Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 26.11.2014 | |
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Aktenzeichen | 11 U 98/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Juni 2013 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az. 6 O 306/12, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil des Senats und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines durch vorangegangene Kündigung beendeten Lebensversicherungsvertrags.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten im Jahr 1999 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung zur Vertragsnummer B…. Der Vertragsschluss erfolgte nach dem sogenannten Policenmodell, wonach der Versicherungsnehmer die Vertragsunterlagen –Policenbegleitschreiben, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformation - nicht bei Antragstellung, sondern erst bei Übersendung des Versicherungsscheins erhält. Den Vertragsunterlagen lag eine Widerrufsbelehrung bei, deren Gestaltung und Inhalt zwischen den Parteien streitig ist. Ferner ist streitig, ob die Klägerin die Versicherungsunterlagen erhielt oder ob die Beklagte die Vertragsunterlagen direkt an die … Bank übersandte, der die Klägerin sämtliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag für den Erlebens- und Todesfall abgetreten hatte. Die Klägerin übersandte der Beklagten eine auf den 06./19. Mai 1999 datierte und von ihr unterzeichnete Anzeige über die Abtretung von Lebensversicherungen. Ziffer 2. des ausgefüllten Formulars, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 200f. der Akte, Anlage B3), lautet wie folgt:
„2. Übergabe des Versicherungsscheins
Der Sicherungsgeber übergibt der Bank den Versicherungsschein und verpflichtet sich, Nachträge zum Versicherungsschein der Bank jeweils unverzüglich nach Erhalt zu übermitteln“.
Die Beklagte verwendete bei im maßgeblichen Zeitraum abgeschlossenen Versicherungsverträgen eine standardartige Widerrufsbelehrung, die sich im Text eines Anschreibens auf der Innenseite eines kartonierten Einbands befand, in den der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen fest eingeheftet waren. Das Anschreiben, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 37 der Akte) enthält insgesamt sieben kurze Absätze. Die Widerspruchsbelehrung befindet sich in Fettdruck ohne gesonderte Überschrift in Absatz drei. Sie lautet wie folgt:
„Falls Ihnen die Versicherungsbedingungen oder die Verbraucherinformationen bei Antragstellung nicht übergeben worden sind, gilt dieser Vertrag auf der Grundlage dieses Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und weiteren für den Vertragsinhalt maßgebenden Verbraucherinformationen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt der Unterlagen schriftlich widersprechen. Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen der Versicherungsschein und die genannten Unterlagen vollständig vorliegen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs (§ 5a VVG).“
Seit Vertragsbeginn am 01. März 1999 bis zum 31. Dezember 2008 leistete die Klägerin die vereinbarten Prämienzahlungen in Gesamthöhe von 25.453,64 Euro.
Die Klägerin erklärte zum 01. Januar 2009 die Kündigung des Vertrags. Mit der Kündigungserklärung gelangten sämtliche Vertragsunterlagen an die Beklagte zurück. Während zunächst zwischen den Parteien außer Streit stand, dass die Klägerin die Unterlagen selbst an die Beklagte übersandte, hat die Klägerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 11. November 2014 behauptet, die … Bank habe eine direkte Rücksendung an die Beklagte veranlasst. Die Beklagte zahlte der Klägerin daraufhin einen ermittelten Rückkaufswert in Höhe von 29.971,57 Euro aus.
Die Klägerin erklärte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 08. Februar 2011 den Widerspruch und Widerruf des Vertrags, da das Policenmodell europarechtswidrig sei. Sie forderte die Beklagte vergeblich auf, ihr sämtliche geleisteten Prämien verzinslich zurückzuzahlen.
Die Klägerin hat behauptet, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten hätten keine beziehungsweise keine ordnungsgemäße Belehrung über ein Widerspruchsrecht enthalten, weshalb keine Widerspruchsfrist habe in Gang gesetzt werden können. Sie hat gemeint, die von der Beklagten in anderen Verträgen verwendete Widerspruchsbelehrung entspreche nicht den Anforderungen an die erforderliche drucktechnische Hervorhebung und einer ausreichenden Belehrung über den Fristbeginn.
Ihr stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags und verzinsliche Rückzahlung geleisteter Prämien zu, nachdem sie dem Vertrag wirksam widersprochen habe. Ihr Widerspruchsrecht habe aufgrund einer fehlerhaften Widerspruchbelehrung und der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2, Satz 4 VVG a.F. unbefristet fortbestanden. Die Norm müsse richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass die darin genannte Befristung im Verhältnis zwischen den Parteien keine Wirkung entfalte.
Der Versicherungsvertrag sei bereits nicht wirksam zustande gekommen, weil der Vertragsschluss nach dem Policenmodell gemäß § 5a VVG der bei Vertragsschluss geltenden Fassung gegen Europarecht verstoße. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Vertragsbedingungen erst mit der Annahmeerklärung der Versicherung erhalte, führe dazu, dass er eine Auswahlentscheidung ohne Vorlage von Unterlagen führen müsse und er diese nach Erhalt nicht mehr genau studieren könne. Nach den verbraucherschutzpolitischen Vorgaben des „Informationsmodells“ müsse der Versicherungsnehmer aber schon bei Abgabe seiner Willenserklärung in verständiger Weise angemessen aufgeklärt sein, um wirtschaftlich rational handeln zu können. Daher habe der Rat der Europäischen Gemeinschaft in den Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung) beschlossen, dass Versicherer verpflichtet seien, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrags und damit vor Abgabe einer bindenden Willenserklärung aufzuklären. Eine Auslegung dieser Richtlinie könne nicht allein nach Maßgabe nationalen Rechts erfolgen, da das mit den Richtlinien verfolgte Harmonisierungsziel damit nicht eingehalten werden könne.
