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Entscheidung 18 U 1/18


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg Senat für Baulandsachen Entscheidungsdatum 10.02.2021
Aktenzeichen 18 U 1/18 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0210.18U1.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung des Beteiligten zu 6. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Februar 2018 - 8 O 3/16 – abgeändert: Ziffer 4 des Bescheides des Beteiligten zu 6. vom 9. August 2016 wird aufgehoben, soweit darin geregelt wird, dass Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von (X) (Blatt …) von dem Beteiligten zu 6. nicht übernommen werden und diese Belastungen an den Grundstücken (Gemarkung (X), Flur …, Flurstücke (a), (b), (c)) Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. zum Gegenstand haben. Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4. auf gerichtliche Entscheidung wird im Übrigen zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung des Beteiligten zu 6. zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Antragsteller zu 1. bis 4. ¾ und der Beteiligte zu 6. ¼. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5. sind nicht zu erstatten.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Beteiligten wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. wenden sich mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts beim Kauf von Grundstücken, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, und begehren zudem die Erteilung eines Negativzeugnisses.

Der Beteiligte zu 6. übte das gemeindliche Vorkaufsrecht aus.

Die Beteiligte zu 5. ist eine Gesellschaft, die durch rechtskräftige Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse auf Grund des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB aufgelöst ist. Die Firma ist erloschen und aus dem Handelsregister gelöscht. Ausweislich eines Handelsregisterauszuges des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10. Oktober 2017 zur Gesellschafterin … GmbH Gesellschaft für Immobilienentwicklung ist deren Gegenstand auch der Erwerb von Grundstücken und die Durchführung von Bauvorhaben. Für die Gesellschaft ist ein Liquidator bestellt, der die Gesellschaft allein vertritt. Die Gesellschaft soll durch Liquidation beendet werden. Sie ist Eigentümerin der Grundstücke der Gemarkung (X), Flur …, Flurstücke (a), (b), (c), die Gegenstand der Vorkaufsrechtsausübung sind.

Die Grundstücke liegen im Norden des Stadtgebietes der Landeshauptstadt, im nördlichen Ausläufer der … Vorstadt westlich des …sees und westlich der B…straße sowie nördlich der H…straße. Die H…straße hat derzeit reine Erschließungsfunktion für die angrenzenden Grundstücke und endet nach rund 300 m als Sackgasse. Das daran anschließende Flurstück (a) wird derzeit als Grünland, das Flurstück (b) überwiegend als Weg und das Flurstück (c) als Grünland mit Baumbestand mit einem vorhandenen Weg, der zu einer Kleingartenanlage führt genutzt.

Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des von der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt (X) am 31. August 2005 beschlossenen Bebauungsplans Nr. (1) „B…straße". Der Bebauungsplan wurde am 28. Dezember 2005 im Amtsblatt der Landeshauptstadt bekannt gemacht. Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst ein Gebiet im Norden von (X), das durch eine Villen- und Landhausbebauung geprägt wird. Der Bebauungsplan setzt von der Art der baulichen Nutzungden Bereich des Flurstückes (a) als Straßenverkehrsfläche fest. Für das Flurstück (b) setzt der Bebauungsplan eine Fläche von 117 qm als Straßenverkehrsfläche und 15 qm als öffentliche Grünfläche fest. Für das Flurstück (c) wird im überwiegenden Teil (2.145 qm) eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung öffentliche Parkanlage festgesetzt. Ein kleinerer Teil von 32 qm wurde als Straßenverkehrsfläche festgesetzt. Ausweislich der Begründung der Festsetzung des Bebauungsplans soll am nördlichen Ende der H…straße eine Wendeanlage errichtet werden. Über die neue Wendeanlage sollen auch die Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 4. erschlossen werden, die östlich der Grundstücke liegen, die Gegenstand der Vorkaufsausübung sind. Zwischen der H…straße und dem B…weg ist eine öffentliche Wegeverbindung geplant, die in Anschluss an die H…straße über die als öffentliche Parkanlage festgesetzte Fläche des Flurstücks (c) führen soll. Seine Fortsetzung soll die Wegeverbindung nördlich der H…straße zudem über die im Bebauungsplan Nr. (2) "Nördlich des Pf… / V…" festgesetzte öffentliche Grünfläche finden und so eine Verbindung zu diesem neu entstehenden Stadtviertel der Landeshauptstadt schaffen.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. sind Eigentümer von vier nordöstlich der H…straße gelegenen Grundstücken, die Teil des früheren Anwesens von … (sog. Ehemaliges … Anwesens) sind und die mit drei neu errichteten villenartigen Wohngebäuden bebaut sind.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. haben mit notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 29. April 2016 von der Beteiligten zu 5. die Grundstücke der Gemarkung (X), Flur …, Flurstücke (a), (b) und (c) gekauft. Der vereinbarte Gesamtkaufpreis beträgt 5000 €. Im Grundbuch sind für die Grundstücke in der Abteilung 2 (Lasten und Beschränkungen) und Abteilung 3 (Hypotheken) folgende Belastungen vermerkt:

        

lastend an Grundstück lfd. Flurstück (a):

        

Abt. III Nr. 5 Zwangssicherungshypothek über 1.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2010 für die Antragsteller zu 1. bis 4. sowie G… O… als Gesamtgläubiger.

        

lastend an Grundstück Flurstück (b):

        

Abt. II Nr. 15 Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks (X) Flur …, Flurstücke …, …, (d) (im Eigentum des Antragstellers zu 1.), …, …, (f) (im Eigentum des Antragstellers zu 2.), …, …, …, …, …, …, …, …, (e) (im Eigentum der Antragsteller zu 3. und 4.), … im Gleichrang mit Abt. II Nr. 16, 17.

        

Abt. II Nr. 16 Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks (X) Flur … Flurstück …, …, …, …, …, …, … im Gleichrang mit Abt. II Nr. 15, 17.

        

Abt. III Nr. 6 (lastend an Grundstück Flurstück (b)) Zwangssicherungshypothek über 2.121,17 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2010 für die Antragsteller zu 1. bis 4. sowie G… O… als Gesamtgläubiger.

        

lastend an Grundstück Flurstück (c):

        

Abt. III Nr. 7 Zwangssicherungshypothek über 20.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zinsen seit dem 28.07.2010 für die Antragsteller zu 1. bis 4. sowie G… O… als Gesamtgläubiger.

        

Abt. III Nr. 8 Zwangssicherungshypothek über 5.022,50 € für die Bundesrepublik Deutschland (Justizfiskus) die gemäß Antrag des Bundesamtes für Justiz eingetragen wurde.

Den auf den Flurstücken (a), (b) und (c) eingetragenen Zwangssicherungshypotheken der Antragsteller liegt eine Forderung aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. November 2010 zugrunde, nachdem die Beteiligte zu 5. verurteilt wurde, an die Antragsteller zu 1. bis 4. sowie G… O… 23.121,17 € nebst 5 % Zinsen p.a. zu zahlen. Die Beteiligte zu 5. hatte ihre Verpflichtung zur Verlegung einer Abwasserleitung nicht erfüllt, sodass ein Kostenerstattungsanspruch bestand. Der Antragsteller zu 1. hat den Anteil der Frau G… O… zwischenzeitlich übernommen.

Nach § 2 des Grundstückskaufvertrages werden die vorgenannten Belastungen (in Abt. II Nr. 15, 16, 17 und in Abt. III Nr. 5, 6, 7) „vom Käufer übernommen und dürfen demgemäß bestehen bleiben.“ Die den Hypotheken zugrunde liegenden Forderungen bleiben bestehen.

Mit Schreiben vom 18. Mai 2016 beantragte der Notar namens der Antragsteller zu 1. bis 4. und des Beteiligten zu 5. eine Bescheinigung, dass hinsichtlich des beurkundeten Grundstückskaufvertrages ein gesetzliches Vorkaufsrecht nicht bestehe bzw. nicht ausgeübt werde.Mit einem am 13. Juni 2016 bei dem Beteiligten zu 6. eingegangenen Schreiben teilte der Notar den Inhalt des Kaufvertrags durch Übersendung einer Kopie mit.

Mit Bescheid vom 9. August 2016, der für die Beteiligte zu 5. und die Antragsteller zu 1. bis 4. bestimmt ist, übte der Beteiligte zu 6. nach vorheriger Anhörung das Vorkaufsrecht an den Flurstücken (a), (b) und (c) der Flur … der Gemarkung (X) gegenüber der Beteiligten zu 5. aus (Ziffer 2). Als Rechtsgrundlage wird im Tenor des Bescheides § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB angegeben. Das beantragte Zeugnis über die Nichtausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zum Grundstückskaufvertrag vom 29. April 2016 wurde nicht erteilt (Ziffer 1). Nach Ziffer Nr. 3. des Bescheides zahlt der Beteiligte zu 6. einen Kaufpreis in Höhe von 5.000,00 € an den Verkäufer. Zudem enthält der Bescheid folgende Regelung in Ziffer 4:

„Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von (X) Blatt … werden von der Landeshauptstadt (X) nicht übernommen.“

Der vorgenannte Bescheid wurde der Beteiligten zu 5.) als Verkäuferin am 10. August 2016 zugestellt. Er wurde dem Bevollmächtigten der Antragsteller zu 1.- 4. am 11. August 2016 bekannt gegeben.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. stellten am 2. September 2016 bei dem Beteiligten zu 6. einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Sie beantragten darin, den Beteiligten zu 6. unter Aufhebung aller vier Ziffern des Tenors seines Bescheides vom 9. August 2016 zu verpflichten, das Negativzeugnis zu erteilen.

Das Landgericht Neuruppin hat mit dem angegriffenen Urteil vom 23. Februar 2018, das dem Beteiligten zu 6. am 12. März 2018 zugestellt worden ist, den Beteiligten zu 6. unter Aufhebung des Bescheides vom 9. August 2016 verpflichtet, das beantragte Negativzeugnis zu erteilen.

Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig sei. Insbesondere sei gemäß § 217 BauGB der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten - Kammern für Baulandsachen bei den Landgerichten – eröffnet, da das Vorkaufsrecht nach § 28 Abs. 4 BauGB zum Entschädigungswert ausgeübt worden sei, weshalb der Verwaltungsrechtsweg ausgeschlossen sei.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei begründet. Die Antragsteller hätten nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Negativzeugnisses, da der Bescheid vom 9. August 2016 nichtig sei und das Vorkaufsrecht wegen Ablaufs der Ausübungsfrist auch nicht erneut ausgeübt werden könne. Der Bescheid sei nichtig, da er hinsichtlich der Ziffer 4 des Bescheids an einem besonders schwerwiegenden Fehler i.S. § 44 Abs. 1 VwVfG leide. Die Nichtübernahme der grundbuchlichen Belastungen sei ein Fehler, weil von ihr neben den Antragstellern auch Dritte betroffen, die noch nicht einmal am Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen seien. Für die zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts als Gesamtgläubigerin der drei Zwangssicherungshypotheken auf allen drei Flurstücken neben den Antragstellern auch dinglich berechtigte Frau G… O… müsse sich die Entscheidung in Ziffer 4 schon deshalb als entschädigungslose Enteignung darstellen, an deren Rechts- und Verfassungswidrigkeit vernünftigerweise kein Zweifel bestehen könne. Nichts anderes gelte für die Eigentümer der in der Zweiten Abteilung des Grundbuchs benannten - nur teilweise im Eigentum der Antragsteller stehenden - Flurstücke, denen zur Erschließung ihrer Grundstücke ein dinglich gesichertes Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht an dem Flurstück (b) zustehe. Für die Bundesrepublik Deutschland beinhalte die Nichtübernahme der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides eingetragenen Zwangssicherungshypothek an dem Flurstück (c) zumindest einen unzulässigen Eingriff in deren Finanzhoheit.

Im Übrigen gehöre es auch zum wesentlichen Bestandteil eines Vorkaufsrechts, dass der Vorkaufsberechtigte bei Ausübung des Vorkaufsrechts nicht befugt sei, sich einzelne ihm genehme Vertragsbestandteile herauszusuchen und rechtliche Verpflichtungen zu Lasten des Verkäufers oder Dritter nach Belieben nicht zu übernehmen. Der mit Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsberechtigten zustande kommende Vertrag bedeute für den Verkäufer grundsätzlich keine Schlechterstellung, sondern lediglich einen „Austausch" des Käufers. Für das gemeindliche Vorkaufsrecht aus §§ 24 ff. BauGB sei dies durch den Verweis in § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB auf § 464 Abs. 2 BGB ausdrücklich gesetzlich geregelt. Von diesem Grundsatz der Vertragsidentität enthalte § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB nur insoweit eine Ausnahme, als unter den dort benannten tatbestandlichen Voraussetzungen anstelle des vertraglich vereinbarten Kaufpreises von der Gemeinde ein Betrag zu zahlen sei, der sich nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils berechne (sog. Entschädigungswert). Eine Ermächtigungsgrundlage, nach Belieben grundbuchlichen Belastungen nicht zu übernehmen, sei damit ersichtlich nicht verbunden. Hinsichtlich ihres Geh-, Fahrt- und Leitungsrechts über das Flurstück (b) hätten die Antragsteller zutreffend darauf hingewiesen, dass durch eine Entziehung dieses dinglichen Nutzungsrechts die Erschließung ihrer Wohngrundstücke nicht mehr gesichert wäre und damit ein baurechtswidriger Zustand einträte. Dass die Fläche im Bebauungsplan als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen sei, sei unerheblich, da sich allein daraus kein Anspruch der Allgemeinheit auf Nutzung der Fläche ergebe und ein subjektiver Anspruch der Anrainer auf straßenrechtliche Widmung nicht bestehe. Warum der Beteiligte zu 6. die Zwangssicherungshypotheken der Antragsteller nicht übernehmen wolle, obwohl sie nach eigenem Vortag wertlos sein sollen, bleibe unklar.

Die Nichtigkeit der Regelung in Ziffer 4 des Bescheides führe auch zu einer Nichtigkeit des Bescheides insgesamt. Der Beteiligte zu 6. habe jedoch gerade auch gegenüber den Antragstellern deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Vorkaufsrecht nicht zu jedem Preis ausgeübt werden solle. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalles spreche alles dafür, dass es dem Beteiligten zu 6. neben der Ausübung des Vorkaufsrechts an sich auch ein wesentliches Anliegen gewesen sei, die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verbundenen Kosten auch unter Hintanstellung einschlägiger Rechtsvorschriften möglichst niedrig zu halten.

Der Beteiligte zu 6. hat gegen das ihm am 12. März 2018 zugestellte Urteil am 5. April 2018 Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt. Er führt zur Berufungsbegründung mit einem am 9. Mai 2018 eingegangenen Schriftsatz und weiteren vertiefenden Schreiben im Wesentlichen aus:

Die begehrte Verpflichtung zur Erteilung eines Negativzeugnisses sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Antragsteller zu 1. bis 4. als unzulässig abzuweisen, da dies ihre Rechtsstellung nicht verbessern könne. Hier werde im gerichtlichen Verfahren über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vorkaufsrechts entschieden, weshalb für die Erteilung eines Negativzeugnisses kein Raum sei. In Fällen, in denen kein Vorkaufsrecht bestehe, könne der Nachweis des § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB nämlich gemäß § 29 Abs. 1 GBO auch dadurch geführt werden, dass als öffentliche Urkunde ein rechtskräftiges Urteil vorgelegt werde, in dem die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das erkennende Gericht aufgehoben wurde.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei auch in der Sache zurückzuweisen. Der streitgegenständliche Vorkaufsrechtsbescheid sei rechtmäßig und verletze die Antragsteller zu 1. bis 4. nicht in ihren Rechten.

Die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts an den Flurstücken (a), (b) und (c) seien gegeben. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB stehe der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handele, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für Öffentliche Zwecke festgesetzt sei. Der Bebauungsplan Nr. (1) „B…straße" weise die Flurstücke als öffentliche Verkehrsflächen sowie öffentliche Grün- und Parkflächen aus. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Errichtung der geplanten Fuß- und Radwegeverbindung sowie der Wendefläche stellten überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit dar.

Auch die im Bescheid vom 9. August 2016 festgesetzte Entschädigungssumme von 5.000,00 € sei zutreffend nach § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB ermittelt worden. Die Höhe der Entschädigung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese ergäbe sich aus der der in den Prozess eingebrachten Stellungnahme der kommunalen Bewertungsstelle. Die ermittelte Entschädigungssumme entspreche im Übrigen genau der im Kaufvertrag vereinbarten Summe. Da die Entschädigung an die Beteiligte zu 5. zu zahlen sei, könnten sich die Antragsteller zu 1. bis 4. im vorliegenden Verfahren auch nicht gegen sie wenden, da sie durch die Höhe der festgesetzten Entschädigung nicht in eigenen subjektiven Rechten verletzt würden.

Auch Ziffer 4. des Bescheids vom 9. August 2016 unterläge keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Rechtsgrundlage für die angeordnete Nichtübernahme der im Grundbuch eingetragenen Belastungen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts sei § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB. Danach bestimme die Gemeinde in den Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Aufgrund des Verweises sei für die Ausübung von Vorkaufsrechten § 97 Abs. 1 BauGB anwendbar. Rechte Dritter an einem Grundstück könnten daher nur aufrechterhalten werden, soweit dies mit dem Zweck des Vorkaufsrechts vereinbar sei. Dies sei hier nicht der Fall.

Darüber hinaus dürfe der Beteiligte zu 6. die Nichtübernahme der eingetragenen Zwangssicherungshypotheken anordnen, weil die ihnen zugrundeliegenden Forderung der Antragsteller zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts bereits erloschen oder jedenfalls vollkommen wertlos sei.

Der Beteiligte zu 6. dürfte gegenüber den Antragstellern zu 1. bis 4. auch die Nichtübernahme der zugunsten ihrer Grundstücke im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahrt- und Leitungsrechte) anordnen. Ihren Grundstücken würde nicht die gesicherte Erschließung entzogen.

Die Annahme des Landgerichts, der Vorkaufsrechtsbescheid sei nichtig, lasse sich insbesondere: nicht darauf stützen, dass von der Nichtübernahme der grundbuchlichen Belastungen neben den Beteiligten zu 1. bis 4. auch Dritte betroffen seien, die nicht am Verfahren beteiligt gewesen seien. Eine solche Sichtweise verkenne, das der Bescheid ausschließlich an die Antragsteller zu 1. bis 4. adressiert sei und deshalb auch nur gegenüber diesen Rechtswirkungen entfalte. Gegenüber den im erstinstanzlichen Urteil genannten oder sonstigen Dritten sei der Bescheid hingegen nicht wirksam ergangen. Die Bekanntgabe an die Antragsteller zu 1. bis 4 als Betroffene bewirke zwar, dass der Verwaltungsakt rechtlich existent und insofern auch wirksam sei. Erst mit der Bekanntgabe an den einzelnen Adressaten bzw. Betroffenen selbst erlange der Verwaltungsakt auch ihm gegenüber Wirksamkeit. Mit dem Bescheid werde deshalb nur die Nichtübernahme der zugunsten der Antragsteller zu 1. bis 4. eingetragenen Zwangssicherungshypotheken sowie der Geh-, Fahrt- und Leitungsrechte angeordnet, die - soweit für die Beteiligte zu 6. ersichtlich - aufgrund der geplanten Erschließung durch die geplante Wendefläche im nördlichen Bereich der H…straße nicht mehr benötigt würden. Alle anderen dinglichen Rechte, insbesondere die zugunsten der nicht im Eigentum der Antragsteller zu 1. bis 4 stehenden Nachbargrundstücke eingetragenen Grunddienstbarkeiten, blieben hingegen unberührt. Ebenso wenig stelle die Nichtübernahme der für die Bundesrepublik Deutschland eingetragenen Zwangssicherungshypothek an dem Flurstück (c) einen unzulässigen Eingriff in ihre Finanzhoheit dar. Im Übrigen habe der Antragsteller zu 1. mitgeteilt, dass er den Anteil der Dritten an den eingetragenen Zwangssicherungshypotheken übernommen habe. Außerdem habe die Bundesrepublik Deutschland inzwischen eine Löschungsbewilligung hinsichtlich der zu ihren Gunsten eingetragenen Zwangssicherungshypothek an das Grundbuchamt geschickt.

