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Abfallgebühr; Deponie; Stilllegung; Nachsorge; Rücklage; Kalkulation; Überdeckung; Ausgleich; Bescheid; Auslegung; Satzungsrecht; Vorauszahlung; Entstehung der Grundgebühr; antizipierte Gebühr


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 13.09.2012
Aktenzeichen OVG 9 N 85.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 VwGO, § 124a VwGO, § 6 Abs 3 S 2 KAG BB, § 9 AbfG BB

Tenor

1. Der Berufungszulassungsantrag des Klägers wird auf dessen Kosten zurückgewiesen; der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens insoweit wird auf bis zu 300 Euro festgesetzt.

2. Der Berufungszulassungsantrag des Beklagten wird auf dessen Kosten zurückgewiesen; der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens insoweit wird auf bis zu 300 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über Abfallgebühren (Veranlagungsjahre 2007 und 2008).

Der Beklagte richtete unter dem 12. Januar 2008 einen Grundbesitzabgabenbescheid an den Kläger, in dem es unter anderem hieß:

"Bisher wurden für das Jahr 2007 festgesetzt:

Jahr   

        

von     

bis     

Berechnungsgrundlage

Betrag

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

2007   

030 Behältergrundgebühr Restmüll

01.01.2007

31.12.2007

Grundgebühr für 1 Abfallbehälter mit 60 Ltr. Füllraum 18,15 € = 18,15 €
Grundgebühr für 1 Abfallbehälter mit 120 Ltr. Füllraum 36,30 € = 36,30 €

54,45 €

2007   

031 Entleerungsgebühr Restmüll

01.01.2007

31.12.2007

23 Entleerungen von Abfallbehälter mit 60 Ltr. Füllraum […]
30 Entleerungen von Abfallbehälter mit 120 Ltr. Füllraum […]

78,95 €

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

2007   

034 Gewicht

01.01.2007

31.12.2007

909 kg Restmüll zu je 0,17 € = 154,53 €
296 kg Biomüll zu je 0,08 € = 23,68 €

178,21 €

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

2007   

040 Straßenreinigung

[…]     

[…]     

[…]     

75,46 €

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

Gesamtbetrag 1

2.230,39 €

Abrechnung für das Jahr 2007 und Neufestsetzung für das Jahr 2008
(bei Abfall bitte beachten: Abrechnung des Verbrauchs in 2007 und Vorauszahlung für 2008 auf der Grundlage des Verbrauchs 2007)

Jahr   

        

von     

bis     

Berechnungsgrundlage

Betrag

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

2007   

030 Behältergrundgebühr Restmüll

01.01.2007

31.12.2007

Grundgebühr für 1 Abfallbehälter mit 60 Ltr. Füllraum 18,15 € = 18,15 €
Grundgebühr für 1 Abfallbehälter mit 120 Ltr. Füllraum 36,30 € = 36,30 €

54,45 €

2008   

030 Behältergrundgebühr Restmüll

01.01.2008

31.12.2008

[wie vor]

54,45 €

2007   

031 Entleerungsgebühr Restmüll

01.01.2007

31.12.2007

12 Entleerungen von Abfallbehälter mit 60 Ltr. Füllraum […]
18 Entleerungen von Abfallbehälter mit 120 Ltr. Füllraum […]

44,76 €

2008   

031 Entleerungsgebühr Restmüll

01.01.2008

31.12.2008

12 Entleerungen von Abfallbehälter mit 60 Ltr. Füllraum […]
18 Entleerungen von Abfallbehälter mit 120 Ltr. Füllraum […]

44,76 €

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

2007   

034 Gewicht

01.01.2007

31.12.2007

631 kg Restmüll zu je 0,17 € = 107,27 €
65 kg Biomüll zu je 0,08 € = 5,20 €

112,47 €

2008   

034 Gewicht

01.01.2008

31.12.2008

[wie vor]

112,47 €

2007   

040 Straßenreinigung

[…]     

[…]     

[…]     

75,46 €

2008   

040 Straßenreinigung

[…]     

[…]     

[…]     

74,46 €

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

[…]     

Gesamtbetrag 2

4.260,92 €

In 2008 zu zahlen […] (Gesamtbetrag 2 minus Gesamtbetrag 1) 2.030,53 €"

Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2008 zurück.