Die Beklagte müsse ihr gemäß § 818 BGB die Differenz zwischen den ohne Rechtsgrund gezahlten und zu verzinsenden Prämien und dem ausgeglichenen Rückkaufswert im Umfang von 7.998,86 Euro erstatten, der sich unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 7,229 % wie folgt berechne:
Summe aller eingezahlten Prämien | 25.453,64 Euro | |
Rückkaufswert | 29.971,57 Euro | |
Differenz | - 4.517,93 Euro | |
zzgl. Zinsen auf geleistete Prämien | 12.516,79 Euro | |
Klageforderung | 7.998,86 Euro |
Die Klägerin hat behauptet, es sei mangels abweichender Auskünfte der Beklagten davon auszugehen, dass Versicherungsgesellschaften aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden eingesetzten Vermögen eine wesentlich höhere Rendite als marküblich erzielen könnten.
Die Klägerin hat gemeint, sie könne die begehrte Leistung auch wegen Verletzung der der Beklagten obliegenden Aufklärung über das Widerspruchsrecht sowie aus ungerechtfertigter Bereicherung aufgrund eines Widerrufsrechts nach verbraucherkreditrechtlichen Vorschriften beanspruchen.
Darüber hinaus habe die Beklagte ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten, die bei Ansatz einer 1,9 Gebühr 955,33 Euro betragen würden.
Die Klägerin hat mit der am 16. Januar 2013 zugestellten Klage beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.998,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Februar 2011 zu zahlen und
an sie Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 955,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen und infolge der Kündigung der Klägerin zum 01. Januar 2009 beendet. Die Klägerin habe ihm nicht mehr wirksam widersprechen können. Ein Widerspruchsrecht sei gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. nach Ablauf einer 14-tägigen Widerspruchsfrist, jedenfalls aber nach Abs. 2, Satz 4 der Norm erloschen. Die Norm sei richtlinienkonform. Ein Vertragsschluss nach dem Policenmodell sei in jeder Hinsicht mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar.
Sie habe die Klägerin ausführlich und inhaltlich korrekt über das ihr zustehende Widerspruchsrecht belehrt.
Einem Anspruch der Klägerin stehe jedenfalls eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach § 242 BGB entgegen. Die Geltendmachung des Widerspruchsrechts stelle sich nach der langen Zeitspanne seit Vertragsschluss als rechtsmissbräuchlich dar.
Sie hat behauptet, der geltend gemachte Zinsanspruch sei überhöht. Ausgehend von einer vertragsimmanenten Garantieverzinsung von 4 % im Jahr 1999 habe die Nettoverzinsung ihrer, der Beklagten, Kapitalanleger bis zum Jahr 2011 durchschnittlich 4,5 % betragen, die bereits in den ausgezahlten Rückkaufswert einkalkuliert gewesen sei.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, der Vertrag sei zum 01. März 2011 ausgelaufen, ein Widerspruch habe daher nicht mehr erfolgen können.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin könne den begehrten Anspruch nicht aus § 812 Abs. 1, Satz 1, 1. Alt. BGB in Verbindung mit § 5a VVG a.F. herleiten, da den Prämienzahlungen der Klägerin ein Rechtsgrund in Form des wirksamen Versicherungsvertrags zugrunde gelegen habe. Die Klägerin habe dem Vertrag nicht wirksam widersprechen können, da die Widerspruchserklärung erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist nach Übersendung der erforderlichen Unterlagen erfolgt sei. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sie nicht ausreichend über ihr Widerspruchsrecht belehrt habe, da sie als insoweit darlegungs- und beweispflichtige Partei nicht vorgetragen habe, in welcher Form eine Belehrung erfolgt sei. Dabei könne sie ihren Vortrag nicht darauf stützen, sich nicht mehr an die Ausgestaltung der Widerspruchsbelehrung erinnern zu können.
Sollte die Klägerin die stets von der Beklagten verwendete Widerspruchsbelehrung erhalten haben, habe eine ausreichende Belehrung vorgelegen. Die Belehrung entspreche den Voraussetzungen des § 5a Abs. 2, Satz 1 VVG a.F., da sie den Versicherungsnehmer durch Fettdruck hervorgehoben im Kontext mit den übrigen Inhalten des Schreibens erkennbar über seine Rechte informiere.
Die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 VVG a.F. verstoße nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, denn die Regelung gewährleiste, dass der Versicherte die erforderlichen Informationen vor Vertragsschluss erhalte. Der Versicherungsvertrag sei bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist schwebend unwirksam, der Versicherungsnehmer treffe seine endgültige Entscheidung über ein Festhalten am Vertrag, indem er ihm nicht widerspreche. Vor dieser Entscheidung lägen ihm alle maßgeblichen Informationen vor. Es sei nicht Regelungsgegenstand der europarechtlichen Richtlinien, wann der Vertragsschluss erfolge, weshalb man nicht aus ihnen schließen könne, dass ein Vertragsschluss nach dem Antragsmodell erfolgen müsse. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union komme daher nicht in Betracht. Aufgrund der ordnungsgemäßen Belehrung scheide auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 BGB aus. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich auch nicht aus einem Widerruf nach § 7 VerbrKrG, da die Beklagte unwidersprochen dargelegt habe, dass sie keine Ratenzahlungszuschläge erhoben habe.
