Gericht | VG Frankfurt (Oder) 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.12.2013 | |
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Aktenzeichen | VG 7 K 1234/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 Abs 2 Nr 1 GeoVermG BB, § 13 Abs 2 Nr 3 GeoVermG BB, § 113 Abs 1 S 1 VwGO |
Ein rechtskräftiges zivilrechtliches Urteil, mit dem gegenüber dem Grundstücksnachbarn zur Berichtigung des Grundbuchs die Zustimmung zur Löschung einer die Darstellung der Flurstücksgrenze in der Liegenschaftskarte berichtigenden Fortführungsmitteilung des Katasteramtes erstritten wird, weil zuvor aufgrund der früheren Liegenschaftskarte ein gutgläubiger Erwerb erfolgt sei, ist keine gerichtliche Entscheidung im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 3 BbgVermG, mit dem die (Kataster ) Grenze bestimmt wird.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen die Abmarkung von zwei Grenzpunkten der Grenze der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke, Gemarkung xxx, Flur xxx, Flurstücke Axx (alt: Bxx, noch davor: Cxx) und Dxx (alt: Exx), gegen das Grundstück der Beigeladenen, Flurstück Fxx (alt: Gxx bzw. Hxx).
Die Grundstücke erwarb die Klägerin zusammen mit weiteren Flurstücken aufgrund eines Kaufvertrags von 1999 im Jahr 2000. Nachdem sie sich wegen Unklarheiten hinsichtlich amtlich mitgeteilter Grenzlängen an das zuständige Kataster- und Vermessungsamt des Landkreises Oder-Spree gewandt hatte, passte das Katasteramt mit Fortführungsmitteilung vom 20. Februar 2001 die zeichnerische Darstellung der Flurstücksgrenzen des Grundstücks der Klägerin (Flurstück Axx bzw. Bxx) unter Berufung auf die Berichtigung eines Zeichenfehlers an. Gegen die entsprechende Übernahme dieser Fortführungsmitteilung durch das Grundbuchamt als Bestandsberichtigung vom 6. Juli 2001 wendete sich die Klägerin mit Erfolg. In der Hauptsache wurden die Beigeladenen durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. Januar 2006 – 26 C 75/02 – verurteilt, der Löschung der Fortführungsmitteilung zuzustimmen. Zur Begründung hieß es in dem Urteil, dass das Grundbuch wegen eines gutgläubigen Erwerbs des Flurstücks Bxx im Jahr 2000 durch die Klägerin infolge der Fortführungsmitteilung unrichtig geworden sei. Zuvor hatte die Klägerin in diesem Verfahren ihre weitere Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass sie das Eigentum an dem Flurstück Bxx in dem von ihr geltend gemachten Umfang erworben habe, zurückgenommen. Im weiteren Verlauf erließ das Katasteramt eine Fortführungsmitteilung vom 18. Juli 2006, in der die Grenzen des klägerischen Flurstücks Nr. Axx (alt: Bxx) ungefähr wie zur Zeit des Grundstückserwerbs dargestellt sind.
Am 18. Januar 2005 stellte die Klägerin bei dem Beklagten den Antrag, die Grenzen entsprechend der maßgeblichen Flurkarte aus dem Jahr 1991 zu rekonstruieren und abzumarken. In einem von dem Beklagten abgehaltenen Grenztermin am 30. August 2006 erfolgte eine Abmarkung der Grenzpunkte 2 und 4 des Flurstücks (der Beigeladenen) Fxx. Dem Widerspruch der Klägerin gab die Widerspruchsbehörde, der Landesbetrieb Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg, mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2007 statt und ordnete an, die eingebrachten Abmarkungen zu entfernen. In einem weiteren Grenztermin am 28. Februar 2007 zeigte der Beklagte der Klägerin und den Beigeladenen das Ergebnis einer neuerlichen Grenzermittlung auf der Grundlage der Flurkarte mit dem Stand von 1999 an und entfernte die zuvor besetzten Abmarkungen in den Punkten 2 und 4. Die Beteiligten erkannten das Ergebnis der Grenzermittlung wiederum nicht an. Nachdem die Klägerin sich hilfesuchend an das Ministerium des Innern als oberste Fachaufsichtsbehörde gewandt hatte, antwortete ihr dieses mit Schreiben vom 28. Januar 2009 und forderte zeitgleich den Beklagten auf, seine Arbeiten gemäß der Auffassung des Ministeriums weiterzuführen.
Darauf hin beraumte der Beklagte einen Grenztermin am 11. Mai 2010 an. In der Grenzniederschrift hob er die gemäß der Niederschrift vom 28. Februar 2007 ermittelten Grenzverläufe auf und stellte die Grenzverläufe nach der Grenzniederschrift vom 30. August 2006 wieder her, wobei die Grenzpunkte 1 und 3 als vorgefunden bezeichnet und hinsichtlich der Grenzpunkte 2 und 4 Abmarkungsmängel beseitigt wurden.