Schließlich stehe der im erstinstanzlichen Urteil angesprochene Grundsatz der Vertragsidentität nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB der im Vorkaufsrechtbescheid angeordneten Nichtübernahme der Belastungen nicht entgegen. Die spezielle Regelung des § 97 Abs. 1 BauGB sei im vorliegenden Fall einschlägig, weshalb auch der Grundsatz der Vertragsidentität der angeordneten Nichtübernahme der eingetragenen Belastungen nicht entgegenstehe.

Selbst wenn man im vorliegenden Fall von einer Nichtigkeit der Regelung in Ziffer 4. des Bescheides ausginge, würde dies nicht zur Nichtigkeit des Vorkaufsrechtsbescheides im Ganzen, sondern nur zur Teilnichtigkeit von Ziffer 4 führen. Hierdurch bliebe die Wirksamkeit der Regelungen der Ziffern 1. bis 3. unberührt.Auch ohne die in Ziffer 4. enthaltene Regelung würde der Bescheid seinen Sinngehalt behalten. Bei Wegfall von Ziffer 4. stellten die restlichen Regelungen einen sinnvollen Regelungsgegenstand dar, der selbst Gegenstand eines Verwaltungsaktes sein könne. Der Beteiligte zu 6. habe darin eine aus sich heraus verständliche, logische Regelung zur Ausübung eines Vorkaufsrechts unter Ausschluss eines Negativattests und der Festsetzung eines Kaufpreises getroffen. In diesem Fall wäre der Bescheid ebenso geeignet, das angestrebte Ziel des Erwerbs der Flurstücke (a), (b) und (c) zu erreichen, um die durch den Bebauungsplan vorgesehene Erschließung zu realisieren. Die Teilbarkeit der Regelungen des Vorkaufsrechtsbescheids stehe außer Frage. Dass der Beteiligte zu 6. den Vorkaufsrechtsbescheid auch ohne die Regelung in Ziffer 4. erlassen hätte, zeigten schon seine langjährigen Bemühungen, die mit dem Bebauungsplan verfolgten Planungsziele der Verbesserung der Erschließung des Plangebiets mit öffentlichen Straßen und insbesondere mit dem auf den hier in Rede stehenden Flurstücken (a), (b) und (c) geplanten Fuß- und Radweg zu erreichen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts solle nicht mit der Möglichkeit einer lastenfreien Übernahme stehen oder fallen. Nach dem objektiv erkennbaren Willen ginge es dem Beteiligten zu 6. darum, die Flächen zu erwerben, vorzugsweise zu günstigen Konditionen. Der Beteiligte zu 6. sei nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit dazu angehalten, die Kosten für die Ausübung des Vorkaufsrechts möglichst gering zu halten. Keinesfalls handele die öffentliche Verwaltung des Beteiligten zu 6. allerdings nur in den Fällen, in denen sie ihre Aufgaben kostengünstig erledigen könne.

Der Beteiligte zu 6. beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Entscheidung unter Abänderung des am 23. Februar 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Neuruppin abzuweisen.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 5. hat auch im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. verteidigen das Ergebnis des angefochtenen Urteils und führen aus:

Der Erwerb der Grundstücke durch den Beteiligten zu 6. sei nach § 24 Abs. 3 BauGB nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Dem Beteiligten zu 6. werde es auf absehbare Zeit nicht gelingen, die Anbindung der H…straße über die streitgegenständlichen Grundstücke an die Wege auf dem Flurstück (g) zu erreichen, da die Eigentümerin der Kleingartenanlage nicht verkaufsbereit sei. Selbst wenn es dem Beteiligten zu 6. gelingen sollte, einen Weg über die im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche festgesetzte Teilfläche der Kleingartenanlage durchzusetzen, würde der Weg jedenfalls am Rande des Bebauungsplans enden. Eine Verbindung zum Flurstück (g) könne in keinem Fall durchgesetzt werden, weil eine kleine Dreiecksfläche des Flurstücks (h) außerhalb des Bebauungsplans liege und damit nicht enteignet werden könne.

Der in Ziffer 3. des Bescheides festgesetzte Betrag von 5.000,00 € sei zu Unrecht festgesetzt worden. Das vom Beteiligten zu 6. vorgelegte Gutachten mache undurchsichtige Abschläge in Höhe von 70 %, die bei der Ermittlung des Verkehrswertes nicht vorgesehen seinen.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 9. August 2016 über die Ausübung des Vorkaufsrechtes sei wegen der Regelung in Ziffer 4 insgesamt nichtig i.S. § 44 VwVfG und die Klage daher begründet.

Der besonders schwerwiegende Fehler liege darin, dass die Inhaber der Rechte, die in Abteilung II und III des Grundbuches eingetragen seien, durch den Tenor des Bescheides zur Ziffer 4. enteignet würden, ohne dass es dafür eine Ermächtigungsgrundlage gebe. Entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 6. sei § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB ausschließlich eine Regelung zur Ermittlung des zu zahlenden Betrages. Auch die Zwangssicherungshypothek der Antragsteller zu 1. bis 4. sei nicht wertlos. Sie sei nicht etwa dadurch wertlos geworden, dass die Eigentümerin im Handelsregister gelöscht worden sei. Die Löschung im Handelsregister beeinflusse weder den Bestand einer Forderung noch deren Sicherung durch eine Hypothek.

Der Beteiligte zu 6. sehe sich sogar berechtigt, die Rechte Dritter entschädigungslos löschen zu lassen. Mit Recht weise das Landgericht darauf hin, dass sich die Ziffer 4. des streitgegenständlichen Bescheides nach ihrem Wortlaut auch auf die Rechte Dritter beziehe, die am Verfahren nicht beteiligt waren. Der Verwaltungsakt sei nichtig, weil es an einer Ermächtigungsgrundlage fehle und zudem schwere Verfahrensmängel bei der Begründung, der Anhörung und der Zustellung begangen worden sein.

Soweit auch die Geh-, Fahrt- und Leitungsrechte von der Ziffer 4. des streitgegenständlichen Bescheides erfasst seien, würde die Löschung dieser Rechte zu einer baurechtswidrigen Situation führen.

Der streitgegenständliche Bescheid sei auch insgesamt nichtig und nicht bloß teilnichtig. Der Beteiligte zu 6. führe selbst aus, dass die Aufrechterhaltung der Zwangssicherungshypothek nicht mit dem Zweck des von ihr ausgeübten Vorkaufsrechts vereinbar sei. Der Weg über die Teilnichtigkeit des Verwaltungsaktes zu dessen Ziffer 4. würde dazu führen, dass der Beteiligte zu 6. am Ende nicht nur den Kaufpreis von 5.000,00 € an den Liquidator der Verkäuferin zahlen müsse, sondern die Antragsteller 1. bis 4. in der Zwangsversteigerung überbieten müsse. Diese würden jedenfalls bis zur Höhe ihrer mit 23.121,17 € valutierenden Forderung nebst 5 % Zinsen, ohne Geld aufwenden zu müssen, mitbieten können. Der Erwerb des Grundstückes würde dem Beteiligten zu 6. somit letztlich über 36.000,00 € kosten.

Der Senat hat mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss vom 8. Dezember 2020 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen soll; Schriftsätze konnten bis zum 17. Dezember 2020 eingereicht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die anwaltlichen Schriftsätze der Prozessparteien nebst Anlagen und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Berufung des Beteiligten zu 6. (a.) und der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4 auf gerichtliche Entscheidung sind zulässig (b.).

a. Die Berufung des Beteiligten zu 6. gegen das vom Landgericht im ersten Rechtszug erlassene Urteil ist nach §§ 221 Abs. 1 Satz 1, 229 BauGB i.V.m. §§ 511 ff. ZPO zulässig. Die statthafte Berufung ist formgerecht (§ 519 ZPO) und fristgerecht (§ 517 ZPO) eingelegt worden und in der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) begründet worden.

b. Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4. auf gerichtliche Entscheidung (§ 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ist - soweit er nach der teilweisen Rücknahme in erster Instanz noch anhängig ist - zulässig.

aa. Das Landgericht als Gericht des ersten Rechtszuges hat im angegriffenen Urteil angenommen, dass gemäß der Sonderzuweisung zu den Baulandgerichten der § 217 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 BauGB, § 220 Abs. 1 BauGB der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, da das Vorkaufsrecht im Bescheid vom 9. August 2016 nach § 28 Abs. 4 BauGB zum Entschädigungswert ausgeübt worden sei. Verwaltungsakte nach § 28 Abs. 4 BauGB können gemäß § 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden. Ausweislich der Begründung des Bescheides vom 9. August 2016 wurde hier auf Grundlage von § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB der Entschädigungswert in Höhe von 5.000 EUR festgesetzt. Dieser Kaufpreis entspricht dem Wertgutachten der kommunalen Bewertungsstelle des Beteiligten zu. 6 und auch dem im Grundstückskaufvertrag vereinbarten Kaufpreis.Bei Ausübung des Vorkaufsrechtes unter Änderung des Preises (vgl. § 28 Abs. 4 BauGB) sind für das Anfechtungsverfahren die Baulandgerichte zuständig (vgl. § 217 Abs. 1 BauGB). Dies gilt auch, wenn die Gemeinde bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes zum Entschädigungswert den Kaufpreis nicht ändert (Berliner Kommentar BauGB/Paetow, BauGB § 28 Rn. 54 vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, 139. EL August 2020, BauGB § 28 Rn. 110).

