Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 22.09.2010 | |
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Aktenzeichen | L 9 KR 268/06 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 Abs 3 SGB 5, § 31 Abs 1 SGB 5, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 1 GG |
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin 10.224,21 Euro zu erstatten.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig ist die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit Dronabinol.
Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflichtversichert, sie bezieht ab dem 1. Juni 1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit einer 1994 durch Bluthochdruck ausgelösten Blutung des Kleinhirns leidet sie an Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Diese Beschwerden wurden regelmäßig durch Kopfbewegungen und Veränderungen der Kopfposition ausgelöst. Damit besteht auch die ständige Gefahr, die Medikamente zur Beherrschung des stark erhöhten Blutdrucks wieder zu erbrechen. Der neurologische Befund zeigt eine etwa einen Zentimeter große Blutung in dem Teil des Kleinhirns, der Kopfbewegungsreize verarbeitet und der mit dem benachbarten „Brechzentrum“ im Hirnstamm in einer unmittelbaren Nervenverbindung steht. Beginnend im Oktober 1998 ist sie deswegen in Behandlung bei dem Neurologen Prof. Dr. L.
Telefonisch im April 2002 und mit Schreiben vom 5. Mai 2002 beantragte die Klägerin eine Kostenübernahme wegen einer Versorgung mit Marinol bzw. Dronabinol. Nach Einleitung eines Regressverfahrens gegen ihren behandelnden Arzt erhalte sie keine Verordnungen über diese Arzneimittel mehr. Marinol ist ein cannabishaltiges Medikament aus den USA, Dronabinol eine cannabishaltige Rezeptur. Der behandelnde Arzt wandte sich im April 2002 ebenfalls an die Beklagte und berichtete, dass die Behandlung gute Erfolge gezeigt habe, auch lägen zur Wirksamkeit von Cannabinoiden bei Übelkeit und Erbrechen zahlreiche Studien hoher Qualität vor. Im November 2001 habe er die Behandlung von Marinol auf das kostengünstigere Dronabinol umgestellt.
Durch Bescheid vom 14. Mai 2002 lehnte die Beklagte eine ausdrückliche Genehmigung oder Kostenübernahme ab. Die gesetzlichen Krankenkassen seien für Dronabinol nicht leistungspflichtig, sie dürften auch keinerlei Genehmigungen für die Verordnung von Arzneimitteln erteilen. Die Entscheidung über die Verordnung auf Kassenrezept liege bei dem behandelnden Arzt. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2002 zurück. Dronabinol sei kein zugelassenes Arzneimittel, es fehle auch an einer Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Auch die Bedingungen für einen Off-Label-Use (u. a. das Vorliegen einer schweren Erkrankung) seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin liege lediglich eine leichte Untergewichtigkeit vor.
Gegen den Widerspruchsbescheid richtet sich die am 15. Oktober 2002 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Die Klägerin hat während des sozialgerichtlichen Verfahrens Dronabinol („ölige Tropfen, 2,5 %“) von ihrem behandelnden Arzt Prof Dr. L auf Kassenrezept verordnet erhalten und ist entsprechend dieser Verordnungen bis Mitte 2007 zu Lasten der Beklagten versorgt worden, welche allerdings (weitere) Regressverfahren gegen den verordnenden Arzt eingeleitet hat.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei Prof. Dr. L und bei den weiteren behandelnden Ärzten der Klägerin Prof. Dr. P sowie Dr. K eingeholt. Es hat Prof. Dr. L mehrmals ergänzend befragt sowie Auskünfte vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und von der neurologischen Klinik der Universität München eingeholt.