Der Kläger hat am 21. April Klage in Bezug auf bestimmte Gebührenpositionen erhoben. Nach Verfahrensabtrennung und Teilerledigungserklärungen ist es im vorliegenden Verfahren noch um vier Gebührenpositionen gegangen, nämlich um

1. die Behältergrundgebühr Restmüll 2007,

2. die Entleerungsgebühr Restmüll 2007,

3. die Gewichtsgebühr 2007 und

4. die Behältergrundgebühr Restmüll 2008.

Mit Urteil vom 16. Juni 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 wegen Unzulässigkeit abgewiesen, ihr im Übrigen aber stattgegeben.

Das Urteil ist dem Kläger am 11. oder 18. Juli 2011 zugegangen. Er hat am 21. Juli 2011 Zulassung der Berufung beantragt und seinen Zulassungsantrag erstmals am Montag, dem 12. September 2011 begründet. Das Urteil ist dem Beklagten am 11. Juli 2011 zugegangen. Er hat am 23. Juli 2011 Zulassung der Berufung beantragt und seinen Zulassungsantrag erstmals am 7. September 2011 begründet.

II.

Der Zulassungsantrag des Klägers in Bezug auf die Teilabweisung seiner Klage (Behältergrundgebühr Restmüll 2007) hat keinen Erfolg. Die Prüfung insoweit setzt allein bei den fristgerecht dargelegten Zulassungsgründen an (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Danach ist die Berufung nicht zuzulassen.

1. Die Darlegungen des Klägers wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 für unzulässig gehalten, weil die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 bereits im (vorangegangenen) Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Februar 2007 festgesetzt worden sei, der Streitgegenstand des Verfahrens VG Frankfurt (Oder) 5 K 519/07 gewesen sei. Der Beklagte habe im Verfahren 5 K 519/07 zwar erklärt, die im Bescheid vom 12. Februar 2007 erfolgte Festsetzung entfalte als Festsetzung einer Vorausleistung keine Rechtswirkungen mehr, nachdem die Behältergrundgebühr 2007 im [hier angegriffenen] Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Januar 2008 endgültig festgesetzt worden sei, und daraufhin hätten die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Blick auf das einschlägige Satzungsrecht sei die Festsetzung im Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Februar 2007 aber bereits eine endgültige Festsetzung gewesen, die wegen der übereinstimmenden Erledigungserklärung bestandskräftig geworden sei. Der hier angegriffene Bescheid vom 12. Januar 2008 enthalte hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 lediglich eine ohne erneute Sachprüfung ergangene wiederholende Verfügung, die keinen angreifbaren Verwaltungsakt darstelle.

Der Kläger wendet ein, der Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Januar 2008 enthalte auch hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 eine als Verwaltungsakt angreifbare Festsetzung; der Beklagte fordere mit dem Bescheid vom 12. Januar 2008 einen konkreten Abgabenbetrag an, in dem die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 enthalten sei. Darüber hinaus habe der Beklagte in dem Bescheid vom 12. Februar 2007 im Rechtssinne nur eine Vorausleistung auf die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 festgesetzt; die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 sei als Jahresgebühr nämlich erst am 31. Dezember 2007 entstanden. Der Beklagte habe insoweit im Jahr 2008 auch eine erneute Sachprüfung vorgenommen, und zwar zumindest im Widerspruchsbescheid. Außerdem sei der ausdrücklich als "Änderungsbescheid" bezeichnete Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Januar 2008 mit einer nicht auf einzelne Bescheidteile beschränkten Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen. Die Festsetzung der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 in dem Bescheid vom 12. Februar 2007 sei auch nicht bestandskräftig geworden. Der Einstellungsbeschluss des Einzelrichters in dem Verfahren 5 K 519/07 habe für das vorliegende Verfahren keine Bindungswirkung. Außerdem sei die Begründung des Einzelrichters für seine Kostenentscheidung unrichtig. Der Beklagte habe seinerzeit erklärt, aus dem Bescheid vom 12. Februar 2007 keine Rechtswirkungen mehr zu ziehen. Die diesbezügliche Motivation der Behörde sei rechtlich unerheblich; das Gericht könne die Wirkung einer solchen Erklärung nicht durch eine abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage mindern oder beseitigen. Nach der Erklärung des Beklagten, aus dem Bescheid vom 12. Februar 2007 keine Rechtswirkungen zu ziehen, sei ihm - dem Kläger - zur Vermeidung einer Klageabweisung gar nichts anderes mehr übrig geblieben, als den damaligen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