Die Zustellung des am 14. Juni 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts an die Klägerin ist am 21. Juni 2013 erfolgt. Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, die am 01. Juli 2013 beim Oberlandesgericht eingegangen und deren Begründung eingehend am 21. August 2013 erfolgt ist.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren mit dem Rechtsmittel in vollem Umfang weiter.
Sie meint unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags unter Angabe zahlreicher Rechtsprechung zur europarechtlichen Problematik des Policenmodells, dass das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen habe.
Sie behauptet, die Beklagte habe die Versicherungsunterlagen direkt an die … Bank geschickt. Sie habe von der Beklagten eine Kopie der Versicherungspolice bekommen und könne nicht mehr sagen, ob sie weitere Vertragsunterlagen erhalten habe. Die … Bank habe ihr die Versicherungsunterlagen erst zu einem ihr nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkt im Rahmen einer Umschuldung übermittelt. Da ihr die Widerspruchsbelehrung nicht mehr vorliege, könne sie keine Angaben zu ihrem Inhalt machen. Die vom Landgericht vertretene Auffassung lege ihr die Verpflichtung auf, Kopien der Versicherungspolice zu fertigen, um nähere Inhalte vortragen zu können. Diese Ansicht überspanne die Darlegungslast. Die von der Beklagten vorgelegte Widerspruchsbelehrung sei weder formal noch inhaltlich korrekt. Der Fettdruck reiche nicht aus, um den Text in das Blickfeld des Betrachters zu rücken. Der Verweis auf „weitere für den Vertragsinhalt maßgebende Verbraucherinformationen“ bürde dem Verbraucher die Entscheidungslast auf, welche Informationen maßgeblich seien.
Zwar könne von ihrem Anspruch ein etwaiger durch den Versicherungsschutz erlangter Vermögensvorteil in Abzug gebracht werden, der sich bei Lebensversicherungen etwa in Höhe des Risikoanteils bemesse. Die Beklagte habe aber keine derartigen Risikoanteile erfasst, da in einer sehr großen Anzahl von Fällen keine Versicherungsleistungen erbracht würden, der Versicherungsnehmer aber gleichwohl fortlaufend seine Prämienzahlungen erbringen müsse. Der Versicherungsgeber müsse in dieser Konstellation keine Risikoanteile der geleisteten Prämien absichern.
Da Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2014, Az. IV ZR 73/13, zur Frage der Europarechtsmäßigkeit des Policenmodells eingelegt worden sei, müsse der Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt werden, sofern der Senat von einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung ausgehe. Es müsse eine Vorlage zum Gerichtshof der Europäischen Union erfolgen.
Die Klägerin behauptet mit nicht nachgelassenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11. November 2014, sie sei nie in Besitz der Originalpolice gewesen. Sie habe die Lebensversicherung lediglich zur Absicherung des Kredits bei der … Bank abgeschlossen. Dies habe sie der Beklagten bei Antragstellung mitgeteilt. Die Abtretung sei unter dem Punkt „Besondere Vereinbarungen“ im Versicherungsantrag vermerkt. Die Abtretungsanzeige sei in ihrer Ziffer 2. nicht individuell für die vorliegende Situation abgeändert worden. Die Originalpolice sei bei Ablösung des Darlehens direkt von der … Bank an die Beklagte übersandt worden um sicherzustellen, dass der Rückkaufswert zur Darlehenstilgung genutzt werde.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 14. Juni 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam, Az.: 6 O 306/12,
I. Die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.998,86 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23. Februar 2011 zu zahlen.
II. Die Beklagte zu verurteilen, an sie Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 944,33 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlichen Vortrags auf die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 21. Dezember 2012, Az. 11 U 40/12), wonach es gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sei, dass der Versicherungsnehmer die für den Beginn der Widerspruchsfrist erforderlichen Unterlagen vollständig erhalten habe. Darüber hinaus ergebe sich aus den Angaben in der Abtretungsanzeige, dass die Klägerin die Versicherungsunterlagen selbst an die … Bank übergeben habe. Die Widerspruchsfrist habe spätestens mit dem Erhalt der Vertragsunterlagen von der … Bank zu laufen begonnen. Sie sei vor der Erklärung des Widerspruchs abgelaufen gewesen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1, Satz 1, 1. Alt. BGB. Diese Vorschrift setzt unter anderem eine rechtsgrundlose Leistung voraus, die nicht vorliegt. Die Klägerin hat die Prämienzahlungen auf einen bis zur erklärten Kündigung wirksamen Versicherungsvertrag geleistet.
Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin dem Versicherungsvertrag nicht wirksam hat widersprechen können, weil die Beklagte sie ausreichend über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat und der Widerspruch nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgt ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann es nicht dahin stehen, ob die Beklagte sie ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt hat. Das wäre nur dann der Fall, wenn § 5a Abs. 1, Satz 1 VVG der zum Vertragsschluss maßgeblichen alten Fassung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht in Form der Richtlinien 90/619/EWG und 92/96/EWG (Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung) verstoßen würde. Dies ist zu verneinen.
§ 5a Abs. 1, Satz 1 VVG in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung, die gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG Anwendung findet, besagt, dass der Vertrag auf Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen gilt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht, sofern er diese Unterlagen nicht bereits bei Antragstellung erhalten hat. Diese Regelung begegnet keinen europarechtlichen Bedenken.
