Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 07.06.2012 | |
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Aktenzeichen | VG 3 M 12/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 123 Abs 3 VwGO, § 929 ZPO, § 123 VwGO, § 172 VwGO |
Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH als Behörde i.S.d. § 172 VwGO
Notwendigkeit einer Vollstreckungsklausel (verneint)
Einwand der Unauffindbarkeit von Unterlagen
Der Vollstreckungsschuldnerin wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro für den Fall angedroht, dass sie ihrer Verpflichtung der Vollstreckungsgläubigerin Einsicht in die unter lit. a) bis e) im Tenor des rechtskräftigen Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2012 in der Sache OVG 12 S 12.12 genannten Unterlagen – ausgenommen der im Schriftsatz der Vollstreckungsgläubigerin vom 3. Juni 2012 unter lit. B) Nr. 1.13 und Nr. 3.1 bis 3.10 genannten Dokumente – nicht bis zum 12. Juni 2012, 18.00 Uhr, nachkommt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Vollstreckungsschuldnerin.
Der Antrag der Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Zwangsgeldes gegenüber der Vollstreckungsschuldnerin hat vollumfänglich Erfolg.
1. Er ist zunächst als Vollstreckungsantrag nach § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Danach kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung ein Zwangsgeld bis 10.000,00 Euro androhen, wenn die Behörde in den Fällen des § 123 der in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Die Vollstreckungsschuldnerin ist dabei insbesondere als Behörde im Sinne der Vorschrift anzusehen, da mit diesem Begriff jede Stelle der öffentlichen Verwaltung bezeichnet wird, welche konkret zur Vornahme der titulierten Handlung – hier der Gewährung von Akteneinsicht – verpflichtet ist (Heckmann in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 3. Auflage, § 172 Rn. 17). Dem steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass es sich bei der Vollstreckungsschuldnerin um eine juristische Person des Privatrechts handelt. Im Rahmen des nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich weit auszulegenden § 172 VwGO genügt für dessen Anwendbarkeit insoweit die Tatsache, dass die Vollstreckungsschuldnerin unstreitig öffentliche Aufgaben wahrnimmt oder öffentliche Dienstleistungen erbringt (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Umweltinformationsgesetzes) und in diesem Wirkungskreis zur Gewährung der Akteneinsicht verpflichtet wurde.
Bei der durch den Beschuss des Oberverwaltungsgericht vom 14. Mai 2012 ausgesprochenen Verpflichtung der Vollstreckungsschuldnerin zur Gewährung von Akteneinsicht handelt es sich ferner um ein schlicht hoheitliches Handeln, welches dem Anwendungsbereich des § 172 VwGO unterfällt (Heckmann aaO § 172 Rn. 41).
Darüber hinaus ist die einmonatige Vollzugsfrist aus § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht verstrichen.
2. Ferner liegen die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vor.
a) Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2012 stellt gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 2 VwGO einen Vollstreckungstitel dar, welcher der Vollstreckungsschuldnerin spätestens am 25. Mai 2012 zugestellt worden ist. Einer Vollstreckungsklausel bedarf es gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 1 ZPO für die sofort vollziehbare einstweilige Anordnung nicht, da weder Vollstreckungsgläubigerin noch Vollstreckungsschuldnerin von den im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Bezeichneten abweichen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. September 1988 – 8 TG 2440/88 – Rn. 9, zitiert nach juris).
b) Die Vollstreckungsschuldnerin hat unstreitig auch die ihr mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 14. Mai 2012 auferlegte Verpflichtung bislang nicht vollumfänglich erfüllt. Vielmehr hat sie lediglich die im Schriftsatz der Vollstreckungsgläubigerin vom 3. Juni 2012 auf den Seiten 5 bis 13 (Bl. 58 ff. der Gerichtsakte) im Einzelnen aufgeführten Dokumente und Unterlagen zu den im Tenor des vorbenannten Beschlusses unter lit. b) bis d) aufgeführten Themenkreisen zur Einsichtnahme vorgelegt sowie entsprechende Kopien zur Verfügung gestellt. Im Übrigen hat die Vollstreckungsgläubigerin im oben genannten Schriftsatz lediglich die bereits vorgelegten Unterlagen, welche von Anbeginn aus dem Vollstreckungsantrag ausgenommen waren, genauer bezeichnet und damit gerade nicht – wie die Vollstreckungsschuldnerin meint – den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklärt.
Soweit die Vollstreckungsschuldnerin erklärt, weitere Unterlagen seien bei ihr nicht auffindbar, folgt daraus kein im Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO beachtlicher Fall der rechtlichen oder tatsächlichen Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass sie ihre dahingehende Behauptung nicht unter Beweis gestellt geschweige denn auch nur glaubhaft gemacht hat (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 12. Juli 2007 - 11 C 06.868 – Rn. 51, 53, zitiert nach juris, der den Beweis fordert). Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob das Vorbringen der Vollstreckungsschuldnerin im Rahmen des Erkenntnisverfahrens dieser Behauptung entgegensteht, kommt es mithin nicht an.
Die Kammer musste aus diesem Grunde auch der Frage nicht weiter nachgehen, ob die Vollstreckungsschuldnerin mit ihrem Einwand überhaupt im Vollstreckungsverfahren gehört werden kann oder ob es sich insoweit um eine materielle Einwendung gegen den dem Vollstreckungstitel zugrunde liegenden Anspruch selbst handelt.
3. Mit Blick auf die Dringlichkeit des Begehrens der Vollstreckungsgläubigerin (vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2012, S. 9 des Entscheidungsumdruckes) ist der Vollstreckungsschuldnerin für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist von lediglich drei Werktagen zur Erfüllung der Verpflichtung einzuräumen. Aus demselben Grunde und mit Blick auf die Tatsache, dass keine Bemühungen der Vollstreckungsschuldnerin zum Auffinden der weiteren Unterlagen erkennbar sind, ist es schließlich auch gerechtfertigt, den in § 172 VwGO aufgeführten Höchstbetrag für ein Zwangsgeld in Ansatz zu bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil gemäß Nummer 5301 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) nur eine Festgebühr in Höhe von 15,00 Euro anfällt.
[Hinweis: Der Berichtigungsbeschluss vom 11.6.2012 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet wie folgt:
Beschluss
Die Entscheidungsformel des Beschlusses vom 7. Juni 2012 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit berichtigt. Im ersten Absatz der Formel muss es heißen „Der Vollstreckungsschuldnerin wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro für den Fall angedroht, dass sie ihrer Verpflichtung der Vollstreckungsgläubigerin Einsicht in die unter lit. a) bis e) im Tenor des rechtskräftigen Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2012 in der Sache OVG 12 S 12.12 genannten Unterlagen – ausgenommen der im Schriftsatz der Vollstreckungsgläubigerin vom 3. Juni 2012 unter lit. B) Nr. 1.13 und Nr. 3.1 bis 3.10 genannten Dokumente – nicht bis zum 12. Juni 2012, 18.00 Uhr, nachkommt.“
Gründe
Gemäß § 122 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 VwGO sind vom Gericht Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Beschluss jederzeit zu berichtigen. Dies betrifft auch die Entscheidungsformel (Clausing in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, Stand Juni 2011, § 118 Rn. 4, zitiert nach beck-online).
Die Voraussetzungen für eine Berichtigung liegen hier vor. Bei der doppelten Benennung der Vollstreckungsschuldnerin als sowohl zur Gewährung von Akteneinsicht Verpflichtete als auch als entsprechend Berechtigte handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit.]