Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 28. Senat | Entscheidungsdatum | 19.04.2012 | |
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Aktenzeichen | L 28 AS 719/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 16 Abs 1 S 2 SGB 2, § 421g Abs 1 S 4 SGB 3, § 421g Abs 2 S 2 SGB 3 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 7. März 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist ein Anspruch auf Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von (iHv) 1.000,00 EUR.
Der Kläger ist als gewerblich angemeldeter privater Arbeitsvermittler tätig. Der Beklagte stellte dem am 27. September 1987 geborenen Beigeladenen, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügte und zuvor auch nicht versicherungspflichtig beschäftigt war, am 21. Juni 2007 einen Vermittlungsgutschein über 2.000,- EUR - gültig bis 21. September 2007 - aus. Der Kläger schloss am 21. Juni 2007 einen Vermittlungsvertrag mit dem Beigeladenen und vermittelte ihn an das Personaldienstleistungsunternehmen a GmbH. Die a GmbH schloss am 22. Juni 2007 mit dem Beigeladenen ein gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) befristetes Arbeitsverhältnis, beginnend am 22. Juni 2007 und endend am 9. Juli 2007, und erteilte ihm am selben Tag einen Einsatzauftrag als Helfer bei der Firma K (Arbeitsbeginn am 22. Juni 2007 um 22.00 Uhr). Mit Schreiben vom 11. August 2007 teilte die a GmbH dem Beigeladenen mit, dass der befristete Arbeitsvertrag ab dem 11. August 2007 in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt wird.
Unter dem 6. August 2007 beantragte der Kläger die Zahlung einer Vergütung iHv zunächst 1.000,00 EUR aus dem Vermittlungsgutschein und legte u.a. eine Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der a GmbH vom 6. August 2007 über den Abschluss eines Arbeitsvertrages am 22. Juni 2007 auf Dauer vor. Mit Bescheid vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2008 lehnte der Beklagte den Antrag vom 6. August 2007 auf Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein für den Beigeladenen ab mit der Begründung, dass gemäß § 421g Abs. 3 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) keine Auszahlung aus dem Vermittlungsgutschein erfolge, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt sei. Diese Vorschrift solle „Mitnahmeeffekte“ verhindern. Eine Erprobung des Arbeitsuchenden wäre auch bei einem längerfristigen Arbeitsvertrag im Hinblick auf die Probezeit gemäß § 1 Abs. 5 des Arbeitsvertrages durchaus möglich gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 11. Februar 2008 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 7. März 2011 hat er ausgeführt, dass er sich an eine konkrete Vermittlungstätigkeit vor dem 10. August 2007 nicht erinnern könne. Auch könne er nicht erklären, warum im Personalbewerbungsbogen der a GmbH als Bewerbungsdatum der 20. Juni 2007 vermerkt sei.
Der Beigeladene hat ausgeführt, dass der Kontakt zu dem Kläger über seinen Bruder zustande gekommen sei. Er sei persönlich bei dem Kläger gewesen. Es sei ein Profiling durchgeführt worden. Der Kläger habe ihn ein einziges Mal angerufen und mitgeteilt, dass er jetzt bei K anfangen könne. Eine weitere Kontaktaufnahme zu dem Kläger habe es nicht gegeben. Warum im Personalbewerbungsbogen als Bewerbungsdatum der 20. Juni 2007 vermerkt sei, erinnere er nicht.
Das Sozialgericht Neuruppin hat mit Urteil vom 7. März 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der ersten Rate der Vermittlungsvergütung für den Beigeladenen iHv 1.000,00 EUR gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 421g Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 geltenden und vorliegend auch anwendbaren Fassung. Zu Recht berufe sich der Beklagte auf den Ausschlusstatbestand des § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III. Der zunächst zwischen dem Beigeladenen und der Arbeitgeberin geschlossene Arbeitsvertrag sei von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monate begrenzt gewesen. Durch den Zusatz „von vornherein“ werde im Gesetz klargestellt, dass es - entgegen der Auffassung des Klägers - auf die bei Abschluss des Beschäftigungsverhältnisses vereinbarte Dauer ankomme, und dass eine nach Vertragsschluss vereinbarte Verlängerung unerheblich sei. Zudem könne der Kläger auch eine Vermittlungsprovision nicht verlangen, weil zum Zeitpunkt der insoweit allein relevanten Umwandlung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses ein Vermittlungsvertrag nicht mehr vorgelegen habe. Nach § 3 Abs. 3 des Vermittlungsvertrages vom 21. Juni 2007 ende dieser, wenn die Vermittlung erfolgreich gewesen sei und der Arbeitsuchende einen Arbeitsvertrag unterzeichnet habe. Dies sei bereits mit Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages vom 22. Juni 2007 der Fall gewesen. Auch sei zumindest zweifelhaft, ob die Vermittlungstätigkeit des Klägers auch für die Umwandlung in das unbefristete Arbeitsverhältnis kausal gewesen sei. Die Umwandlung habe sich ohne weitere konkrete Vermittlungstätigkeit vollzogen.
