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Hinterbliebenenrente als zwischenstaatlich zu bestimmende Leistung; Auch nach Inkrafttreten und Anwendbarkeit der VO (EG) Nr. 884/2004 sind Normen des Abkommen mit Drittstaaten (hier Monaco) keine Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates, jetzt i.S. von Art. 1 Buchst. l VO (EG) Nr. 883/2004.; weitere Anwendung der Grundsätze des Urteils des EuGH vom 02. August 1993 - C 23/92 -


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 17. Senat Entscheidungsdatum 27.08.2010
Aktenzeichen L 17 R 1397/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

2. Die im Berufungsverfahren angefallenen Klagen werden abgewiesen.

3. Der Kostenausspruch erster Instanz wird geändert. Außergerichtliche Kosten des ersten Rechtszuges und des zweiten Rechtszuges hat die Beklagte dem Grunde nach zu 1/10 zu erstatten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist im Wesentlichen die Gewährung einer höheren Witwenrente unter Berücksichtigung monegassischer Versicherungszeiten des Versicherten J S, des verstorbenen Ehegatten der Klägerin (Kl.). Diese ist italienische Staatsangehörige und 1957 geboren.

Der 1956 in F i. B geborene Versicherte war deutscher Staatsangehörigkeit und beantragte am 24. Februar 1992 die Klärung seines Versicherungskontos. Seit 1985 sei er im Ausland berufstätig und leiste laufend Beiträge zu einem ausländischen Versicherungsträger. Er halte sich gewöhnlich in F V, Monaco auf. Unter dem 11. Juli 1994 erließ die Beklagte (Bekl.) einen Vormerkungsbescheid nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -, in dem rentenrechtliche Zeiten vom 1. Juli 1975 bis 28. Februar 1981 festgestellt waren. Wegen dessen Inhalt im Einzelnen wird auf die Einheitsakte der Bekl. Bezug genommen. Der beigefügte Versicherungsverlauf vom 11.Juli 1994 enthielt bis März 1985 insgesamt 31 Monate Pflichtbeiträge.

Am 2003 verstarb der Versicherte. Die Kl. beantragte Witwenrente am 31. März 2004 bei der Bekl. Vom französischen Rententräger (Caisse Nationale d`Assurance Vieillesse) legte sie einen Versicherungsverlauf (Relevé de carrière) vom 22. Oktober 2003 vor. Zwischen 1985 und 1998 wurden 47 Vierteljahre (trimester) im régime général als zurückgelegt bescheinigt. Vom monegassischen Träger (Caisse Soziales de Monaco) wurden zwischen dem 1. März 1987 und 20. Juni 2003 59 Monate Versicherungszeit als im System Retraite des Travailleur Salarié zurückgelegt bescheinigt (Relevé de carrière vom 26. September 2003). Sie beabsichtige nach dem Tode ihres Ehemannes mit den Töchtern S M S, geb. 1995, und C M B S, geb. 1997, in ihre Geburtsstadt G/Italien zu übersiedeln. Die Kinder seien sowohl deutscher wie italienischer Staatsangehörigkeit.

In keinem der drei in Betracht kommenden Rentenversicherungssysteme habe der Verstorbene - bei isolierter Betrachtung - die notwendigen Wartezeiten für eine Witwen- und Waisenrente bezüglich der Hinterbliebenen erreicht. Es solle ein bilaterales Abkommen zwischen Frankreich und Monaco über eine gegenseitige Anerkennung der in beiden Ländern zurückgelegten Versicherungszeiten geben. Nach Art. 1 lit. k ) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 (ABl. L 149 vom 5.Juli 1971, S. 2 ff) ließe sich ferner eine Berücksichtigungsfähigkeit der in Monaco zurückgelegten Zeiten sowohl in Frankreich wie in Deutschland annehmen. Nach Art.1 lit. o) ii) der Verordnung scheine zuständiger Träger des Systems der sozialen Sicherheit (allein) die Bekl. zu sein.

Der französische Träger bestätigte unter Verwendung des Vordrucks „E 205 F“ am 26. Juli 2004 nochmals im nationalen System zurückgelegte 47 Trimester. Am 7. Dezember 2004 verlegten die Kl. und ihre beiden Kinder ihren Wohnsitz von Monaco nach G/Italien.

