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Säumniszuschläge; Festsetzung; Abrechnungsbescheid; keine Akzessorietät; Verfassungsmäßigkeit; Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung; Daseinsvorsorge; Druckmittel; Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile; Zumutbarkeit; Verfahrensfehler; gesetzlicher Richter; Änderung des Geschäftsverteilungsplans; Übertragung auf Einzelrichter; rechtliches Gehör; rasche Folge von Hauptsachenentscheidung auf nicht rechtskräftige Eilentscheidung; grundsätzliche Bedeutung; Entscheidungserheblichkeit; besondere rechtliche Schwierigkeiten


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 14.03.2011
Aktenzeichen OVG 9 N 71.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 218 AO, § 240 Abs 1 S 4 AO, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 27. Juli 2010 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 3.332,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beklagte hatte zunächst mit Bescheid vom 11. Mai 2005 einen Abwasserbeitrag in Höhe von 6.844,32 Euro von der Klägerin für ihr Grundstück A… gefordert. Nach jeweils erfolglosem Widerspruchsverfahren und Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes hob der Beklagte den angefochtenen Beitragsbescheid im Klageverfahren am 7. Juli 2009 auf, nachdem das Verwaltungsgericht die Ansicht vertreten hatte, dass der Beitragsbescheid nicht auf einer wirksamen Satzung beruhe.

Mit Bescheid vom 12. August 2009 forderte der Beklagte einen Säumniszuschlag in Höhe von 3.332,00 € von der Klägerin für die Zeit der Fälligkeit des aufgehobenen Beitragsbescheides vom 14. Juni 2005 bis 7. Juli 2009 (49 Monate). Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 12. August 2009 hat die Klägerin am 22. September 2009 beim Verwaltungsgericht Cottbus Klage erhoben, die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts für 2009 der 6. Kammer zugewiesen worden war (VG 6 K 832/09). Am 17. November 2009 hat sie dort auch einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (VG 6 L 340/09). Infolge einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans für 2010 sind mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 u.a. alle Verfahren aus dem Geschäftsbereich der 6. Kammer, die abgabenrechtliche Nebenforderungen betrafen, der 7. Kammer zugewiesen worden, mit ihnen auch die vorgenannten Verfahren der Klägerin. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 6. Juli 2010 abgelehnt und die Klage mit Urteil vom 27. Juli 2010 abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 3. August 2010 zugestellt worden. Sie hat am 31. August 2010 die Zulassung der Berufung beantragt und zugleich sowie mit Schriftsatz vom 8. November 2010 ihren Antrag begründet.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

a) Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich nicht, dass die Berufung wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen wäre.