Dies begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007. Das Verwaltungsgericht hat bei der Auslegung des Grundbesitzabgabenbescheides vom 12. Januar 2008 zu Recht das Satzungsrecht der Stadt F... in den Blick genommen. Danach enthält der Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Januar 2008 in Bezug auf die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 keine erstmalige endgültige Festsetzung, die noch mit Argumenten gegen den Gebührensatz angegriffen werden könnte. Die Behältergrundgebühr Restmüll 2007 ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der am 14. Dezember 2006 beschlossenen Abfallgebührensatzung für 2007 (AGS 2007) bereits mit Beginn des Jahres 2007 entstanden, durch den Grundbesitzabgabenbescheid vom 12. Februar 2007 endgültig festgesetzt und noch im Jahr 2007 fällig geworden (§ 5 Abs. 1 AGS 2006). Die im Jahr 2007 auf sie geleisteten Zahlungen des Klägers waren keine Vorauszahlungen, sondern Zahlungen auf eine bereits am Jahresanfang entstandene Gebühr. Das ergibt sich nicht nur aus den bereits zitierten Satzungsregelungen, sondern auch daraus, dass § 6 AGS 2006 konsequenterweise Vorauszahlungen nur für die Entleerungsgebühr und die Gewichtsgebühr vorsieht. Es ist zulässig, die Grundgebühr als "antizipierte Gebühr" bereits am Jahresanfang entstehen zu lassen, denn die mit ihr abgegoltene Vorhalteleistung wird bereits zum Jahresanfang in Anspruch genommen (vgl. dazu Kluge, in: Becker u. a., KAG Bbg, § 6 Rdnr. 810 f.). Der Umstand, dass die zu Jahresanfang bereits entstandene Grundgebühr nachträglich teilweise wieder entfällt, wenn sich die Zahl der Behälter verringert oder die Aufstellung nicht das ganze Jahr erfolgt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 ABS 2006), bedeutet lediglich einen Änderungsanspruch des Betroffenen in Bezug auf die bereits erfolgte Gebührenfestsetzung. Soweit der Beklagte mit seinem Bescheid vom 12. Januar 2008 stillschweigend diesen Änderungsanspruch in Bezug auf den Kläger und das Veranlagungsjahr 2007 verneint hat, mag das im Wege einer Verpflichtungsklage angreifbar sein; die diesbezüglich allein einschlägigen Argumente (Verringerung der Behälterzahl oder der Aufstellungsmonate) hat der Kläger indessen nicht vorgebracht. Durch die hier vorgenommene Auslegung des Bescheides vom 12. Januar 2008 wird der Kläger auch nicht der Rechtsschutz gegen die Festsetzung der Behältergrundgebühr 2007 abgeschnitten. Der Kläger hat gegen deren Festsetzung schon im Bescheid vom 12. Februar 2007 klagen können und das auch getan. Soweit der Beklagte erklärt haben soll, dass die Gebührenfestsetzung aus dem Bescheid vom 12. Februar 2007 keine Rechtswirkungen mehr entfalten solle, mag es nahegelegen haben, die diesbezügliche Klage in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Indessen darf der Kläger den Beklagten insoweit beim Wort nehmen mit der Folge, dass es keine beachtliche Festsetzung der Behältergrundgebühr 2007 (mehr) gibt: Die Festsetzung in dem Bescheid vom 12. Januar 2007 soll wegen der Erklärung des Beklagten wirkungslos sein und die Regelung im Bescheid vom 12. Februar 2008 stellt im Lichte des einschlägigen Satzungsrechts nur eine - jetzt gleichsam ins Leere gehende - Versagung einer Änderung der Gebührenfestsetzung dar, aber keine Festsetzung der Gebühr selbst. In eine solche konnte der Beklagte sie auch nicht nachträglich umwidmen. Danach bedarf der Kläger auch keines Rechtsschutzes in Bezug auf die Behältergrundgebühr 2007.

2. Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich nicht, dass die Berufung wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen wäre. Der Kläger macht insoweit geltend, die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe hinsichtlich der Behältergrundgebühr Restmüll 2007 im Jahr 2008 keine erneute Sachprüfung unternommen, beruhe auf einer Unterstellung und unterlassener Sachaufklärung zum Prüfungsumfang des Beklagten. Dies greift nicht. Der Kläger legt schon nicht dar, inwieweit sich dem Verwaltungsgericht bei Zugrundelegung seines eigenen - des Verwaltungsgerichts - Rechtsstandpunktes eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

III.

Auch der Zulassungsantrag des Beklagten in Bezug auf die Teilstattgabe der Klage (Entleerungsgebühr Restmüll 2007, die Gewichtsgebühr 2007 und Behältergrundgebühr Restmüll 2008) hat keinen Erfolg. Die Prüfung insoweit setzt wiederum allein bei den fristgerecht dargelegten Zulassungsgründen an (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Danach ist die Berufung ebenfalls nicht zuzulassen.

1. Die Darlegungen des Beklagten begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Festsetzung der Entleerungsgebühr 2007, der Gewichtsgebühr 2007 und der Behältergrundgebühr Restmüll 2008 mit dem Argument aufgehoben, die zu Grunde liegende Abfallgebührensatzung für 2007 (Entleerungsgebühr 2007, der Gewichtsgebühr 2007) und die am 13. Dezember 2007 beschlossene Abfallgebührensatzung für 2008 (Behältergrundgebühr 2008) seien wegen Fehlern bei der Festlegung der Gebührensätze nichtig. Es mangele jeweils an einer ordnungsgemäßen Gebührenkalkulation. Die Gebührensätze seien überhöht. Entgegen § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG sei folgende, in den Jahren 2000 bis 2006 entstandene Kostenüberdeckung von insgesamt 992.778,87 Euro nicht ausgeglichen, sondern außerhalb der Gebührenkalkulation in einer "roten Rücklage" ausgewiesen worden, die der Finanzierung der Rekultivierung und Nachsorge der Abfalldeponie Seefichten dienen solle:

Jahr   

Überdeckung (Euro)

2000   

29.553,83

2001   

64.743,28

2002   

200.628,49

2003   

94.950,25

2004   

111.114,59

2005   

171.958,57

2006   

319.839,86

Zwar gehörten Aufwendungen für Nachsorgemaßnahmen an stillgelegten Abfalldeponien grundsätzlich zu den gebührenfähigen Kosten der Abfallentsorgung. Indessen seien vorrangig vorhandene Rücklagen aus der Betriebsphase zur Absicherung der Stillegungs- und Nachsorgekosten einzusetzen. Eine Rücklagenbildung während der Nachsorgephase, zumal wenn sie außerhalb einer Gebührenkalkulation erfolge, sei demgegenüber nicht als Alternative zum Ansatz der Nachsorgekosten in der Gebührenkalkulation anzusehen. Vorliegend ergebe sich aus der vorgelegten Gebührenkalkulation nicht, dass die Stadt F... Rücklagen aus der Betriebsphase berücksichtigt, verbliebene Kosten der Stilllegung und Nachsorge nachvollziehbar prognostiziert und in die Gebührenkalkulation für das jeweilige Erhebungsjahr eingestellt habe. Im Übrigen dürfe auch eine Rücklagenbildung nicht außerhalb der Gebührenkalkulation erfolgen. Eine nachträgliche Neukalkulation der Gebührensätze für 2007 und 2008 unter Berücksichtigung von früher angefallenen Rekultivierungsaufwendungen für die Deponie Seefichten sei nicht zulässig. Ausgehend vom Grundsatz der periodengerechten Kostenzuordnung komme eine Nachkalkulation unter Einbeziehung bestimmter Kostenpositionen nur in Betracht, wenn deren Ansatz bereits in der ursprünglichen Kalkulation zumindest vorhanden gewesen sei. Kosten, die nicht in Gebührenkalkulationen eingestellt worden seien, könnten nicht erstmals in folgenden Kalkulationsperioden als Unterdeckung berücksichtigt werden.