Der Senat verkennt nicht, dass insbesondere in der Literatur zur Frage der Europarechtswidrigkeit des sogenannten Policenmodells unterschiedliche Rechtsauffassungen bestehen. Auch die Generalanwältin beim Gerichtshof der Europäischen Union hat in ihrem Schlussantrag vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12 (Vorabentscheidungsersuchen des BGH zur Europarechtskonformität des § 5a Abs. 2, Satz 4 VVG a.F.) angenommen, dass das nationale Recht zum Policenmodell europarechtswidrig sei. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Parallelentscheidungen Beschlüsse der Instanzgerichte nach § 522 ZPO a.F. (u.a. der OLG Nürnberg (Beschluss BVerfG vom 03. März 2014, Az. 1 BvR 2534/10), Köln (Beschluss BVerfG vom 09. Mai 2014, Az. 1 BvR 2020/11) und des LG Dortmund (Beschluss BVerfG vom 09. Mai 2014, Az. 1 BvR 1415/11) aufgehoben und die Rechtsstreitigkeiten zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, weil die Instanzgerichte nicht im Wege von § 522 ZPO a.F. über die Rechtstreitigkeiten hätten entscheiden dürfen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Inhalt der zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen.
Der Bundesgerichtshof und die obergerichtliche Rechtsprechung vertreten demgegenüber die Meinung, das sogenannte Policenmodell sei europarechtskonform (vergl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2014, Az. IV ZR 73/13; OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2014, Az. 20 U 31/14; OLG München, Urteil vom 20. Juni 2013, Az. 14 U 103/13, sämtlichst zitiert nach Juris). Der Senat hat in seinen Urteilen vom 21. Dezember 2012, Az. 11 U 40/12, und vom 05. November 2014, Az. 11 U 18/13, ebenfalls die Ansicht vertreten, dass er europarechtliche Bedenken gegen das Policenmodell für unbegründet halte. Er hält an dieser Auffassung fest.
Das Policenmodell erfüllt die Vorgaben der maßgeblichen Richtlinien des Rates 90/619/EWG und 92/96/EWG, Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Nach Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 92/96/EWG sind dem Versicherungsnehmer im Anhang genannte Angaben vor Abschluss des Versicherungsvertrags mitzuteilen. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 90/619/EWG verhält sich zu Rücktrittsmöglichkeiten eines Versicherungsnehmers binnen einer Frist zwischen 14 bzw. 30 Tagen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wird, das der Vertrag geschlossen ist. Grundlage der Richtlinie ist nach den angegebenen Erwägungsgründen – insbesondere Nr. (23), dass der Verbraucher in die Lage versetzt werden soll, einen seinen Bedürfnissen entsprechenden Vertrag auszuwählen.
Aus diesen Richtlinien wie auch aus den Erwägungsgründen lässt sich indes nicht die Auffassung der Klägerin herleiten, die Übergabe aller maßgeblichen Unterlagen wie auch die Belehrung über das Widerspruchsrecht müsse erfolgen, bevor der Versicherungsnehmer eine – potentiell – bindende Willenserklärung abgegeben hat. Die Richtlinien haben keine derartigen vertragsregulierenden Inhalte.
Vielmehr sollte nach Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 92/96/EWG eine Harmonisierung der gegenseitigen Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme erzielt werden. Regelungen für eine Neuregulierung materiellen nationalen Rechts ergeben sich aus den Richtlinien nicht. Dies folgt auch aus Erwägungsgrund 19 zur Richtlinie 92/96/EWG, nach dessen Inhalt die den Mitgliedsstaaten belassene Möglichkeit, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge mit Verpflichtungen des Versicherungsnehmers in ihrem Hoheitsgebiet vorzuschreiben, eine hinreichende Sicherung für Versicherungsnehmer darstellen soll.
Die Regelung in § 5a Abs. 1, Satz 1 VVG a.F. geht mit dem Wortlaut der Richtlinien und den zugrundeliegenden Erwägungsgründen konform. Maßgeblich ist danach, dass der Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrags die erforderlichen Informationen erhält und er von dem Zeitpunkt an, zu dem er von dem Vertragsschluss in Kenntnis gesetzt wird, über Widerspruchsmöglichkeit belehrt wird. Diese Voraussetzungen waren nach dem damals geltenden Recht gegeben.
Die normierte Widerspruchsfrist ermöglichte es dem Versicherungsnehmer, durch Ausübung des Widerspruchsrechts ein Wirksamwerden des Vertrags zu verhindern. Vor Ablauf der Widerspruchsfrist konnte bei erfolgter Belehrung kein wirksamer Vertrag zustande kommen, weil der Vertrag schwebend unwirksam war und erst dann als geschlossen galt, wenn der Versicherungsnehmer sein Widerspruchsrecht gerade nicht ausübte. Die Wendung „vor Abschluss des Versicherungsvertrags“ ist einer Auslegung zugänglich. Die Auslegung, dass damit im Gefüge der bei Vertragsschluss geltenden materiellen Rechtslage des nationalen Rechts eine Information und Belehrung bereits bei Abgabe einer ersten Willenserklärung des Versicherungsnehmers zu verstehen ist, vermag der Senat nicht zu teilen.
Auch die Formulierung „dass der Vertrag geschlossen ist“ in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 90/619/EWG beinhaltet dem Wortlaut nach lediglich die Mitteilung, dass der Vertrag für den Versicherungsgeber geschlossen ist, dieser sich also nicht mehr einseitig vom Vertrag lösen kann. Anderenfalls würde die Regelung in Art. 15 der Richtlinie 90/619/EWG dem Versicherungsnehmer ein Widerspruchsrecht nach dem bindenden Abschluss des Vertrags einräumen. Diese Möglichkeit, sich von einem Vertrag lösen zu können, entspricht eher der den Rechtsinstituten einer Anfechtung oder eines Rücktritts, die in Fällen der vorliegenden Art nicht eingreifen und vom nationalen Gesetzgeber für gänzlich abweichende Fallkonstellationen normiert ist. Der Versicherungsnehmer ist mit der damaligen Regelung des § 5a Abs. 1, Satz 1 VVG a.F. auch keineswegs rechtlos gestellt und in seinen Rechten beeinträchtigt, da er das Zustandekommen des Vertrags durch Ausübung des Widerspruchsrechts verhindern kann.
