Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 13.12.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 L 49.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 146 Abs 1 VwGO, § 169 Abs 1 VwGO, § 168 Abs 1 Nr 3 VwGO |
Auf die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. November 2010 geändert und auch der Hilfsantrag zurückgewiesen
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Vollstreckungsgläubiger.
Mit Beschluss vom 10. November hat das Verwaltungsgericht auf den Hilfsantrag des Vollstreckungsgläubigers dem Vollstreckungsschuldner das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs für den Fall angedroht, dass er nicht „einem medizinisch-fachlich kompetenten Mitarbeiter des Vollstreckungsgläubigers sowie einem diesen zum Zweck der Protokollierung der Befunde begleitenden Mitarbeiter“ am 11. November 2010, 13.00 Uhr, die Möglichkeit zur Besichtigung seiner Praxisräume in der O., gewähre.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vollstreckungsschuldners ist zulässig. Sie ist statthaft. Der im Ausgangsverfahren VG 14 L 92.10 geschlossene Vergleich vom 7. Juli 2010 ist nach § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO ein Vollstreckungstitel, dessen Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand nach § 169 Abs. 1 VwGO vorgenommen wird. Vollstreckungsbehörde ist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vorsitzende des ersten Rechtszugs. Ob gegen eine solche Entscheidung der Vorsitzenden die Erinnerung (§ 167 VwGO, § 766 Abs. 1 ZPO) oder die Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) gegeben ist, richtet sich nach der Qualifizierung des Vollstreckungsaktes. Sobald es sich um eine richterliche Entscheidung im eigentlichen Sinne, also um eine Entscheidung der Vorsitzenden nach Anhörung des Vollstreckungsschuldners, handelt, findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt; handelt es sich um eine Einwendung gegen eine reine Vollstreckungshandlung, mithin gegen die Art und Weise der Vollstreckung, ist die Erinnerung gegeben (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 7. August 2009 - 1 E 101/09 -, bei Juris, dort Rz.15 ; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. August 2006 - 4 VO 691/06 -, DÖV 2007, 305, sowie bei Juris, dort Rz. 3, m.w.N.). Da hier die Kammervorsitzende über die Androhung des Zwangsmittels des unmittelbaren Zwangs nach Anhörung des Vollstreckungsschuldners „entschieden“ hat, ist die Beschwerde das gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthafte Rechtsmittel. Der Vollstreckungsschuldner ist auch trotz Verstreichens des für den 11. November 2010 angesetzten Begehungstermins weiterhin beschwert, weil davon auszugehen ist, dass er sich der Androhung nicht gebeugt hat und er deshalb mit der Festsetzung des angedrohten Zwangsmittels rechnen muss.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil der zu vollstreckende gerichtliche Vergleich vom 7. Juli 2010 aus dem Verfahren VG 14 L 92.10 für die Androhung des Zwangsmittels keine Grundlage bietet. Denn die hier einschlägige Ziffer 2 des Vergleichs regelt ihrem Wortlaut nach eindeutig, dass der Vollstreckungsschuldner einer Besichtigung seiner Praxisräume durch „einen“ Vertreter des Vollstreckungsgläubigers zustimmt. Dass der Vollstreckungsschuldner während der Besichtigung die Anwesenheit eines weiteren Mitarbeiters des Vollstreckungsgläubigers zu dulden hätte, ergibt der Vergleichstext nicht. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei der zusätzlichen Person nur um einen Protokollführer handeln soll, zumal das Verwaltungsgericht selbst darauf hinweist, dass der Protokollant schon vorsorglich für den Fall streitiger Befunde ein potentieller weiterer Zeuge sein sollte. Wäre es dem Vollstreckungsgläubiger hierauf angekommen, hätte er auf einer entsprechenden Formulierung des Vergleichs bestehen müssen.
Auf die weiteren Einwände des Vollstreckungsschuldners kommt es hiernach nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht (vgl. Gebührentatbestand Nr. 5502 im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).