Der Beklagte hält dem entgegen: Eine Gebührenkalkulation sei nicht als solche Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung. Vielmehr könne es immer nur um die Frage gehen, ob im Ergebnis der Gebührenerhebung das Kostenüberschreitungsverbot verletzt sei. Das sei hier nicht der Fall. In den Jahren 2007 und 2008 habe kein Ausgleich einer Kostenüberdeckung aus den Jahren 2000 bis 2006 erfolgen müssen. Unstreitig sei, dass die in den Jahren 2000 bis 2006 erzielten Überdeckungen aus dem Abfallgebührenaufkommen in Höhe von insgesamt 992.778,87 Euro nicht in den Gebührenkalkulationen ausgewiesen seien, die bei Beschlussfassung der Abfallgebührensatzungen 2007 und 2008 vorgelegt worden seien. Die Überführung der Überdeckungen in die "rote Rücklage" zur Sanierung der Deponie S... sei indessen an anderer Stelle dokumentiert worden. Rücklagenbildung sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch noch in der Stilllegungs- und Nachsorgephase zulässig. Im Übrigen sei der "roten Rücklage" in den Jahren 2005 bis 2007 das ca. 4,8-fache zur Finanzierung der Deponiesanierung entnommen worden:

Jahr   

Entnahme zur Deponiesanierung

2005   

1.208.000

2006   

2.915.500

2007   

622.700

Summe 

4.746.200

Dies würde bei vollem Ansatz zu wesentlich höheren Gebühren geführt haben.

Dies greift nicht.

Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erheben durch Satzung Gebühren für die Abfallentsorgung, sofern nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BbgAbfBodG). Das veranschlagte Gebührenaufkommen soll die voraussichtlichen Kosten der Abfallentsorgung nicht übersteigen und in der Regel decken (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BbgAbfBodG). Zu den ansatzfähigen Kosten der Abfallentsorgung rechnen auch die voraussichtlichen Kosten der Stilllegung und Nachsorge der Abfalldeponien (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 BbgAbfBodG). Abfallentsorgungsanlagen, die durch oder im Auftrag des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers betrieben werden oder nach In-Kraft-Treten des Landesabfallvorschaltgesetzes betrieben wurden, gelten als Teil der gesamten Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, solange sie der Nachsorge bedürfen (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 Satz 3 BbgAbfBodG). Zu den ansatzfähigen Kosten gehören auch die Kosten für die Stilllegung und Nachsorge dieser Abfallentsorgungsanlagen, die nicht durch Rücklagen gedeckt sind (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 BbgAbfBodG). Letztgenannte Kosten können abweichend von § 6 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes verteilt über einen Zeitraum bis spätestens zum Ablauf des Jahres 2019 zum Ansatz gebracht werden, soweit die betreffende Abfalldeponie oder der betreffende Deponieabschnitt sich am 16. Juli 2009 in der Stilllegungs- oder Nachsorgephase befindet (§ 9 Abs. 2 Nr. 4 Satz 5 BbgAbfBodG).

Es kann hier offen bleiben, ob § 9 Abs. 2 Nr. 4 BbgAbfBodG die Möglichkeit eröffnet, im Wege der Erhebung von Abfallgebühren auch in Bezug auf solche Abfalldeponien Rücklagen für die Stilllegung und Nachsorge zu bilden, die sich bereits in der Stilllegungs- oder Nachsorgephase befinden. Denn auch danach wäre hier von überhöhten Abfallgebühren für 2007 und 2008 auszugehen, weil in diesen Jahren ein nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG notwendiger Ausgleich von Kostenüberdeckungen aus den Vorjahren nicht erfolgt ist.