Dass dem Versicherungsnehmer durch die gesetzlich normierte Widerspruchslösung eine Widerspruchslast auferlegt wird, ist richtig. Diese Last obliegt dem Versicherungsnehmer jedoch unabhängig davon, ob das jeweilige Rechtsgeschäft zu dieser Zeit schon verbindlich abgeschlossen oder noch schwebend unwirksam ist. Die Normierung einer Widerspruchsmöglichkeit ist dabei gerade zum Schutz des Verbrauchers Bestandteil des materiellen Rechts und keineswegs selten anzutreffen. Sie entspricht unter anderem den Voraussetzungen, die Art. 15 der Richtlinie 60/619/EWG aufstellt und legt dem Versicherungsnehmer keine grundlegenden Nachteile auf. Er wird vielmehr in die Lage versetzt, nach Vorlage sämtlicher Informationen ausgiebig zu prüfen, ob er sich an seiner Willenserklärung festhalten lassen möchte oder nicht. Allein die Ausübung des Widerspruchsrechts stellt eine marginale Verpflichtung dar, die hinter der erforderlichen und zu sichernden Informationsbeschaffung zurücktritt.
Die Klägerin geht auch in ihrer Auffassung fehl, der Versicherungsnehmer erhalte keine ausreichende Informationsmöglichkeit, wenn ihm die erforderlichen Versicherungsunterlagen erst mit der Übersendung der Annahmeerklärung des Versicherers zukommen. Der Versicherungsnehmer hat – jedenfalls seit Bestehen des Internets und auch zuvor etwa durch Lektüre von Broschüren – ohne weiteres die Möglichkeit, sich bei verschiedenen Versicherungsunternehmen nach Inhalten, Konditionen und Voraussetzungen eines Versicherungsabschlusses zu informieren, um das für ihn interessanteste Angebot vorläufig auszuwählen. Auch beim Vertragsschluss im Policenmodell ist kein verständiger Versicherungsnehmer dazu gezwungen, sogleich den ersten ihm vorgelegten Versicherungsantrag zu unterschreiben, ohne sich zuvor über das Versicherungsangebot auf dem Markt informiert zu haben. Nach einer Vorinformation kann er möglicherweise mehrere Vertragserklärungen in einer angemessenen Frist abgleichen, um sich – eine ordnungsgemäße Belehrung vorausgesetzt – für oder gegen einen Widerspruch seiner Erklärung zu entscheiden.
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Argumentation der Generalanwältin in ihrem Schlussantrag vom 11. Juli 2013 in der Rechtssache C-209/12. Sie hat dargelegt, dass der Versicherungsnehmer vor der Wahl eines bestimmten Versicherers und eines bestimmten Vertrags entsprechend informiert werden müsse, um ihm eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen. Diese Informationen müssten auch die Modalitäten des Rücktritts vom Vertrag umfassen. Es liege auf der Hand, dass kein Rücktritt von einem Vertrag möglich sei, der noch nicht geschlossen sei, weil kein Angebot und keine Annahme vorlägen, die zu einer Vereinbarung der Parteien mit bindenden Vertragsbedingungen führten. Nationale Regelungen, die dem Erfordernis der Informationsgebung vor Abschluss des Vertrags und einer Widerspruchsmöglichkeit nach Abschluss desselben nicht nachkämen, seien daher nach den Richtlinien unzulässig, da sie den Zweck der Belehrungspflichten verfehlten. Die im nationalen Recht genannten Widerspruchsfristen stellten keine Rücktrittsfristen im Sinne des Art. 15 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung dar, sodass das Recht nicht zum Tragen komme.
Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Sie wiederholt letztlich die Inhalte der Richtlinien und die daraus zu ziehenden Rechtsfolgen. Die Argumentation setzt sich aber nicht mit dem nationalen Recht und dem hier vorhandenen Institut eines schwebend unwirksamen Vertrags auseinander. Da der Versicherer bereits an seine Willenserklärung gebunden ist, ergeben sich für ihn insoweit dieselben Wirkungen wie bei einem schon vollgültigen Vertrag. Auch für den zum Zeitpunkt der Belehrung ausreichend informieren Versicherungsnehmer zeigen sich keinerlei Änderungen zu der von der Generalanwältin für erforderlich gehaltenen Regelung. In beiden Fällen genießt der mit allen Informationen bedachte und belehrte Verbraucher das Recht, sich von einem – entweder bindend geschlossenen oder einem schwebend unwirksamen – Vertrag loszusagen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen zitierten Entscheidungen keine abschließende Aussage zur Richtlinienkonformität des Policenmodells getroffen. Es hat ausgesprochen, dass bereits mit der sich voraussichtlich – nicht zwingend - in einem künftigen Revisionsverfahren ergebenden Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2, Satz 1, Nr. 1 ZPO vorliege, weshalb eine Zurückweisung von Berufungen in entsprechenden Rechtsstreitigkeiten nicht im Beschlusswege nach § 522 a.F. erfolgen könne, der kein weiteres Rechtsmittel zuließ.