Das Verwaltungsgericht hat nicht gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen, indem die 7. Kammer und nicht die bei Klageerhebung zuständige 6. Kammer entschieden hat. Denn die 7. Kammer war infolge der Änderung des Geschäftsverteilungsplans des Verwaltungsgerichts mit Wirkung ab dem 1. Juli 2010 für auch das klägerische Verfahren in nicht zu beanstandender Weise zuständig geworden. Das aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgende Gebot, die zur Entscheidung berufenen Richter so eindeutig und genau wie möglich durch eine generell-abstrakte Regelung (Geschäftsverteilungsplan) für ein Geschäftsjahr im Voraus zu bestimmen, schließt Änderungen während des laufenden Geschäftsjahres nicht aus. Die Rechtsprechungstätigkeit der Gerichte und ihrer Spruchkörper oder Abteilungen wird immer wieder auch mit nicht vorhersehbaren Ereignissen und Entwicklungen wie Überlastung, unzureichender oder ungleicher Auslastung, Ausscheiden oder langfristiger Verhinderung einzelner Richter konfrontiert. Solche Umstände erfordern, jedenfalls aber erlauben sie ein Eingreifen des Spruchkörpers oder des Präsidiums, um die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 -, Juris Rn. 17 m.w.N.; demgemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG). Dabei steht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG einer Änderung der Zuständigkeit auch für bereits anhängige Verfahren nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, zum Beispiel mehrere anhängige Verfahren und eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht (vgl. BVerfG, ebd., Rn. 19 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 CB 4.86 -, Juris Rn. 13 m.w.N. zum sogenannten „Abstraktionsprinzip“). Diesen Anforderungen genügte die Änderung des Geschäftsverteilungsplans. Der betreffende Beschluss des Präsidiums vom 25. Juni 2010 weist neben einer Gruppe von Verfahren aus dem Erschließungsbeitrags- und dem Straßenbaubeitragsrecht generell und zukunftsoffen den Übergang des Sachgebiets „Zweitwohnungssteuer“ wie auch aller Verfahren, die abgabenrechtliche Nebenforderungen betreffen, von der 6. auf die 7. Kammer aus. Bereits dieser Beschluss brachte im Einleitungssatz hinreichend zum Ausdruck, dass dies zum Ausgleich von Belastungsunterschieden zwischen den Kammern erfolgte. Anders als möglicherweise in Fällen, in denen ausschließlich (wenige) anhängige Verfahren umverteilt werden, bestand kein Anlass, die Gründe für die Umverteilung ausführlicher zu dokumentieren und den Beteiligten mitzuteilen, um dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegen zu wirken; Willkür bzw. ein Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip liegt bei einer zukunftsoffenen Übertragung nicht nur einzelner Verfahren offensichtlich fern. Ebenso wenig steht hier in Frage, dass die erhebliche Umverteilung geeignet war, die Effizienz des Geschäftsablaufs namentlich der 6. und 7. Kammer des Verwaltungsgerichts zu erhalten oder wiederherzustellen. Substantiierte Zweifel an dieser - durch Beschluss des Präsidiums des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 6. August 2010 zudem konkreter dargelegten - Sach- und Entscheidungslage (Umverteilung von ca. 70 anhängigen Verfahren zuzüglich der Neueingänge in den Rechtsgebieten „Zweitwohnungssteuer“ und „abgabenrechtliche Nebenforderungen“) hat auch die Klägerin nicht geltend gemacht, die Situation vielmehr durch eigene Erfahrungen langer Verfahrenslaufzeiten in der 6. Kammer aus der Zeit vor deren Entlastung bestätigt. Soweit sie geltend macht, das Präsidium sei schon seit geraumer Zeit vor dem Beschluss vom 25. Juni 2010 verpflichtet gewesen, die 6. Kammer zu entlasten, zeigt dies keinen Verfahrensfehler auf, der darin läge, dass die Entlastung nunmehr erfolgt ist, nachdem sich durch eine so nicht vorhersehbar günstige Bestandsentwicklung in der 7. Kammer die Möglichkeit hierfür ergeben hatte. Eine Verpflichtung, die Entlastung nur in einer solchen Weise auszugestalten, dass keine anhängigen Verfahren übertragen werden, besteht insoweit nicht, zumal es vertretbar ist, bei der Beantwortung der Frage, ob ein Spruchkörper durch „Abgabe“ von Alt- oder Neuverfahren entlastet werden soll, auch darauf abzustellen, was weniger Einarbeitungsaufwand für den „aufnehmenden“ Spruchkörper mit sich bringt und ob fachliche Doppelzuständigkeiten geschaffen werden.