Im Übrigen prüft das Oberlandesgericht als Gericht, das hier über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nach § 17a Abs. 5 GVG nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Diese Vorschrift schließt es aus, dass ein Rechtsmittelgericht, das in der Hauptsache angerufen wird, die Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs verneint. Dies trägt dazu bei, dass die Frage der Rechtswegzuständigkeit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Verfahrens in der ersten Instanz abschließend geklärt und das weitere Verfahren nicht mehr mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechtswegs belastet wird (Kissel, GVG, 9. Aufl. 2018, § 17 Rn. 53 m.w.N.).

bb. Die von den Antragstellern zu 1. bis 4. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb der Frist des § 217 Abs. 2 BauGB erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sind statthaft. § 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB sieht die Anfechtung von Verwaltungsakten vor. § 217 Abs. 1 Satz 3 BauGB erklärt ferner für statthaft den Antrag auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts, also die Verpflichtungsklage (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger/Kalp/Külpmann, 139. EL August 2020, BauGB, § 217 Rn. 48a u. 48c). Die Antragsteller haben erstinstanzlich begehrt, den Beteiligten zu 6. unter Aufhebung aller vier Ziffern des Tenors sein Bescheides vom 9. August 2016 zu verpflichten, das Negativzeugnis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB zu erteilen. Die damit erhobene Anfechtungsklage der Antragsteller zu 1. bis 4. gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts in Ziffer 2. des Bescheides vom 9. August 2016 und die Verpflichtungsklage, mit der ein Anspruch auf die in Ziffer 1. des Bescheides abgelehnte Erteilung des Negativattestes verfolgt wird, sind nach § 217 Abs. 1 Satz 1 und 3 BauGB statthaft. Die erfolgte Ausübung des Vorkaufsrechts hat den Charakter eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes. Sie stellt sich gegenüber den Antragsteller zu 1. bis 4. als belastender Verwaltungsakt dar, gegen den sich diese mit der Anfechtungsklage wehren könne. Der von den Antragstellern zu 1. bis 4. geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Negativzeugnisses (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB) kann im Wege der Verpflichtungsklage verfolgt werden (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, 14. Aufl. 2019, BauGB, § 28 Rn. 21; vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – OVG 10 B 9.18 –, juris Rn. 36 m.w.N.).

cc. Die Antragsteller zu 1. und 2. sind sowohl für die Anfechtungsklage als auch für die Verpflichtungsklage entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Die auf Anfechtung eines Verwaltungsaktes (vgl. § 217 Abs. 1 Satz 1 BauGB) gerichtete Klage setzt eine Antragsbefugnis voraus (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Juni 2015 – 11 Bauland U 1/13 –, juris Rn. 32 m.w.N.) In entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO steht das Recht, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen, jeder natürlichen oder juristischen Person zu, die geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt im Sinne des § 217 Abs. 1 BauGB oder durch seine Ablehnung oder Unterlassung im Rahmen der von § 217 Abs. 1 BauGB erfassten Verfahren in ihren Rechten verletzt zu sein. Eine Rechtsverletzung darf nach der insoweit maßgeblichen Möglichkeitstheorie jedenfalls nicht von vornherein und nach jeder Sichtweise ausgeschlossen sein (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Kalp/Külpmann, 139. EL August 2020, BauGB § 217 Rn. 49 m.w.N.).

Gemessen daran ist die Antragsbefugnis der Antragsteller zu 1. und 4. gegeben, denn sie können geltend machen, dass die Möglichkeit besteht, durch den Verwaltungsakt über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom 9. August 2016 und die darin enthaltene Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Negativzeugnisses in ihren Rechten verletzt zu sein. Das obligatorische Recht der Antragsteller aus dem Kaufvertrag vom 29. April 2016 gehört zu den vermögenswerten privaten Rechten und damit zum Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG. So kann die Käuferin eines Grundstücks gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts klagen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Oktober 2001 – BVerwG 4 B 68/01 –, juris Rn. 6 m.w.N.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – OVG 10 B 9.18 –, juris Rn. 37). Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Antragsteller zu 1. bis 4. einen Anspruch auf Erteilung des Negativattestes über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts aus § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB haben. Bestünde das Vorkaufsrecht des Beteiligten zu 6. nicht, so wäre er zur Ausstellung des Zeugnisses verpflichtet.

dd. Entgegen der Rechtsansicht der Beteiligten zu 6. hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass für die begehrte Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Negativzeugnisses ein Rechtsschutzinteresse besteht. Das Grundbuchamt darf nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Da erst das Negativattest die Grundbuchsperre des § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB aufhebt, können die Antragsteller als Käufer die Ausstellung im Wege der Verpflichtungsklage erstreiten (Berliner Kommentar BauGB/Paetow, BauGB § 28 Rn. 24). Die gegenteilige in der Rechtsprechung teilweise vertretene Rechtsauffassung (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 11. Juli 2012 – 1 U 1/11 Baul –, juris), wonach die Käufer in anderer grundbuchmäßiger Form (vgl. § 29 Abs. 1 GBO) nachweisen könnten, dass ein Vorkaufsrecht nicht bestehe, indem sie als öffentliche Urkunde ein rechtskräftiges gerichtliches Urteil vorlegen, in dem die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Gericht aufgehoben worden ist, überzeugt auch den Senat nicht. Die bloße Aufhebung eines Vorkaufsrechtsbescheides durch Urteil führt nicht dazu, dass das Grundbuchamt notwendigerweise und stets auch diese als hinreichender Nachweis über die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts i.S. § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB ansehen muss.

2. Die Berufung des Beteiligten zu 6. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils. Die Berufung ist ganz überwiegend begründet. Das Landgericht hat auf den Anfechtungsantrag der Antragsteller zu 1. bis 4. hin zu Unrecht den Bescheid des Beteiligten zu 6. vom 9. August 2016 insgesamt aufgehoben sowie rechtsfehlerhaft auf die Verpflichtungsklage hin den Beteiligten zu 6. verpflichtet, das beantragte Negativzeugnis zu erteilen.

Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4. auf gerichtliche Entscheidung ist hinsichtlich der Anfechtungsklage (vgl. nachfolgend a.) insoweit unbegründet, als der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes vom 9. August 2016 in Ziffer 2. rechtmäßig ist und die Antragsteller zu 1. bis 4. nicht in ihren Rechten verletzt (aa). Hinsichtlich des in Ziffer 3. festgesetzten Entschädigungswertes, der an die Beteiligte zu 5. zu zahlen ist, sind die Antragsteller zu 1. und 4, jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt (bb.). Nur soweit sich die Antragsteller zu 1. bis 4. gegen Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 wenden, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung begründet und die Berufung des Beteiligten zu 6. insoweit unbegründet. Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 ist mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig und verletzt die Antragsteller zu 1. bis 4. in ihren Rechten soweit darin geregelt wird, dass Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von (X), Blatt …, von dem Beteiligten zu 6. nicht übernommen werden. Ziffer 4. des Bescheides ist daher insoweit aufzuheben, als die Belastungen Rechte der Antragsteller 1. bis 4. an den Grundstücken der Gemarkung (X), Flur …, Flurstücke (a), (b), (c) zum Gegenstand haben (cc).Die Rechtswidrigkeit der Regelung in Ziffer 4. des Bescheides führt zu Aufhebung dieser Teilregelung und nicht zu der im Tenor des vorinstanzlichen Urteils angenommenen Gesamtaufhebung des Bescheides, da die Voraussetzung für die Teilaufhebung des Verwaltungsaktes nach § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegen, weil der angefochtene Verwaltungsakt teilbar ist (dd.). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch hinsichtlich der Verpflichtungsklage unbegründet, soweit die Antragsteller zu 1. bis 4 die Verpflichtung zur Erteilung des beantragten Negativzeugnisses begehren (nachfolgend b.). Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgenden:

a. Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4. auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet, soweit im Wege der Anfechtungsklage Ziffer 2. und 3. des Bescheides vom 9. August 2016 angefochten werden.

Das Urteil der Vorinstanz schließt offenbar wie selbstverständlich von der in ihm (zu Unrecht vgl. dazu näher S. 24 f.) angenommenen Nichtigkeit der Regelung über die Nichtübernahme von Belastungen in Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 auf dessen Gesamtnichtigkeit einschließlich der selbständigen Regelung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes in Ziffer 2. des Bescheides. Hierbei berücksichtigt es nicht, dass zentraler Begriff des Antrags auf gerichtliche Entscheidung i.S. §§ 217 Abs. 1, 226 BauGB die Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ist und ein teilbarer Verwaltungsakt nur aufzuheben ist, soweit er rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Dies folgt aus folgenden Überlegungen:

Zentraler Begriff des Antrags auf gerichtliche Entscheidung i.S. §§ 217 Abs. 1, 226 BauGB ist die Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ist die maßgebliche Kategorie des Rechtes der Fehlerfolgen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 12). Die nur selten gegebene Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (§ 44 VwVfG) ist eine besondere Folge seiner Rechtswidrigkeit. Ein Verwaltungsakt ist nur nichtig, wenn er in besonderem Maße rechtswidrig ist (BeckOK Bader/Ronellenfitsch/Schemmer, VwVfG, 49. Ed. 1.10.2020, VwVfG, § 44 Rn. 2). Besonders schwerwiegend i.S. von § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg ist ein Fehler nur, der ihn mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 - 8 C 1.96 – juris Rn. 28 m.w.N.).

Hinzu kommt, dass § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB den Baulandgerichten die Möglichkeit gibt, einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufzuheben. Für die Stattgabe eines Anfechtungsbegehrens sieht § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB ähnlich wie § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Aufhebung des Verwaltungsakts vor. Richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen belastenden Verwaltungsakt, so ist bei dessen Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakt gegebenenfalls ganz oder teilweise aufzuheben, "soweit" er rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vgl. u.a. BeckOK BauGB/Dösing, BauGB, 50. Ed. 1.8.2020, § 226 Rn. 3 Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 226 Rn. 3 vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Juni 2015 – 11 Bauland U 1/13 –, juris Rn. 33 zu einem Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsbeschluss). Hiervon geht auch der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zum baulandgerichtlichen Verfahren bei Anfechtung eines Umlegungsplans (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 – III ZR 224/04 –, juris Rn. 19 f.) aus. Er führt aus, das nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts im Anfechtungsprozess das Gericht den Verwaltungsakt gegebenenfalls nur aufheben kann, "soweit" er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es gilt also als Regel, dass ein teilbarer Verwaltungsakt nur teilweise aufzuheben ist soweit er rechtswidrig ist und die Antragsteller in ihren Rechten verletzt.

Diese Grundsätze sind sinngemäß auch im vorliegenden Verfahren über einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Bescheid über die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechtes anzuwenden.

aa. Soweit sich die Antragsteller zu 1. bis 4. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts in Ziffer 2. des Bescheides vom 9. August 2016 wenden, ist ihre Anfechtungsklage unbegründet, denn diese Regelung ist rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten. Die Berufung des Beteiligten zu 6. hat insoweit Erfolg.

(1) Rechtsgrundlage für die erfolgte Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB.