Danach ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Erfordernis der klägerseits beantragten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union oder eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zu einer Entscheidung über die Gemeinschaftsrechtkonformität des Policenmodells. Es trifft zu, dass der Gerichtshof der Europäischen Union bislang nicht entschieden hat, ob das Policenmodell gegen europäische Richtlinien verstößt. Dieser Umstand allein führt aber nicht zu einer Vorlagepflicht.
Ungeachtet der europarechtlichen Unbedenklichkeit des Policenmodells kann sich die Klägerin auch deshalb nicht mit Erfolg auf den geltend gemachten Anspruch berufen, weil es ihr nach dem in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt ist, sich nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrags mit Erfolg auf dessen Unwirksamkeit zu berufen.
Der Senat teilt die vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juli 2014, Az. IV ZR 73/13, vertretene Ansicht, nach der sich ein Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung nach jahrelanger Durchführung des Vertrags nicht mehr auf dessen angebliche Unwirksamkeit stützen kann, um daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat. Diese Voraussetzungen sind auch hier gegeben.
Zwar kann man der Klägerin nicht vorhalten, dass ihr bei Vertragsschluss eine erst in den letzten Jahren aufgekommene etwaige Richtlinienwidrigkeit des Policenmodells nicht bekannt war, denn sie hat den Widerspruch vom Vertrag nach Kenntniserlangung nicht herausgezögert. Auf diese Erwägung kommt es indes auch nicht an, da für eine Rechtsausübung entgegen Treu und Glauben ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Es muss objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens vorliegen, weil das frühere Tun oder Unterlassen mit dem späteren unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig sind. Dabei ist es nicht erforderlich, dass einer Partei ein Verschulden zur Last fällt (vergl. nur Palandt-Grüneberg, 73. Aufl., Rn. 55 zu § 242 BGB; BGH, Urteil vom 16. Juli 2014, Az. IV ZR 73/13, zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind zu bejahen.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe die Vertragsunterlagen nicht erhalten. Aus Ziffer 2. der Anzeige über die Abtretung von Lebensversicherungsansprüchen der … Bank vom 06./19. Mai 1999 ergibt sich, dass der Sicherungsgeber der Bank den Versicherungsschein übergibt. Diese Regelung entspricht der Interessenlage des Versicherungs- und Darlehensnehmers sowie des Sicherungsnehmers und des Versicherers, da die jeweiligen Vertragsverhältnisse gewahrt werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass die Klägerin und die … Bank abweichend verfahren sind. Bereits der zeitliche Zusammenhang spricht dagegen. Die Policierung der Versicherung erfolgte bereits am 01. März 1999 und damit weit vor Erstellung der Abtretungsanzeige. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Versicherungspolice umgehend an die Klägerin übersandt hat, um ihrem Versicherungsbegehren nachzukommen. Dabei ist unbeachtlich, dass die Klägerin die Abtretung an die … Bank bereits bei Vertragsschluss mit der Beklagten beabsichtigte, da sie erst Monate später tatsächlich erfolgte. Es trifft zu, dass es sich bei der Abtretungsanzeige um ein Formular mit Standardinhalten handelt. Es hätte insoweit aber der Klägerin oblegen, eine vom Normalfall abweichende Vereinbarung darzulegen und zu erklären, warum sie das ausgefüllte Formular unterzeichnet hat, obgleich die Inhalte nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen. Dies hat sie nicht getan.
Ihre Behauptung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. November 2014, sie sei nie im Besitz der Originalpolice gewesen, stellt neuen Tatsachenvortrag dar, der nicht gemäß §§ 529 Abs. 1, Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz zugelassen werden kann. Die in § 531 Abs. 2 ZPO aufgeführten Zulassungsgründe für neue Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz sind nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht vorgetragen, warum sie in erster Instanz nicht in der Lage gewesen sein soll, den entscheidungserheblichen Sachverhalt vollständig vorzutragen. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass bereits das Landgericht im Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 26. April 2013 darauf hingewiesen hat, dass der bloße Vortrag der Klägerin, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ausreichend gewesen, nicht ausreiche. Der Senat teilt diese Auffassung. Dem Vortrag der Klägerin fehlt es überdies an der erforderlichen Substanz; er lässt eine Erklärung dafür vermissen, warum sie zunächst einen abweichenden Vorgang dargelegt hat.
Nach den Angaben in der Abtretungsanzeige vom 06./19. Mai 1999 ist danach davon auszugehen, dass die Klägerin die Vertragsunterlagen und mit ihnen eine Widerspruchsbelehrung erhalten hat. Dies entspricht auch dem bisherigen Vortrag der Klägerin in erster und zweiter Instanz. Es mag sein, dass die Klägerin sich nicht mehr daran erinnern kann, wie die Vertragsunterlagen im Allgemeinen und die Widerspruchsbelehrung im Besondern optisch und inhaltlich ausgestaltet waren. Ihr einfaches Bestreiten einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung ist gleichwohl nicht ausreichend.