Durch Gerichtsbescheid vom 16. Mai 2006 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin nach ärztlicher Verordnung Dronabinol zu gewähren. Dronabinol sei ein apothekenpflichtiges Arzneimittel. Die Grundsätze über die Gewährung von Arzneimitteln außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung sprächen nicht gegen die Leistungspflicht der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müsse die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im Falle einer lebensbedrohlichen Erkrankung leisten, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe und ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernten Erfolg der unternommenen Behandlung vorlägen. Das gelte auch, wenn mangels Zulassung von Dronabinol von einem Off-Label-Use im eigentlichen Sinne nicht die Rede sein könne, da die verfassungsrechtliche Abwägung zwischen dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Reglementierung zum Schutz der Versichertengemeinschaft bzw. des Patienten grundsätzlich die gleiche sei. Der behandelnde Arzt Prof. Dr. L habe das Bestehen von Lebensgefahr überzeugend dargestellt. Der Behandlungsverlauf bestätige, dass nach gewissenhafter fachärztlicher Einschätzung ernsthafte Hinweise auf einen Behandlungserfolg durch die Gabe von Dronabinol bestünden. Alle anderen in Frage kommenden Behandlungsmethoden seien ohne Erfolg ausprobiert worden und kämen von vornherein aus medizinischen Gründen nicht in Betracht. Die Behandlung werde dokumentiert, die Klägerin habe ihr nach vorheriger Aufklärung ausdrücklich zugestimmt.
Gegen den ihr am 19. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 14. Juni 2006 bei dem Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Zu Unrecht habe das Sozialgericht eine Leistungspflicht angenommen. Dronabinol sei ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, nicht aber ein verkehrsfähiges Arzneimittel. Ein Fertigarzneimittel mit dem Wirkstoff Dronabinol sei in Deutschland nicht zugelassen. Das unter der Bezeichnung „Marinol“ vertriebene dronabinolhaltige Mittel sei nur in den USA und Kanada zugelassen, allerdings beschränkt auf die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie und zur Appetitsteigerung bei Aids-Patienten. Als Rezepturarzneimittel bedürfe Dronabinol zwar keiner Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG), unterliege aber dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, Fünftes Buch (SGB V) für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) sei bislang aber kein entsprechender Antrag gestellt und auch kein Verfahren von Amts wegen eingeleitet worden. Einschlägige Studien mit wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen seien dort nicht bekannt. Auch aus der Rechtsprechung des BVerfG ergebe sich nichts anderes. Das BVerfG habe nicht entschieden, dass im Falle des Vorliegens einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf jegliche Art von Behandlung und Verordnung geleistet werden müsse; vielmehr habe es einen Anspruch auf außerhalb des eigentlichen Leistungskatalogs stehende Behandlungen davon abhängig gemacht, dass keine andere, dem medizinischen Standard näher stehende Behandlungsmethode zur Verfügung stehe und zudem eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder Linderung verlangt. Für die Klägerin seien jedoch noch andere Behandlungsmöglichkeiten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) benannt worden. Dass diese schon vergeblich ausprobiert worden seien, werde zwar behauptet, aber durch keine Dokumentation belegt. Auch bestehe die Möglichkeit einer enteralen Ernährung mit jejunaler Sondennahrung oder parenteraler Arzneimittelzufuhr. Die Aussicht auf Heilung und Linderung ergebe sich nur aus der entsprechenden Einschätzung der behandelnden Ärzte. Dagegen habe das Bundessozialgericht (BSG) in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG aus Gründen des Patientenschutzes ein Erkenntnisniveau verlangt, dass demjenigen der Zulassungsreife eines Arzneimittels entspreche. Daran fehle es für Dronabinol aber. Bei den von der Klägerin beschriebenen Symptomen Übelkeit und Erbrechen handele es sich nicht um seltene Erkrankungen. In Bezug auf Dronabinol werde in den frei verfügbaren Berichten regelmäßig darauf hingewiesen, dass es wirksamere Alternativen gebe. Weder berichteten die behandelnden Ärzte über Behandlungsversuche mit Vomex-Präparaten oder anderen Standardpräparaten wie Promethazin oder Haloperidol, noch seien die Auswirkungen der Gabe von Dronabinol oder anderen Präparaten auf die Entwicklung des Körpergewichts dokumentiert.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte unter Klagerücknahme im Übrigen zu verurteilen, ihr 10.224,21 Euro zu erstatten (ärztliche Verordnungen vom 12. Juli 2007 bis 16. August 2010 für Dronabinol-Tropfen).
Seit der Verordnung vom 12. Juli 2007 werde die Einlösung der Kassenrezepte über Dronabinol von den Apotheken verweigert, seitdem sei sie Selbstzahlerin; die letzte nicht auf Kosten der Beklagten eingelöste Verordnung datiert vom 16. August 2010. Insgesamt habe sie damit 10.224,21 Euro ausgelegt.