Die Bekl. gewährte der Kl. mit Bescheid vom 22. März 2005 für die Zeit ab 15. Juni 2003 die große Witwenrente. Diese wurde - nach Ende des dritten Kalendermonats nach dem Sterbemonat des Versicherten - für die Zeit ab 1. Oktober 2003 in Höhe von anfänglich 97,82 € geleistet. Die Rente sei unter Berücksichtigung der Verordnungen (EWG) 1408/71 und 574/72 festzustellen, weil neben Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung auch Versicherungszeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat zurückgelegt seien. Für die Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland sei eine Auslandsrente festzustellen. Ein Rentenanspruch allein aus den nach deutschen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten bestehe nicht. Die Rente sei daher nur unter Berücksichtigung der in anderen EU-Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten sowie den Rechtsvorschriften der Verordnungen (EWG) Nr.1408/71 und Nr.574/72 (zwischenstaatliche Rente) zu berechnen. Bei der zwischenstaatlichen Berechnung würden die Entgeltpunkte zunächst so ermittelt, als wären die in allen EU-Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten ausschließlich nach deutschem Recht zurückgelegt. Aus allen Entgeltpunkten (EP) werde nach dem Verhältnis der EP für deutsche Zeiten zu den EP für alle Zeiten (jeweils ohne Zurechnungszeit) die zwischenstaatliche Rente berechnet. Aus deutschen Beitragszeiten habe der Versicherte 3,1120 EP, aus ausländischen (französischen) 13,8552 EP, insgesamt 16,9672 EP für Beitragszeiten bezüglich der Grundbewertung erzielt. An persönlichen Entgeltpunkten (pEP) für die Ermittlung des Monatsbetrages der Rente ergebe sich ein Ausgangswert von 6,8567, welcher sich für jeden Monat nach dem 31. Juli 2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem der Versicherte das 63. Lebensjahr vollendet hätte, um 0,090 Punkte vermindere, so dass sich als pEP ein maßgeblicher Wert von 6,2396 ergebe.

Unter dem 28. Juni 2005 legte die Kl. Widerspruch ein mit dem Antrag,

„1. den angefochtenen Bescheid in der Weise abzuändern, dass die nachgewiesene Beschäftigungszeit des Versicherten von 59 Monaten im Fürstentum Monaco als Beschäftigungszeit in Frankreich berücksichtigt und die Rente dementsprechend neu berechnet werde,

2. bei den Anrechnungszeiten den im Feststellungsbescheid vom 11. Juli 1994 bescheinigten Versicherungsverlauf zu Grunde zu legen.“

Der französische Träger habe den Versicherten nicht wie einen französischen Staatsangehörigen behandelt. Der französische Träger habe ihm als deutschen Staatsangehörigen nicht die französische Inländerbehandlung im Sinne einer Gleichstellung gewährt. Dies stehe in Widerspruch zu dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs.1 VO (EWG) Nr. 1408/71. Zu den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates Frankreich gehöre auch die Allgemeine Konvention vom 28. Februar 1952 zwischen Frankreich und dem Fürstentum Monaco über die soziale Sicherheit (Convention générale du 28 février 1952 entre la France et la Principauté de Monaco sur la securité sociale, Decrét no. 54-682 du 11 juin 1954 - J.O. du 27 juin 1954) in der Fassung der Erlasse (Avenants) vom 5. Juli 1961, 19. Dezember 1963, 3. Dezember 1965, 17. Dezember 1979 und 1.Mai 2000 in Verbindung mit dem Verwaltungsabkommen (Arrangement administratif relatif aux modalités d´application de la convention de sécurité sociale signée à Paris le 28 février 1952 entre la France et la Principauté des Monaco) vom 5. November 1954. Danach genössen die französischen und monegassischen Staatsangehörigen in abhängiger Beschäftigung die Vorteile der nationalen Gesetzgebung über die soziale Sicherheit in gleicher Weise wie Staatsangehörige des jeweils anderen Staates (Art.1, § 1 der Konvention). Maßgeblich sei grundsätzlich das Recht am Ort ihrer Arbeit (Art.3, § 1). Nach Art. 19 berücksichtige die zuständige Institution bei der Hinterbliebenenversicherung die unter der Gesetzgebung des anderen Vertragsstaates zurückgelegten Beschäftigungszeiten, wie wenn sie unter der Gesetzgebung zurückgelegt worden wären, die diese Institution anwende. Die Einzelheiten seien in Art. 25 ff bestimmt. Danach gelte - wie nach der VO (EWG) Nr. 1408/71 - ebenfalls das Prinzip der Totalisation (Zusammenrechnung) der Versicherungszeiten und der Gewährung von Einzelrenten. Wenn jedoch die Rentenberechtigung aufgrund der Versicherungszeiten nur nach der Gesetzgebung eines der beiden Vertragsstaaten erreicht sei, bestimme die zuständige Stelle des Staates den Betrag der Leistung. Die zuständige Stelle des anderen Staates erstatte ihr die Leistungen, die ihr anteilig und verhältnismäßig aufgrund der Beschäftigungszeiten in ihrem Staat zur Last fielen.

Dies gelte auch für die Rechte hinterbliebener Ehegatten und Kinder.