Die Klägerin stimmte der Abmarkung nicht zu und erhob Widerspruch. Diesen wies die Widerspruchsbehörde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2010 als unbegründet zurück. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass die Grenze des Flurstücks Fxx gegen die Flurstücke Dxx und Axx erstmals im Jahr 1932 ermittelt und von den damaligen Eigentümern in dem Grenztermin vom 11. Mai 1932 anerkannt worden sei. Insofern handle es sich um eine festgestellte Grenze. Daher sei der Beklagte befugt gewesen, die Grenze anhand der maßgeblichen Unterlagen des Katasternachweises in die Örtlichkeit zu übertragen. Diese Übertragung sei auch fachgerecht vorgenommen worden.
Die Klägerin hat am 17. Dezember 2010 Klage erhoben, mit der sie sich gegen die erfolgte Abmarkung der Grenzpunkte 2 und 4 wendet. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, dass maßgeblich der Grenzverlauf sein müsse, der den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. Januar 2006 zugrunde gelegen habe. Auch für den Beklagten sowie das zuständige Ministerium sei insofern die amtsgerichtliche Feststellung maßgeblich, dass durch die seinerzeit „berichtigende“ Fortführungsmitteilung das Grundbuch wegen des Gutglaubensschutzes des Eigentumserwerbs der Klägerin unrichtig geworden sei und die betreffenden Begrenzungsangaben nicht ohne Zustimmung der Klägerin als Betroffene berichtigt werden könnten. Ferner sei die Auffassung des Ministeriums unzutreffend, wonach der Zahlennachweis des Liegenschaftskatasters sich mit der Darstellung der Liegenschaftskarte zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs decke.
Die Klägerin beantragt,
die Abmarkungen des Beklagten in den Grenzpunkten 2 und 4 vom 11. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt der Klage entgegen und bezieht sich insbesondere auf die Begründung im Widerspruchsbescheid. Er ist der Auffassung, dass für ihn der Katasternachweis maßgeblich und insoweit auch eindeutig sei.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 25. November 2013 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Beklagten und der Widerspruchsbehörde vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie der Grundbuchakte des Amtsgerichts Fürstenwalde zu Blatt xxx des Grundbuchs von xxx verwiesen.
Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Unbeschadet dessen, dass die Klägerin ursprünglich eine (andere) Abmarkung der Grenze in ihrem Sinne angestrebt hat, kann sie sich im Gerichtsverfahren noch auf die Anfechtung der aus ihrer Sicht rechtswidrig zu ihren Lasten erfolgten Abmarkungen der Grenzpunkte 2 und 4 beschränken.
Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtenen Abmarkungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage der Abmarkungen ist § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Brandenburgisches Vermessungsgesetz (BbgVermG). Danach sind Grenzpunkte einer festgestellten oder als festgestellt geltenden Grenze in der Örtlichkeit durch Grenzzeichen dauerhaft und sichtbar zu kennzeichnen. Die Grenzzeichen sind abzumarken, d. h. zu widmen. Die Abmarkung ist ein beurkundender und insofern auch feststellender Verwaltungsakt (vgl. BVerwG DÖV 1972, 174; OVG NRW, Urteil vom 21. Juni 2011 – 14 A 7/10 –, juris Rz. 27 f. m. w. N.), für den neben den Katasterbehörden die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure als Hoheitsträger zuständig sind (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 BbgVermG).
Die streitige Grenze zwischen den klägerischen Flurstücken Dxx und Axx einerseits und dem Grundstück der Beigeladenen, Flurstück Fxx, andererseits hat der Beklagte hinsichtlich der von der Klägerin nur angegriffenen und daher hier nur zur Überprüfung anstehenden Grenzpunkte 2 und 4 in Übereinstimmung mit dem Nachweis des Liegenschaftskatasters abgemarkt.
1. Der Beklagte ist in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass es sich bei den hier fraglichen Flurstücksgrenzen um festgestellte Grenzen im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 BbgVermG handelt, weil ihr Verlauf nach inzwischen außer Kraft getretenen Vorschriften bereits in den Jahren 1922 und 1932 ermittelt und das Ergebnis von den – maßgeblichen – Beteiligten seinerzeit anerkannt wurde. Das wird im Ausgangspunkt von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.