Die Seltenheit ihrer Erkrankung sei der Grund, dass es keine Richtlinien zur Behandlung oder einen Antrag auf Abgabe einer Empfehlung für das streitige Medikament gebe. Für den Fall einer singulären Erkrankung habe das BSG anerkannt, dass eine Leistungspflicht für nicht zugelassene Medikamente bestehe, Auch die vorherige Anerkennung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei nicht erforderlich. Bei im Ausland bereits zugelassenen Medikamenten seien ohne begründete Zweifel auch keine weiteren Ermittlungen erforderlich. Für Marinol bestehe in den USA und Kanada eine Zulassung zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen. Die Singularität und die lebensbedrohende Qualität der Erkrankung der Klägerin werde durch die Stellungnahme des behandelnden Arztes Prof. Dr. L vom 13. Oktober 2004 bestätigt. Dessen weitere Stellungnahmen belegten auch, dass andere Behandlungsmöglichkeiten bereits (erfolglos) versucht worden seien. Der Vorschlag, die Klägerin solle sich in Form enteraler Ernährung mit jejunaler Sondennahrung oder parentaler Arzneimittelzufuhr behandeln lassen, widerspreche der Verhältnismäßigkeit.
Der bisher zuständige 24. Senat des LSG Berlin-Brandenburg hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. A mit der Erstellung eines neurologischen Fachgutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 3. Dezember 2007 führt Prof. Dr. A aus, dass die Erkrankung der Klägerin als lebensbedrohlich bzw. regelmäßig tödlich anzusehen sei, wenn nicht eine Diagnose, sondern die Verbindung mehrerer Symptome betrachtet werde. Die Gewährung von Aufnahme und Resorption der antihypertensiven Medikamente sei lebensnotwendig, die Wiederholung einer Hypertonie-induzierten Hirnblutung lebensbedrohlich und möglicherweise tödlich. Aus den bisher dokumentierten Therapieerfahrungen und den erneut einsetzenden Verschlechterungen bei den Auslassversuchen ergäben sich nach gewissenhafter fachlicher Einschätzung ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Heilungserfolg bei der Klägerin. Es sei nach den eigenen Angaben der Klägerin sowie nach den Stellungnahmen von Prof. Dr. L zweifelsfrei, dass die Gabe von Dronabinol bei der Klägerin zu einer spürbaren positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf geführt habe. Eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung stehe nicht zur Verfügung. Vomex werde in Kombination mit Dronabinol eingesetzt, eine Behandlung mit Promethazin oder Haloperidol entspreche keineswegs dem allgemeinen medizinischen Standard; es handele sich um Psychopharmaka bzw. Neuroleptika, deren Wirksamkeit nicht ausreichend erwiesen sei und bei denen ein erhebliches Nebenwirkungsspektrum vorliege. Eine parenterale Applikation von Medikamenten könne nicht einmal theoretisch erwogen werden, da es sich um eine Langzeit-Medikation handele.
Zu dem Gutachten hat die Beklagte auf eine Stellungnahme des MDK verwiesen, wonach die eigentliche lebensgefährdende Erkrankung der Klägerin eine Hypertonie sei, die primär behandelt werden müsse. Zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen stünden noch andere Substanzen zur Verfügung, z.B. Aprepitant. Zu allen möglichen Einsatzbereichen von Cannabis existierten alternativ überlegene Arzneimittel.
Der dazu erneut vom Senat befragte Gutachter Prof. Dr. A hat in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 28. März 2008 an der Einschätzung aus seinem Gutachten festgehalten. Der Vorschlag, Medikamente über eine jejunale Sonde zu geben, könne nicht ernst gemeint sein. Auch der in seinem Gutachten bestätigte zentrale Lagerungsschwindel sei objektiv belegt.
Die Beklagte hat dazu wiederum auf die erneut eingeholte Einschätzung des MDK Bezug genommen, der an dem Vorschlag der Versorgung über eine jejunale Sonde festgehalten und erneut ausgeführt hat, dass potentere Präparate gegen Schwindelgefühl und Übelkeit als Cannabisprodukte existierten.