Demnach habe der französische Träger die 59 Monate monegassische Beschäftigungszeit des Versicherten wie eine Beschäftigungszeit in Frankreich zu bescheinigen und der Bekl. mitzuteilen. Dies sei ersichtlich nicht geschehen und erfordere eine Berichtigung des Versicherungsverlaufs in Anlage 2 Seite 1 des angefochtenen Bescheides.

Zum zweiten weiche der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Versicherungsverlauf zu ihrem Nachteil von dem im Feststellungsbescheid vom 11. Juli 1994 dargestellten ab: Für die Zeit vom 30. Januar 1972 bis 31. Dezember 1972 und vom 1. Januar 1973 bis 29. Januar 1973 sei jetzt erstmals der Vermerk „keine Anrechnung“ beigefügt, für die Zeit vom 1. September 1981 bis 13. Juli 1983 der Vermerk „Höchstdauer überschritten“.

Der Feststellungsbescheid vom 11. Juli 1994 nach § 149 Abs.5 SGB VI sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. An einem die Vormerkungen wirksam aufhebenden Verwaltungsakt fehle es jedoch.

Unter dem 26. Oktober 2005 erließ die Bekl. einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid. Die Anerkennung ausländischer Beschäftigungszeiten als Beitragszeit obliege regelmäßig dem jeweiligen ausländischen Versicherungsträger. Dieser entscheide stets allein darüber, ob und ggfls. in welchem Umfang entsprechende Versicherungszeiten vorliegen und ob die Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente aus diesen Zeiten erfüllt seien. Eine Übernahme ausländischer Versicherungszeiten in die deutsche Versicherungslast und die Zahlung einer deutschen Rente aus diesen Zeiten sei in den Vorschriften der VO Nr. 1408/71 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) nicht vorgesehen. Ausländische Versicherungszeiten würden in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich lediglich in dem vom jeweiligen Versicherungsträger bestätigten Umfang für die Erfüllung der Wartezeit sowie die zwischenstaatliche Rentenberechnung berücksichtigt. An die Entscheidung des französischen Trägers hinsichtlich Umfang und zeitlicher Lage der französischen Versicherungszeiten sei die Bekl. gebunden.

Im Übrigen sei die Zeit vom 30. Januar 1972 bis 29. Januar 1973 und darüber hinaus die Zeit vom 1. September 1981 bis 13. Juli 1983 wegen Überschreitens der Höchstdauer nicht angerechnet worden. Mit dem Vormerkungsbescheid vom 11. Juli 1974 sei keine Entscheidung über die rechtliche Bewertung im Rentenfall getroffen worden. Daher habe es diesbezüglich auch keiner Aufhebung dieses Feststellungsbescheides bedurft.

Nach der Rechtsbehelfsbelehrung war der Hinweis angefügt, soweit die Kl. die Anerkennung monegassischer Beschäftigungszeiten als französische Versicherungszeit begehre, werde empfohlen, einen entsprechenden Antrag beim zuständigen französischen Träger zu stellen.

Mit ihrer am 23. Januar 2006 beim Sozialgericht Berlin (SG) eingehenden Klage hat die Kl. ihr Begehren weiter verfolgt und ihr Vorbringen vertieft. Zu Unrecht gehe die Bekl. von einer Bindung an den vom französischen Versicherungsträger bescheinigten Umfang der in Frankreich zu berücksichtigenden - französischen - Beschäftigungszeiten aus. Zwar entfalteten solche Bescheide grundsätzlich Tatbestands- und Feststellungswirkung für die deutsche Behörde. Dies gelte indes nicht uneingeschränkt. Ausnahmen würden anerkannnt, wenn (1) der betreffende Hoheitsakt mit zulässigen Rechtsmitteln angegriffen werde oder (2) die Aufrechterhaltung des durch die französische Feststellung geschaffenen Zustandes „schlechthin unerträglich“ wäre oder deren Nichtbeachtung zur Vermeidung „äußerster Ungerechtigkeit“ erforderlich, insbesondere aus Gründen des zum Schutz der eigenen Staatsangehörigen notwendig sei oder (3) der ausländische Hoheitsakt nichtig - hier evident gemeinschaftsrechtswidrig - oder in sich widersprüchlich sei. Diese Voraussetzungen lägen vor: Frankreich benachteilige - dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.3 Abs.1 VO (EWG) Nr. 1408/71 zuwider - die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen. Wenn die Bundesrepublik Deutschland eine solche Diskriminierung der deutschen Staatsangehörigen hinnehme, mache sie sich (selbst) die Diskriminierung durch die französiche Republik zu Eigen und handele auch ihrerseits rechtswidrig gegenüber ihren eigenen Staatsangehörigen.

Demgemäß seien die deutschen Gerichte gehalten, hiergegen den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 2 EGV anzurufen. Diesbezüglich formuliert sie - als Anregung an das Gericht - eine an den EuGH zu richtende Vorlagefrage.