(2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 BauGB liegen entgegen der Rechtsansicht der Antragsteller zu 1. bis 4. vor.

Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans zu, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist. Dies ist hier der Fall. Zwischen den Beteiligten ist in räumlicher Hinsicht unstreitig, dass die Grundstücke, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, nämlich die Flurstücke (a), (b), (c) der Flur … in der Gemarkung (X) im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. (1) „…straße" liegen. Es handelt sich um Flächen, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist. Für die Flurstücke (a) und (b) sind öffentliche Straßenverkehrsflächen festgesetzt. Das Flurstück (c) wurde überwiegend als öffentliche Grünfläche (2.145 qm) mit der Zweckbestimmung öffentliche Parkanlage festgesetzt. Ein kleiner Teil von 32 qm wurde als Straßenverkehrsfläche festgesetzt.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller zu 1. und 4. ist die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid vom 9. August 2016 durch das Wohl der Allgemeinheit i.S. von § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerechtfertigt.

Ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt, hat sich im Einzelnen an den Zielen zu orientieren, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB verfolgt werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt i.S.v. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 – BVerwG 4 B 245/89 –, juris Rn. 3; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – OVG 10 B 9.18 –, Rn. juris 51). Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann schon dann gerechtfertigt sein, wenn im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 – 4 B 245/89 –, juris Rn. 9). In Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist die Ausübung des Vorkaufsrechts daher in aller Regel durch das Allgemeinwohl gedeckt, wenn das Grundstück nach den Festsetzungen des Bebauungsplans für einen öffentlichen Zweck bestimmt ist. Das Vorkaufsrecht muss der Umsetzung der konkreten Festsetzung oder wenigstens ihrer Förderung dienen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/ Kalp/Külpmann, BauGB, 139. EL August 2020, § 24 Rn. 27).

Dies ist hier der Fall. Die Ausübung des Vorkaufsrechts im Bescheid vom 9. August 2016 dient dem Allgemeinwohl, denn es werden Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes dient der Umsetzung der im Bebauungsplan Nr. (1) „B…straße" getroffenen Festsetzungen, wodurch öffentliche Zwecke gefördert werden sollen. Im nördlichen Ende der H…straße, einer Sackgasse, soll eine Wendeanlage errichtet werden. Hierdurch soll für den öffentlichen Verkehr insbesondere auch für Fahrzeuge der Müllabfuhr eine Wendemöglichkeit geschaffen werden, was die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs erhöht. Zwischen der H…straße und der B…straße soll zudem insbesondere auf dem Flurstück (c) eine öffentliche Wegeverbindung von der H…straße über eine als öffentliche Parkanlage festgesetzte Fläche geschaffen werden. Seine Fortsetzung soll die Wegeverbindung nördlich der H…straße zudem über die im Bebauungsplan Nr. (2), "Nördlich des Pf… / V…") festgesetzte öffentliche Grünfläche auf der heutigen Wiesenbrache finden und so eine Verbindung zu diesem neu entstehenden Stadtviertel schaffen. Der öffentliche Weg für den Fußgänger und den Radverkehr stellt einen Vorteil für die Allgemeinheit da, da sie die nördliche … Vorstadt über die H…straße und über die geplante Wegeverbindung besser mit der B…straße und vor allen Dingen besser mit dem neu entstehenden Stadtviertel im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Nördlich des Pf…/V…" anbinden soll.

Die Antragsteller zu 1. bis 4. haben auch nicht hinreichend dargetan, dass die Ausübung des Vorkaufsrechtes, die auf einen Grundstückserwerb der Landeshauptstadt gerichtet ist, nicht der Förderung der vorgenannten Festsetzungen dient. Dabei reicht es aus, dass die Chance der Realisierung des öffentlichen Nutzungszwecks nicht gänzlich ausgeschlossen ist, also keine „unüberwindlichen Planungshindernisse“ bestehen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger/Kalp/Külpmann, BauGB, 139. EL August 2020, § 24 Rn. 27). Dies ist hier nicht der Fall. Soweit die Antragsteller zu 1. bis 4. prognostizieren, es werde dem Beteiligten zu 6. in absehbarer Zeit nicht gelingen, die Anbindung der H…straße über die streitgegenständlichen Grundstücke an die Wege auf dem Flurstück (g) und dem Flurstück (h) zu realisieren, wobei letzteres Flurstück außerhalb des Bebauungsplans liege, führt dies nicht dazu, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts hier nicht mehr perspektivisch dem Ziel der Förderung dieser Wegeverbindung dienen würde.Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Flächen, die von der Vorkaufsrechtsausübung betroffen sind, alsbald plangemäß verwendet werden. Es darf, wie erwähnt, nur kein unüberwindliches Planungshindernis bestehen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, BauGB, 139. EL August 2020, § 24 Rn. 27). Der Beteiligte zu 6. hat hinreichend dargetan, dass die Stadtverordnetenversammlung am 13. September 2017 einen Aufstellungsbeschluss gefasst hat, um die außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Nr. (1) gelegene Teilfläche im Bereich des Flurstücks (h) in den Geltungsbereich des vorgenannten Bebauungsplanes einzubeziehen. Sollten die Verhandlungen mit den Eigentümern der Teilfläche des Flurstücks (h) endgültig scheitern, werde auf diese Weise eine bauplanungsrechtliche Grundlage geschaffen, um die benötigten Flächen notfalls zu enteignen. Dem sind die Antragsteller zu 1. bis. 4. nicht substantiiert entgegengetreten.

(3) Das erstinstanzliche Gericht hat entgegen dem Vorbringen der Antragsteller zu 1. bis 4. zutreffend festgestellt, dass der Beteiligte zu 6. das Vorkaufsrecht auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausgeübt hat. Die Zwei-Monatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB beginnt erst mit Eintritt des Vorkaufsfalles, also mit Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages zu laufen (BVerwG, Beschluss vom 28. August 2020 – 4 B 3/20 –, juris Ls.). Nach der vorgenannten Norm kann das Vorkaufsrecht nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die Ausschlussfrist wird erst in Lauf gesetzt, wenn dem Vorkaufsberechtigten der richtige und vollständige Inhalt des das Vorkaufsrecht auslösenden Kaufvertrages mitgeteilt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2006 – V ZR 17/06 –, juris Rn. 18). Die Mitteilung des Kaufvertrags an den Beteiligten zu 6. erfolgte hier mit einem am 13. Juni 2016 bei diesem eingegangenen Schreiben. Die Ausübung des Vorkaufsrechts wurde am 10. August 2016 durch Verwaltungsakt gegenüber der Beigeladenen zu 5. als Verkäuferin und damit binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags bewirkt.

(4) Die Antragsteller zu 1. bis 4. haben weder gerügt noch ist sonst ersichtlich, dass der Beteiligte zu 6. bei der Ausübung des Vorkaufsrechts im Bescheid vom 9. August 2016 sein Ermessen nicht fehlerfrei betätigt hat. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt im Ermessen des Beteiligten zu 6. Er kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sein Recht ausüben, er ist aber dazu nicht verpflichtet (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 18. Juni 2013 – 11 Bauland U 1/11 – Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – OVG 10 B 9.18 –, juris Rn. 100). Der Beteiligte zu 6. hat im angegriffenen Bescheid ausgeführt, dass hier das Interesse der Allgemeinheit gegenüber dem Individualinteresse an der Vollziehung des Kaufvertrages überwiege und das der Allgemeinheit dauerhaft und uneingeschränkt die gesamten Flächen als öffentliche Grün- und Verkehrsflächen dienen soll. Auch die im beigezogen Verwaltungsvorgang befindliche Stellungnahme vom 24. Mai 2016 einer Bediensteten des Beteiligten zu 6. erkennt das Ermessen und führt zutreffend aus, dass das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt werden muss. Dies zeigt hinreichend, dass der Beteiligte zu 6. sein Ermessen erkannt und richtig ausgeübt hat.

bb. Soweit die Antragsteller zu 1. bis 4. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung Ziffer 3. des Bescheides vom 9. August 2016 anfechten, ist ihre Anfechtungsklage nach den oben genannten Grundsätzen unbegründet. Nach der vorgenannten Regelung im Bescheid hat der Beteiligte zu 6. den Entschädigungswert, der an den Beteiligten zu 5. zu zahlen ist, nach § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Höhe von 5.000,00 € festgesetzt. Soweit die Antragsteller zu 1. bis 4. rügen, der Entschädigungswert sei damit zu Unrecht auf nur 5000,00 € festgesetzt worden, ist diese Regelung – unabhängig von der Richtigkeit der Wertfestsetzung - schon deshalb nicht auf ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung aufzuheben, weil die Antragsteller zu 1. bis 4. als Käufer durch sie jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt sind (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligte zu 5. als Verkäuferin, der von einer etwaigen zu niedrigen Festsetzung des Entschädigungswertes belastet wäre, hat hingegen nicht innerhalb der Frist des § 217 Abs. 2 BauGB einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

cc. Soweit sich die Antragsteller zu 1. bis 4. gegen Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 wenden, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hingegen begründet und die Berufung des Beteiligten zu 6. insoweit zurückzuweisen. Für die Regelung in Ziffer 4. des Bescheides, wonach Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von (X), Blatt …, von dem Beteiligten zu 6. nicht übernommen werden, besteht keine Rechtsgrundlage (1). Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 ist daher rechtswidrig und gemäß § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB aufzuheben, soweit die Regelung die Antragsteller zu 1. bis 4. in ihren Rechten verletzt (2). Entgegen der Annahme des Landgerichtes ist Ziffer 4. des Bescheides auch nicht weitergehend aufzuheben oder dessen Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg festzustellen (3).

(1) Die Antragsteller zu 1. bis 4. rügen zu Recht, dass für die Regelung in Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 über die Nichtübernahme der Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs durch die Beteiligte zu 6. keine Rechtsgrundlage besteht. Dies hat zur Folge, dass die Regelung der gesetzlichen Grundlage entbehrt und damit rechtswidrig ist.

Die Rechtsansicht des Beteiligten zu 6., wonach Rechtsgrundlage für die von ihm angeordnete Nichtübernahme der Belastungen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB i.V.m. § 97 Abs. 1 BauGB sei, findet nach Überzeugung des Senates im Gesetz keine hinreichende Stütze. Die vorgenannte Rechtsansicht wird soweit ersichtlich weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung vertreten.