Die Klägerin hat darauf entgegnet, dass nach neurologischer Einschätzung eine verbesserte Blutdruckeinstellung keinen positiven Einfluss auf den Schwindel und das Erbrechen habe. Auch bei Zuführung von Bluthochdruckmedikamenten über eine Sonde würde sie weiter Nahrung erbrechen, was ebenfalls in eine lebensgefährliche Situation münden könne. Soweit die Beklagte noch das Medikament Aprepitant vorgeschlagen habe, sei dieses nicht für eine Langzeitbehandlung zugelassen. Insbesondere seien Wechselwirkungen mit den Bluthochdruckmedikamenten zu besorgen. Die Durchführung einer enteralen Ernährung widerspreche auch den Arzneimittelrichtlinien, da sie - die Klägerin – unter Gabe eines bestimmten Medikamentes fähig sei, Nahrung aufzunehmen und bei sich zu behalten. Auch sei es unverhältnismäßig, sie langfristig auf eine Sondenernährung zu verweisen.
Dazu hat die Beklagte wieder eine weitere Stellungnahme des MDK eingeholt, der ausgeführt hat, dass es zurzeit offenbar keine lebensbedrohliche Situation mehr gebe, weswegen zu Lasten der GKV weder ein Import-Präparat verordnet noch eine Apothekenherstellung vorgenommen werden dürfe.
Die Klägerin hat erwidert, dass ihr relativ guter Zustand auf die weitere Einnahme von Dronabinol zurückzuführen sei, die sie seit Mitte 2007 notgedrungen selbst finanziere.
Diese Ursächlichkeit bestreitet wiederum die Beklagte, weil es auch andere Behandlungsmöglichkeiten gegeben hätte.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Der Senat durfte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beklagten einseitig verhandeln und nach Lage der Akten entscheiden, weil die Beklagte mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dem Antrag auf Terminsverlegung musste der Senat aus dem der Sitzungsniederschrift zu entnehmenden Gründen nicht entsprechen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts erweist sich im Wesentlichen als zutreffend. Die Klägerin hat Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol entsprechend den ärztlichen Verordnungen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch die Erstattung der Kosten für das in der Zeit vom 14. Juli 2007 bis 18. August 2010 von der Klägerin selbst gekaufte Medikament. Für die Zeit vorher hat die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag Dronabinol als Sachleistung auf Kassenrezept zu Lasten der Beklagten erhalten, entsprechend hat sie in der mündlichen Verhandlung den ursprünglichen Klageantrag zurückgenommen. Für die Zeit nach dem 18. August 2010 fehlt es bislang an einer ärztlichen Verordnung, so dass schon aus diesem Grund keine Leistungspflicht der Beklagten ausgesprochen werden kann. Auch insoweit hat die Klägerin ihren Klageantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat beschränkt.
Der Sache nach hat das Sozialgericht in seinem von der Beklagten mit der Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid die Beklagte zur Leistung von Dronabinol verurteilt. Darauf richtete sich nämlich – bei sachgerechter Würdigung des Klagebegehrens - der Klageantrag der Klägerin. Allein die Feststellung, dass eine Leistungspflicht bestehe, reichte nicht aus, um ihr einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen. Entsprechend ist der auf Feststellung lautende Tenor des Gerichtsbescheides auszulegen. Das Sozialgericht wollte die Klage – wie sich aus den Gründen des Gerichtsbescheides ergibt – nicht teilweise abweisen, sondern ihr in vollem Umfang stattgeben. Für die Vergangenheit bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wandelte sich der vom Sozialgericht ausgeurteilte, in die Zukunft gerichtete Leistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch um, da die Beklagte ihn nicht erfüllt hat. Mit diesem Inhalt ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zu bestätigen, soweit die Klägerin ihr Klagebegehren noch aufrechterhalten hat.
Gesetzliche Grundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs. 3 SGB V. Nach dieser Vorschrift sind Versicherten Kosten für selbstbeschaffte Leistungen in entstandener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu denjenigen gehört, welche die gesetzliche Krankenversicherung als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, zuletzt Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 1/09 R -, ständige Rechtsprechung).