Im Übrigen fehle es an einer wirksamen Aufhebung des Vormerkungsbescheides vom 11. Juli 1994, so dass es bei dessen Inhalt verbliebe. Dieser sei der Berechnung der Witwenrente daher zu Grunde zu legen.

Die Bekl. hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und wiederholt, dass die Kl. den französischen Rechtsweg beschreiten müsse, sofern sie eine Einbeziehung monegassischer Versicherungszeiten in die französische Versicherungslast begehre.

Mit Urteil vom 11. Juni 2007 hat das SG im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - die Klage abgewiesen. Charakter und Umfang der Versicherungszeiten bestimme mit verbindlicher Wirkung der Träger des Staates, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt seien (BSG, Urteil vom 25. Februar 1992 - 4 RA 28/91). Die Anrechenbarkeit bestimme sich jedoch nach deutschen Rechtsvorschriften (BSG, Urteil vom 28 Januar 1977 - 4 RJ 144/76). Zweifel an der rechtmäßigen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts durch die Bekl. bestünden nicht. Das Fürstentum Monaco sei als Drittstaat außerhalb der Europäischen Union zu verstehen. In Ermangelung eines Assoziierungsabkommens sowie des Fehlens eines bilateralen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Monaco sei eine Berücksichtigung der streitigen Zeiten nach EU – Recht ausgeschlossen.

Des Weiteren sei mit dem Bescheidzusatz, dass die Zeiten gemäß §149 Abs.5 S. 2 SGB VI insoweit aufgehoben würden, als sie nicht dem geltenden Recht entsprächen und dem Hinweis, dass die nach der Neuregelung zu berücksichtigenden Zeiten dem beiliegenden Versicherungsverlauf zu entnehmen seien, eine hinreichend bestimmte Aufhebung des Vormerkungsbescheides erfolgt.

Gegen die ihr am 12. Juli 2007 zugestellte Entscheidung hat die Kl. am 11. Oktober 2007 durch einen beim SG eingehenden Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat sich auf ihr Vorbringen erster Instanz bezogen und ergänzend u.a. ausgeführt: Verhalte sich ein anderer Mitgliedstaat (hier: Frankreich) nicht gemeinschaftsrechtskonform, so sei die Anrufung der Gerichte jenes Mitgliedstaates (hier: Frankreich) nicht der einzige Weg, solche Rechtsfehler zu korrigieren. Die Korrektur sei auch durch eine verfassungskonforme Auslegung der deutschen Rechtsvorschriften durch die deutschen Behörden und Gerichte entsprechend der Erkenntnis des BSG vom 28. Januar 1977 - 4 RJ 144/76 - möglich. Dies gebiete eine verfassungskonforme Anwendung der Art.3 Abs.1, Art. 14 und des Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs.3 GG).

Unter dem 29. Februar 2008 hat die Bekl. bezüglich des Bescheides vom 11. Juli 1994 die Vormerkung hinsichtlich der Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung für die Zeit vom 30. Januar 1972 bis zum 29. Januar 1973 sowie vom 1. September 1981 bis zum 13. Juli 1983 mit Wirkung ab 1. April 2008 aufgehoben.

Im Übrigen solle, so die Bekl., die VO (EWG) Nr.1408/71 durch die VO (EG) Nr.883/2004, ABl. Nr.L 166/1 vom 30. April 2004, abgelöst werden. Diese sei am 20. Mai 2004 in Kraft getreten, könne indes erst nach Inkrafttreten der zu ihr ergangenen Durchführungsverordnung Anwendung finden [Art. 91 Satz 2 VO(EG) Nr. 883/2004]. Hiermit werde erst im Jahre 2010 gerechnet. Auch durch die neue VO (EG) Nr. 883/2004 ergebe sich keine Änderung der Rechtslage: Monegassische Versicherungszeiten seien keine französischen Versicherungszeiten im Sinne von Art.1 Buchst. r VO (EWG) Nr. 1408/71. Weder ein Assoziierungs- oder Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und dem Fürstentum Monaco noch ein Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Monaco bestehe oder sei geplant.

Unter dem 11. Dezember 2009 hat die Bekl. bezüglich der Zeit vom 15. Juni 2003 bis 31. März 2008 einen Neufeststellungsbescheid erlassen, den sie als streitgegenständlich nach § 96 SGG angesehen hat, und hat die Nachzahlung an die Kl. ausgekehrt. Die Kl. hat das hierin liegende Teilanerkenntnis angenommen.