Die angegriffenen Abmarkungen hat der Beklagte auch in Übereinstimmung mit dem Nachweis der (festgestellten) Grenze im Liegenschaftskataster vorgenommen. Maßgeblich kommt es insofern auf den hier nach den beteiligten Fachbehörden eindeutigen zahlenmäßigen Nachweis der Grenze gemäß den Fortführungsrissen aus den Jahren 1922 und 1933 im Kataster an (vgl. Bengel/Simmerding, Grundbuch, Grundstück, Grenze, 4. A., § 22 Rz. 22; Auskunft des Leiters des Katasteramtes des Landkreises Oder-Spree vom 23. September 2003 an das Amtsgericht Fürstenwalde – 26 C 75/02 –). Der damit nicht in Einklang stehende graphische Nachweis der Liegenschaftskarte aus dem Jahr 1999 wie er auch im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs der Klägerin am Grundstück bestand, ist insofern für den katastermäßigen Nachweis nicht maßgeblich, da aus ihm keine Rückschlüsse auf den Verlauf der festgestellten Grenze möglich sind, er vielmehr nach den zutreffenden Feststellungen der Fachbehörden auf einer unzureichenden Fortführung der Karte abweichend vom maßgeblichen Zahlenwerk des Katasters beruhte.
2. Demgegenüber greift der eigentlich von der Klägerin erhobene Einwand nicht durch, wonach rechtlich nicht der ursprünglich im Kataster nachgewiesene Grenzverlauf sondern derjenige maßgeblich sei, der den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. Januar 2006 – nämlich entsprechend der Liegenschaftskarte 1999 – zugrunde gelegen habe. Denn durch dieses Urteil des Amtsgerichts gilt kein (neuer) Grenzverlauf im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 3 BbgVermG als festgestellt, weil diese gerichtliche Entscheidung keine Bestimmung eines neuen Grenzverlaufs enthält, wie sie die Vorschrift voraussetzt.
a) Nach der Vorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 3 BbgVermG gilt eine Grenze auch als festgestellt, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidung oder durch einen gerichtlichen Vergleich bestimmt wird. Die Vorschrift bezweckt insbesondere, dass entsprechende Entscheidungen oder Einigungen zur eigentumsrechtlichen Klärung des Grenzverlaufs Eingang in und Maßgeblichkeit für das öffentlich-rechtliche Liegenschaftskataster erhalten. Die Katasterbehörde selbst ist an eigentumsrechtlichen Streitigkeiten nicht als Partei beteiligt und daher nicht nach prozessualen Vorschriften an entsprechende gerichtliche Entscheidungen oder Vergleiche gebunden.
Die Vorschrift setzt allerdings voraus, dass die betreffende gerichtliche Entscheidung oder der Vergleich einen konkreten Grenzverlauf als den maßgeblichen bestimmt, was – wie im Fall von § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 – eine Ermittlung des Grenzverlaufs einschließt.
b) Bei dem Urteil des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 18. Januar 2006 handelt es sich nicht um eine solche Entscheidung. Gegenstand des Urteilstenors ist der gegenüber den hiesigen Beigeladenen geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Löschung der bezeichneten Fortführungsmitteilung bezüglich der Änderung der Liegenschaftskarte. Auch soweit das Amtsgericht insoweit eine Unrichtigkeit des Grundbuchs infolge der Fortführungsmitteilung festgestellt hat, lässt sich dem nicht die Bestimmung eines maßgeblichen Grenzverlaufs entnehmen. Das gilt selbst dann, wenn – was zweifelhaft erscheint – davon ausgegangen wird, dass die diesbezüglichen weiteren Ausführungen des Gerichts zur Vorfrage des gutgläubigen Eigentumserwerb der Klägerin am (heutigen) Flurstück Axx gemäß der Bestandsangaben des Grundbuchs zwischen der Klägerin und den Beigeladenen in Rechtskraft erwachsen sein sollten (vgl. so – allerdings zur Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich der Person des Eigentümers – Reichsgericht, Urteil vom 21. Juli 1938 – V 19/38 –, RGZ 158, 40, 43 m. w. N.; kritisch mit gewichtigen Argumenten Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. März 2008 – V ZR 13/07 –, NJW-RR 2008, 1397 ff., juris Rz. 19 m. w. N.). Denn konkrete Festlegungen zum Grenzverlauf (auch in der Örtlichkeit) infolge des gutgläubigen Erwerbs hat das Amtsgericht gerade nicht getroffen. Insofern bleibt es der Klägerin unbenommen den geltend gemachten Grenzverlauf im Rahmen einer zivilgerichtlichen Klage einer Klärung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 3 BbgVermG zuzuführen (s. o.).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO sind nicht gegeben.
B e s c h l u s s
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Festsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Danach wird mangels genügender Anhaltspunkte für eine (andere) Bestimmung des Streitwertes der gesetzliche Auffangwert herangezogen.