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Fertigarzneimittel sind grundsätzlich nur dann von der Leistungspflicht der GKV umfasst, wenn ihnen die nach § 21 Abs. 2 AMG erforderliche Zulassung erteilt worden ist. Dronabinol wird zwar in den USA unter der Bezeichnung Marinol als Fertigarzneimittel vertrieben und ist dort zur Behandlung der Übelkeit bei Chemotherapie sowie zur Therapie der Kachexie und zur Appetitstimulation bei Aids-Patienten zugelassen. Diese Zulassung entfaltet aber keinerlei Rechtswirkungen für Deutschland (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -).
Gegenstand des Rechtsstreits ist indessen die Versorgung der Klägerin mit Dronabinol als Rezeptursubstanz, auf die die Behandlung der Klägerin nach Auskunft ihres behandelnden Arztes bereits seit November 2001 umgestellt worden ist. Die Verordnung von Dronabinol als Rezeptursubstanz ist nach § 73 Abs. 3 AMG und unter Beachtung der Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (§ 13 BtMG und Anlage III zu Abs. 1 BtMG) grundsätzlich zulässig (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R - ). Die von der Klägerin vorgelegten Rezepte mit den Daten vom 12. Juli 2007 bis 16. August 2010 genügen den Vorschriften der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV), da die in § 2 Abs. 1 a) Nr. 5 BtMVV festgesetzte Höchstmenge von 500 mg nicht überschritten wird. Auch der die Einnahme betreffende Vermerk „gemäß schriftlicher Anweisung“ ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BtMVV zulässig.
Leistungsrechtlich dürfen die Krankenkassen aber nach der Rechtsprechung des BSG eine neuartige Therapie mit einem Rezepturarzneimittel, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) noch nicht empfohlen worden ist, eigentlich nicht gewähren, weil sie an das sich aus § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergebende Verbot und die das Verbot konkretisierenden Richtlinien des GBA gebunden sind (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -). Für die Therapie von Übelkeit und/oder Erbrechen oder speziell eines unstillbaren Erbrechens bei zentralem Lagerungsschwindel nach hypertensiver Kleinhirnblutung hat der GBA bislang keine Empfehlung für Dronabinol erteilt. Das wird durch das von der Beklagten vorgelegte Schreiben des GBA vom 16. August 2006 bestätigt, wonach bei ihm bislang weder ein Antrag auf Überprüfung einer Behandlung mit dem Rezepturarzneimittel Dronabinol gestellt worden sei, noch genügend Anhaltspunkte vorlägen, um ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen einzuleiten.
Allerdings sind in der Rechtsprechung des BSG bereits Ausnahmen von dem Erfordernis einer vorherigen Empfehlung durch den GBA für die Therapie mit einem Rezepturarzneimittel anerkannt. Dies betrifft zunächst die sog. Seltenheitsfälle, die sich einer systematischen Erforschung entziehen, sowie dann die Fälle des sog. Systemversagens, in denen der GBA trotz Erfüllung der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine Überprüfung untätig geblieben und die fehlende Anerkennung darauf zurückzuführen ist. Aus diesen anerkannten Ausnahmefällen ergibt sich indessen kein Anspruch der Klägerin auf Versorgung. Dass ein Fall des Systemversagens hier nicht vorliegt, begründet sich zunächst daraus, dass bisher kein Antrag auf Überprüfung einer Therapie mit Dronabinol gestellt worden ist. Die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens von Amts wegen wäre nur erforderlich gewesen, wenn genügend aussagekräftige Studien vorlägen, die einen entsprechenden Therapieerfolg bestätigten (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -). Dies hat der GBA in seinem Schreiben vom 16. August 2006 verneint. Etwas Gegenteiliges hat sich auch aus den Ermittlungen des vorliegenden Verfahrens nicht ergeben, vielmehr hat die Neurologische Klinik der Universität München in ihrer dem Sozialgericht erteilten Auskunft vom 15. April 2004 ausdrücklich bestätigt, dass es keine klinische Studien über die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen mit Cannabinoiden gebe. Die von der Beklagten vorgelegte Grundsatzstellungnahme des MDK vom 12. August 2004 beurteilt die Aussagekraft der vorhandenen Studien zurückhaltend, ein allgemeiner Therapiestandard habe sich nicht entwickelt. Der behandelnde Arzt Prof. Dr. L beruft sich für die fachliche Anerkennung der von ihm gewählten Behandlungsmethode im Wesentlichen auf einen Artikel in dem British Medical Journal aus dem Jahre 2001, der auch vom MDK in seiner Grundsatzstellungnahme ausgewertet worden ist. Dieser Artikel bezieht sich nur auf Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie; er berichtet, dass bei Studien (gelegentlich) positive Wirkungen bei der Gabe von Cannabinoiden beobachtet worden seien, ohne aber die regelmäßige Überlegenheit dieser Behandlungsform begründen zu wollen. Dementsprechend kommt der Senat zu dem Schluss, dass für den Einsatz von Cannabinoiden zu therapeutischen Zwecken nach wie vor die allgemeine wissenschaftliche Anerkennung fehlt, so dass dem GBA ein Untätigbleiben in dieser Frage nicht als Systemversagen vorgehalten werden kann (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -).