Zweitinstanzlich beantragt die Kl.,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juni 2007 aufzuheben und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 29. Februar 2008 aufzuheben sowie den Bescheid vom 22. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 11. Dezember 2009 zu ändern und ihr unter Berücksichtigung der Feststellungen des Vormerkungsbescheides vom 11. Juli 1994 und von 59 Monaten im Fürstentum Monaco zurückgelegter Beschäftigungszeiten eine höhere Witwenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klagen gegen die Bescheide vom 29. Februar 2008 und 11. Dezember 2009 abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Durchführungsverordnung zur Grundverordnung (EG) Nr.883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nunmehr auch anzuwenden sei (Art.91 Abs.2 dieser Verordnung). Denn die Durchführungsverordnung hierzu sei am 1. Mai 2010 ihrerseits in Kraft getreten (Art. 97 Durchführungsverordnung [EG] Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr.883/2004). Zugleich hat der Senat auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - vom 2. August 1993 - C - 23/92 aufmerksam gemacht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Einheitsakte der Beklagten (54 300156 S 033) verwiesen. Die genannten Unterlagen haben dem Senat zur mündlichen Verhandlung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und zulässige Berufung der Kl. sowie deren in der Berufungsinstanz angefallene Klagen sind unbegründet.

Die Kl. kann bei der Berechnung ihrer Witwenrente eine Berücksichtigung der ihr günstigen Feststellungen des bestandskräftigen Vormerkungsbescheides vom 11. Juli 1994 bezüglich der Leistungszeit ab 1. April 2008 nicht verlangen, denn die Bekl. hat diesen zu Recht für die Zeit ab 1. April 2008 - und also für die Zukunft - aufgehoben.

Der im Verlauf des Berufungsverfahrens erlassene Aufhebungsbescheid vom 29. Februar 2008 wurde kraft Gesetzes streitgegenständlich. Auf die Frage seiner Einbeziehung ist noch § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in seiner vor Inkrafttreten des Art. 1 Nr. 16 des SGGArbGGÄndG vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) eingeführten Fassung (alte Fassung - a.F.) anzuwenden. Die mit Wirkung vom 1. April 2008 eingeführte Fassung soll mit der ergänzend eingefügten Wortfolge „nur dann“ klarstellen, dass ändernde oder ersetzende Bescheide nur in direkter und nicht (mehr) in entsprechender Anwendung der Vorschrift in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden. Bis 31. März 2008 im Wege entsprechender Anwendung in das Verfahren einbezogene Bescheide bleiben aber auch im Lichte der ab 1. April 2008 eingetretenen Änderung so genannte Gegenstandsbescheide (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. A., § 96 Rz. 1). Jedenfalls die analoge Anwendung des § 96 Abs.1 SGG a.F. gebot vorliegend auch eine Einbeziehung: Denn im - zeitlich umgekehrten - Verhältnis von Klage gegen den feststellenden Vormerkungsbescheid, während der ein „wertfestsetzender Verwaltungsakt“ erlassen wird, geht das BSG unter Geltung der alten Fassung des § 96 SGG sogar von dessen direkter Anwendung aus (BSG, Urteil vom 14. Mai 2003 - B 4 RA 26/02 R -, juris Rz 18). Für eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs.1 SGG a.F. ist jedenfalls dann Raum, wenn der neue Bescheid den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits beeinflussen kann, so dass immerhin ein innerer Zusammenhang besteht, und zum anderen der Grundgedanke der Vorschrift die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes rechtfertigt; hierunter fallen die Prozessökonomie und der Schutz des Betroffenen vor Rechtsnachteilen (vgl. BSG, Urteil vom 9. September 1982 - 11 RA 74/81 -, juris Rz 33). So liegt der Fall hier. Hätte die Bekl. die Aufhebung der Feststellungen des bestandskräftigen Vormerkungsbescheides für die Zeit ab 1. April 2008 zu Unrecht verfügt, müsste sie die streitbefangenen Anrechnungszeiten der Berechnung der Witwenrente auch seitdem, gegenwärtig und künftig zu Grunde legen.

Der im Berufungsverfahren angefallene Bescheid vom 29. Februar 2008 ist folglich auf isolierte Anfechtungsklage zu prüfen: Er beschwert die Kl. indes nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Kl. hat keinen prozessualen Aufhebungsanspruch bezüglich der für Zeit ab 1. April 2008 verfügten Rücknahme der Vormerkung einer Anrechnungszeit vom 30. Januar 1972 bis 29. Januar 1973 sowie vom 1. September 1981 bis 13. Juli 1983 wegen schulischer Ausbildung. Die Bekl. hat sich insoweit auf die mit Wirkung vom 1. Januar 1997 durch Art.1 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG -) vorgesehenen Eingriffe in die Rentenanwartschaften gestützt. Hiergegen hat die Kl. sachlich-rechtliche Einwendungen nicht erhoben. Für diese gäbe es auch keinen Anhalt. Hingegen hat sie geltend gemacht (S. 5 der Berufungsbegründung), einer rückwirkenden Beseitigung der Anrechnungszeiten stehe der ihr zukommende Vertrauensschutz entgegen. Der Versicherungsfall liege fast fünf Jahre zurück. Die Bekl. habe ersichtlich erhebliche Verfahrensfehler gemacht. Dies könne nicht zu ihren Lasten gehen, da sie sich auf die Erwartung einer höheren Rente eingestellt habe.

