Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 25.04.2012 | |
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Aktenzeichen | 7 U 176/05 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Klägers zu 6. wird das am 02. September 2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 2. bis 5. und 7. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 6. einen Betrag von 102.258,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche gegen die D… GmbH aus dem Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der V… GmbH & Co. Dritte KG.
Die weitergehenden Klagen der übrigen Kläger werden abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug vor dem Landgericht haben zu tragen:
der Kläger zu 1. seine außergerichtlichen Kosten sowie 1/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 2. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 3. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 4. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 5. seine außergerichtlichen Kosten sowie 1/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 6. 4/82 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und zu 7.,
der Kläger zu 7. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 8. seine außergerichtlichen Kosten sowie 3/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 9. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 10. seine außergerichtlichen Kosten sowie 3/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 11. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtkosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 12. sein außergerichtlichen Kosten sowie 1/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 13. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtkosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 14. seine außergerichtlichen Kosten sowie 40/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 15. seine außergerichtlichen Kosten sowie 2/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 16. seine außergerichtlichen Kosten sowie 6/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
der Kläger zu 17. seine außergerichtlichen Kosten sowie 7/82 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. bis 7.,
die Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. ihre außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten zu jeweils 4/82 sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 6.
Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen
der Kläger zu 8. seine außergerichtlichen Kosten und zu jeweils 3/7 die Gerichts-kosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. bis 5. und 7.,
die Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. zu jeweils 4/7 ihre außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten sowie in vollem Umfang die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 6.
Die Kosten des - ersten - Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof (Az.: BGH III ZR 210/06) werden den Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. auferlegt. Die Kosten des – zweiten – Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof (Az.: BGH III ZR 262/09) fallen der Beklagten zu 5. zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 2. bis 6. und zu 7. können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zu 6. zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
I.
Die Kläger – im Verfahren erster Instanz waren 17 Kläger beteiligt – nehmen die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe der von ihnen geleisteten Einlagen in einen Filmfonds in Anspruch.
In der Zeit von August bis Dezember 2000 erhielten die Kläger von ihren Bankinstituten den von der Beklagten zu 7., der V… M… GmbH, unter dem Datum des 25. Mai 2000 herausgegebenen Prospekt „Unternehmensbeteiligung V… GmbH & Co. Dritte KG …“. Der Kläger zu 6. unterzeichnete am 04. November 2000 einen Beitrittsantrag (Zeichnungsschein), der am 08. Dezember 2000 angenommen wurde. Sämtliche Kläger entschieden sich für eine mittelbare Beteiligung; sie schlossen mit der Beklagten zu 6. als Treuhandkommanditistin einen Treuhandvertrag, wie er im Prospekt abgedruckt ist, ab.
Im Laufe des Jahres 2002 zerschlug sich das Projekt.
Die Kläger haben mit ihrer am 18. Dezember 2002 eingegangenen Klage Prospektmängel geltend gemacht.
Der Kläger zu 6. hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 102.258,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche gegen die Beklagte zu 6. aus dem Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der Beklagten zu 1.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagten zu 1. und 6. gehörten schon nicht zum Kreis der Ersatzpflichtigen. Im Übrigen sei der Prospekt nicht fehlerbehaftet.
Der Kläger zu 6. hat – neben dem zwischenzeitlich aus dem Verfahren ausgeschiedenen Kläger zu 8. - gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Der Senat hat diese Rechtsmittel durch ein am 02. August 2006 verkündetes Urteil zurückgewiesen. Die hiergegen vom Kläger zu 6. eingelegte Revision hatte mit der Maßgabe Erfolg, dass der Bundesgerichtshof das Urteil des Senats, soweit dadurch die Klage des Klägers zu 6. gegen die Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. abgewiesen worden ist, aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen hat (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. November 2007; III ZR 210/06; Bl. 114 ff. der Revisionsakten).
