Bescheid wurde dem Kläger per Postzustellungsurkunde am 5. März 2011 zugestellt.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 6. Mai 2011 am 9. Mai 2011 Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom gleichen Tage, beim Beklagten gleichfalls am 9. Mai 2011 eingegangen, beantragte der Kläger (sinngemäß) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist. Zur Begründung führte er aus: Der Bescheid vom 4. März 2011, von dem er erst durch Zusendung einer Kopie am 3. Mai 2011 Kenntnis erhalten habe, sei ihm nicht zugestellt worden, was er versichere. Aus diesem Grund habe er unverschuldet nicht das gebotene Rechtsmittel einlegen können.

Mit Schreiben vom 7. Juni 2011, dem Kläger zugestellt am 10. Juni 2011, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass seinem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht entsprochen werden könne. Ausweislich der Postzustellungsurkunde sei ihm der angefochtene Bescheid am 5. März 2011 um 13.29 Uhr durch Einlegen in den Hausbriefkasten zugestellt worden, da er persönlich nicht angetroffen worden sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass er den Bescheid nicht erhalten haben wolle.

Mit seiner am 19. August 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger - unter Bezugnahme auf seinen behördlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - sein Begehren weiter. Zur Begründung stützt er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er aus: Er habe prinzipiell – wie seine Stellungnahme im dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Anhörungsverfahren und die Korrespondenz mit dem Beklagten nach Zusendung einer Kopie des Bescheides zeige – auf alle Schreiben des Beklagten reagiert. Auf den angefochtenen Bescheid habe er regelrecht gewartet, weshalb nicht nachvollziehbar sei, warum er nicht auf diesen habe reagieren sollen. Am vermeintlichen Zustelltag sei er um 19.29 Uhr, also der angegebenen Zustellzeit, zuhause gewesen. Er wisse dies deshalb genau, weil er an diesem Tag mit dem Kinderelfferrat um 14 Uhr beim Umzug in M. gewesen sei. Die Kinder seien um 17.30 Uhr bei ihm im Büro in der Bahnhofstraße 76 in C. von ihren Eltern abgeholt worden. Anschließend sei er nach Hause gegangen, da er als Präsident des KiKaC e.V. noch Vorbereitungen für den „Zug der fröhlichen Kinder“ am 6. März 2011 habe treffen müssen. Der Mitarbeiter der Firma Regio Print Vertrieb GmbH, die die Zustellung vorgenommen habe, hätte sich nur bemerkbar machen müssen, was er nicht getan habe. Die Unterschrift des Zustellers beweise noch lange nicht, dass ihm der Bescheid wirklich zugestellt worden sei. Die Zustellung mittels Postzustellungsurkunde sei insoweit nicht von einem Postbediensteten vorgenommen worden. Die Zustellung sei vielmehr durch ein privates Unternehmen erfolgt, so dass es sich nicht um eine Zustellung mittels Postzustellungsurkunde i.S.d. gesetzlichen Vorschriften über die Zustellung von Bescheiden gehandelt habe. Es sei allgemein bekannt, dass private Zustellungsdienste Briefe zum Teil nicht ordnungsgemäß zustellten. Teilweise arbeiteten diese Zustelldienste mit Hilfsarbeitern, deren Zuverlässigkeit fraglich sei. Es gebe kein Personalauswahlverfahren, wie es bei der „Deutschen Post“ üblich und vorgeschrieben sei. Er stelle insoweit erneut Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Beitragsbescheid des Beklagten vom 4. März 2011aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend führt er aus: Die Klage sei bereits unzulässig. Sie sei auf Verpflichtung des Beklagten zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichtet. Dies sei zwar grundsätzlich zulässig, da er – der Beklagte – eine gesonderte Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag getroffen habe, ohne gleichzeitig über den Widerspruch zu entscheiden. Bei einer solchen Entscheidung der Behörde über den Wiedereinsetzungsantrag handele es sich um einen eigenständigen Verwaltungsakt, der der Bestandskraft fähig sei und entsprechende Bindungswirkungen entfalte, so dass kein Anwendungsfall des § 44a VwGO gegeben sei. Der Betroffene müsse insoweit die Möglichkeit haben, gegen die gesonderte Entscheidung selbst vorzugehen und sei nicht verpflichtet abzuwarten, bis die Widerspruchsbehörde in der Sache selbst entschieden habe. Die Klage sei jedoch aufgrund des Ablaufs der Ausschlussfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig, da der Kläger – ungeachtet der unzureichenden Rechtsbehelfsbelehrung in der Wiedereinsetzungsentscheidung - erst nach über einem Jahr nach Zustellung der behördlichen Wiedereinsetzungsentscheidung Widerspruch erhoben habe. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, da die Wiedereinsetzung zu Recht abgelehnt worden sei. Die Zustellung sei ordnungsgemäß gewesen. Aus dem klägerischen Vorbringen ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, an dem Wahrheitsgehalt der anlässlich der Zustellung vom Postbediensteten gefertigten Postzustellungsurkunde zu zweifeln. Sonstige Wiedereinsetzungsgründe seien nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte gemäß §§ 101 Abs. 2, 87 a Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Wege des schriftlichen Verfahrens durch den Vorsitzenden entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit jeweils einverstanden erklärt haben.