§ 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB regelt nur die Voraussetzungen, unter denen in Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beim preislimitierten Vorkaufsrecht die Gemeinde den zu zahlenden Betrag abweichend von dem im Vertrag vereinbarten Kaufpreis nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des Baugesetzbuches (§§ 93 ff. BauGB) bestimmen kann, nicht hingegen, dass die Gemeinde bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes in Fällen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB anordnen kann, dass ein Recht an einem Grundstück, das Gegenstand der Vorkaufsrechtsausübung ist, nicht aufrechterhalten wird bzw. nicht übernommen wird.

§ 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB lautet: „ In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte.“

Der Wortlaut der Norm regelt klar, dass die Gemeinde nur „den zu zahlenden Betrag“ nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils bestimmen kann, nicht hingegen die Nichtaufrechterhaltung von einem Recht am Grundstück bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes bestimmen kann. Ausschließlich zur Bestimmung des zu zahlenden Betrages wird in § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB auf die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils des Baugesetzbuches (vgl. §§ 93 ff. BauGB) verwiesen. Die im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils über die Entschädigung bei der Enteignung von Grundstücken stehende Regelung des § 97 Abs. 1 BauGB, wonach Rechte an dem zu enteignenden Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigen oder den Verpflichteten in der Benutzung des Grundstücks beschränken, aufrechterhalten werden können, soweit dies mit dem Enteignungszweck vereinbar ist, ist nach einer Wortlautinterpretation auf Fälle, in denen die Gemeinde das Grundstück nicht enteignet, sondern wie hier vom Instrument der Ausübung eines Vorkaufsrechtes nach §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 4 Satz 2 BauGB Gebrauch macht, nicht anwendbar.

Hierfür spricht auch die systematische Auslegung der Norm unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB. Die Norm regelt die Voraussetzungen, unter denen die Gemeinde den Preis für das Grundstück abweichend vom vereinbarten Kaufpreis festsetzen kann und insoweit beim preislimitierten Vorkaufsrecht in das Vertragsgefüge eingreifen kann. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB regelt also allein eine Abweichung von dem Grundsatz, dass mit Ausübung des Vorkaufsrechtes ein Kaufvertrag mit dem Inhalt des „Erstvertrages“ zustande kommt, im Hinblick auf den zu entrichtenden Kaufpreis (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, BauGB, 138. EL Mai 2020, § 28 Rn. 77). Insoweit weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes der Grundsatz der Vertragsidentität gilt. Soweit das Baugesetzbuch keine Sonderbestimmungen enthält, gelten für das gesetzliche Vorkaufsrecht die Bestimmungen des BGB für das schuldrechtliche Vorkaufsrecht entsprechend (§ 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB). Nach § 464 Abs. 2 BGB kommt mit Ausübung des Vorkaufsrechtes zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verpflichteten ein Vertrag mit dem Inhalt des Erstvertrages zustande. Das Vorkaufsrecht wird durch einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt ausgeübt, der die Rechtslage in der Weise gestaltet, dass ein Kaufvertrag zwischen dem Verpflichteten (Verkäufer) und dem Berechtigten (Gemeinde) zu den Bedingungen des ersten Kaufvertrages zu Stande kommt, also mit dem Inhalt, wie er zwischen dem Verpflichteten und dem Drittkäufer besteht (§ 464 Abs. 2 BGB); sog. Grundsatz der Vertragsidentität (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, BauGB, 139. EL August 2020, § 28 Rn. 35). Zwar sind von diesem Grundsatz Ausnahmen möglich, diese bedürfen aber einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB regelt die Voraussetzungen, unter denen die Gemeinde den zu zahlenden Betrag für das Grundstück abweichend vom vereinbarten Kaufpreis bestimmen kann, nicht aber die Rechtsfolge, dass abweichend vom Inhalt des Kaufvertrages ein Recht an einem Grundstück nicht aufrechterhalten werden kann. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB ist eine Sondervorschrift für das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Sie dient vor allem dem Zweck die Gemeinde vor überhöhten im Vertrag vereinbarten Grundstückspreisen zu schützen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Stock, BauGB, 139. EL August 2020, § 28 Rn. 78). Liegen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 Satz 1 BauGB vor, so richtet sich die Höhe des von der Gemeinde an den Verkäufer zu zahlenden Preises nach den Vorschriften des Zweiten Teils des Fünften Abschnitts. Dieser Entschädigungswert bemisst sich im Wesentlichen nach dem Verkehrswert (§ 95 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 194 BauGB). Wollte der Gesetzgeber in Fällen der Ausübung des Vorkaufsrechts nach §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB bestimmen, dass abweichend vom Grundsatz der Vertragsidentität die Gemeinde das Recht hat, ein Recht an einem Grundstück nicht aufrechtzuerhalten, so hätte er das im Wortlaut des Gesetzes zum Ausdruck bringen müssen. Dies ist aber nicht geschehen. Auch § 97 Abs. 1 BauGB bietet hierfür keine Rechtsgrundlage. Die Norm regelt die materielle Rechtsstellung der Nebenberechtigten, der Inhaber derjenigen Rechte also, die nicht selbst Gegenstand der Enteignung sind, aber von der Enteignung mittelbar betroffen werden. § 97 BauGB bestimmt abschließend, wie die Rechte der Nebenberechtigten im Enteignungsverfahren materiell-rechtlich zu behandeln sind (BeckOK BauGB/Petz, BauGB, 50. Ed. 1.8.201 § 97 Rn. 1). Über die Nichtaufrechterhaltung von Rechten im Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts nach §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 4 BauGB enthält die Norm zur Enteignung keine Regelung.

Sofern eine Gemeinde das Ziel erreichen will, dass die Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. in Form von Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuches nicht aufrechterhalten werden, darf sie zum Erwerb des Eigentums an den Flurstücken (a), (b) und (c) nicht wie hier auf das Instrument des preislimitierten Vorkaufsrechts nach §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 28 Abs. 4 Satz 2 BauGB zurückgreifen, sondern muss das Instrument der bebauungsplanakzessorischen Administrativenteignung wählen, das ihr zu dem Zweck, die Grundstücke entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. (1) „B…straße" zu nutzen, nach §§ 85 Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 87 Abs. 1 BauGB grundsätzlich zur Verfügung steht (vgl. dazu näher Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Juni 2015 – 11 Bauland U 1/13 –, Rn. 38 ff.). Bei einer solchen Enteignung wären auch die Regelungen über die Behandlung der Rechte der Nebenberechtigten an dem zu enteignenden Grundstück nach § 97 BauGB anwendbar. Von dem Instrument der Administrativenteignung hat der Beteiligte zu 6. hier aber gerade nicht Gebrauch gemacht, sondern das gemeindliches Vorkaufsrecht ausgeübt.

(2) Mangels Rechtsgrundlage ist Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 daher rechtswidrig und gemäß § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB aufzuheben, soweit die Regelung die Antragsteller zu 1. bis 4. in ihren Rechten verletzt. Wie oben ausgeführt, ist für die Stattgabe eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung bei der Anfechtungsklage gemäß § 226 Abs. 2 S. 2 BauGB und Aufhebung des Verwaltungsakts Voraussetzung, dass der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist hier nur der Fall, soweit der Beteiligte zu 6. nach Ziffer 4. Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von (X) Blatt … nicht übernommen hat und die Belastungen Rechte der Antragsteller 1. bis 4. an dem Grundstücken der Gemarkung (X), Flur …, Flurstück (a), (b) und (c) zum Gegenstand haben. Dies ist bei der Belastung des Flurstückes (a) mit einer Zwangssicherungshypothek über 1.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen gegeben. Hinsichtlich der Belastung des Grundstücks Flurstück (b) mit einer Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht) für die Eigentümer des Grundstücks (d) (Antragstellers zu 1.), des Grundstückes (f) (Antragsteller zu 2.) und den Eigentümer des Grundstückes (e) (Antragsteller zu 3. und 4.) ist dies ebenfalls gegeben. Gleiches gilt hinsichtlich der Belastung des Flurstück (b) mit einer Zwangssicherungshypothek über 2.121,17 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen und die Belastung des Flurstückes (c) mit einer Zwangssicherungshypothek über 20.000,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen für die Antragsteller zu 1. bis 4..

(3) Entgegen der Annahme der Vorinstanz ist Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 auch nicht weitergehend aufzuheben oder dessen Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg festzustellen, insbesondere weil die Regelung über die Nichtübernahme der Belastungen im Verwaltungsakt keine Rechtswirkungen entfaltet, die wirksam in Rechte Dritter an den Grundstücken (a), (b), (c) eingreift.

Rechtsfehlerhaft geht das Urteil der Vorinstanz davon aus, dass Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 wirksam auch regele, dass Belastungen in Form von Rechten Dritter an den Grundstücken (z.B. Geh-, Fahr- und Leitungsrechte am Flurstück (a) zugunsten von den Eigentümern anderer Grundstücke oder die aus dem Flurstück (c) lastende Zwangssicherungshypothek der Bundesrepublik Deutschland) von dem Beteiligten zu 6. nicht übernommen werden. Das Landgericht folgert daraus, dass Ziffer 4. des Bescheides nichtig sei, weil ein besonders schwerwiegender Fehler i.S. des § 44 Abs. 1 VwVfG vorliege, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sei. Die Dritten, die betroffen seien, seien nicht einmal am Verwaltungsverfahren beteiligt gewesen. Die Nichtübernahme der Belastungen sei eine verfassungswidrige entschädigungslose Enteignung und eine unzulässiger Eingriff in die Finanzhoheit der Bundesrepublik Deutschland (vgl. UA S. 11).