Die Klägerin, die sich auf die für sie günstigen Rechtsfolgen einer fehlerhaften Belehrung beruft, trägt die sekundäre Darlegungslast dafür, wie die an sie gerichtete Belehrung – von der beklagtenseits dargelegten abweichend - ausgesehen hat. Der lange Zeitablauf seit Austausch der Willenserklärungen und Versicherungsunterlagen ist ein Umstand, der nicht lediglich die Klägerin, sondern gleichermaßen auch die Beklagte betrifft und der der Beklagten den Beweis einer ordnungsgemäßen Belehrung erschweren würde. Ein – nicht ausdrücklich erfolgtes – Bestreiten mit Nichtwissen seitens der Klägerin wäre gemäß § 138 Abs. 3 ZPO nicht zulässig, da die Belehrung – wenn auch vor langer Zeit – Gegenstand der eigenen Wahrnehmungen der Klägerin gewesen ist. Wie der Senat in der Entscheidung zum Aktenzeichen 11 U 40/12 (Urteil vom 21. Dezember 2012) bereits entschieden hat, lässt die Rechtsprechung ein Bestreiten mit Nichtwissen in teleologischer Reduktion des § 138 Abs. 4 ZPO nur in strengen Ausnahmefällen zu, wenn die jeweilige Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft gemacht hat, sich an einen lang zurückliegenden Alltagsvorgang nicht mehr erinnern zu können. Dabei reicht aber der bloße Vortrag, keine Erinnerung mehr zu haben, nicht aus. Vielmehr ist erforderlich, dass die Partei plausibel vorträgt, warum es ihr an positiver Kenntnis fehlt. Zudem ist sie verpflichtet, ihre eigenen Unterlagen zu prüfen, sich bei Dritten zu erkundigen oder ihre Erinnerung an Ort und Stelle aufzufrischen. Dazu bedarf es einer an den konkreten Einzelfall zugeschnittenen Darstellung, an der es hier fehlt.
Die Klägerin hat zudem zunächst unwidersprochen behauptet, sie habe sämtliche Versicherungsunterlagen mit der Kündigungserklärung im Jahr 2009 an die Beklagte zurück gesandt. Sie war dabei nicht verpflichtet, sich ihrer sämtlichen Dokumente zu begeben. Dies hat sie offenbar auch nicht getan, da sie mit dem als Anlage K4 zur Akte gereichten Auszug der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten und dem als Anlage BK7 eingereichten Versicherungsantrag vom 15. Februar 1999 verdeutlicht hat, dass sie noch über einige Vertragsunterlagen verfügt. Es liegt auch in der Natur eines Zivilrechtsstreits, dass die darlegungs- und beweispflichtige Partei die für sie günstigen Tatsachen hinreichend substantiiert vortragen und im Bestreitensfall beweisen muss. Es kann daher im eigenen Interesse einer Partei liegen, wichtige Vertragsunterlagen sorgfältig aufzubewahren und sie gegebenenfalls zu kopieren, wenn sie die Originale aus der Hand gibt.
Die Beklagte hat die Klägerin ausreichend über ihr Widerspruchsrecht belehrt.
Nach § 10a Abs. 1, Satz 2 VAG a.F. ist der Antragsteller schriftlich und unter besonderer Hervorhebung auf die rechtliche Selbständigkeit der beantragten Verträge einschließlich der vorgesehenen Versicherungsbedingungen sowie auf die jeweils geltenden Antragsbindungsfristen und Vertragslaufzeiten hinzuweisen. § 5a Abs. 2, Satz 1 VVG a.F. besagt, dass der Lauf der Widerrufsfrist erst beginnt, wenn dem Versicherungsnehmer die Versicherungsunterlagen vollständig vorliegen und er bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht und dessen Dauer belehrt worden ist. Die Beklagte ist diesen gesetzlichen Anforderungen gerecht geworden.
Zunächst ist unerheblich, dass die Belehrung nicht im Versicherungsschein selbst, sondern in einem Anschreiben der Beklagten erfolgt ist, das sich im Einband des kartonieren, die Vertragsunterlagen enthaltenen, Ordners befand. Es ist weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nach dem Sinn der Belehrung erforderlich, dass die Versicherungspolice selbst eine Belehrung enthalten muss. § 5 Abs. 2, Satz 1 VVG a.F. spricht lediglich davon, dass der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich zu belehren ist. Entscheidend sind also nur der Zeitpunkt der Belehrung und die Nähe zum Versicherungsschein, um eine unmittelbare Kenntnisnahmemöglichkeit des Versicherungsnehmers zu schaffen, die hier gewährleistet war.
Die von der Beklagten vorgelegte Standardwiderspruchsbelehrung befindet sich bereits insofern in hervorgehobener Stellung, als sie nicht im Text der Vertragsunterlagen untergeht, sondern schon der erste Blick des Versicherungsnehmers darauf fällt, der seine Vertragsmappe aufschlägt. Im Rahmen des ohnehin sehr kurzen Texts erläutert die Beklagte im ersten Absatz, dass in der Mappe Einzelheiten zur Versicherung enthalten seien. Im zweiten Absatz ist dargestellt, dass und welche einzig maßgeblichen Unterlagen der Versicherungsnehmer erhalten hat. Im Folgeabsatz von insgesamt nur sechs Absätzen hat die Beklagte in gut lesbarer Schriftart und im Fettdruck dargelegt, dass der Vertrag auf Grundlage der übergebenen Versicherungsunterlagen erst zu laufen beginnt, wenn nicht der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 14 Tagen schriftlich widerspricht.
Mit der Verwendung des Fettdrucks, der ansonsten auf der Seite nur für die wenigen Überschriften zu finden ist und der gesonderten Präsentation der Belehrung in einer den Blick auf sie ziehenden Position sowie mit Hervorhebung der erforderlichen Schriftlichkeit des Widerspruchs hat die Beklagte alles Erforderliche getan.
