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Recht der Landesbeamten; hier: Verbot einer Nebentätigkeit


Metadaten

Gericht VG Potsdam 2. Kammer Entscheidungsdatum 30.10.2012
Aktenzeichen 2 L 441/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86 BG BB, § 88 BG BB, § 39 DG BB, § 80 Abs 5 S 1 VwGO

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen das mit Bescheid des Ministeriums des Innern vom 25. Juni 2012 verfügte Verbot zur Ausübung einer Nebentätigkeit wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 2.400 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seines am 2. Juli 2012 eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25. Juni 2012 – … wiederherzustellen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig und begründet.

Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung hat das Gericht zu prüfen, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung ist in erster Linie darauf abzustellen, ob sich der angegriffene Verwaltungsakt nach einer – notwendigerweise nur summarischen Prüfung – als offensichtlich rechtswidrig oder als offensichtlich rechtmäßig erweist. An der sofortigen Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte besteht nämlich niemals, an der sofortigen Vollziehung offensichtlich rechtmäßiger Verwaltungsakte hingegen regelmäßig ein öffentliches Interesse. Lässt sich weder das eine noch das andere feststellen, so ist die Interessenabwägung anhand weiterer Gesichtspunkte vorzunehmen.

Der Bescheid des Ministeriums des Innern vom 25. Juni 2012 erweist sich nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, weshalb an seiner sofortigen Vollziehung kein (überwiegendes) öffentliches Interesse besteht. Die Voraussetzungen für ein Verbot der vom Antragsteller ausgeübten Nebentätigkeit nach § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 des Landesbeamtengesetzes (LBG) liegen nicht vor. Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG ist die Übernahme einer Nebentätigkeit, die geeignet ist dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, durch die oberste Dienstbehörde einzuschränken oder ganz oder teilweise zu verbieten. Dies ist nach § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 LBG insbesondere der Fall, wenn die Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Letzteres ist bei der hier in Rede stehenden Nebentätigkeit des Antragstellers entgegen der Auffassung des Antragsgegners offensichtlich nicht gegeben. Zwar ist der Antragsteller durch das – nicht rechtskräftige – Urteil des erkennenden Gerichts vom 27. Juli 2011 – VG 17 K 977/09.OL – wegen schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit von ihm ausgeübten Nebentätigkeiten aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden. Auch hat der Antragsteller offenbar seit dem 30. September 2009 eine Nebentätigkeit zu wöchentlich 42,5 Stunden bei der … ausgeübt, welche der Antragsgegner mit Bescheid des Ministeriums des Innern vom 23. Februar 2012 wegen Verstößen gegen das Nebentätigkeitsrecht, insbesondere einer unterbliebenen rechtzeitigen Anzeige der Übernahme der Tätigkeit, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten hat. Hinsichtlich der Ausübung des im vorliegenden Verfahren (allein) in Rede stehenden sog. 400 Euro-Jobs ist hingegen ein gravierender Verstoß gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht gegeben. Der Antragsteller hat seinem Dienstherrn zwar erst mit Schreiben vom 31. Mai 2012 angezeigt, dass er bereits seit dem 1. Mai 2012 eine Tätigkeit auf 400 Euro-Basis ausübe. Insoweit hat er gegen § 88 Satz 2 LBG verstoßen, wonach die Übernahme einer Nebentätigkeit mindestens einen Monat vorher gegenüber der obersten Dienstbehörde angezeigt werden soll. Die Verletzung der genannten Verfahrensvorschrift durch den Antragsteller ist jedoch nach Auffassung der Kammer nicht so gravierend, dass sie für sich genommen ein Verbot nach § 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 LBG rechtfertigen könnte. Durch die Verfahrensregelungen nach § 88 LGB soll der Dienstherr vielmehr in die Lage versetzt werden, rechtzeitig vor Beginn der Ausübung der Nebentätigkeit prüfen zu können, ob die Nebentätigkeit geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, und ob sie daher nach § 86 Abs. 1 LBG einzuschränken oder ganz oder teilweise zu verbieten ist. Der Umstand, dass der Antragsteller der Anzeigepflicht nach § 88 Satz 2 LBG nicht (rechtzeitig) nachgekommen ist, rechtfertigt daher für sich genommen die Verbotsverfügung des Antragsgegners nicht, solange die Nebentätigkeit selbst – insbesondere nach Art und Umfang – nicht geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen. Dass die vom Antragsteller seit dem 1. Mai 2012 ausgeübte Nebentätigkeit aufgrund ihrer Art oder ihres Umfanges geeignet ist, dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, macht der Antragsgegner jedoch selbst nicht geltend. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Ausübung einer jeglichen Nebentätigkeit durch einen – nicht rechtskräftig – aus dem Dienst entfernten, von der Dienstleistung freigestellten Beamten geeignet wäre, im Sinne von § 86 Abs. 1 Satz 1 LBG dienstliche Interessen zu beeinträchtigen, etwa mit Blick auf die dem Beamten weiterhin (teilweise) gezahlten Bezüge. Soweit die Ausübung der Nebentätigkeit dazu Anlass gibt, kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde die Entscheidung über die Höhe der einzubehaltenden Dienstbezüge vielmehr nach Maßgabe des § 39 Abs. 4 des Landesdisziplinargesetzes ändern. Im Übrigen liegt das Interesse eines solchen Beamten nachvollziehbar auf der Hand, sich mit Blick auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch die Übernahme einer Nebentätigkeit – von angemessenem zeitlichen Umfang (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 4 LBG) – eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Dies gilt für den Antragsteller nicht zuletzt auch mit Blick auf seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinem minderjährigen Sohn.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes; der für das Hauptsacheverfahren maßgebliche Streitwert, nämlich des Jahresbetrages der Einkünfte aus der Nebentätigkeit (vgl. Nr. 10.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit – Fassung 2004 – betreffend die Genehmigung von Nebentätigkeiten) in Höhe von vorliegend 4.800 Euro, ist hier mit Blick auf den vorläufigen Charakter dieses Verfahrens zu halbieren.