Ein Verstoß gegen das Prinzip des gesetzlichen Richters liegt auch nicht darin, dass die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hat. Eine Einzelrichterübertragung stellt nur dann einen Verstoß gegen das Prinzip des gesetzlichen Richters dar, wenn sie willkürlich erfolgt ist. Dafür spricht hier nichts. Die Bejahung der Übertragungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO stellt sich vielmehr als vertretbar, jedenfalls aber nicht als eine offensichtlich unhaltbare Fehleinschätzung dar. Denn nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts in der Sache drängte sich keine besondere Schwierigkeit rechtlicher Art und keine grundsätzliche Bedeutung in der Weise auf, dass nur eine Entscheidung durch die Kammer zulässig gewesen wäre. Insbesondere ergibt sich nichts anderes daraus, dass Beteiligte viel vortragen; dass die einzelnen Aspekte des Falles - soweit sie überhaupt entscheidungserheblich waren - bzw. ihre Gesamtheit die Befassung der Kammer von Verfassungs wegen zwingend erforderten, ist nach dem Inhalt des Vorbringens nicht ersichtlich. Insbesondere waren die angesprochenen Rechtsfragen zum einen bereits (weitgehend) obergerichtlich entschieden, zum anderen ohne besondere Schwierigkeiten zu entscheiden; eine grundsätzliche Bedeutung des Entscheidungserheblichen belegte die Klagebegründung nicht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klägerin auch nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserhebliches Vorbringen der Klägerin übergangen worden wäre. Das Verwaltungsgericht hat als möglicherweise entscheidungserheblich erst ein rechtsmissbräuchliches Verhalten angesehen, das darin besteht, dass „die Behörde bereits den der Hauptforderung zugrundeliegenden Abgabenbescheid in positiver Kenntnis seiner Rechtswidrigkeit erlässt, um sich sodann wenigstens Einnahmen über abgabenrechtliche Nebenleistungen zu verschaffen“. Gemessen daran zeigt der Berufungszulassungsantrag nicht auf, dass die Klage „Anhaltspunkte“ für ein derart rechtmissbräuchliches Verhalten enthielt, die das Verwaltungsgericht übergangen hat. Soweit die Antragsbegründung auf ein anderes Verfahren der Klägerin verweist, in dem eine „Erklärung des Hauptverwaltungsbeamten des Beklagten (in der Lausitzer Rundschau)“ wiedergegeben worden sei, die den Eindruck des Rechtsmissbrauchs vermittele, genügt sie bereits nicht ihrer Darlegungsobliegenheit, wonach - wenn dies nicht ohne weiteres erkennbar ist - exakt anzugeben ist, welche Schriftsätze, Protokolle oder sonstigen Unterlagen den als übergangen gerügten Vortrag enthalten (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 124a Rn. 218 m.w.N.). Unabhängig davon findet sich weder im Vorbringen zum Zulassungsantrag noch in der Verfahrensakte des dabei erwähnten Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes die behauptete Erklärung; die knappe Schilderung lediglich eines durch die Klägerin gewonnenen Eindrucks ohne die Grundlage hierfür konkret darzulegen, ist kein Anhaltspunkt für eine rechtliche Würdigung im Sinne der Klägerin. Überdies ist selbst der klägerischen Interpretation nichts dafür zu entnehmen, dass der Beklagte den Beitragsbescheid vom 11. Mai 2005 - worauf es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts möglicherweise hätte ankommen können - trotz positiver Kenntnis seiner Rechtswidrigkeit erlassen hat, zumal sich die Rechtmäßigkeit dieses Abgabenbescheides auch im seinerzeitigen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes (6 L 315/05; OVG 9 S 50.06) nicht als ernstlich zweifelhaft dargestellt hat.

Insoweit ist auch für eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung nichts dargetan.

Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht darin, dass die hier verfahrensgegenständliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Hauptsacheverfahren (Urteil vom 27. Juli 2010) kurze Zeit nach der Entscheidung im betreffenden Verfahren vorläufigen Rechtschutzes (VG 6 L 340/09 - Beschluss vom 6. Juli 2010) erging. Es besteht entgegen der Ansicht der Klägerin kein Anspruch darauf, das Ergebnis des Eilverfahrens im Hauptsacheverfahren kritisch bewerten zu können. Denn beide Verfahren weisen unterschiedliche rechtliche Ausgestaltungen und Zielsetzungen auf, so dass der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgenommenen Bewertung der Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren keine Bindungswirkung zukommt (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Januar 2008 - 9 N 15.08 -, S. 5 des EA). Überdies hatte die Klägerin nach Zugang des Eilbeschlusses (9. Juli 2010) mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010 ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt; ein erkennbarer Vorbehalt oder die Bitte an das Gericht, wegen eines beabsichtigten weiteren Schriftsatzes für eine bestimmte Zeit noch nicht zu entscheiden, war damit nicht verbunden. Die Klägerin hat es danach selbst zu verantworten und musste sich darauf einstellen, dass das Verwaltungsgericht das Urteil in der Hauptsache jederzeit fällen konnte.

b) Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen wäre. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt u.a. voraus, dass sie eine Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Allgemeininteresse der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Das ist hier nicht der Fall.

aa) Die Klägerin meint, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil sich zunächst die Frage stelle, ob der Verwaltungsbehörde gestattet sei, „Säumniszuschläge festzusetzen, nachdem der rechtswidrige Abgabenbescheid bereits durch das Gericht oder die Verwaltung aufgehoben worden ist“. Dies greift nicht.

Die Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich, soweit die Klägerin eine „Festsetzung“ im Rechtssinne meint, also einen Verwaltungsakt, ohne dessen Vorliegen der entsprechende Anspruch nicht geltend gemacht werden kann (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Stand: Dezember 2010, § 218 Rn. 4; Klein, AO, 10. Aufl., § 218 Rn. 5). Denn gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG bedarf es für die Verwirklichung von Säumniszuschlägen keiner Festsetzung, sondern insoweit genügt allein die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes des § 240 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG. Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes - sind damit verwirkt (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 240 Rn. 17) - und können ohne weiteres erhoben werden, unbeschadet dessen, dass vor einer etwaigen Vollstreckung gegebenenfalls ein Leistungsgebot (§ 254 Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe a KAG) erforderlich werden kann.