Die verwendete Widerspruchsbelehrung erfüllt auch die an sie zu stellenden inhaltlichen Anforderungen. Aus ihrem Inhalt folgt für den Versicherungsnehmer ohne weiteres, dass ihm ein Widerspruchsrecht zusteht, in welcher Frist es auszuüben ist und wann diese Frist zu laufen beginnt. Es erfolgt ein Hinweis auf das Schriftformerfordernis für die Widerspruchsbelehrung und darauf, dass die rechtzeitige Absendung der Erklärung zur Fristwahrung genügt. Der Versicherungsnehmer ist mit dieser Belehrung auch hinreichend über die Folgen seines Widerspruchs informiert, da die Beklagte verständlich klarstellt, dass der Vertrag in Folge eines Widerrufs als nicht abgeschlossen gilt. Weitere Anforderungen für die inhaltliche Ausgestaltung der Widerspruchsbelehrung bestehen nicht. Vielmehr ist die Belehrung auf das Nötige zu beschränken, um sie übersichtlich zu halten, ihre Kenntnisnahme zu fördern und dem Versicherungsnehmer ihr Verständnis zu erleichtern.
Dass die Widerspruchsbelehrung den Adressaten des Widerspruchs nicht benennt, ist unbeachtlich. Ein verständiger Verbraucher wird seine Widerspruchserklärung an seinen, auf derselben Seite mit Name und Anschrift genannten, Vertragspartner richten oder sich – was gleichermaßen genügt hätte – an seinen Versicherungsvermittler wenden.
Zwar lässt sich der Belehrung nicht entnehmen, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Doch auch diese Information ist vor dem Hintergrund entbehrlich, dass sich im Gesetz keine Stütze für diese Notwendigkeit findet und aus der Belehrung gerade nicht hervorgeht, dass der Versicherungsnehmer Gründe für einen Widerruf angeben müsste. Nur Gegenteiliges hätte einer Beschreibung in der Belehrung bedurft.
Die Beklagte hat die Klägerin auch ausreichend über den Beginn und den Ablauf der Widerrufsfrist belehrt. Sie hat in Absatz 2 des Textes verdeutlicht, dass der Versicherungsnehmer jetzt alle erforderlichen Unterlagen haben sollte und ab diesem Zeitpunkt ein 14-tägiges Widerrufsrecht besteht. Der Versicherer ist nicht gehalten gewesen, dem Versicherungsnehmer darüber hinaus in der Widerspruchsbelehrung die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Fristenberechnung zu erläutern. Damit würde die Widerspruchsbelehrung unnötig derart verkompliziert, dass sie dem Versicherungsnehmer ein Verständnis des Inhalts erschwert.
Die damit ordnungsgemäß belehrte Klägerin hat sich mit der Erklärung des Widerspruchs nach Durchführung des Versicherungsvertrags über einen Zeitraum von fast zehn Jahren, der Entgegennahme des Rückkaufswerts nach Vertragskündigung und einem weiteren Abwarten von drei Jahren vor Erklärung des Widerspruchs objektiv widersprüchlich verhalten.
Die Klägerin hat den Versicherungsvertrag in eigenem Interesse initiiert. Sie hat daran festgehalten, obgleich die Beklagte sie ordnungsgemäß darüber belehrt hat, dass sie sich durch Erklärung des Widerspruchs vom Vertrag lossagen kann. Sie hat den Vertrag bis zur Kündigung erfüllt und während der Vertragsdauer den vollen Versicherungsschutz genossen. Sodann hat die Klägerin den Vertrag nach Erklärung der Kündigung abgewickelt. Es gibt keine gegen die Annahme sprechenden Anhaltspunkte, dass die Versicherungssumme im Versicherungsfall in Anspruch genommen worden wäre. Bei dieser Fallgestaltung ist die Beklagte – auch als Sachwalter der Versichertengemeinschaft – die vorrangig schutzwürdige Partei. Sie liefe anderenfalls stets die Gefahr, ihre gesamte Kalkulation anpassen zu müssen, obgleich sie ihre vertragliche Leistung in jeder Hinsicht erbracht hat.
Auf die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen die europarichtlinienwidrige Fassung des § 5a Abs. 2, Satz 4 VVG a.F. für Versicherungsverträge hat, die keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung enthalten (vergl. insoweit Urteil des EuGH vom 19. Dezember 2013, Az. C-209/12; Urteil des BGH vom 07. Mai 2014, Az. IV ZR 76/11), kommt es nach allem nicht an. Gleiches gilt für den Einwand der Beklagten, die erklärte Kündigung und Abwicklung des Vertragsverhältnisses schließe einen späteren Widerspruch des ohnehin durch Zeitablauf ausgelaufenen Vertrags aus.
Ein Anspruch der Klägerin folgt aufgrund der ordnungsgemäßen Belehrung auch nicht aus § 812 Abs. 1, Satz 1, 1. Alt. BGB aufgrund eines Widerrufsrechts nach den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschriften über den Verbraucherkredit auf Kapitallebensversicherungen anwendbar sind.
Die Klägerin kann die Klageforderung nicht mit Erfolg als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB geltend machen, da eine Verletzung (vor-) vertraglicher Pflichten seitens der Beklagten nach dem Vorgesagten nicht ersichtlich ist.
Da es bereits an einem Hauptanspruch fehlt, hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Erstattung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.
Der Vortrag der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. November 2014 enthält keinen Tatsachenvortrag, der gemäß § 156 ZPO eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erforderlich macht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. Die Europarechtskonformität des Policenmodells wie auch die Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5 Abs. 2, Satz 4 VVG a.F. sind Gegenstand höchstgerichtlicher Rechtsprechung gewesen. Überdies ist die Europarechtskonformität des Policenmodells nicht entscheidungserheblich. Die Zulassung der Revision ist nach der ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht mehr zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.