Auch ein Seltenheitsfall, der sich der systematischen Erforschung entzieht, liegt nicht vor. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die gerade bei der Klägerin vorliegende besondere Konstellation – wie von ihrem behandelnden Arzt Prof. Dr. L bestätigt - bestenfalls einmal unter einer Million Menschen auftritt. Denn die Gabe von Dronabinol soll nicht den bestehenden regelwidrigen Körperzustand, hier die bei der Klägerin zu Schwindel und Erbrechen führende Kleinhirnschädigung bei Bluthochdruck, als solches heilen, sondern bestimmte Symptome, nämlich Übelkeit und Erbrechen, bekämpfen, die weitaus häufiger auftreten. Wesentlich für das Behandlungskonzept ist demnach nicht die Ursache der Beschwerden, sondern die Möglichkeit ihrer Unterdrückung. Daran ist dann auch die Seltenheit des Behandlungsfalles zu messen. Die Symptome Übelkeit und Erbrechen treten aber häufig genug auf, um eine wissenschaftlich begründete Untersuchung der Wirksamkeit ihrer Therapie zu ermöglichen. Dass sich aus der Verwendung von Dronabinol in Fällen, in denen Übelkeit und Erbrechen andere Ursachen als bei der Klägerin haben, keine Erkenntnisse ergeben würden, die auch für den Einsatz bei der Klägerin Bedeutung hätten und auf ihren speziellen Fall übertragen werden könnten, behauptet im Übrigen selbst der behandelnde Arzt der Klägerin nicht. Im Gegenteil, er verweist für sein Behandlungskonzept insbesondere auf einen Artikel in einer medizinischen Fachzeitschrift, dessen Gegenstand die Verwendung von Cannabinoiden bei Übelkeit und Erbrechen ist, welche durch eine Chemotherapie hervorgerufen werden.
Gleichwohl besteht unter den besonderen individuellen Verhältnissen der Klägerin ein Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol. Nach der Rechtsprechung des BSG ist im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung des SGB V (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip; Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) eine Versorgung mit nicht zugelassenen Fertigarzneimitteln oder Rezepturarzneimitteln ohne Anwendungsempfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausnahmsweise möglich, wenn eine notstandsähnliche Situation vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden aktuellen Behandlungsbedarf typisch ist (Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 12/04 R - im Anschluss an BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 -). Drohen muss nach den Umständen des Einzelfalles, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kurzen Zeitraumes verwirklichen wird. Gleichgestellt ist der Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion. Das Arzneimittel muss in dieser Situation eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine wenigstens spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf bieten. Diese vom BSG für die Versorgung mit Arzneimitteln aufgestellten Regeln hat das BVerfG ausdrücklich als verfassungsrechtlich zulässig angesehen (BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2008 - 1 BvR 1665/07).