Aber auch wenn die Klägerin dahingehend zu verstehen ist, dass sie die Frage stellt, ob die Verwaltungsbehörde einen - wie hier - zur Streitklärung dienenden Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG) bzw. ein Leistungsgebot erlassen darf, „nachdem der rechtswidrige Abgabenbescheid bereits durch das Gericht oder die Verwaltung aufgehoben worden ist“, legt sie keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Die Frage in dieser Gestalt kann ohne weiteres beantwortet werden, ohne dass es eines Berufungsverfahrens bedarf. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 240 Abs. 1 Satz 4 1. Halbsatz AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG), dass die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt bleiben, wenn die Festsetzung des Beitrags aufgehoben, geändert oder berichtigt wird. Daraus folgt, dass - anders als bei manchen anderen steuerlichen Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KAG; vgl. aber auch teilweise entsprechend § 234 Abs. 1 Satz 2 AO, § 235 Abs. 3 Satz 3, § 236 Abs. 5 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG) - keine unmittelbare Abhängigkeit zwischen Abgabe und Säumniszuschlägen besteht, die bei Erfolg im Hauptsacheverfahren gegen den Abgabenbescheid immer zugleich die verwirkten Säumniszuschläge entfallen ließe. Vielmehr bleiben die entstandenen Säumniszuschläge unberührt und können daher grundsätzlich erhoben werden.

bb) Auch die weitere von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob „§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO mit der Verfassung, d.h. mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns und dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu vereinbaren“ ist, „wenn der Verwaltung durch die gesetzliche Regelung gestattet wird, ´Säumniszuschläge´ zu erheben, obwohl (unanfechtbar) feststeht, dass die Forderung, für die sie erhoben werden, keine gesetzliche Grundlage hat und deshalb aufgehoben worden ist“, kann ohne weiteres beantwortet werden, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. § 240 Abs. 1 Satz 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG ist verfassungsgemäß. Denn der Umstand, dass verwirkte Säumniszuschläge unberührt bleiben, rechtfertigt sich aus ihrer Zweckdienlichkeit für das hohe verfassungsrechtliche Schutzgut der Funktionsfähigkeit des Staates bzw. der öffentlichen Verwaltung im Interesse des allgemeinen Wohls. Die öffentliche Verwaltung ist im Sinne aller - wie hier auf dem Gebiet der öffentlichen Daseinsvorsorge - darauf angewiesen, dass der jeweilige Finanzhaushalt planbar und jederzeit sicher realisierbar ist. Kurzfristig eintretende Abgabenausfälle in nicht vorhersehbarem Ausmaß sollen möglichst vermieden werden, weil diese die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gefährden würden. Demgemäß bestimmt § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegenüber der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten keine aufschiebende Wirkung haben; die Zahlung der festgesetzten Abgabe soll sogleich erfolgen, um den Bedarf für die Aufgabenerfüllung nach dem aktuellen Haushaltsplan decken zu können, die Zahlung soll nicht durch einen gegebenenfalls längeren Rechtsstreit auf einen ungewissen Zeitpunkt verschoben werden. Angesichts der dem finanziellen Interesse des Einzelnen gegenüberstehenden grundlegenden Interessen der Allgemeinheit (insbesondere der Daseinsvorsorge) ist es gerechtfertigt, letztere sofort durchsetzen zu können (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 S 18.04 -, Juris Rn. 5 m.w.N.). Dafür, dass die sofortige Vollziehung in der dem Gewicht der betroffenen Allgemeininteressen entsprechenden Weise auch mit nötigem Nachdruck realisiert werden kann, stellt § 240 Abs. 1 Satz 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG eine nicht zu beanstandende Maßnahme des Gesetzgebers dar. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Gefährdung der finanziellen Arbeitsgrundlagen des Staates bzw. der öffentlichen Verwaltung sich unmittelbar dadurch realisieren würde, dass die kalkulierten Einnahmen in erheblichem Umfang ausbleiben. Es kommt zwar vor, dass Umstände vorliegen, nach denen sich die Kalkulation bzw. Veranlagung als letztlich nicht rechtmäßig erweisen. Insoweit bestehen Rechtsschutzmöglichkeiten der Veranlagten gegen ihre Heranziehung; dies erfordert aber keine sofortige Durchsetzung der Individualinteressen unter Inkaufnahme der Funktionsgefährdung des Gemeinwesens bzw. einzelner wichtiger Funktionsbereiche. Vielmehr ist in dem Zeitpunkt der Abgabenerhebung, des aktuellen planmäßigen Finanzbedarfs, in dem die Reaktionsmöglichkeiten der Verwaltung begrenzt sind, ein erheblicher Vorrang der Durchsetzung der Allgemeininteressen vor dem finanziellen Individualinteresse begründet. Diesen Vorrang kann der Gesetzgeber durch ein Druckmittel derart realisieren, dass allein dafür, dass die geforderte Abgabe nicht gezahlt und damit hohe Schutzgüter der Allgemeinheit zumindest abstrakt gefährdet wurden, Säumniszuschläge verwirkt werden und bleiben (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG). Neben dieser Funktion als „Druckmittel eigener Art“ werden die Säumniszuschläge zudem von dem weiteren Rechtfertigungsgrund getragen, die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der öffentlichen Hand etwa in Gestalt zusätzlicher Kreditbeträge bei der kurzfristig nötig werdenden Reaktion auf Zahlungsverzögerungen entstehen (vgl. Beschluss des Senats vom 25. September 2005 - 9 S 10.05 -, Juris Rn. 8 m.w.N.).