Diese Einwendungen greifen nicht durch:

Die Bekl. hatte es vorliegend - entgegen der gesetzlichen Konzeption - verabsäumt, den Vormerkungsbescheid spätestens anlässlich der Feststellung der Witwenrente im Leistungsverfahren der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage anzupassen. Hierfür sieht § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI eine spezielle Eingriffsgrundlage vor: „Bei Änderungen der den Feststellungsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften ist der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 des Zehnten Buches sind nicht anzuwenden.“(vgl. zu der Bindungswirkung eines Vormerkungsbescheides und den Anforderungen an einen hinreichend bestimmten aufhebenden Verfügungssatz: BSG, Urteil vom 30. März 2004 - B 4 RA 46/02 R -, juris). Mit dem angefochtenen Aufhebungsbescheid hat die Bekl. dies für Zeiten ab 1. April 2008 unter Inanspruchnahme der allgemeinen Vorschriften des Sozialverwaltungsverfahrensrechts zu Recht getan: Soweit in den tatsächlichen oder - hier - rechtlichen Verhältnissen (s.o), die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (hierzu für Vormerkungsbescheide: BSG, Urteil vom 21. Februar 1985 - 11 RA 2/85, juris) eine wesentliche Änderung eintritt - hier die nicht im Streit stehenden gesetzgeberischen Eingriffe (s.o) - ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. (§ 48 Abs.1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). An dieser gebundenen Entscheidung war die Bekl. nicht im Hinblick auf den Zeitablauf seit Erlass des Vormerkungsbescheides vom 11. Juli 1994 gehindert. Die in § 48 Abs. 4 SGB X angeordnete entsprechende Anwendung von § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 SGB X hindert bei der hier nur in Rede stehenden Rücknahme für die Zukunft die von der Bekl. getroffene Entscheidung nicht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. Februar 2006 - L 14 RA 97/03 -, juris Rz 31, uHa v. Wulffen/Wiesner, SGB X, 5.A., 2005, § 48 Rz 28 mwN).

Die Berücksichtigung von Vertrauensschutzerwägungen, welche hier gegen den Grundsatz der materiellen Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns ins Feld geführt werden, sieht das Gesetz bei der Anpassung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung an die objektive Rechtslage mit Wirkung allein für die Zukunft nicht vor. Die Kl. bleibt folglich mit ihrem Anfechtungsbegehren insoweit erfolglos.

Auch bezüglich der Berücksichtigung von 59 Monaten monegassischer Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Witwenrente der Kl. bleibt die Kl. erfolglos, wie das SG im Ergebnis zu Recht erkannt hat.

Hierzu hat die Bekl. zutreffend der Berechnung die zur Zeit ihrer Entscheidung geltende VO (EWG) 1408/71 als überstaatliches Recht der Europäischen Gemeinschaft (EWG) zu Grunde gelegt (§ 6 SGB VI, § 30 Abs.2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -) und danach die Rente als „zwischenstaatlich“ zu bestimmende Leistung berechnet. Gegen den Gang der Berechnung erhebt die Kl. auch keine Einwendungen. Sie meint indes, zusätzlich zu den vom französischen Träger bescheinigten und von der Bekl. zu Grunde gelegten Beitragszeiten müsse diese auch die vom monegassischen Träger mitgeteilten Beitragszeiten berücksichtigen, weil hierzu schon seinerseits der französische Träger auf Grund dessen Sozialversicherungsabkommens mit Monaco verpflichtet gewesen wäre. Hierin geht die Kl. fehl.

In der schon vom SG angeführten Entscheidung des 4. Senates des BSG vom 25. Februar 1992 - 4 RA 28/91 -, juris Rz 27 ff, ist ausgeführt, Art.1 Buchstabe r VO (EG) 1408/71 stelle auch zur Koordinierung der verschiedenen mitgliedstaatlichen Sozialversicherungssysteme für die Anerkennung einer „Versicherungszeit“ auf die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften des Staates ab, in welchem diese zurückgelegt worden sind oder als zurückgelegt gelten. Dies sei der Grund dafür, dass der jeweilige mitgliedstaatlichen Versicherungsträger grundsätzlich verbindlich und einheitlich für alle Mitgliedstaaten über die nach seinen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungszeiten entscheide (BSG SozR 3-6050 Art. 45 Nr.2). Die Bindungswirkung der Entscheidung des ausländischen Trägers entfalle nur, soweit sie auf einer Verletzung von Gemeinschaftsrecht beruhe (EuGH SozR 6047 Art. 16 Nr.1). Mit dieser Entscheidung hatte sich der 4. Senat einer vorherigen des 5. Senats des BSG (SozR 3 - 6050 Art 45 Nr. 2) angeschlossen.