Gegen das ihm am 18. März 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. April 2011 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Ausschlusstatbestand des § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III greife nicht. Es sei tatsächlich zu einer Beschäftigung von mehr als drei Monaten gekommen. Seine Vermittlung sei kausal für die Umwandlung des Beschäftigungsverhältnisses in ein unbefristetes gewesen. Eine erfolgreiche Vermittlung im Sinne des Vermittlungsvertrages habe erst mit Umwandlung in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Es sei irrelevant, ob ein Beschäftigungsverhältnis in einem Zeitarbeitsunternehmen oder einem anderen Betrieb begründet worden sei. Die befristete Erprobung sei mittlerweile Standard im Wirtschaftsleben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 7. März 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein für den Beigeladenen in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, dass schon fraglich sei, ob die Vermittlung in Zeitarbeit dem Sinn und Zweck des § 421g SGB III gerecht werde. Es greife die Ausschlussregelung des § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III. Diese solle die Förderung von Vermittlungstätigkeiten ausschließen, bei denen der Zweck einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erreicht werde, und Missbrauchsgefahren entgegen wirken (Bezugnahme auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. April 2010, L 18 AL 146/09). Die ursprüngliche Vermittlungstätigkeit des Klägers sei für die Umwandlung des befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes nicht kausal gewesen. Der Vermittler werde entsprechend dem Makler nicht für den Erfolg schlechthin, sondern für den Erfolg seiner Arbeit durch die Vermittlungsvergütung belohnt (Bezugnahme auf Palandt-Sprau, BGB, 64. Auflage, § 652 Rn. 47). Ferner habe der Vermittlungsvertrag nach § 3 Abs. 3 mit Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages am 22. Juni 2007 geendet. Zum Zeitpunkt der Entfristung am 10. August 2007 habe daher kein in schriftlicher Form geschlossener Vermittlungsvertrag im Sinne des § 296 Abs. 1 Satz 1 SGB III vorgelegen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) erhobene Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der ersten Rate der Vermittlungsvergütung für den Beigeladenen iHv 1.000,00 EUR gemäß §§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II, 421g Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 geltenden und vorliegend noch anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 19. November 2004 (BGBl. I 2902). Dem Anspruch steht der Vergütungsausschluss nach § 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III entgegen.
Gemäß §§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II, 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III verpflichtet sich der Beklagte mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der Abs. 2 und 3 des § 421g SGB III zu erfüllen. Die Zahlung der Vergütung ist u.a. ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist (§ 421g Abs. 3 Nr. 3 SGB III). Diese Regelung soll die Förderung von Vermittlungstätigkeiten ausschließen, bei denen der Zweck einer dauerhaften Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erreicht wird, und Missbrauchsgefahren entgegenwirken. Die geringere Dauer als drei Monate muss bereits bei Vertragsschluss vereinbart worden sein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. April 2010, L 18 AL 146/09, juris). So liegt der Fall hier.
Das Beschäftigungsverhältnis, in das der Kläger den Beigeladenen vermittelt hat und das Grundlage seines geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist, war von vornherein auf weniger als drei Monate begrenzt. Denn das am 22. Juni 2007 geschlossene Arbeitsverhältnis zwischen der a GmbH und dem Beigeladenen war gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG auf die Zeit vom 22. Juni bis 9. Juli 2007 befristet. Ob die Vermittlung in Zeitarbeit dem Sinn und Zweck des § 421g SGB III gerecht wird, bedarf insoweit keiner Entscheidung. Auch ist nicht entscheidungserheblich, ob überhaupt eine Vermittlung im Sinne des § 421g Abs. 1 Nr. 4 SGB III vorgelegen haben kann, wenn der Beigeladene bereits am 20. Juni 2007, d.h. einen Tag vor der erstmaligen Kontaktaufnahme mit dem Kläger, mit der a GmbH Kontakt aufgenommen haben sollte.
Erst nachträglich und ohne Zutun des Klägers erfolgte die Umwandlung des befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes mit Wirkung ab 11. August 2007. Dies führt jedoch nicht zum Entfallen des Leistungsausschlusses nach § 421g Abs. 3 Nr 3 SGB III. Denn die Gesetzesformulierung „von vornherein“ ist so zu verstehen, dass es auf die Verhältnisse bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 22. Juni 2007 ankommt. Entscheidend für den Eintritt des Vermittlungserfolges und damit für das Entstehen des Anspruchs aus dem Vermittlungsgutschein ist der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011, B 11 AL 11/10 R, Rn. 21, juris). Weder wirkt die spätere Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses anspruchsbegründend noch schließt eine vorzeitige Beendigung den Anspruch aus, wenn ein Beschäftigungsverhältnis von mindestens dreimonatiger Dauer vereinbart wurde (vgl. Brandts in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 421g Rn. 28, unter Bezugnahme auf Rademacker in Hauck/Noftz, § 421g Rn. 26).
Selbst wenn nicht auf den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen wäre und eine Kausalität zwischen den Vermittlungsbemühungen des Klägers und der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab 11. August 2007 unterstellt wird, bestünde gleichwohl kein Anspruch auf die erste Rate der Vermittlungsvergütung, weil zu diesem Zeitpunkt (11. August 2007) kein zivilrechtlicher Vergütungsanspruch des Klägers gegen den Beigeladenen mehr vorlag. Zum Zeitpunkt der Begründung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses ab 11. August 2007 war der zivilrechtliche Vermittlungsvertrag zwischen Kläger und Beigeladenem nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des Vermittlungsvertrages vom 21. Juni 2007 beendet. Denn die Vermittlung war erfolgreich und der Beigeladene hatte einen Arbeitsvertrag unterzeichnet. Demgemäß kann eine Verpflichtung des Beklagten aus dem Vermittlungsgutschein nicht mehr bestehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dem Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind aus Billigkeitsgründen nicht zu erstatten (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.