Eine auch mit den verbleibenden prozessualen Risiken verfassungsrechtlich zumutbare Rechtslage ist insoweit durch hinreichende Rechtsschutzmöglichkeiten sichergestellt. Dies gilt namentlich für Fälle, in denen sich in einem den Abgabenbescheid betreffenden Hauptsacheverfahren später endgültig dessen Rechtswidrigkeit herausstellt. Denn der Abgabenpflichtige hat zur Vermeidung von Säumniszuschlägen die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutz gegen den Ausgangsbescheid zu erlangen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 1986 - 2 BvR 1336/85 -, DStZ/E 1986, 101; BFH, Urteil vom 26. Januar 1988 - VIII R 151/84 -, Juris Rn. 25; BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 1995 - 8 B 50.95 -, Juris Rn. 4 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 9. Dezember 2010 - 9 N 10.10 -, S. 4 des EA).

Insoweit kann in einem gegen den Abgabenbescheid gerichteten erfolgreichen Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes mit einer grundsätzlich rückwirkenden Aussetzung (vgl. Beschlüsse des Senats vom 14. September 2007 - 9 S 36.07 -, S. 4 des EA m.w.N. und vom 20. November 2007 - 9 S 34.07 -, S. 6 EA) bewirkt werden, dass keine Säumnis vorlag und Säumniszuschläge nicht entstehen konnten bzw. dass sie rückwirkend entfallen (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 14. März 1989 - 9 A 57/88 -, Juris Rn. 22 ff., 27; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Mai 2007 - 4 L 522/04 -, Juris Rn. 19 ff. m.w.N.; Sodan/Ziekow, VwGO,  2. Aufl., § 80 Rn. 170 m.w.N.) Zahlt der Veranlagte nicht und betreibt auch kein Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes, hat er es selbst zu verantworten, wenn er letztlich Säumniszuschläge entrichten muss.

Auch in den Fällen eines erfolglosen bzw. nicht beschiedenen Eilverfahrens gegen den Abgabenbescheid mit späterem Erfolg in der Hauptsache sind die Rechte des zu Säumniszuschlägen Herangezogenen hinreichend gewahrt. Zwar verbleibt wegen der geringeren Prüfungstiefe in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber dem Hauptsacheverfahren typischerweise ein Prozessrisiko, im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes zu verlieren und daraus rechtliche Konsequenzen - hier Säumniszuschläge - auch dann tragen zu müssen, wenn die Klage später Erfolg hat; dies ist in der Rechtsordnung nichts Ungewöhnliches und gilt insbesondere für die betreffenden Gerichts- und gegebenenfalls Anwaltskosten (vgl. Beschluss des Senats vom 14. März 2011 - 9 S 95.10 -, S. 5 f. EA). Dieses Prozessrisiko ist angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten aber hinzunehmen. Für Eilantragsteller, für die die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 VwGO), die insbesondere in ihrer Existenz gefährdet wären und insoweit nicht zahlen können, greift der Schutz des vorgenannten Prüfungsmaßstabes auch unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Sache. Danach trifft das genannte Prozessrisiko nur diejenigen Antragsteller, die die geforderte Abgabe - zumindest vorerst - nicht zahlen wollen, obwohl sie dies können; das Risiko ist für sie zumutbar. Sie haben die Wahl zwischen dem Risiko, infolge Nichtzahlung schließlich noch Säumniszuschläge entrichten zu müssen, und einer Nachteilsminimierung durch Zahlung der Abgabe. Die zahlungsfähigen Abgabepflichtigen haben die von ihnen zu treffende Einschätzung selbst zu verantworten, ob überwiegende Erfolgsaussichten für sie schon bei der überschlägigen Prüfung im Eilverfahren bestehen würden oder ob es sicherer erscheint, die geforderte Abgabe zunächst zu entrichten und für den Fall eines Obsiegens im Klageverfahren den gezahlten Betrag zuzüglich Prozesszinsen (§ 236 Abs. 1 und 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG) zurückzuerhalten. Wenn sie sich für die Risikovariante entscheiden, ist es auch zumutbar, deren mögliche Konsequenzen zu tragen (vgl. Beschluss des Senats vom 14. März 2011 - 9 S 95.10 -, S. 5 f. EA).