Vorliegend ist aber eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch den französischen Träger nicht zu besorgen. Die entscheidungserhebliche Fallgestaltung ist unter Geltung der VO (EWG) 1408/71 bereits seitens des BSG dem EuGH vorgelegt, indes von letzterem nicht im Sinne der Kl. des hier zu entscheidenden Verfahrens beurteilt worden: In seinem Vorlagebeschluss vom 28. August 1991 - 13/5 RJ 40/89 - hat der 13./5. Senat des BSG, zitiert nach juris, bereits beim EuGH angefragt, ob Art. 3 Abs. 1 und Art. 1 Buchstabe j VO (EWG) 1408/71 so auszulegen seien, dass zu den „Rechtsvorschriften“ iS des Art. 3 Abs. 1 auch Bestimmungen zwischenstaatlicher Abkommen eines Mitgliedstaates mit einem Drittstaat gehören, die als Gesetz Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung des Mitgliedstaates geworden seien. Der EuGH hat mit Urteil vom 2. August 1993 - C 23/92 - ( juris = SozR 3-6050 Art. 3 Nr. 4) dahin entschieden, die vorgenannten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts seien so auszulegen, dass zu den „Rechtsvorschriften“ iS dieser Vorschriften nicht die Bestimmungen von zwischenstaatlichen Abkommen über die soziale Sicherheit gehören, die nur zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat geschlossen worden sind. Der Umstand, dass diese Abkommen mit Gesetzesrang in die innerstaatliche Rechtsordnung des betreffenden Mitgliedstaates übernommen worden seien, ändere an dieser Auslegung nichts. Es beziehe sich keine Bestimmung der Verordnung „auf Abkommen zwischen nur einem Mitgliedstaat und einem oder mehr Drittstaaten, weder was die Frage anbetrifft, ob und inwieweit das System der Verordnung an ihre Stelle tritt, noch was die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung angeht. Daher ist festzustellen, dass die Verordnung diese Abkommen von ihrem Geltungsbereich ausnehmen wollte“ (EuGH - SozR 3 - 6050 Art. 3 Nr. 4, S. 15). In Anwendung dieser Auslegung des Gemeinschaftsrechts hat der 5. Senat des BSG geschlossen, dass zwischenstaatliche Abkommen eines Mitgliedstaates mit einem Nichtmitgliedstaat auch dann, wenn sie durch Zustimmungsgesetz transformiert worden sind, keine Rechtsvorschriften sind, auf die sich die EG - Angehörigen hinsichtlich der in Art. 3 VO (EWG) 1408/71 angeordneten Gleichbehandlung aller EG - Angehörigen mit Staatsangehörigen des Mitgliedstaates berufen können. Jeder Mitgliedstaat könne durch ein solches Abkommen allein seine Staatsangehörigen begünstigen, wie dies in dem entschiedenen Fall die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit dem Abkommen vom 25. Februar 1964 über Soziale Sicherheit mit der Schweiz nur für deutsche Staatsangehörige getan hat (BSG, Urteil v. 27. Januar 1994 – 5 RJ 44/90 -, juris, Rz 18; vgl. auch für Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 21. Februar 2002 - L 12 AL 2069/01 -, juris). Dieser Rechtsprechung schließt sich der vorliegend entscheidende Senat an.

Danach kann auf sich beruhen, welchen genauen Inhalts das Sozialversicherungsabkommen zwischen Frankreich und Monaco ist. Es handelt sich in jedem Fall um ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat, selbst wenn dieses durch Zustimmungsgesetz in die französische innerstaatliche Rechtsordnung transformiert wäre. Der französische Träger durfte die monegassischen Zeiten nicht als in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft zurückgelegt bescheinigen und hat dies im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht auch nicht getan.

An dieser gemeinschaftsrechtliche Lage hat sich nach Inkrafttreten der VO (EG) Nr.883/2004 vom 29. April 2004 (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1 - 123) zum 20. Mai 2004 und deren Anwendungsbeginn (Art. 91 S. 2) mit Inkrafttreten der Durchführungsverordnung - Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) Nr.883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit - (ABl. L 284 vom 30. Oktober 2009, S. 1 - 42) zum 1. Mai 2010 nichts geändert. Nach Art. 1 Buchst. l) S. 1 sind „Rechtsvorschriften“ für jeden Mitgliedstaat die Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften in Bezug auf die in Art. 3 Abs. 1 genannten Zweige der sozialen Sicherheit. Die Kl. ist als Staatsangehörige eines Mitgliedstaates (Republik Italien) in den persönlichen Geltungsbereich einbezogen, im Übrigen gilt die Verordnung auch für Hinterbliebene von Personen, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten (hier: Deutschland und Frankreich) galten (Art. 2 Abs. 1 und 2 der VO (EG) 883/2004). Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die die Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates (hier: Frankreich) wie die Staatsangehörigen dieses Staates (Art. 4 Gleichbehandlung). Hiermit wird im Hinblick auf den Wortlaut nicht rechtlich erheblich von der zuvor geltenden Fassung des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Art. 1 Buchst. j („Rechtsvorschriften“) und Buchstabe r („Versicherungszeiten“), Art. 2 („Persönlicher Geltungsbereich“), Art. 3 („Gleichbehandlung), Art. 4 („Sachlicher Geltungsbereich“), abgewichen.