Der Beklagte räumt mit seinem Zulassungsantrag ein, dass in den Jahren 2000 bis 2006 Überdeckungen aus dem Abfallgebührenaufkommen erzielt worden sind. Die entsprechenden Summen können keine kalkulationsgemäß eingenommenen Gebührenanteile in Bezug auf Deponiestilllegung oder -nachsorge oder in Bezug auf Rücklagen hierfür sein, denn dann würde es sich nicht um Überdeckungen handeln. Die Überdeckungen kann der Beklagte nicht durch den Hinweis "ungeschehen" machen, dass in den Jahren 2005 und 2006 insgesamt mehr als 4 Mio. Euro für Deponiesanierung aus der roten Rücklage entnommen worden seien. Die Abfallgebühr unterliegt, wie die in § 9 Abs. 1 Satz 2 BbgAbfBodG verwendeten Worte "veranschlagte" und "voraussichtliche" und das in § 9 Abs. 2 Satz 1 BbgAbfBodG verwendete Wort "ansatzfähige" zeigen, einem Kalkulationserfordernis. Ist die satzungsmäßige Festlegung des Abfallgebührensatzes für einen bestimmten Kalkulationszeitraum vor dem Hintergrund einer Kalkulation gefasst worden, die keinen Ansatz für Deponiestilllegung oder -nachsorge und auch keinen Ansatz für entsprechende Rücklagen enthält, liegt dem Satzungsbeschluss also die Entscheidung zu Grunde, die aktuellen Kosten für die Deponiestilllegung- oder -nachsorge in dem betreffenden Kalkulationszeitraum anderweitig zu finanzieren und insoweit auch nichts für eine Rücklage zu tun, so ist diese Entscheidung verbindlich, wenn es später um die Frage geht, ob innerhalb des Kalkulationszeitraums eine Gebührenüberdeckung erzielt worden ist. Das gilt auch dann, wenn sich nach Ablauf der Kalkulationsperiode zeigt, dass das Gebührenaufkommen die sonstigen Kosten der Abfallbeseitigung in einer Weise überstiegen hat, die auch noch Raum für eine Finanzierung der Deponiestilllegung oder -nachsorge oder entsprechende Rücklagen gelassen hätte. Die mit Blick auf die ursprüngliche Kalkulation erzielte Überdeckung bleibt Überdeckung und damit ausgleichspflichtig. Mit der Kalkulation, genauer mit der Entscheidung der Frage, welche Kosten ihrer Art nach überhaupt für einen bestimmten Kalkulationszeitraum in Ansatz gebracht werden sollen, wird zugleich festgelegt, welche Kostenpositionen später in den Blick zu nehmen sind, wenn es um die Frage geht, ob eine Kostenüberdeckung im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG vorliegt. Das ist ein Gebot des Vertrauensschutzes. Kostenüberdeckungen liegen in diesem Sinne nur vor, wenn im Rahmen der Betriebsabrechnung festgestellt wird, dass durch die Gebühreneinnahmen die ursprünglich beabsichtigte Kostendeckung überschritten wird (vgl. Kluge, in: Becker u. a., KAG Bbg, § 6 Rdnr. 428).

Hat das Abfallgebührenaufkommen eines bestimmten Kalkulationszeitraums die ihrer Art nach kalkulierten Kosten überstiegen mit der Folge, dass nach § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG spätestens in der übernächsten Kalkulationsperiode ein Ausgleich erfolgen muss, so mag das nicht ausschließen, dass der Ausgleich in der Weise erfolgt, dass in die Abfallgebührenkalkulation für die übernächste Kalkulationsperiode als Kostenposition ein Gebührenanteil für eine Deponierücklage eingestellt und dieser mit der auszugleichenden Überdeckung verrechnet wird. Auch diese Überlegung führt indessen hier nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass vorliegend durchgängig die zeitliche Grenze des 6 Abs. 3 Satz 2 KAG eingehalten worden wäre; jedenfalls die bis Ende 2005 erzielten Überdeckungen hätten danach spätestens 2007 ausgeglichen werden müssen. Zum anderen rechnet zu den ansatzfähigen Kosten der Abfallentsorgung in einem bestimmten Kalkulationszeitraum nicht ein beliebiger Betrag für die Deponiestilllegung und -nachsorge oder für entsprechenden Rücklagen, sondern lediglich ein Betrag, der vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Gesamtkosten der Deponiestillegung und Nachsorge vertretbar erscheint. Die (gegebenenfalls auch noch im gerichtlichen Verfahren nachreichbare) Kalkulation muss eine entsprechende Prüfung erlauben. Eine entsprechende Kalkulation hat der Beklagte indessen nicht vorgelegt.

2. Aus den Darlegungen des Beklagten ergibt sich auch nicht, dass die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen wäre. Auf die vom Beklagten sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam angesprochene Frage, ob auch noch in der Stilllegungsphase einer Deponie über die Abfallgebühr eine Deponierücklage gebildet, aufgefüllt oder aufgestockt werden darf, kommt es vorliegend nicht an, weil jedenfalls die diesbezüglichen kalkulatorischen Anforderungen nicht erfüllt sind.

IV.

Die Kostenentscheidungen und die Streitwertfestsetzungen in Bezug auf beide Zulassungsanträge beruhen jeweils auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 47 i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).