Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 9. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.04.2010 | |
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Aktenzeichen | 9 Sa 480/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 613a Abs 5 BGB |
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11.11.2009 – 37 Ca 9999/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
unter Aufhebung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund Betriebsübergangs zum 1.12.2008 beendet ist, sondern unbefristet über den 1. Dezember 2008 hinaus zu den bisherigen Vertragsbedingungen als Callcenter-Agentin fortbesteht und
2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Callcenter-Agentin am Standort Hennigsdorf weiter zu beschäftigen.
die Berufung zurückzuweisen.
I .
II.
1.
2.
„II. Folgen und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang
…..
2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die TELDAS über.
(1) Die in Ihrem Arbeitsvertrag unmittelbar getroffenen Regelungen gehen inhaltlich unverändert über.
(2) Bei der TELDAS sind momentan keine Tarifverträge anwendbar. Die TELDAS hat bisher weder Firmentarifverträge abgeschlossen noch sind auf die TELDAS kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband Tarifverträge anwendbar. Es ist auch nicht beabsichtigt, Firmentarifverträge abzuschließen oder einem Arbeitgeberverband beizutreten.
Soweit auf Ihr Arbeitsverhältnis daher vor dem Übergang unmittelbar Tarifverträge anwendbar waren und Sie tarifgebundener Arbeitnehmer sind, werden die in diesen Tarifverträgen geregelten Arbeitsbedingungen nach dem Betriebsübergang grundsätzlich nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen Ihnen und der TELDAS und wirken wie arbeitsvertragliche Regelungen fort; sie können innerhalb eines Jahres nach dem Übergang nicht zu Ihrem Nachteil geändert werden. Diese Sperre gilt allerdings dann nicht, soweit bei der TELDAS zum selben Regelungskomplex Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen werden. In diesem Fall lösen die Regelungen bei der TELDAS die bisher geltenden Regelungen der VCS ab. Dies gilt für tarifgebundene Arbeitnehmer aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB. Die tariflichen Regelungen gelten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges haben.
Sofern tarifliche Regelungen für Ihr Arbeitsverhältnis bislang aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel gegolten haben, entscheidet die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge darüber, ob zukünftige etwaige Tarifverträge der TELDAS Anwendung finden oder es bei einer Geltung der bisherigen tarifvertraglichen Regelung bleibt. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sog. dynamische Verweisungen auf die einschlägigen Tarifverträge in Arbeitsverträgen, die vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen wurden, als sog. Gleichstellungsabrede zu bewerten sind, mit der Folge, dass diese Regelung im Zeitpunkt des Betriebsüberganges ihre Dynamik verlieren und statisch fortgelten. In später abgeschlossenen Arbeitsverträgen (also seit dem 01. Januar 2002) behalten solche Regelungen nach der o. g. Rechtsprechung ihre Dynamik.
(3) Die TELDAS behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 1. Dezember 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. Es ist vereinbart, dass jeder Arbeitnehmer bis zum 1. Dezember 2009 - berechnet auf der Grundlage der gleichen Dauer der Arbeitszeit und unveränderter Stellenbeschreibung - monatlich mindestens ein Brutto-Entgelt erhält, das seinem individuellen monatlichen Entgeltanspruch gegenüber der VCS zum 30. November 2008 (einschließlich sämtlicher – z. B. tariflicher oder individualvertraglicher – Entgeltbestandteile, Zuschläge und durchschnittlicher leistungsabhängiger Vergütung in den zwölf Monaten vor dem 1. Dezember 2008) entspricht. Es ist darüber hinaus vereinbart worden, dass bis zum Ablauf des 30. November 2013 das Brutto-Mindestentgelt für übergehende Agenten nicht unter 25.000 Euro brutto jährlich, für übergehende Teamleiter nicht unter 29.000 Euro brutto jährlich abgesenkt wird. …
3. Die TELDAS beschäftigt derzeit noch keine Arbeitnehmer und verfügt derzeit noch über keinen Betrieb; es besteht somit auch kein Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat. Demzufolge sind derzeit bei der TELDAS auch keine Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarungen in Kraft. Im D+S-europe-Konzern gelten Konzernbetriebsvereinbarungen, die auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden werden, sofern die TELDAS in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung fällt. …
4. Die in Ihrem Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen gelten auch nach dem Betriebsübergang als Betriebsvereinbarungen (kollektivrechtlich) für Sie weiter, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des D+S-europe-Konzerns geändert oder ersetzt werden. Soweit Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen gelten, gelten diese als Betriebsvereinbarungen mit der nunmehrigen Zuständigkeit eines Betriebsrates fort, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des D+S-europe-Konzerns geändert oder ersetzt werden. …
9. Wichtigste Komponente für den erfolgreichen Betrieb des Standortes sind für Tell das die Mitarbeiter, künftig also Sie. Engagierte und motivierte Mitarbeiter, die höchste Zufriedenheit und eine optimale Wertschöpfung bei unseren Kunden erzielen, sind das Fundament für den erfolgreichen Betrieb des Standortes. Um das Ziel der Kundenzufriedenheit zu erreichen, ist eine laufende Überprüfung der Abläufe und Prozesse am Standort sowie gegebenenfalls deren Optimierung unerlässlich. Noch unentdeckte Potenziale zur verbesserten Wirtschaftlichkeit müssen erkannt und fortentwickelt werden. Diese Fortentwicklung ist eine ständige Herausforderung für jeden Mitarbeiter am Standort. Nach dem Betriebsübergang wird kälter sind die bestehenden Abläufe und Prozesse prüfen und etwaige Optimierungen veranlassen. Konkrete Maßnahmen sind derzeit aber noch nicht geplant.
