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Normenkontrollantrag; Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; offensichtliche Unzulässigkeit; Vertretungszwang; Postulationsfähigkeit; Antragsbefugnis; Antragsfrist


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 24.02.2011
Aktenzeichen OVG 2 A 1.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 2 S 1 VwGO, § 47 Abs 2a VwGO, § 47 Abs 5 S 1 VwGO, § 67 Abs 2 S 1 VwGO, § 67 Abs 4 S 1 VwGO, § 67 Abs 4 S 3 VwGO, Art 6 Abs 1 S 1 EMR

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks B. im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin. Mit ihrer am 28. Januar 2011 eingegangenen Antragsschrift macht sie geltend, durch den Schulbetrieb auf dem Nachbargrundstück M./... unzumutbaren Lärmeinwirkungen ausgesetzt zu sein. Der der im September 2008 erfolgten Nutzungsänderung in eine Ganztagsschule mit Hort und „Freizeitpark“ zugrunde liegende Bebauungsplan IX-17 für das Gelände zwischen Ballenstedter Straße, Brandenburgischer Straße, Sauerländer Straße, Westfälische Straße und Eisenzahnstraße im Bezirk Wilmersdorf vom 26. September 1958 (GVBl. 1961, 1620) sei wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Planklarheit und wegen Verletzung des Grundsatzes der Problembewältigung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB nichtig.

Die Antragstellerin beantragt,

nach § 47 Abs. 1 VwGO über die Gültigkeit der Gesetze, der Satzungen und der Rechtsverordnungen zu beschließen, die bei der Herrichtung der K.-Grundschule in Charlottenburg-Wilmersdorf, M./..., von einer Vormittagsschule in eine Ganztagsschule mit nachträglich integriertem Hort und zu einem Freizeitpark für eine Ganztagsschule hergerichteten Pausenhof zu berücksichtigen gewesen wären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält den Normenkontrollantrag aus mehreren Gründen für unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss, da es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Entscheidungsform des Beschlusses soll es dem Normenkontrollgericht ermöglichen, in dafür geeigneten Fällen in vereinfachter und beschleunigter Weise über die Gültigkeit der Rechtsvorschrift zu befinden. Darüber, ob eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist, entscheidet das Oberverwaltungsgericht - mit den sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK - BGBl. 1952 II S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2010, BGBl. II S. 1198) ergebenden Einschränkungen - nach richterlichem Ermessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 - 7 NB 3.88 -, BVerwGE 81, 139, 142 f.; Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 9.98 -, BVerwGE 110, 203, 205 ff.; Beschluss vom 30. Juli 2001 - 4 BN 41.01 -, NVwZ 2002, 87 f.). Das vereinfachte Verfahren kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ein Normenkontrollantrag offensichtlich unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999, a.a.O.; Beschluss vom 26. Februar 2008 – 4 BN 51.07 -, NVwZ 2008, 696). Um einen solchen Fall handelt es sich hier.

Der Normenkontrollantrag ist offensichtlich unzulässig, weil die Antragstellerin nicht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten ist, wie es nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlich ist und worauf die Antragstellerin bereits mit der Eingangsverfügung vom 1. Februar 2011 hingewiesen worden ist. Die im Schreiben vom 10. Februar 2011 vertretene Auffassung der Antragstellerin, aus § 47 Abs. 2 und 2a VwGO ergebe sich, dass ein Vertretungszwang gemäß § 67 VwGO nicht bestehe, ist unzutreffend. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach den Antrag u.a. jede natürliche oder juristische Person stellen kann, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, regelt lediglich die Antragsbefugnis, d.h. das Recht, den prozessualen Anspruch auf Überprüfung der Gültigkeit einer Rechtsvorschrift in eigenem Namen geltend zu machen. Hiervon ist die in § 67 Abs. 4 VwGO geregelte Postulationsfähigkeit zu unterscheiden, d.h. die Fähigkeit, vor dem Oberverwaltungsgericht wirksame Prozesshandlungen vorzunehmen. Der Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO besteht grundsätzlich - mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen - in allen Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht. Aus der von der Antragstellerin erwähnten Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO, die lediglich weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen regelt, ergibt sich nichts anderes.

Der Normenkontrollantrag ist darüber hinaus auch deshalb offensichtlich unzulässig, weil die Antragstellerin die in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geregelte Antragsfrist versäumt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 1 und 7 GKG. Hierbei ist von Ziffer 9.8.1 des vom Senat - im Interesse der Vorhersehbarkeit der Kostenfolgen und damit der Rechtssicherheit sowie der Gleichbehandlung - regelmäßig herangezogenen Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (veröffentlicht in DVBl. 2004, 1525) auszugehen, der für die Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan einen Streitwert von 7.500,- € bis 60.000,- € vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens orientiert sich der festgesetzte Betrag an der Praxis des Senats in vergleichbaren Normenkontrollverfahren, in denen sich Plannachbarn zur Abwehr von Lärmimmissionen gegen die Festsetzungen eines Bebauungsplans wenden (vgl. etwa Urteil des Senats vom 10. Dezember 2008 – OVG 2 A 7.08 -).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).