Zur Überzeugung des Senats liegt bei der Klägerin eine lebensbedrohende Erkrankung vor, welche der Behandlung bedarf. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht insoweit allein eine schwere Erkrankung nicht aus, vielmehr muss die konkrete Gefahr bestehen, dass (ohne Behandlung) in näherer Zeit ein tödlicher Krankheitsverlauf eintritt (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -). Auch diese strengen Anforderungen werden in dem vorliegenden Sachverhalt indessen erfüllt. Dafür bezieht sich der Senat auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. A, der die Angaben des behandelnden Arztes Prof. Dr. L bestätigt hat. Danach besteht bei der Klägerin unbehandelt konkrete Lebensgefahr, weil der bestehende erhebliche Bluthochdruck die Gefahr einer erneuten Gehirnblutung mit sich bringt, welche die Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs einschließt. Diese Möglichkeit ergibt sich nicht aus einer weiteren Entwicklung der Erkrankung in der Zukunft, sondern besteht schon jetzt, wenn eine Therapie unterbleibt. Da die Klägerin Dronabinol fortlaufend, auch auf eigene Kosten, eingenommen hat, kann das Bestehen von konkreter Lebensgefahr – entgegen den Ausführungen der Beklagten - nicht mit der Hinweis verneint werden, dass der Gesundheitszustand der Klägerin zurzeit hinreichend gut sei. Maßgeblich für den Anspruch der Klägerin ist nämlich die – vorliegend hypothetisch zu beantwortende – Frage, wie ihr Gesundheitszustand ohne die Gabe von Dronabinol wäre.
Auch der Hinweis der Beklagten, dass die eigentlich lebensbedrohende Krankheit der Klägerin nicht Übelkeit und Erbrechen, sondern der Bluthochdruck sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Prüfung des Vorliegens einer notstandsähnlichen Situation ist auf die konkret-individuelle Lage des Versicherten abzustellen. Die Situation der Klägerin ist aber nicht nur durch Bluthochdruck, sondern auch dadurch geprägt, dass dessen Behandlung durch Übelkeit und Erbrechen erschwert ist. Die Klägerin wird durch letztere wegen der Auswirkungen auf die Möglichkeit einer Behandlung ihrer Grunderkrankung weit stärker betroffen als jemand, der nur an Übelkeit und Erbrechen und nicht zusätzlich auch an schwer einstellbarem extremen Bluthochdruck leidet. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob der Bluthochdruck oder die Übelkeit jeweils für sich gesehen als schwere lebensbedrohliche Krankheit angesehen werden könnte. Der Annahme eines lebensbedrohlichen Zustands steht dabei nach der Rechtsprechung des BVerfG auch nicht entgegen, dass die Therapie mit Dronabinol nicht unmittelbar auf dem Bluthochdruck mit der Gefahr einer erneuten Gehirnblutung einwirkt (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2007, 1 BvR 3101/06, zitiert nach juris, dort Rdnr. 23, [Apheresebehandlung] sowie Beschluss vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07 [Hyperthermiebehandlung zur Schmerzbekämpfung]).
Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass in der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung ein Anspruch von Versicherten der GKV auf Versorgung mit Dronabinol regelmäßig abgelehnt wurde (BSG, Urteil vom 27. März 2007 – B 1 KR 30/06 R -; Bayerisches LSG, Urteil vom 11. September 2007 – L 5 KR 132/06 – und vom 13. Dezember 2007 – L 4 KR 150/06 - ; Landessozialgericht für das Land NRW, Urteil vom 14. Februar 2008 – L 5 KR 25/06 -, LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Dezember 2008 – L 5 KR 52/08 -). Diesen Entscheidungen ist aber nicht der Rechtssatz zu entnehmen, dass ein Anspruch auf Versorgung mit Dronabinol unter keinen Umständen gegeben sein könnte. Maßgebend sind vielmehr die konkreten Verhältnisse des jeweiligen zu entscheidenden Sachverhaltes, die aufzuklären sind und sich dann anders als in den schon entschiedenen Fällen darstellen können (vgl. schon Beschluss des erkennenden Senats vom 4. März 2008 –L 9 B 462/07 KR PKH -).