Zu Recht weist der Beteiligte zu 6. darauf hin, dass die Annahme der Vorinstanz, dass Ziffer 4. des Bescheides neben den Belastungen, welche die Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. als Adressaten des Bescheides zum Gegenstand haben, auch regele, dass Rechte Dritter an den Grundstücken nicht aufrechterhalt würden, rechtsfehlerhaft ist, weil der Bescheid Dritten gegenüber nicht wirksam i.S. § 43 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg geworden ist und daher mangels Rechtswirkungen des Bescheides hier die Rechte Dritter an den Grundstücken aufrechterhalten bleiben.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird. Ausweislich der Eingangsformel des Bescheides vom 9. August 2016 ist dieser für die Antragsteller zu 1. bis 4. als Käufer und die Beteiligte zu 5. als Verkäuferin bestimmt und diesen Adressaten ist der Bescheid auch bekannt gegeben worden. Dritten als möglichen weiteren von ihm Betroffenen ist er jedoch nicht bekannt gegeben worden, sodass er diesen gegenüber jedenfalls nicht wirksam geworden ist und damit Ziffer 4. des Bescheides ihnen gegenüber keine Rechtswirkungen entfaltet. Es ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur geklärt, dass die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur demjenigen gegenüber eintritt, für den der Verwaltungsakt (als Adressat) bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird und dem er bekannt gegeben worden ist. Erst durch die Bekanntgabe nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG wird er Dritten gegenüber wirksam (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1993 – 4 C 15.93 –, juris Rn. 16 Urteil vom 5. Dezember 1980 – IV C 28.77 –, juris Rn. 20 Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 43 Rn. 179).

Weil der Bescheid vom 9. August 2016 aber Dritten, wie der Bundesrepublik Deutschland oder den anderen Grundstückseigentümern gegenüber, die Rechte in Form von Geh-, Fahrt- und Leitungsrechten haben, nicht bekannt gegeben wurde und ihnen gegenüber daher nicht wirksam geworden ist, kommt Ziffer 4. des Bescheides auch keine Rechtswirkung zu, die nach den Umständen des Falles zu einem offensichtlichen besonders schwerwiegenden Fehler und damit zur Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg führen würde. Auch soweit das vorinstanzliche Urteil ausführt, dass Dritten, deren Rechte am Grundstück durch den Bescheid betroffen sein könnten, im Verwaltungsverfahren nicht beteiligt worden seien, führt dies jedenfalls nicht zur Nichtigkeit von Ziffer 4. des Verwaltungsaktes. Zum einen ist der Bescheid vom 9. August 2016 nicht für diese Dritten bestimmt, weshalb sie auch nicht am vorangegangenen Verwaltungsverfahren beteiligt werden mussten. Im Übrigen führte selbst eine fehlende Anhörung Dritter – wie § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg zeigt – nicht zur Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 118; BeckOK VwVfG/Schemmer, VwVfG, 49. Ed. 1.10.2020, § 44 Rn. 32 m.w.N.). Besonders schwerwiegend i.S. von § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg ist nur ein Fehler, der den davon betroffenen Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich erscheinen, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar sein lässt. Dagegen ist die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes nicht schon deswegen anzunehmen, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehrt (BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1997 - 8 C 1.96 – juris Rn. 28 m.w.N.), weshalb Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016, anders als die Vorinstanz meint, nicht nichtig nach § 44 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG Bbg ist.

dd. Im Ergebnis ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Anfechtungsantrages nur teilweise begründet, soweit Ziffer 4. des Bescheides regelt, dass Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von dem Beteiligten zu 6. nicht übernommen werden soweit sie Rechte der Antragsteller 1. bis 4. an den Grundstücken zum Gegenstand haben. Im Übrigen ist die Ausübung des Vorkaufsrechtes gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB hingegen rechtmäßig und verletzt die Antragsteller zu 1. bis 4. nicht in ihren Rechten, weshalb der Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit unbegründet ist.

Die beschriebene Rechtswidrigkeit führt zur Aufhebung der Teilregelung in Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 und nicht zu der im Tenor des vorinstanzlichen Urteils angenommenen Gesamtaufhebung des Bescheides, da die Voraussetzung für die Teilaufhebung des Verwaltungsaktes nach § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegen. Das Urteil des Landgerichtes kann daher teilweise keinen Bestand haben.

Ist ein gegen einen Verwaltungsakt gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur teilweise begründet und der angefochtene Verwaltungsakt teilbar, lässt § 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB eine Teilaufhebung zu.§ 226 Abs. 2 Satz 2 BauGB eröffnet nämlich den Baulandgerichten die Möglichkeit, einen Verwaltungsakt auch nur teilweise aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 – III ZR 224/04 –, juris Rn. 19 ff.; vgl. Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, 14. Aufl. 2019, BauGB § 226 Rn. 3). Die hierbei vorausgesetzte Teilbarkeit eines Verwaltungsakts ist gegeben, wenn der in Frage stehende Teil nicht mit den übrigen Teilen des Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht, sondern die übrigen Teile auch als selbständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsinhalt zu verändern (vgl. zur Teilaufhebung von Umlegungsplänen: BGH, Urteil vom 10. März 2005 – III ZR 224/04 –, juris Rn. 19 f.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Kalb/Külpmann, BauGB, 139. EL August 2020, § 226 Rn. 6 m.w.N.). Dies entspricht der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach unterliegt ein Verwaltungsakt der Aufhebung nur, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Voraussetzung für die Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit des Verwaltungsaktes. Die Teilbarkeit ist zu bejahen, wenn die rechtlich unbedenklichen Teile nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, sondern als selbständige Regelungen weiter existieren können, ohne ihren Bedeutungsinhalt zu verändern (BVerwG, Urteil vom 20. August 1992 – 4 C 13/91 –, juris Rn. 17 Beschluss vom 1. Juli 2020 – 3 B 1/20 –, juris Rn. 14). Steht der Erlass des Verwaltungsaktes im Ermessen der Behörde, ist auch von Bedeutung, ob die Behörde den Verwaltungsakt auch ohne die angegriffene Teilregelung erlassen hätte; durch eine bloße Teilaufhebung darf ihr nicht eine Restregelung aufgezwungen werden, die sie so nicht erlassen hätte (BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2020 – 3 B 1/20 –, juris Rn. 14).

Gemessen an diesen Grundsätzen sind entgegen dem Vorbringen der Antragsteller zu 1. und 4. die Voraussetzungen für die Teilaufhebung der rechtswidrigen Teilregelung in Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 gegeben. Der Bescheid ist teilbar, weil die rechtlich unbedenklichen Teile in Ziffer 2. über die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechtes an den Flurstücken (a), (b) und (c) gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einschließlich der Festsetzung des Entschädigungswertes nach § 28 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Ziffer 3. des Bescheides, der jedenfalls nicht die Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4 verletzt, nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil stehen, sondern als selbständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern.

Die in diesem Verfahren auf gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf die Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. rechtlich unbedenklichen Ziffern 2. und 3. des Bescheides vom 9. August 2016 enthalten nämlich eigenständige und inhaltlich von Ziffer 4. unabhängige Regelungen. Auch ohne die Regelung in Ziffer 4. können Ziffer 2. und 3. als selbstständige Regelungen weiter existieren, ohne ihren Bedeutungsgehalt zu verändern. Der Beteiligte zu 6. bringt nämlich mit den selbstständigen Regelungen in Ziffer 2 und 3. des Bescheides zum Ausdruck, dass die Landeshauptstadt das gemeindliche Vorkaufsrecht an den Flurstücken (a), (b) und (c) gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ausübt und den Beteiligten zu 5. als Verkäufer mit dem Kaufpreis im Höhe von 5000,00 € entschädigt. Die davon unabhängige Teilregelung in Ziffer 4. des Bescheides betrifft lediglich eine Modalität der Vorkaufsrechtsausübung im Hinblick auf die nicht Aufrechterhaltung der Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. an dem Grundstück durch Nichtübernahme der Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs. Trotz Aufhebung der Ziffer 4. des Bescheides, soweit die Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs Rechte der Antragsteller 1. bis 4. an den Grundstücken zum Gegenstand haben, können die selbständigen Teile in Ziffer 2. und 3. des Bescheides weiter bestehen. Entsprechend dem oben ausgeführten Grundsatz der Vertragsidentität führt die in Ziffer 2. geregelte Ausübung des Vorkaufsrechtes an den dort genannten Grundstücken bei Aufhebung von Ziffer 4. dazu, dass nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB ein Vertrag mit dem Inhalt des Erstvertrages zustande kommt. Dies hat zur Folge, dass nach § 2 des Grundstückskaufvertrages die dort genannten Belastungen der Zweiten und Dritten Abteilung des Grundbuchs von dem Beteiligten zu 6. als (Vorkaufsrechts-) Käufer übernommen werden. Die Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. an den Grundstücken, die Gegenstand der Vorkaufsrechtsausübung sind, bleiben also bestehen. Es entsteht also durch die Aufhebung von Ziffer 4. gerade keine ungeregelte Situation, sondern die Vorkaufsrechtsausübung in Ziffer 2. erfolgt inhaltlich in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Rechte der Antragsteller am Grundstück nach dem Normalfall der gesetzlichen Grundsätze des § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 464 Abs. 2 BGB. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes in Ziffer. 2 behält damit ihren Bedeutungsgehalt und ist weiter eine in sich schlüssige Gesamtregelung, denn sie dient und fördert weiter dem Zweck, dass die von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücksflächen durch den Grundstückserwerb entsprechend dem Bebauungsplan Nr. (1) künftig zu öffentlichen Zwecken als Straßen, Verkehrsflächen und öffentliche Parkanlage mit öffentlicher Wegeverbindung genutzt werden können.