Nach Zurückverweisung hat der Senat durch Urteil vom 07. Oktober 2009 der Berufung des Klägers zu 6. stattgegeben. Die Beklagte zu 5. hat gegen dieses Urteil Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Daraufhin hat der Bundesgerichtshof durch Beschluss vom 24. Juni 2010 (III ZR 262/09; Bl. 146 der Revisionsakten) das Urteil des Senats insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten zu 5. sowie über die den Kläger zu 6. und die Beklagte zu 5. treffenden Kosten entschieden worden ist, und die Sache in diesem Umfang an den Senat zurückverwiesen.
Der Kläger zu 6. beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 02. September 2005 – Az.: 1 O 728/02 – die Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 102.258,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. Januar 2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers zu 6. gegen die D… GmbH aus dem Treuhandvertrag über eine Kommanditbeteiligung an der V… GmbH & Co. Dritte KG.
Die Beklagte zu 5. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zum Sach- und Streitstand wird ergänzend auf den Tatbestand des Senatsurteils vom 07. Oktober 2009 Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen W…, B…, Ha… und R…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 26. Oktober 2011 und vom 01. Februar 2012 verwiesen.
II.
Zur Entscheidung des Senats steht nunmehr nur noch die Berufung des Klägers zu 6. im Streitverhältnis zur Beklagten zu 5., nachdem in Bezug auf die weiteren Prozessparteien der Rechtsstreit unanfechtbar entschieden worden ist. Die zulässige Berufung des Klägers zu 6. ist begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Verhältnis zur Beklagten zu 5.
Die Beklagte zu 5. ist nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne als Mitinitiatorin neben den Beklagten zu 2. bis 5. und zu 7. für die Mängel des Prospekts verantwortlich.
Entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 24. Juni 2010, denen der Senat folgt, ist für die Prospekthaftung der Beklagten zu 5. entscheidend, ob diese in eigener Verantwortlichkeit wichtige Schlüsselfunktionen bei der Gestaltung des konkreten Projekts wahrgenommen hat, wobei sich solches auch aus dem maßgeblichen Einfluss auf die Erstellung des Prospektinhalts ergeben kann. Auf die Frage, ob der Kläger zu 6. von dem Einfluss der Beklagten zu 5. wusste, kommt es nicht an.
Der Kläger zu 6. hat den Beweis führen können, dass die Beklagte zu 5. auf den Inhalt des Prospekts maßgeblichen Einfluss genommen hat und deshalb als Mitinitiatorin anzusehen ist.
Im Schreiben des Bankhauses La… vom 04. September 2000 (Bl. 194 d.A.) ist die Beklagte zu 5. (unter ihrer damaligen Bezeichnung I…) als Initiatorin benannt worden. Der Senat ist auf Grund der Aussage des Zeugen W… davon überzeugt, dass diese Angabe nicht etwa auf einer einseitigen – gegebenenfalls fehlerhaften – Einschätzung des Bankhauses La… beruht, sondern auf einem tatsächlich stattgehabten Einfluss der Beklagten zu 5. auf den Inhalt des Prospekts. Der Zeuge W…, der im maßgeblichen Zeitraum Niederlassungsleiter des Bankhauses war, konnte sich zwar nicht spontan an das Schreiben vom 04. September 2000 erinnern, hat aber im Hinblick auf die Art und Weise der Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 5. als verantwortlicher Mitarbeiter ausdrücklich ausgeschlossen, dass das Schreiben ohne Mitwirkung der Beklagten zu 5. an Kunden und Steuerberater herausgeschickt worden sein könnte. Sämtliche Schreiben, in denen die Beklagte zu 5. namentlich erwähnt worden sei, seien inhaltlich mit den dort Verantwortlichen abgesprochen worden, und zwar zum Beispiel mit den Mitarbeitern Ri…, Sl… und dem Zeugen Ha…. Wie bei den Aktivitäten im Hinblick auf die Vorgängerfonds V… 1 und V… 2 sei bei allen solchen Schreiben eine Abstimmung des Wortlauts erfolgt. Das Schreiben vom 04. September 2000, welches er selbst entworfen habe, sei ebenfalls mit einem Mitarbeiter der Beklagten zu 5. abgesprochen worden.