Weiter besteht eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine wenigstens spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf. Das hat der Gutachter Prof. Dr. A so bestätigt. Seine Einschätzung ist für den Senat nachvollziehbar. Wenn Erbrechen und Schwindel durch die Gabe von Dronabinol unterdrückt werden, kann die Klägerin genügend Medikamente gegen Bluthochdruck auf oralem Wege aufnehmen und bei sich behalten, um ihren lebensgefährdenden Bluthochdruck auf ein tragbares Maß zu senken. Die Gabe von Dronabinol bei Übelkeit wird in der medizinischen Fachwelt als Behandlungsmöglichkeit zudem zumindest erwogen, wie sich aus der dem Sozialgericht erteilten Auskunft der Neurologischen Klinik der Universität München, aber auch aus dem vom MDK erstellten Grundsatzgutachten ergibt. Der positive Einfluss von Dronabinol für den konkreten Behandlungsfall der Klägerin ist dadurch belegt, dass nach Auskunft des behandelnden Arztes das Erbrechen wieder zunahm, nachdem die Klägerin das Präparat abgesetzt hatte.
Schließlich steht auch keine andere Behandlungsmöglichkeit aus dem anerkannten Leistungskatalog der GKV zur Verfügung. Soweit die Beklagte andere Medikamente zur Behandlung des Erbrechens von der Beklagten benannt hat, nämlich Vomex, Promethazin, Haloperidol und Aprepitant, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin Vomex in Kombination mit Dronabinol einnimmt, die alleinige Gabe aber zur Therapie als nicht ausreichend angesehen wird. Promethazin und Haloperidol sind nach dem Gutachter Prof. Dr. A vorliegend nur im Off-Label-Use verwendbar und mit der Gefahr erheblicher Nebenwirkungen verbunden. Zu Aprepitant hat die Klägerin vortragen lassen, dass dieses Medikament nicht zur Langzeittherapie zugelassen sei, der MDK hat an dem Hinweis auf dieses Medikament als Ausweichmöglichkeit nicht festgehalten. Soweit die Beklagte vorgeschlagen hat, den Bluthochdruck der Klägerin im Wege einer parenteralen Medikamentengabe zu behandeln, schließt sich der Senat der Auffassung des Gutachters Prof. Dr. A an, dass eine Gabe blutdrucksenkender Medikamente im Wege der Injektion oder einer Sonde angesichts der Notwendigkeit einer Dauerbehandlung zu aufwändig und auch risikobehaftet wäre, um als Alternative zu einer Einnahme auf natürlichen Wege in Betracht zu kommen, deren Möglichkeit durch die Gabe von Dronabinol gesichert werden kann. Dies erscheint insbesondere deswegen gerechtfertigt, weil sich die Beklagte nicht näher dazu geäußert hat, unter welchen konkreten Voraussetzungen und Bedingungen dauerhaft eine Medikamentengabe auf parenteralem Wege erfolgen könnte.
Der Höhe nach ergibt sich die Erstattungsforderung aus den von der Klägerin sämtlich im Original vorgelegten Rezepten vom 12. Juli 2007, 13. August 2007, 31. Oktober 2007, 7. Januar 2008, 25. Februar 2008, 15. April 2008, 18. Juni 2008, 29. Juli 2008, 29. September 2008, 3. November 2008, 7. November 2008, 29. Januar 2009, 10. März 2009, 10. April 2009, 26. Mai 2009, 14. Juli 2009, 1. September 2009, 12. Oktober 2009, 27. November 2009, 13. Januar 2010, 2. März 2010, 15. April 2010, 20. Mai 2010 und 16. August 2010, denen ein Gesamtbetrag der entstandenen Kosten von 10.224,21 Euro zu entnehmen ist.
Die Berufung der Beklagten konnte demnach keinen Erfolg haben.
Auch in der Zukunft wird die Beklagte der Klägerin entsprechend dem oben Erörterten Dronabinol leisten müssen, wenn bei unverändertem Gesundheitszustand weitere vertragsärztliche Verordnungen erfolgen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Klägerin in der Sache ihr Ziel vollständig erreicht hat.
Gründe für die Zulassung der Revision entsprechend § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Insbesondere weicht der Senat nicht von Rechtssätzen ab, welche das BSG zur Beurteilung eines Anspruchs auf Versorgung mit einem Rezepturarzneimittel aufgestellt hat. Die Frage, ob eine lebensbedrohende Erkrankung vorliegt, ist von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles abhängig; ihre Beantwortung kann demnach nicht zur Zulassung der Revision führen.