Auch die Rechtslage, dass, wie ausgeführt, die Ausübung des Vorkaufsrechtes im Ermessen des Beteiligten zu 6. liegt, steht hier der Teilbarkeit des Bescheides vom 9. August 2016 und der Aufhebung der Teilregelung in Ziffer 4. nicht entgegen. Dem Beteiligten zu 6. wird in Folge der Aufhebung von Ziffer 4. keine „Restregelung“ aufgezwungen, die er so nicht erlassen hätte. Vielmehr kann unter Würdigung der Umstände dieses Falles objektiv davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 6. den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes auch ohne die Teilregelung in Ziffer 4. erlassen hätte. Dass dem Beteiligten zu 6. durch die bloße Teilaufhebung von Ziffer 4. des Bescheides keine Regelung aufgezwungen wird, die er bei Aufrechterhaltung der Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. in Form von Belastungen des Grundstückes nicht erlassen hätte, zeigen zunächst seine Bekundungen im Berufungsverfahren, wonach er den Vorkaufsrechtsbescheid auch ohne die Regelung in Ziffer 4. erlassen hätte und die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mit der Möglichkeit einer „lastenfreien Übernahme“ der Rechte der Antragsteller am Grundstück „stehen oder fallen“ sollte. Auch objektiv kann festgestellt werden, dass es dem Willen des Beteiligten zu 6. entsprach, die Flächen zu erwerben, auch wenn Rechte am Grundstück verbleiben. Zu Recht hat der Beteiligte zu 6. dargetan, dass hierfür die langjährigen Bemühungen der Landeshauptstadt um die mit dem Bebauungsplan Nr. (1) „B…straße“ verfolgten Planungsziele der besseren Erschließung des Plangebietes mit öffentlichen Straßenverkehrsflächen durch Errichtung der Wendeanlage am Ende der H…straße und der öffentliche Zweck der Schaffung einer Wegeverbindung über die als öffentliche Parkanlage festgesetzte Fläche insbesondere auf dem Flurstück (c) sprechen. Der Umstand, dass die Umsetzung der vorgenannten Festsetzungen des Bebauungsplanes durch die Aufrechterhaltung der Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. an den Grundstücken möglicherweise erschwert wird, führt bei objektiver Betrachtung nicht dazu, dass der Beteiligte zu 6. den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes ohne die Teilregelung in Ziffer 4. nicht erlassen hätte. Zwar kann die Aufrechterhaltung der Zwangssicherungshypotheken als Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4 dazu führen, dass die Umsetzung der Wendeanlage und der öffentlichen Wegeverbindung wirtschaftlich teurer werden. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Nutzung der von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücke zu dem öffentlichen Zweck einer öffentlichen Parkanlage und vor allem einer öffentlichen Wegeverbindung im Anschluss an das Ende der H…straße dazu führen würde, dass die nördliche … Vorstadt und das neue Stadtviertel im Bereich des Bebauungsplanes Nr. (2), "Nördlich des Pf… / V…" erheblich besser miteinander verbunden würden, weshalb bei objektiver Betrachtung davon ausgegangen werden kann, dass der Beteiligte 6. nach den Umständen des Falles das Vorkaufsrecht in Ziffer 2. des Bescheides auch ohne die Regelung in Ziffer 4. ausgeübt hätte.

Eine andere Würdigung und Bewertung folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Antragsteller zu 1. bis 4., dass die Aufrechterhaltung der Zwangssicherungshypothek mit dem Zweck der Vorkaufsrechtsausübung unvereinbar sei, weil der Beteiligte zu 6. die Antragsteller zu 1. bis 4. in einer Zwangsversteigerung überbieten müsse, bei der sie in Höhe ihrer Forderung von 23.121,17 € nebst 5 % Zinsen p.a. mitbieten könnten, ohne Geld aufwenden zu müssen. Die Antragsteller zu 1. bis 4. haben damit nicht dargetan, dass die Aufrechterhaltung der im Tatbestand näher beschriebenen Zwangssicherungshypotheken an den Grundstücken bei objektiver Betrachtung dazu führen würde, dass der Beteiligte zu 6. das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hätte. Zum einen sind Sicherungshypotheken streng akzessorisch. Ihr Bestand und Umfang richtet sich allein nach der zugrunde liegenden Forderung (§§ 1184 Abs. 1, 1185 Abs. 2 BGB; vgl. Saenger/Ullrich/Siebert, ZPO, § 870 Rn. 6, Jauernig/Berger, BGB, 18. Aufl. 2021, § 1185 Rn. 1). Angesichts dessen haben die Antragsteller zu 1. bis 4. nicht dargetan, dass die Sicherungshypothek nicht durch etwaige Zahlung der ihr zugrunde liegenden Forderung erlöschen kann und es daher nicht notwendigerweise zu einer Zwangsversteigerung der von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstücke kommen muss. Im Übrigen hat der Beteiligte zu 6. im Berufungsverfahren zum Ausdruck gebracht, dass er im Hinblick auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 7 Abs. 2 LHO) gehalten war, die Kosten für die Ausübung des Vorkaufsrechts gering zu halten, dass die öffentliche Verwaltung der Landeshauptstadt aber nicht nur dann handele, wenn sie ihre Aufgaben kostengünstig erledige. Angesichts dessen kann davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte zu 6. das Vorkaufsrecht auch ohne die Regelung in Ziffer 4. des Bescheides ausgeübt hätte und zu weiteren wirtschaftlichen Aufwendungen im Hinblick auf die fortbestehenden Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. an den Grundstücken in Form von Zwangssicherungshypotheken zur Erreichung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzung zu öffentlichen Zwecken bereit und in der Lage ist.

Entgegen der Ansicht der Antragsteller zu 1. bis 4. führt auch der Umstand, dass die Aufhebung von Ziffer 4. des Bescheides zur Folge hat, dass insbesondere auch deren Recht an dem von der Vorkaufsrechtsausübung betroffenen Grundstück mit der Flurstücks Bezeichnung (b) in Form einer Grunddienstbarkeit als Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht aufrechterhalten bleibt, nicht dazu, dass der Bescheid über die Vorkaufsrechtsausübung vom 9. August 2016 nicht teilbar ist. Denn auch die Aufrechterhaltung der Geh-, Fahrt- und Leitungsrechte der Antragsteller zu 1. bis 4. und weiterer Eigentümer ist mit dem Inhalt der Vorkaufsrechtsausübung in Ziffer 2. des Bescheides vereinbar. Das auf dem Grundstück lastende Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht bezweckt privatrechtlich durch eine dingliche Sicherung, dass die Erschließung der östlich gelegenen Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 4. als Teil des sog. ehemaligen „… Anwesens“ gesichert ist i.S. von § 30 Abs. 1 BauGB. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ist ein Vorhaben nämlich nur zulässig, wenn die Erschließung gesichert ist. Eine gesicherte Erschließung verlangt zumindest die verkehrsmäßige Erschließung durch den Anschluss des Vorhabengrundstückes an das öffentliche Straßennetz und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität wie auch die Entsorgung des Abwassers (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19. Juni 2015 – 11 Bauland U 1/13 –, juris Rn. 64 Jarass/Kment, BauGB, 2. Aufl., § 30 Rn. 12 f. m.w.N.). Die aufrecht erhaltene privatrechtliche dingliche Sicherung durch das Geh-, Fahrt- und Leitungsrecht steht hier der Nutzung des Flurstückes zu öffentlichen Zwecken, denen die Ausübung des Vorkaufsrechts dient, nicht entgegen. Der Bebauungsplan Nr. (1) „B…straße“ setzt nämlich für das Flurstück (b) im Wesentlichen eine öffentliche Straßenverkehrsfläche fest, auf der u.a. die Wendeanlage am Ende der H…straße errichtet werden soll. Dies hat zur Folge, dass die mit Wohngebäuden bebauten Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 4 über das Flurstück (b) an eine öffentliche Straße angeschlossen wären, sodass die Erschließung ihrer Grundstücke auch öffentlich-rechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB gesichert wäre. Die für sich genommen rechtlich unbedenkliche Ausübung des Vorkaufsrechts in Ziffer 2. des Bescheides ist daher mit der durch Aufhebung von Ziffer 4. verbundenen Aufrechterhaltung des Geh-, Fahrt- und Leitungsrechts der Antragsteller vereinbar. Es kann im Übrigen dahinstehen, ob das zivilrechtliche Geh- und Fahrt und Leitungsrecht hier erlischt, wenn und sobald die zu Wohnzwecken genutzten Grundstücke der Antragsteller zu 1. bis 4. über den künftigen öffentlichen Grund der Straßenverkehrsfläche auf dem Flurstück (b) an die H…straße angeschlossen sind und damit die Erschließung direkt über das öffentliche Straßennetz gesichert erfolgt (vgl. dazu Grziwotz/Lüke/Saller NachbarR-HdB, Kap. 6, D I 2).

Soweit im Urteil der Vorinstanz ausgeführt wird, der Beteiligte zu 6. habe gegenüber den Antragstellern zu 1. bis 4. deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Vorkaufsrecht nicht zu jedem Preis ausgeübt werden solle, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die Aufhebung der Teilregelung in Ziffer 4. des Bescheides vom 9. August 2016 einer fehlenden Teilbarkeit des Bescheides über die Ausübung des Vorkaufsrechtes entgegenstünde. Der Beteiligte zu 6. hat im Berufungsverfahren dazu ausgeführt, dass es sich „um eine vollkommen aus der Luft gegriffene Behauptung“ der Vorinstanz handele, die von ihm nicht aufgestellt worden sei. Dies ist nachvollziehbar, da auch die Begründung des angegriffenen Bescheides vom 9. August 2016 keine derartigen Ausführungen enthält.

b. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist schließlich auch unbegründet, soweit die Antragsteller zu 1. bis 4. die Verpflichtung zur Erteilung des beantragten Negativzeugnisses begehren.

Die Verpflichtungsklage ist unbegründet, denn den Antragstellern zu 1. bis 4. steht kein dahingehender Anspruch gegen den Beteiligten zu 6. zu.

Anspruchsgrundlage für die Erteilung des Negativzeugnisses ist § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – OVG 10 B 9.18 –, juris Rn. 107 m.w.N.). Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen.

Diese Voraussetzung liegt nicht vor, denn der Beteiligte zu 6. hat, wie zu a. ausgeführt, das Vorkaufsrecht in Ziffer 2. des Bescheides vom 9. August 2016 an den Flurstücken (a), (b) und (c) der Flur … der Gemarkung (X) rechtmäßig ausgeübt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 221 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5. sind nicht zu erstatten, weil sie keinen Antrag i.S. § 228 Abs. 2 BauGB gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist. Die Erstattung der Kosten wäre daher unbillig.

Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz beträgt 30.121,17 € (vgl. § 221 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG und §§ 3, 4 Abs. 1, 6 Satz 1, 7 ZPO), wobei berücksichtigt wurde, dass die Antragsteller zu 1. bis 4. ihr ursprüngliches Begehren, den Beteiligten zu 6. auch zu verurteilen, an sie 4.122 € Rechtsberatungskosten zu zahlen, bereits im erstinstanzlichen Verfahren zurückgenommen haben und dieser Betrag daher bei der Streitwertfestsetzung im Rechtsmittelverfahren nicht zu berücksichtigen war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird vom Senat in Ermangelung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß §§ 230, 221 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zugelassen.