Des Weiteren ist die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Standortes wesentlich von seiner Konkurrenzfähigkeit im vorhandenen Marktumfeld abhängig. Nach Einschätzung von TELDAS diese notwendige Konkurrenzfähigkeit gegenwärtig noch nicht gegeben. Daher wird TELDAS Maßnahmen ergreifen müssen, die auf die Herstellung der Konkurrenzfähigkeit des Standortes ausgerichtet sind.
Trotz vorrangiger Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Prozessoptimierung zeichnet sich daher ab, dass Maßnahmen zur Anpassung des Entgeltniveaus an ein marktgerechtes Entgeltniveau innerhalb der in 2. (3) dargestellten Grenzen erforderlich werden. Hierbei setzt TELDAS vorrangig auf freiwillige Maßnahmen. In diesem Zusammenhang wird kälter es ihnen den Abschluss neuer Arbeitsverträge anbieten. Eine Pflicht zum Abschluss neuer Arbeitsverträge besteht nicht. Sollte es aber zum Neuabschluss von Arbeitsverträgen kommen, so hat der Neuabschluss rechtlich zur Folge, dass der bisherige Arbeitsvertrag durch den neuen Arbeitsvertrag ersetzt wird. Wirtschaftlich und sozial hat der Neuabschluss von Arbeitsverträgen jeweils zur Folge, dass der bisherige einzelvertraglich und kollektivrechtlich gewährter Leistungsumfang verringert wird. ...
Diese in Aussicht genommenen Maßnahmen werden von TELDAS unter Berücksichtigung der in 2. (3) beschriebenen Entgeltbindung in Einzelfällen und nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen auch vor dem Ablauf von einem Jahr nach dem Vollzugstag ergriffen werden.
Darüber hinaus liegen keine das zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse dazu vor, ob die in Aussicht genommenen Maßnahmen ausreichen werden, um die notwendige Wirtschaftlichkeit am Standort zu erreichen. Daher sind außerdem von TELDAS in Aussicht genommenen Maßnahmen gegenwärtig für den Zeitraum nach Ablauf von einem Jahr nach dem Vollzugstag auch keine weiteren Maßnahmen konkret geplant. …“
„III. Widerspruchsrecht
Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die TELDAS innerhalb eines Monats ab Zugang dieses Schreibens zu widersprechen. Ein Widerspruch hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber verbleibt.
Wir weisen allerdings darauf hin, dass die Arbeitsplätze an Ihrem Standort unabhängig von Ihrem Widerspruch von der VCS auf die TELDAS übergehen und demnach die entsprechenden Arbeitsplätze bei der VCS nicht mehr vorhanden sind. Im Falle eines Widerspruchs können Sie daher bei der VCS auf Ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr beschäftigt werden.
Sollten Sie dem Übergang widersprechen, wird die VCS Ihnen gegenüber – nach Prüfung der individuellen Voraussetzungen – voraussichtlich eine betriebsbedingte Beendigungskündigung aussprechen müssen. Dem steht nicht die oben unter Ziffer 8 angesprochene Gesetzesregelung des § 613a Absatz 4 S. 1 BGB entgegen, da eine solche Kündigung nicht wegen des Betriebsüberganges, sondern wegen der gegebenenfalls fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erfolgen würde. Die Vorschrift des § 613a Absatz 4 Satz 2 BGB lässt die Kündigung aus einem anderen Grund als dem Betriebsübergang ausdrücklich zu.
In diesem Zusammenhang weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass der arbeitgeberseitige Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen nach § 9 UTV VCS im Falle eines solchen Widerspruchs nicht eingreift, da keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des UTV vorliegt. Eine solche würde den „Wegfall eines Arbeitsplatzes“ voraussetzen, was hier nicht der Fall ist. Ihr Arbeitsplatz fällt nicht weg, sondern geht in der jetzigen Form auf die TELDAS über.
Eine betriebsbedingte Beendigungskündigung kommt vorbehaltlich einer individuellen Prüfung sowohl für ordentlich kündbare Mitarbeiter als auch für ältere Mitarbeiter mit einem besonderen Kündigungsschutz (für diese jedoch ebenfalls nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist) in Betracht. Wir weisen unabhängig davon darauf hin, dass – wie Ihnen bekannt ist – demnächst beabsichtigt ist, weitere Standorte der VCS zu veräußern. ...“
3.
III.
IV.