Die Kammer legt das Klagebegehren in Ansehung des Schriftsatzes des Klägers vom 22. Oktober 2013 dahingehend aus, dass dieser gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. März 2011 im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO begehrt. Soweit der Kläger in dem genannten Schriftsatz dem Wortlaut seiner Anträge gemäß die Bescheidung seines Widerspruches vom 6. Mai 2011 zu begehren scheint, wäre ein solches Begehren unzulässig, eine entsprechende Auslegung des Klagebegehrens mithin nicht sachgerecht.

Der Rechtsschutzsuchende kann Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben, wenn – wie hier der Fall - über seinen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Zeit sachlich nicht entschieden worden ist. Hierdurch wird verhindert, dass die Behörde dem Bürger durch Untätigbleiben die Möglichkeit wirksamen Rechtsschutzes nehmen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 1995 – 1 BvR 54/94 –, zit. nach juris, Rn. 5). Es ist eine wesentliche Bedingung für die Wirksamkeit des durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) gewährleisteten Rechtsschutzes, dass das verwaltungsrechtliche Vorverfahren die Anrufung der Gerichte nicht zeitlich unzumutbar lange hinauszögert und der Rechtsschutzsuchende eine sachliche Entscheidung durch die Gerichte noch „zur rechten Zeit“ erlangen kann. Dies gilt auch bei – wie hier, wie noch darzulegen sein wird - Unzulässigkeit des Widerspruchs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975 – 2 BvR 883/73 –, BVerfGE 40, 237, 257). Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Erlass eines Widerspruchsbescheids ist jedoch nur bei besonders gelagerten Fallgestaltungen anzunehmen und in der Regel zu verneinen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kläger ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde hat, etwa weil diese auch nach Zweckmäßigkeits- oder sonstigen Ermessensgesichtspunkten zu entscheiden hat, die dem Gericht verschlossen sind oder von ihm nur beschränkt auf ihre Fehlerhaftigkeit geprüft werden können. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, besteht ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheides demgegenüber nicht. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. Beschluss vom 30. 8. 1962 – III B 88.61 -, MDR 1962, 1010; Urteil vom 28. März 1968 - BVerwG 8 C 22.67 -, BVerwGE 29, 239, 244Urteil vom 3. Dezember 1987 - BVerwG 6 C 44.87 -, Buchholz 448.6 § 15 KDVG Nr. 6 mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung; Beschluss vom 3. August 1990 - BVerwG 8 B 37.90 -, Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 99; Beschluss vom 28. April 1997 – 6 B 6/97 -, zit. nach juris).