Nichts anderes gilt im Lichte der Erwägungsgründe der VO (EG) 883/04. Danach war es zur Erreichung des Ziels des freien Personenverkehrs von wesentlicher Bedeutung, die Vorschriften der VO (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zu ersetzen und dabei gleichzeitig zu aktualisieren und zu vereinfachen [Erwägungsgrund (3)]. Es ist erforderlich, bei dieser Koordinierung innerhalb der Gemeinschaft sicherzustellen, dass die betreffenden Personen nach den verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften gleich behandelt werden [Erwägungsgrund (5)]. Es gibt im hier erheblichen Zusammenhang keinerlei Hinweis darauf, dass das novellierte Gemeinschaftsrecht die Rechtslage bezüglich des Abkommensrechts eines Mitgliedstaates mit Drittstaaten verändert hätte. Deswegen sind weiterhin die Grundsätze des Urteils des EuGH vom 2. August 1993 aaO insoweit anzuwenden. Normen aus Abkommen mit Drittstaaten sind keine Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates iS von Art. 1 Buchstabe l) VO (EG) Nr. 883/2004 in Bezug auf Art. 2 (persönlicher Geltungsbereich), Art. 3 (sachlicher Geltungsbereich) und Art. 4 (Gleichbehandlung) dieser Verordnung.

Dieses Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein vom innerstaatlichen Gesetzgeber zu berücksichtigendes Eigentumsrecht hinsichtlich der im Ausland zurückgelegten Versicherungszeiten besteht jedenfalls nicht. Im Übrigen könnten solche Versicherungszeiten allenfalls eigentumsrechtlich geschützt sein, soweit überhaupt ein Abkommen eine Sicherung dieser Ansprüche vorsieht (Bayerisches LSG, Urt. vom 8. Oktober 2003 - L 13 RA 159/01 -, OS 2). Die Kl. hat aber ein Abkommen der BRD mit dem Fürstentum Monaco nicht behauptet und sieht diesbezüglich Monaco auch als einen sog. abkommenslosen Drittstaat an. Dass dieses Ergebnis verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat das BSG an Hand der Beurteilung sog. „Abwehrklauseln“ festgestellt (BSG, Urt. vom 21. Januar 1993 - 13 RJ 7/91 -, juris). Abwehrklauseln enthalten von der BRD abgeschlossene zweiseitige Sozialversicherungsabkommen, durch welche die gleichzeitige Anwendung anderer Abkommen ausgeschlossen wird. Dies wirkt sich auch bei deutschen Versicherten dahin aus, dass ausländische Versicherungszeiten aus verschiedenen Vertragsstaaten - im vom BSG zu entscheidenden Fall für die Wartezeit - nicht „multilateral“ zusammengerechnet werden dürfen. Eine Zusammenrechnung unter „Indienstnahme“ des französischen Trägers entspräche der von der Kl. begehrten „Totalisation“. Der Umstand, dass die Abwehrklauseln den innerstaatlichen Grundsatz einer Zusammenrechnung aller anrechenbaren Versicherungszeiten auch im Verhältnis deutscher Versicherter – hier bei einer Parallelwertung: des verstorbenen Ehegatten der Kl. bzw. ihrer abgeleiteten Leistungsberechtigung - zu deutschen Versicherungsträgern, hier zur Bekl., einschränkt, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (BSG, aaO, OS1). Insbesondere verlangt das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (GG) in dessen Art. 20 Abs. 1 kein lückenloses System der sozialen Absicherung durch Einbeziehung aller in mehreren Staaten zurückgelegten Versicherungszeiten. Es besteht von Verfassungs wegen weder eine Verpflichtung des Staates, mit allen ausländischen Staaten Abkommen abzuschließen, noch den Inhalt dieser Abkommen so zu gestalten, dass die Rechte der Versicherten optimal abgesichert sind. Es kann dem Sozialstaatsprinzip allenfalls der Auftrag entnommen werden, dieses unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten, der bilateralen Probleme und der finanziellen Möglichkeiten anzustreben (BSG, aaO, Rz 57 mwN). Der hier entscheidende Senat tritt dieser Beurteilung bei.

Nach allem kam eine Vorlage an den EuGH nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Teilerfolg hinsichtlich der Leistungszeit bis 31. März 2008.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs.1 iVm Abs.2 SGG).