Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 18. Senat | Entscheidungsdatum | 13.06.2012 | |
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Aktenzeichen | L 18 AL 176/12 B | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 GVG, § 17a GVG, § 51 Abs 1 SGG, § 2 Abs 1 Nr 3 c ArbGG, § 15 Abs 2 S 2 AGG |
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Verweisung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe sich mit Schreiben vom 31. Mai 2011 auf ein von der Beschwerdeführerin auf einer Internetseite veröffentlichtes Stellenangebot beworben. Den Umschlag mit dem Anschreiben sowie den Bewerbungsunterlagen habe er am 1. Juni 2011 und damit innerhalb der in der Ausschreibung genannten Bewerbungsfrist vom 19. Mai 2011 bis 3. Juni 2011 in den Hausbriefkasten des Jobcenters Charlottenburg-Wilmersdorf eingeworfen.
Zwei Wochen später habe er dann das Anschreiben des" Dienstleistungszentrums für Personalgewinnung und Organisationsangelegenheiten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest in Aurich" vom 14. Juni 2011 erhalten, mit dem ihm mitgeteilt worden sei, dass seine Bewerbung zwar eingegangen sei, aber als verspätet zurückgewiesen werde.
Er habe sich daraufhin an die Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin gewandt und um Veranlassung gebeten, dass seine rechtzeitig bei der Beschwerdegegnerin eingegangene Bewerbung noch Berücksichtigung fände. Mit Schreiben vom 26. August 2011 hat die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er die Bewerbungsunterlagen zwar am 1. Juni 2011 in den Briefkasten des Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf eingeworfen habe, aber durch den gesetzlichen Feiertag am 2. Juni 2011 seien die Unterlagen erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist bei der Agentur für Arbeit Steglitz-Zehlendorf angekommen.
Der Beschwerdeführer hat am 15. Oktober 2011 bei dem Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, er begehre eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und die Rückgabe seiner Bewerbungsunterlagen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das (SG) den Rechtsweg für das als Verfahren über eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG und die Herausgabe seiner Bewerbungsunterlagen angegebene Begehren zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Berlin verwiesen. Gegen den am 28. April 2012 zugestellten Beschluss vom 23. April 2012 hat der Kläger mit Schreiben vom 12. Mai 2012 am 16. Mai 2012 Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht arbeitsrechtlicher, sondern sozialrechtlicher Natur seien. Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde gegen den Verweisungsbeschluss des SG vom 23. April 2012 ist statthaft (§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 17 a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) aber nicht begründet.
Zu Recht hat das SG den Rechtsweg zu dem Sozialgericht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Berlin verwiesen.
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur ist, richtet sich, abgesehen von den Fällen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung durch den Gesetzgeber, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Bundessozialgericht - BSG SozR 4-1720 § 17 a Nr. 3 Rn. 9 m.w.N.).
Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG (Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten) als auch von § 51 Abs. 1 SGG auf Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit.
Die Abgrenzung ist dabei von der Sache her zu treffen; Ausgangspunkt für die Prüfung muss die Frage sein, welcher Art das Klagebegehren nach dem zu Grunde liegenden Sachverhalt ist.
Von einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ist dabei insbesondere dann auszugehen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines von ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts handelt (Urteil des BSG vom 27. April 2010 - B 8 SO 2/10 R- m.w.N.).
Gegenstand des Begehrens des Klägers ist eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung von Bewerbungsunterlagen an einen öffentlichen Arbeitgeber. Der Kläger wendet sich zwar gegen Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin. Entscheidend ist aber, ob es sich um einen Rechtsstreit handelt, bei dem die Möglichkeit besteht, dass die begehrte Rechtsfolge ihre Grundlage im Arbeitsförderungsgesetz (SGB III) hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar 9. Auflage, § 51 Rn. 29).
Die auf diese Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis derjenigen Verfahrensordnung zu, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BSG im Urteil vom 27. April 2010 m.w.N.).
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist vorliegend nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 c Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) eröffnet. Dies ergibt sich in Anwendung der Grundsätze für sog. sic-non-Fälle. Ein solcher liegt vor, wenn der erhobene Anspruch nur auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, die zweifelsfrei in die Rechtswegkompetenz des angerufenen Gerichts fällt (vgl. etwa BAG Beschluss vom 17. Februar 2003 - 5 AZB 37/02-, EzA § 17a GVG Nr. 16). Für Klagen auf Entschädigung nach § 15 AGG bestimmt § 61b Abs. 1 ArbGG, dass die Klage innerhalb einer Frist von 3 Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden muss. Da dies im ArbGG geregelt ist, ist abzuleiten, dass die Arbeitsgerichte für Klagen auf Entschädigung nach § 15 AGG zuständig sind.
Die Beteiligten sind am 3. April 2012 gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG angehört worden. Der Verweisung steht nicht gegen, dass der Kläger mit ihr nicht einverstanden ist. Wenn das Gericht den beschrittenen Rechtsweg als unzulässig ansieht, ist es gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verpflichtet, den Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Die Verweisung ist auch gegen den Willen der Beteiligten auszusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Eine Kostenentscheidung war auszusprechen, denn die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht Teil der Kosten, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG gilt im Fall der Verweisung nur für die Kosten im "Verfahren vor dem angegangenen Gericht", das heißt dem Gericht erster Instanz. Demgemäß hat das Beschwerdegericht auch über die Kosten eines etwaigen Beschwerdeverfahrens nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG selbst eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 17. Juni 1993, V ZB 31/92; Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 1. April 2009, B 14 SF 1/08 R, zitiert nach Juris).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar. Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde an das Bundessozialgericht liegen nicht vor (§ 17a Abs. 4 GVG).