In Ansehung der Anträge des Klägers im Schriftsatz vom 22. Oktober 2013 und seines Vorbringens im – als, was angesichts des eindeutig auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides gerichteten Begehrens des Klägers unschädlich ist, Einspruch bezeichneten – Widerspruch vom 6. Mai 2011, den er im vorliegenden Verfahren auch inhaltlich in Bezug nimmt, vermag sich die Kammer auch nicht der Auffassung des Beklagten anzuschließen, der Kläger wende sich vorliegend nur gegen die - außerhalb des Widerspruchsverfahrens erfolgte – ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 7. Juni 2011 über den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers vom 6. Mai 2011, wobei dahin stehen mag, ob ein solches isoliertes Klagebegehren überhaupt zulässig wäre (vgl. in diesem Sinne etwa BSG, Urteil vom 28. Januar 2009 – B 6 KA 11/08 R -, zit. nach juris).

Die somit statthafte Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) ist indes bereits unzulässig, weil der Kläger nicht innerhalb der von § 70 Abs. 1 VwGO vorgesehenen Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Beitragsbescheides vom 5. März 2011 Widerspruch eingelegt hat und dieser daher in Bestandskraft erwachsen ist.

Der Beitragsbescheid war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist vor allem nicht deshalb unrichtig bzw. unvollständig oder irreführend und damit falsch, weil die Adresse der Behörde, bei der der Widerspruch anzubringen sei, fehlerhaft oder in irreführender Weise mitgeteilt worden sei. Zwar ist im Adressfeld des angefochtenen Bescheides unter anderem angegeben: „Geschäftsbereich II, Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, K.-Straße, C.“, während in der Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend belehrt wird, der Widerspruch sei „bei dem Oberbürgermeister der Stadt C., in C., schriftlich oder zur Niederschrift, zweckmäßiger Weise beim Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt C., Servicebereich Wasser, (Gebäude der LWG), in C. einzulegen“. Dies macht die Rechtsbehelfsbelehrung indes nicht fehlerhaft. Denn wenn § 58 Abs. 1 VwGO vorschreibt, die Belehrung müsse sich auch auf die Verwaltungsbehörde, bei der der Rechtsbehelf einzulegen sei, und deren Sitz erstrecken, so ist dem vorliegend genügt. Erlassende Behörde gemäß §§ 70 Abs. 1, 58 Abs. 1 VwGO war vorliegend, wie aus dem Briefkopf des Bescheides ohne weiteres ersichtlich, der Oberbürgermeister der Stadt C., der mit seinem Sitz („C.t“) – im Sinne der Angabe des Ortes (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2009 – 3 C 23/08 -, NJW 2009, 2392) – in der Belehrung (zutreffend) angegeben wird. Die Angabe von Postleitzahl, Straße und Hausnummer ist demgegenüber gerade nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 1966 – V C 196.65 -, BVerwGE 25, 261; Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 30/88 -, BVerwGE 85, 298). Die – an sich nicht erforderliche - Angabe von Postleitzahl, Straße und Hausnummer ist vorliegend auch nicht deshalb irreführend und in der Folge die Belehrung fehlerhaft, weil sie von der im Briefkopf enthaltenen Angabe „Geschäftsbereich II, Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, K. –Straße, in C.“ abweicht. Diese Angabe ist nicht geeignet, beim Betroffenen Fehlvorstellungen über die formellen und materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs bzw. des Ortes, an dem er anzubringen ist, hervorzurufen und ihn dadurch davon abzuhalten den Rechtsbehelf einzulegen bzw. rechtzeitig einzulegen (vgl. zu diesem Maßstab Posser/Wolff, VwGO Komm., 2. Aufl. 2012, § 58 Rn. 19 ff. m.w.N.). Die zunächst in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene Angabe „N., in C.“ ist eindeutig und zur Irreführung nicht geeignet, da Postleitzahl, Straße und Hausnummer eindeutig und unverwechselbar und zutreffend wiedergegeben werden und keine andere Behörde als die erlassende – nämlich der Oberbürgermeister - als für die Widerspruchseinlegung zuständig bezeichnet wird. Die weitere – sachlich ebenfalls zutreffende - Angabe, der Widerspruch sei „zweckmäßigerweise“ beim „Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt C., Servicebereich Wasser, (Gebäude der LWG), in C.“ einzulegen, vermag gleichfalls hinsichtlich der Frage des Ortes der Widerspruchseinlegung nicht irrezuführen. Mit der Angabe eines bloßen Amtes wird keine weitere Behörde ins Spiel gebracht, sondern nur eine organisatorische Untergliederung der Behörde „Oberbürgermeister“. Die Angabe einer zusätzlichen Adresse stellt einen bloßen Service für den Bürger da, ohne dass hiermit – bei verständiger Lektüre - eine Unklarheit verbunden wäre, unter welcher Adresse der Widerspruch nun eingelegt werden müsse. Es ist vielmehr eindeutig, dass unter beiden in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Adressen eine Widerspruchseinlegung möglich ist. Dass sich diese nicht mit der im Briefkopf (auch) angegebenen Adresse „Geschäftsbereich II, Amt für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, K.-Straße, in C.“ decken, ist schon unerheblich, zumal sich im Briefkopf auch die in der Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene Angabe „SG Wasser, in C.“ findet. Wegen der eindeutigen Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung kann insoweit keine Fehlvorstellung darüber entstehen, wo der Widerspruch einzulegen ist (vgl. zum Ganzen bereits Urteil der Kammer vom 19. Januar 2012 – 6 K 588/11 – zit. nach juris).