Dass die Klägerin demgegenüber eine andere Rechtsauffassung vertritt und meint, eine - in ihrem Sinne - befriedigende Klärung liege nicht vor, etwa weil Gerichte anderer Bundesländer für ihr entsprechendes Landesrecht keine die Klägerin überzeugende Lösung gefunden hätten, verleiht der vorliegenden Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.

cc) Schließlich legt die Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich der Frage dar, ob sich die Erhebung von Säumniszuschlägen verbietet, „wenn die Vollziehbarkeit des Abgabenbescheides durch Entscheidung der Behörde oder des Gerichtes zwar nicht ausgesetzt worden ist, aber bei fehlerfreier Bewertung der Aussetzungsvoraussetzungen hätte ausgesetzt werden müssen“.

Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich. Denn die Klägerin hat in der Begründung des Berufungszulassungsverfahrens nicht dargelegt, dass und aus welchen Gründen dem Aussetzungsantrag betreffend den Beitragsbescheid hätte stattgegeben werden müssen. Überdies steht hier fest, dass dem Aussetzungsantrag betreffend den Bescheid vom 11. Mai 2005 nicht stattzugeben war. Insoweit wird auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 15. Dezember 2006 (OVG 9 S 50.06) verwiesen. Sofern die Klägerin meint, der Erfolg im Hauptsacheverfahren zeige, dass im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes eine Fehlentscheidung getroffen worden sei und ihrem Aussetzungsantrag habe stattgegeben werden müssen, verkennt sie die wesensverschiedenen Prüfungsmaßstäbe dieser beiden Verfahrensarten (vgl. Beschluss des Senats vom 14. März 2011 - 9 S 95.10 -, S. 4 ff. EA). Die Verfahren weisen unterschiedliche rechtliche Ausgestaltungen und Zielsetzungen auf, so dass der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgenommenen Bewertung der Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren keine Bindungswirkung zukommt (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Januar 2008 - 9 N 15.08 -, S. 5 des EA), und auch umgekehrt keine - gegebenenfalls rechtskraftdurchbrechende Wirkung - geboten ist.

Unabhängig von der mangelnden Entscheidungserheblichkeit kann zudem auch diese von der Klägerin aufgeworfene Frage beantwortet werden, ohne dass es eines Berufungsverfahrens bedarf. Die Erhebung von Säumniszuschlägen „verbietet“ sich nicht automatisch. Vielmehr ist es einem zu Abgaben Herangezogenen zuzumuten, die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten des (vorläufigen) Rechtsschutzes für den Einzelfall zu überlegen; er hat selbst zu verantworten, wenn er das ihm angemessen erscheinende geringere oder höhere Risiko im Hinblick auf die Vermeidung von Säumniszuschlägen eingeht. Insoweit wird auf die oben stehenden Ausführungen verwiesen.

c) Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich auch nicht, dass die Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen wäre (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Soweit die Klägerin auf eine „Häufung“ von schwierigen Rechtsfragen Bezug nimmt, die überwiegend grundsätzliche Bedeutung hätten, trägt dies nicht. Die Fragen können - wie ausgeführt - ohne weiteres beantwortet werden. Auf eine Prognoseentscheidung bzw. eine inzidente Prüfung des Abgabenbescheides und eines gegen diesen gerichteten Aussetzungsverfahrens kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an. Vielmehr bestehen - wie ausgeführt - hinreichende jeweilige Rechtsschutzmöglichkeiten. Auch macht der Umstand, dass für die Frage der Änderung eines gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans Verfassungsrecht zu beachten ist, die Rechtssache nicht besonders schwierig; verfassungsrechtliche Maßstäbe sind vielmehr stets zu beachten.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).