Der Senat erachtet die Aussage des Zeugen als glaubhaft. Es ist trotz des zeitlichen Abstands zu den in Rede stehenden Vorgängen ohne weiteres nachvollziehbar, betrifft das Beweisthema doch einen Kernbereich der beruflichen Tätigkeit des Zeugen, der in leitender Stellung die Verantwortung für die Anlage-Angebote hatte. Ein Eigeninteresse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht erkennbar; der Senat hält die Bekundungen für uneingeschränkt glaubhaft.
Dem steht nicht entgegen, dass der Zeuge Ha…, der bis Mitte 2000 bei der Beklagten zu 5. beschäftigt war, sich an die vom Zeugen W… geschilderte Art der Zusammenarbeit nicht erinnern konnte; der Inhalt einzelner Schreiben sei nicht vorgegeben worden. Einen bestimmenden Einfluss der Beklagten zu 5. auf den Prospekt der V… Dritte KG hat der Zeuge nach seiner Erinnerung für nicht gegeben erachtet.
Da der Zeuge Ha… indes bereits im Juni oder Juli 2000 seine Tätigkeit bei der Beklagten zu 5. beendet hatte, konnte er Aussagen über die spätere Zusammenarbeit nicht mehr machen. Da auf Seiten der Beklagten zu 5. auch andere Mitarbeiter damit betraut waren, den Kontakt zum Bankhaus La… zu pflegen, lässt sich aus der Einschätzung des Zeugen Ha… nicht folgern, dass die Tätigkeit der Beklagten zu 5. darauf beschränkt war, als Dienstleister entsprechend den Vorgaben des Initiators lediglich einen Prospektentwurf zu fertigen.
Der Aussage des Zeugen B… misst der Senat dagegen keine maßgebliche Bedeutung zu; die Beklagte zu 5. weist mit Recht darauf hin, dass der Zeuge bei verschiedenen Anlässen ihren Einfluss auf den Inhalt des Prospekts unterschiedlich dargestellt hat (Schriftsatz vom 28. Februar 2012; Bl. 2123 d.A.).
Aus der Aussage der Zeugin R… (Protokoll vom 01. Februar 2012; Bl. 2094 d.A.) ist schließlich zu ersehen, dass das vorgenannte Schreiben, wie auch vom Zeugen W… geschildert, planmäßig im Vertriebskonzept verbreitet worden ist, und zwar auch unter Vermittlung von Steuerberatern, die aus ihrem Mandantenkreis geeignet erscheinende Anlageinteressenten informieren sollten. Entsprechend hat nach den Bekundungen der Zeugin auch der Kläger zu 6. von dem Anlagefonds V… 3 erfahren. Die Zeugin hat auch auf Vorhalt Einzelheiten geschildert, die ihr Erinnerungsvermögen überzeugend belegen; der Senat zweifelt nicht daran, dass, entsprechend dem vom Zeugen W… dargestellten Werbeweg, auch der Kläger zu 6. von dem Fonds und der Mitverantwortlichkeit der Beklagten zu 5. erfahren hat.
Der Prospekt war, wie der Bundesgerichtshof bereits durch Urteil vom 22. November 2007 (III ZR 210/06) im Anschluss an Verfahren, die Beteiligungen an dem gleichen Fonds betrafen, festgestellt hat, fehlerhaft. Die Beklagte zu 5., die nach dem Ausgeführten mit ihrem Wissen und Wollen als Mitinitiatorin nach außen aufgetreten ist, hat den Kläger zu 6. so zu stellen, als hätte er die Entscheidung, eine Anlage zu zeichnen, nicht getroffen, da vermutet wird, dass der Prospekt für die Anlageentscheidung kausal geworden ist.
Dass der Anspruch des Klägers nicht verjährt ist, hat der Senat bereits im Urteil vom 07. Oktober 2009 geurteilt; auf die diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen.
Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 291, 288 BGB. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Streitwert: 102.258,38 €.