Der Beitragsbescheid wurde dem Kläger gemäß der im Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunde ordnungsgemäß am 5. März 2011 zugestellt.

Der Mitarbeiter der Firma Regio Print- Vertrieb GmbH hat ausweislich der Postzustellungsurkunde das zuzustellende Schriftstück zu übergeben versucht und - weil die Übergabe in dem Wohn- und Geschäftsraum nicht möglich war - am genannten Tag um 13.29 Uhr "in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung eingelegt". Damit gilt der Bescheid mit der Einlegung am 5. März 2011 als zugestellt.

Der Widerspruch des Klägers vom 6. Mai 2011 ist ausweislich des Verwaltungsvorganges aber erst am 9. Mai 2011 und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO beim Beklagten eingegangen.

Die Zustellung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch wirksam. Die Zustellungsurkunde ist ordnungsgemäß erstellt worden. Sie enthält die nach § 182 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Angaben über den Zustellungsvorgang und das Zustellungsdatum. Insbesondere ist der Grund angegeben, der die Ersatzzustellung nach § 180 ZPO rechtfertigte (§ 182 Abs. 2 Nr. 4 ZPO). Weitere Angaben darüber, weshalb die nach den Angaben des Klägers im Streitfall allein in Betracht kommende Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht möglich war, waren in der Zustellungsurkunde nicht zu machen. Es bedurfte nach § 182 Abs. 2 Nr. 4 ZPO auch keiner Beschreibung, in welchen Briefkasten oder in welche ähnliche Vorrichtung das Schriftstück eingelegt wurde (vgl. BFH, Beschluss vom 6. Oktober 2003 - VII B 12/03 -, BFH/NV 2004, 497). Gemäß § 418 ZPO i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO erbringt die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich nicht nur auf das Einlegen des Schriftstücks in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, sondern insbesondere auch darauf, dass der Postbedienstete unter der ihm angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1991 - 2 BvR 511/89 -, NJW 1992, 224). Dies gilt – entgegen der Auffassung des Klägers – auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost für Zustellungen der Deutschen Post AG wie auch der privaten Lizenznehmer gemäß § 5 Postgesetz, die gemäß §§ 33 Abs. 1 Satz 1 PostG zur Beurkundung verpflichtet und zu diesem Zweck gemäß §§ 33 Abs. 1 Satz 2 PostG mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind. Der vom Beklagten für die Zustellung des streitigen Bescheides verwendete private Zustelldienst ist als Lizenznehmer daher verpflichtet (und damit auch berechtigt), förmliche Zustellungen nach den Gesetzen, welche die Verwaltungszustellung regeln - hier also kraft behördlicher Anordnung (vgl. die Angabe im Kopf des Bescheides: „Gegen Postzustellungsurkunde“) gemäß § 122 Abs. 5 AO in Verbindung mit § 3 Abs. 3 VwZG –, vorzunehmen (vgl. BFH, Beschluss vom 24. April 2007 - VIII B 249/05 -, BFH/NV 2007, 1465, m.w.N.; Beschluss vom 4. Juli 2008 – IV R 78/05 -, zit. nach juris; VG Schwerin, Beschluss vom 26. November 2007 – 8 B 198/07 -, zit. nach juris; vgl. entsprechend zur wirksamen Zustellung eines Bußgeldbescheides durch einen privaten Zustelldienst: OLG Rostock, Beschluss vom 6. März 2002 - 2 Ss (Owi) 143/01 I 167/01 -, zit. nach juris; Beschluss vom 12. März 2002 - 2 Ss (Owi) 144/01 I 157/01, zit. nach juris). Ein Gegenbeweis kann nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Dieser Gegenbeweis erfordert den Beweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs, der damit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (vgl. BFH, Beschluss vom 4. Juli 2008, a.a.O.). Gefordert wird der volle Gegenbeweis, d.h. der Beweis der Unrichtigkeit der Postzustellungsurkunde in der Weise, dass ihre Beweiswirkung vollständig entkräftet wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 2 BvR 2017/01 -, NJW-RR 2002, 1008; BFH, Beschluss vom 4. Juli 2008, a.a.O.). Im Streitfall hat der Kläger diesen Gegenbeweis nicht erbracht. Hierzu hätte es zumindest der substantiierten Darlegung der Umstände bedurft, die gegen die Richtigkeit des Inhalts der Postzustellungsurkunde sprechen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. Februar 2002, a.a.O.; BFH, Beschluss vom 4. Juli 2008, a.a.O.). Der Kläger hätte Umstände darlegen müssen, die ein Fehlverhalten der Postzustellerin bei der Zustellung und damit eine Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde zu belegen geeignet sind (vgl. BFH, Beschluss vom 4. Juli 2008, a.a.O. und zum Ganzen bereits Urteil der Kammer vom 19. Januar 2012, a.a.O.). Eine derartige Substantiierung enthält das klägerische Vorbringen nicht. Dies gilt insbesondere, soweit der Kläger vorträgt, er sei am Zustelltag zu der in Rede stehenden Uhrzeit zu Hause gewesen. Im Schriftsatz vom 19. August 2013 hat er dies lediglich behauptet, ohne nähere Ausführungen zu machen. Im Schriftsatz vom 22. Oktober 2013 indes hat er vorgetragen, am vermeintlichen Zustelltag sei er um 19.29 Uhr (Anm.: Hervorhebung durch die Kammer) zuhause gewesen. Er wisse dies deshalb genau, weil er an diesem Tag mit dem Kinderelfferrat um 14 Uhr (Anm.: Hervorhebung durch die Kammer) beim Umzug in M. gewesen sei. Die Kinder seien um 17.30 Uhr bei ihm im Büro in der Bahnhofstraße 76 in C. von ihren Eltern abgeholt worden. Anschließend (Anm.: Hervorhebung durch die Kammer) sei er nach Hause gegangen, da er als Präsident des KiKaC e.V. noch Vorbereitungen für den „Zug der fröhlichen Kinder“ am 6. März 2011 habe treffen müssen. Aus diesem Vortrag ergibt sich gerade, dass der Kläger am Zustelltag zu der in der Postzustellungsurkunde angegebenen Zustellungszeit, nämlich um 13.29 Uhr nicht zuhause war. Der Kläger widerspricht sich insoweit selbst.

Die vom Kläger begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO ist diesem nicht zu gewähren, wobei dahinstehen kann, ob dem Erfolg des diesbezüglichen Antrages – wie der Beklagte meint – schon die (vermeintliche) Bestandskraft der behördlichen Entscheidung vom 7. Juni 2011 entgegen gehalten werden könnte. Denn jedenfalls hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, die Widerspruchsfrist einzuhalten. Soweit er in diesem Zusammenhang – systematisch verfehlt – eine fehlerhafte Zustellung geltend gemacht hat, liegt eine solche nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).